Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 3 Kr 59/93
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 Kr 51/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Privatärztliche Behandlung eines gesetzlich Krankenversicherten bei Aufgabe der Zulassung des Vertragsarztes
Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung haben gegen ihre Krankenkasse nur Anspruch auf die Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung, die von einem Vertragszahnarzt durchgeführt wurde. Wenn der betreffende Arzt während der Behandlung nach einem von der Krankenkasse bewilligten Behandlungsplan auf seine Zulassung als Vertragsarzt verzichtet, ist dem Versicherten ein Arztwechsel zu einem zugelassenen Vertragsarzt zumutbar, soweit ihm dieser nicht aus besonderen Gründen versperrt ist.
Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung haben gegen ihre Krankenkasse nur Anspruch auf die Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung, die von einem Vertragszahnarzt durchgeführt wurde. Wenn der betreffende Arzt während der Behandlung nach einem von der Krankenkasse bewilligten Behandlungsplan auf seine Zulassung als Vertragsarzt verzichtet, ist dem Versicherten ein Arztwechsel zu einem zugelassenen Vertragsarzt zumutbar, soweit ihm dieser nicht aus besonderen Gründen versperrt ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.1993 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger macht Kostenerstattung für die Fortführung einer kieferorthopädischen Behandlung durch einen Zahnarzt geltend, der im Laufe der Behandlung auf die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verzichtet hat.
Der Kläger ist freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Er hatte 1991 bei dem Beigeladenen eine kieferorthopädische Behandlung begonnen, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 31.07.1991 den Behandlungsplan genehmigt und die Übernahme eines Zuschusses in Höhe von 80 % der Vertragskosten sowie der Erstattung des verbleibenden Eigenanteils nach planmäßigem Behandlungsabschluß zugesagt hatte. Zum 01.01.1993 verzichtete der Beigeladene ohne Abstimmung mit anderen Ärzten auf die Zulassung als Vertragszahnarzt, erklärte sich aber bereit, die Behandlung nach vertragszahnärztlichen Grundsätzen zu Ende zu führen. Mit Schreiben vom 23.02.1993 setzte die Beklagte den Kläger vom Zulassungsverzicht in Kenntnis und lehnte eine Kostenübernahme für die Zeit nach dem ersten Quartal 1993 ab. Trotz der Einwände des Klägers hielt sie daran im Bescheid vom 09.03.1993 fest. Den Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.1993 zurück.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts vom 23.11.1993). Auf die Berufung des Klägers hat der Senat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte zur Kostenerstattung für die kieferorthopädische Behandlung bei dem Beigeladenen für die Zeit vom 01.04.1993 bis zum 13.04.1994 nach Maßgabe des Heil- und Kostenplanes in Höhe des Zuschusses verurteilt (Urteil vom 27.07.1995). Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt: § 76 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V stehe dem Anspruch des Klägers aus § 29 SGB V nicht entgegen, weil der behandelnde Zahnarzt zu Beginn der Behandlung als Vertragszahnarzt zugelassen gewesen sei. Die ursprüngliche Zusage habe nicht aufgehoben werden dürfen. Zwar handele es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Ein möglicher Anhörungsfehler sei jedenfalls mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt. Der Zulassungsverzicht des behandelnden Arztes sei aber keine wesentliche Änderung, weil die Beklagte verpflichtet sei, die Behandlungskosten bis zum Behandlungsabschluß zu bezuschussen. Ein Behandlerwechsel zum 01.04.1993 sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen, denn die in dem Verhältnis zwischen Krankenkasse und Arzt eingetretene Änderung dürfe nicht zu Lasten des Versicherten gehen. Bis zum geplanten Behandlungsabschluß hätten im April 1993 noch etwa 5 1/2 Monate, also nur ein kleiner Teil der Gesamtbehandlungsdauer, gefehlt. Daß die Behandlung tatsächlich noch 12 Monate gedauert habe, sei nicht vorauszusehen gewesen. Gegen die Zumutbarkeit eines Behandlerwechsels spreche auch die damit verbundene Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient.
Mit ihrer Revision hat die Beklagte eine Verletzung der §§ 29 Abs. 1, 76 Abs. 1 SGB V und 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gerügt. Der Anspruch des Versicherten auf Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung sei auf die Behandlung durch Vertragszahnärzte beschränkt. Deshalb sei der Verzicht des behandelnden Arztes auf die Zulassung eine wesentliche Änderung. Zumutbarkeitsgesichtspunkte hätten keinen Niederschlag im Gesetz gefunden. Ein Notfall habe nicht vorgelegen, denn am Wohnort des Klägers praktiziere eine ausreichende Zahl von zugelassenen Kieferorthopäden.
Das BSG hat das Urteil des Senats aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (Urteil vom 18.01.1996). Es hat u.a. ausgeführt: Ob der Kläger einen Anspruch auf Weiterbehandlung bei dem behandelnden Zahnarzt zu Lasten der Beklagten habe, könne erst nach weiteren Ermittlungen entschieden werden. Der geltend gemachte Anspruch sei nicht wegen Erfüllung der Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 SGB V bei Beginn der Behandlung und wegen der Bindungswirkung des Bescheides vom 31.07.1991 begründet. Die Zusage der Beklagten biete keine Rechtsgrundlage für den streitigen Anspruch. Sie könne nur Ansprüche im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, nicht aber den hier allein streitigen Anspruch auf Kostenerstattung für eine vom Versicherten bei einem Nichtvertragsarzt selbst beschaffte Leistung auslösen. Mit ihr sei nicht eine kieferorthopädische Behandlung als solche, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, in das System der Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogenen Arzt zugesprochen worden. Aus dem Gesetz lasse sich der streitige Anspruch grundsätzlich nicht herleiten. Der Kläger könne von der Beklagten nur die Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung verlangen, die von einem Vertragszahnarzt durchgeführt werde. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB V knüpfe den Anspruch des Versicherten auf Kostenübernahme ausdrücklich daran, daß die kieferorthopädische Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung durchgeführt werde. Diese Voraussetzung stehe im Einklang mit der Bedeutung, die der in § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V angeordneten Beschränkung der freien Arztwahl auf die zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte für die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zukomme. Unter Hinweis hierauf sei bereits entschieden worden, daß freiwillig Versicherte auch durch § 13 Abs. 2 SGB V in der vom 01.01.1993 an geltenden Fassung nicht das Recht eingeräumt sei, einen Nichtvertragsarzt oder ein nicht zugelassenes Krankenhaus auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen in Anspruch zu nehmen (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr.7; BSG, Urteil vom 23.11.1995 - 1 RK 5/94). Die dort aufgezeigten Gesichtspunkte hätten auch für die kieferorthopädische Behandlung Geltung. Die Beschränkung der Versicherten auf die Inanspruchnahme von Vertragsärzten gelte für alle ärztlichen Maßnahmen unabhängig davon, ob sie durch einen besonderen Plan zu einer eigenständigen Behandlung zusammengefaßt worden seien oder nicht. Weder § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V noch § 29 SGB V ergäben einen Anhalt dafür, daß die Arztwahl nur so lange auf Vertragsärzte beschränkt sei, wie die Behandlung noch nicht begonnen oder nicht wesentlich fortgeschritten sei. Vielmehr nehme § 76 SGB V gerade nicht darauf Bezug, wofür ein Vertragsarzt gewählt werde. Auch die Einbeziehung des Arztwechsels in die Regelungen des § 76 SGB V (vgl. Abs. 3) hänge nicht davon ab, ob die bisherige Behandlung abgeschlossen sei oder nur weitergeführt werden solle. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB V spreche von einer Behandlung "im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung" und bringe dadurch zum Ausdruck, daß die Bindung an das Vertragsarztsystem weiterreiche als die eigentliche Behandlung. Die Eigenschaft als Verzahnarzt während einer schon fortgeschrittenen kieferortopädischen Behandlung sei genauso erheblich wie zu deren Beginn. Die Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes zu Lasten der Beklagten sei auch nicht ausnahmsweise durch § 95b Abs. 3 SGB V erlaubt. Danach müßten Ärzte, die nach § 95b Abs. 1 SGB V auf die Zulassung als Vertragsarzt verzichtet hätten, Behandlungen zu Lasten und zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung durchführen. Ein Fall des organisierten Zulassungsverzichts im Sinne dieser Regelung liege nicht vor. Auf eine weitergehende Durchbrechung des Vertragsarztprinzips könne aus dieser Regelung nicht geschlossen werden. Denn in § 95b SGB V gehe es ausschließlich um die Sicherstellung der Krankenversorgung der Versicherten, wenn die Funkfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung durch kollektive Leistungsverweigerung gefährdet werde. Dieser Hintergrund der gesetzlichen Regelung lasse ihre Ausdehnung auf den Fall des Verzichts eines einzelnen Arztes nicht zu. Im übrigen könne ein Kostenerstattungsanspruch auf diese Vorschrift schon deshalb nicht gestützt werden, weil § 95b Abs. 3 Satz 3 SGB V einen Vergütungsanspruch des Arztes gegen den Versicherten ausschließe, so daß erstattungsfähige "Kosten" gar nicht entstünden. § 13 Abs. 3 SGB V lasse lediglich eine Kostenerstattung zu, wenn eine unaufschiebare Leistung von der Krankenkasse nicht rechtzeitig erbracht werden könne oder wenn eine Leistung zu Unrecht abgelehnt worden sei. Dadurch werde die Zulässigkeit der Inanspruchnahme von Nichtvertragsärzten über den Fall der besonders akuten Gesundheitsgefährdung hinaus auf Sachverhalte ausgedehnt, in denen dem Versicherten aus anderen Gründen der Zugang zu einem zugelassenen Leistungserbringer versperrt sei (Systemversagen). Dies gelte auch für kieferorthopädische Behandlungen. Es sei vom LSG noch zu prüfen, ob nach § 13 Abs. 3 SGB V die Voraussetzungen einer Kostenerstattung für Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung vorlägen. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Weiterbehandlung als unaufschiebbar beurteilt werden müsse. Es sei zu ermitteln, wie lange die Suche nach einem neuen Vertragszahnarzt im Frühjahr 1993 voraussichtlich gedauert hätte. Außerdem sei zu klären, ob dem Versicherten für die neue Arztwahl ggfls. ein längerer Zeitraum als bisher angenommen zur Verfügung gestanden habe.
Der Senat hat daraufhin den Zahnarzt Dr. S. beigeladen und folgende Ermittlungen durchgeführt:
Der Beigeladene hat dem Senat mitgeteilt, er habe dem Kläger Mitte Dezember 1992 ein Informationsschreiben vom 12.12.1992 übersandt. Darin ist u.a. ausgeführt worden, daß er seine Praxis ab 01.01.1993 als Privatpraxis fortführe und die Fortführung der Behandlung nur mit Einverständnis der Krankenkasse möglich sei. Auf die Anfrage des Senats bei den 13 von der Beklagten benannten Ärzten, ob sie die Behandlung des Klägers zum 01.04.1993 hätten fortführen können, gegebenenfalls mit welchen Wartezeiten, ist wie folgt geantwortet worden:
Dr. U.: Wartezeit von 5 Wochen für Patienten, die sich zum ersten Mal vorstellten,
Dr. L.: Neuaufnahme von Patienten erst zum 3. Quartal 1993, weil sie im Februar 1993 ein Baby bekommen habe,
Dr. H.: Er wäre bei einer prozentualen Zuteilung von neuen Patienten durch die KZV-Nordrhein zur Behandlung bereit gewesen,
Dr. J.: Er wäre ohne Wartezeit zur Fortsetzung der Behandlung in der Lage gewesen (Termin ca. 2 bis 4 Wochen nach einer Anfrage), er habe seine Praxis allerdings zum 01.07.1993 an einen Kollegen verkauft, der vertraglich verpflichtet sei, alle Patienten zu übernehmen,
Dr. B.: Praxiseröffnung erst am 01.07.1993,
Dr. G.: Wartezeit von mehreren Monaten,
Dr. Sp.: Bereitschaft zur Aufnahme neuer Patienten aus dem Raum Meerbusch (nicht aber aus Neuss),
Dr. E.: Ab 1993 bestehe die Praxis nicht mehr,
Dr. St. Wartezeit zum 01.04.1993 könne nicht mehr angegeben werden,
Dr. K.: Wartezeit 4 bis 6 Wochen. Sie sei in der Lage gewesen, eine Multiband-Behandlung bei einem Erwachsenen durchzuführen (Edgewise-Technik).
Der Beigeladene führt aus: Die Fortführung der Behandlung des Klägers sei erschwert worden. Es habe sich um die Schlußphase einer schwierigen Multiband-Behandlung nach "Light-wire-segmented arch Technik" gehandelt. Die Behandlungsintervalle hätten vier Wochen betragen.
Der Kläger vertritt die Auffassung: Kein Kieferorthopäde habe die uneingeschränkte Bereitschaft zur Fortsetzung der Behandlung erklärt. Eine Multiband-Behandlung sei keine Standardtherapie bei Erwachsenen. Das Intervall der Behandlungen bei Dr. S. sei vier Wochen gewesen. Ein Behandlerwechsel hätte den Behandlungserfolg wegen der Unterbrechung der Behandlung nicht unerheblich gefährdet. Das Informationsschreiben des Dr. S. habe er ca. Mitte Dezember 1992 erhalten.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.03.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1993 zu verurteilen, ihm die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Dr. S. in der Zeit vom 01.04.1993 bis zum 13.04.1994 in Höhe von 80 v.H. zu erstatten, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Nach den eingeholten Auskünften sei grundsätzlich im Raum N. festzustellen, daß die Fortsetzung der Behandlung durch einen zugelassenen Zahnarzt möglich gewesen sei. Damit liege kein Systemversagen im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V vor. Es sei keine besonders schwierige Behandlung gewesen. Die sog. Multiband-Behandlung sei eine Standardtherapie. Der Kläger habe sich nicht mit der gebotenen Sorgfalt um eine Weiterbehandlung bemüht. Er habe sich allein mit Dr. B. in Verbindung gesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache entscheiden, obwohl der Beigeladene im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Er ist nämlich in der ordnungsgemäßen Ladung darauf hingewiesen worden, daß auch im Falle seiner Abwesenheit entschieden werden kann.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, sachlich aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 09.03.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1993 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Dr. S. in der Zeit vom 01.04.1993 bis zum 13.04.1994 in Höhe von 80 v.H.
Nach § 13 Abs. 3 SGB V sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alternative 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alternative 2) und wenn dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Bei der kieferorthopädischen Behandlung des Klägers ab 01.04.1993 handelte es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der ersten Alternative der Vorschrift. Dieses würde voraussetzen, daß die Inanspruchnahme der Leistung im üblichen Beschaffungsweg (hier: Inspruchnahme eines Vertragszahnarztes) mit einer für den Versicherten unvermeidbaren Verzögerung verbunden wäre, die die Wiederherstellung der Gesundheit gefährden könnte oder die für den Versicherten nicht zumutbar wäre (vgl. Krauskopf, Soziale Krankensicherung, Kommentar, § 13 Rdn. 16). Dieses ist nicht der Fall, weil dem Kläger der Zugang zu einem zugelassenen Leistungserbringer nicht versperrt war und somit ein Systemversagen ausscheidet.
Im Zweifel ist zwar eine vom Vertragsarzt vorgeschlagene und von der Krankenkasse genehmigte kieferorthopädische Behandlung unaufschiebbar zumindest in dem Sinne, daß der medizinische Erfolg durch Verzögerung nicht gefährdet werden darf (vgl. BSG E 73, 271, 287). Dem Kläger ist aber der Zugang zum Beigeladenen (Nichtvertragsarzt) ab 01.04.1993 nicht eröffnet, weil der Behandlungserfolg durch eine Inanspruchnahme eines Vertragszahnartes ab 01.04.1993 nicht verzögert worden wäre. Ihm stand nämlich ab Zugang des Schreibens des Beigeladenen vom 12.12.1992, also ab ca. Mitte Dezember 1992, genügend Zeit zur Verfügung, einen neuen Zahnarzt, gegebenenfalls unter Mithilfe der Beklagten, zur Fortsetzung der Behandlung zu wählen. Zu einer Behandlungsunterbrechung ab 01.04.1993 wäre es nicht gekommen. Dies haben die Ermittlungen des Senats ergeben. Zwar haben nicht alle 13 vom Senat angeschriebenen Zahnärzte ihre Bereitschaft erklärt, die Behandlung fortzusetzen. Die Fortsetzung der Behandlung wäre aber immerhin bei vier der angeschriebenen Ärzte bei einer zumutbaren Wartezeit von zwei bis sechs Wochen möglich gewesen (Dr. U., Dr. H., Dr. J. und Dr. K.). Einer dieser Ärzte hätte somit die nahtlose Fortsetzung der kieferorthopädischen Behandlung ab 01.04.1993 nach einer für den Kläger frühzeitigen Kontaktaufnahme sicherstellen können. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Behandlungsintervalle auch bei dem Beigeladenen vier Wochen betrugen. Ein Systemversagen läßt sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, daß die Fortführung der kieferorthopädischen Behandlung ab 01.04.1993 von dem ausgewählten Vertragsarzt möglicherweise nach einer anderen Technik durchgeführt worden wäre. Entscheidend ist vielmehr, daß die kieferorthopädische Behandlung bei Erwachsenen als sogenannte Multiband-Behandlung durchgeführt wird.
Der Kläger kann sich ferner nicht auf die zweite Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V stützen. Die Beklagte hat nämlich - was sich aus dem Vorstehenden ergibt - die kieferorthopädische Weiterbehandlung ab 01.04.1993 nicht zu Unrecht abgelehnt.
Da schon die die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstände (bei Alternative 1: Unvermögen zur rechtzeitigen Leistung; bei Alternative 2: Rechtswidrige Ablehnung) schon nicht vorliegen, kann auch zwischen ihnen und dem Nachteil des Klägers (Kostenlast) nicht der zusätzlich erforderliche Kausalzusammenhang bestehen. Daß dieser erforderlich ist, kommt im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck, denn danach müssen die Kosten " ... dadurch ... entstanden" sein. Ohne Kausalzusammenhang zum haftungsbegründenden Umstand ist die Bedingung des § 13 Abs. 1 SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz nicht erfüllt. Unerheblich ist, ob die Krankenkasse durch die Fortführung der kieferorthopädischen Behandlung durch den Nichtvertragsarzt Aufwendungen erspart hat (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24.09.1996 - 1 RK 33/95 -).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlaß, die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger macht Kostenerstattung für die Fortführung einer kieferorthopädischen Behandlung durch einen Zahnarzt geltend, der im Laufe der Behandlung auf die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verzichtet hat.
Der Kläger ist freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Er hatte 1991 bei dem Beigeladenen eine kieferorthopädische Behandlung begonnen, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 31.07.1991 den Behandlungsplan genehmigt und die Übernahme eines Zuschusses in Höhe von 80 % der Vertragskosten sowie der Erstattung des verbleibenden Eigenanteils nach planmäßigem Behandlungsabschluß zugesagt hatte. Zum 01.01.1993 verzichtete der Beigeladene ohne Abstimmung mit anderen Ärzten auf die Zulassung als Vertragszahnarzt, erklärte sich aber bereit, die Behandlung nach vertragszahnärztlichen Grundsätzen zu Ende zu führen. Mit Schreiben vom 23.02.1993 setzte die Beklagte den Kläger vom Zulassungsverzicht in Kenntnis und lehnte eine Kostenübernahme für die Zeit nach dem ersten Quartal 1993 ab. Trotz der Einwände des Klägers hielt sie daran im Bescheid vom 09.03.1993 fest. Den Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.1993 zurück.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts vom 23.11.1993). Auf die Berufung des Klägers hat der Senat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte zur Kostenerstattung für die kieferorthopädische Behandlung bei dem Beigeladenen für die Zeit vom 01.04.1993 bis zum 13.04.1994 nach Maßgabe des Heil- und Kostenplanes in Höhe des Zuschusses verurteilt (Urteil vom 27.07.1995). Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt: § 76 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V stehe dem Anspruch des Klägers aus § 29 SGB V nicht entgegen, weil der behandelnde Zahnarzt zu Beginn der Behandlung als Vertragszahnarzt zugelassen gewesen sei. Die ursprüngliche Zusage habe nicht aufgehoben werden dürfen. Zwar handele es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Ein möglicher Anhörungsfehler sei jedenfalls mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt. Der Zulassungsverzicht des behandelnden Arztes sei aber keine wesentliche Änderung, weil die Beklagte verpflichtet sei, die Behandlungskosten bis zum Behandlungsabschluß zu bezuschussen. Ein Behandlerwechsel zum 01.04.1993 sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen, denn die in dem Verhältnis zwischen Krankenkasse und Arzt eingetretene Änderung dürfe nicht zu Lasten des Versicherten gehen. Bis zum geplanten Behandlungsabschluß hätten im April 1993 noch etwa 5 1/2 Monate, also nur ein kleiner Teil der Gesamtbehandlungsdauer, gefehlt. Daß die Behandlung tatsächlich noch 12 Monate gedauert habe, sei nicht vorauszusehen gewesen. Gegen die Zumutbarkeit eines Behandlerwechsels spreche auch die damit verbundene Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient.
Mit ihrer Revision hat die Beklagte eine Verletzung der §§ 29 Abs. 1, 76 Abs. 1 SGB V und 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X gerügt. Der Anspruch des Versicherten auf Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung sei auf die Behandlung durch Vertragszahnärzte beschränkt. Deshalb sei der Verzicht des behandelnden Arztes auf die Zulassung eine wesentliche Änderung. Zumutbarkeitsgesichtspunkte hätten keinen Niederschlag im Gesetz gefunden. Ein Notfall habe nicht vorgelegen, denn am Wohnort des Klägers praktiziere eine ausreichende Zahl von zugelassenen Kieferorthopäden.
Das BSG hat das Urteil des Senats aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (Urteil vom 18.01.1996). Es hat u.a. ausgeführt: Ob der Kläger einen Anspruch auf Weiterbehandlung bei dem behandelnden Zahnarzt zu Lasten der Beklagten habe, könne erst nach weiteren Ermittlungen entschieden werden. Der geltend gemachte Anspruch sei nicht wegen Erfüllung der Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 SGB V bei Beginn der Behandlung und wegen der Bindungswirkung des Bescheides vom 31.07.1991 begründet. Die Zusage der Beklagten biete keine Rechtsgrundlage für den streitigen Anspruch. Sie könne nur Ansprüche im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung, nicht aber den hier allein streitigen Anspruch auf Kostenerstattung für eine vom Versicherten bei einem Nichtvertragsarzt selbst beschaffte Leistung auslösen. Mit ihr sei nicht eine kieferorthopädische Behandlung als solche, sondern die Behandlung durch einen bestimmten, in das System der Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogenen Arzt zugesprochen worden. Aus dem Gesetz lasse sich der streitige Anspruch grundsätzlich nicht herleiten. Der Kläger könne von der Beklagten nur die Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung verlangen, die von einem Vertragszahnarzt durchgeführt werde. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB V knüpfe den Anspruch des Versicherten auf Kostenübernahme ausdrücklich daran, daß die kieferorthopädische Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung durchgeführt werde. Diese Voraussetzung stehe im Einklang mit der Bedeutung, die der in § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V angeordneten Beschränkung der freien Arztwahl auf die zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte für die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zukomme. Unter Hinweis hierauf sei bereits entschieden worden, daß freiwillig Versicherte auch durch § 13 Abs. 2 SGB V in der vom 01.01.1993 an geltenden Fassung nicht das Recht eingeräumt sei, einen Nichtvertragsarzt oder ein nicht zugelassenes Krankenhaus auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen in Anspruch zu nehmen (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr.7; BSG, Urteil vom 23.11.1995 - 1 RK 5/94). Die dort aufgezeigten Gesichtspunkte hätten auch für die kieferorthopädische Behandlung Geltung. Die Beschränkung der Versicherten auf die Inanspruchnahme von Vertragsärzten gelte für alle ärztlichen Maßnahmen unabhängig davon, ob sie durch einen besonderen Plan zu einer eigenständigen Behandlung zusammengefaßt worden seien oder nicht. Weder § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V noch § 29 SGB V ergäben einen Anhalt dafür, daß die Arztwahl nur so lange auf Vertragsärzte beschränkt sei, wie die Behandlung noch nicht begonnen oder nicht wesentlich fortgeschritten sei. Vielmehr nehme § 76 SGB V gerade nicht darauf Bezug, wofür ein Vertragsarzt gewählt werde. Auch die Einbeziehung des Arztwechsels in die Regelungen des § 76 SGB V (vgl. Abs. 3) hänge nicht davon ab, ob die bisherige Behandlung abgeschlossen sei oder nur weitergeführt werden solle. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB V spreche von einer Behandlung "im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung" und bringe dadurch zum Ausdruck, daß die Bindung an das Vertragsarztsystem weiterreiche als die eigentliche Behandlung. Die Eigenschaft als Verzahnarzt während einer schon fortgeschrittenen kieferortopädischen Behandlung sei genauso erheblich wie zu deren Beginn. Die Inanspruchnahme eines Nichtvertragsarztes zu Lasten der Beklagten sei auch nicht ausnahmsweise durch § 95b Abs. 3 SGB V erlaubt. Danach müßten Ärzte, die nach § 95b Abs. 1 SGB V auf die Zulassung als Vertragsarzt verzichtet hätten, Behandlungen zu Lasten und zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung durchführen. Ein Fall des organisierten Zulassungsverzichts im Sinne dieser Regelung liege nicht vor. Auf eine weitergehende Durchbrechung des Vertragsarztprinzips könne aus dieser Regelung nicht geschlossen werden. Denn in § 95b SGB V gehe es ausschließlich um die Sicherstellung der Krankenversorgung der Versicherten, wenn die Funkfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung durch kollektive Leistungsverweigerung gefährdet werde. Dieser Hintergrund der gesetzlichen Regelung lasse ihre Ausdehnung auf den Fall des Verzichts eines einzelnen Arztes nicht zu. Im übrigen könne ein Kostenerstattungsanspruch auf diese Vorschrift schon deshalb nicht gestützt werden, weil § 95b Abs. 3 Satz 3 SGB V einen Vergütungsanspruch des Arztes gegen den Versicherten ausschließe, so daß erstattungsfähige "Kosten" gar nicht entstünden. § 13 Abs. 3 SGB V lasse lediglich eine Kostenerstattung zu, wenn eine unaufschiebare Leistung von der Krankenkasse nicht rechtzeitig erbracht werden könne oder wenn eine Leistung zu Unrecht abgelehnt worden sei. Dadurch werde die Zulässigkeit der Inanspruchnahme von Nichtvertragsärzten über den Fall der besonders akuten Gesundheitsgefährdung hinaus auf Sachverhalte ausgedehnt, in denen dem Versicherten aus anderen Gründen der Zugang zu einem zugelassenen Leistungserbringer versperrt sei (Systemversagen). Dies gelte auch für kieferorthopädische Behandlungen. Es sei vom LSG noch zu prüfen, ob nach § 13 Abs. 3 SGB V die Voraussetzungen einer Kostenerstattung für Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung vorlägen. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Weiterbehandlung als unaufschiebbar beurteilt werden müsse. Es sei zu ermitteln, wie lange die Suche nach einem neuen Vertragszahnarzt im Frühjahr 1993 voraussichtlich gedauert hätte. Außerdem sei zu klären, ob dem Versicherten für die neue Arztwahl ggfls. ein längerer Zeitraum als bisher angenommen zur Verfügung gestanden habe.
Der Senat hat daraufhin den Zahnarzt Dr. S. beigeladen und folgende Ermittlungen durchgeführt:
Der Beigeladene hat dem Senat mitgeteilt, er habe dem Kläger Mitte Dezember 1992 ein Informationsschreiben vom 12.12.1992 übersandt. Darin ist u.a. ausgeführt worden, daß er seine Praxis ab 01.01.1993 als Privatpraxis fortführe und die Fortführung der Behandlung nur mit Einverständnis der Krankenkasse möglich sei. Auf die Anfrage des Senats bei den 13 von der Beklagten benannten Ärzten, ob sie die Behandlung des Klägers zum 01.04.1993 hätten fortführen können, gegebenenfalls mit welchen Wartezeiten, ist wie folgt geantwortet worden:
Dr. U.: Wartezeit von 5 Wochen für Patienten, die sich zum ersten Mal vorstellten,
Dr. L.: Neuaufnahme von Patienten erst zum 3. Quartal 1993, weil sie im Februar 1993 ein Baby bekommen habe,
Dr. H.: Er wäre bei einer prozentualen Zuteilung von neuen Patienten durch die KZV-Nordrhein zur Behandlung bereit gewesen,
Dr. J.: Er wäre ohne Wartezeit zur Fortsetzung der Behandlung in der Lage gewesen (Termin ca. 2 bis 4 Wochen nach einer Anfrage), er habe seine Praxis allerdings zum 01.07.1993 an einen Kollegen verkauft, der vertraglich verpflichtet sei, alle Patienten zu übernehmen,
Dr. B.: Praxiseröffnung erst am 01.07.1993,
Dr. G.: Wartezeit von mehreren Monaten,
Dr. Sp.: Bereitschaft zur Aufnahme neuer Patienten aus dem Raum Meerbusch (nicht aber aus Neuss),
Dr. E.: Ab 1993 bestehe die Praxis nicht mehr,
Dr. St. Wartezeit zum 01.04.1993 könne nicht mehr angegeben werden,
Dr. K.: Wartezeit 4 bis 6 Wochen. Sie sei in der Lage gewesen, eine Multiband-Behandlung bei einem Erwachsenen durchzuführen (Edgewise-Technik).
Der Beigeladene führt aus: Die Fortführung der Behandlung des Klägers sei erschwert worden. Es habe sich um die Schlußphase einer schwierigen Multiband-Behandlung nach "Light-wire-segmented arch Technik" gehandelt. Die Behandlungsintervalle hätten vier Wochen betragen.
Der Kläger vertritt die Auffassung: Kein Kieferorthopäde habe die uneingeschränkte Bereitschaft zur Fortsetzung der Behandlung erklärt. Eine Multiband-Behandlung sei keine Standardtherapie bei Erwachsenen. Das Intervall der Behandlungen bei Dr. S. sei vier Wochen gewesen. Ein Behandlerwechsel hätte den Behandlungserfolg wegen der Unterbrechung der Behandlung nicht unerheblich gefährdet. Das Informationsschreiben des Dr. S. habe er ca. Mitte Dezember 1992 erhalten.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.03.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1993 zu verurteilen, ihm die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Dr. S. in der Zeit vom 01.04.1993 bis zum 13.04.1994 in Höhe von 80 v.H. zu erstatten, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Nach den eingeholten Auskünften sei grundsätzlich im Raum N. festzustellen, daß die Fortsetzung der Behandlung durch einen zugelassenen Zahnarzt möglich gewesen sei. Damit liege kein Systemversagen im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V vor. Es sei keine besonders schwierige Behandlung gewesen. Die sog. Multiband-Behandlung sei eine Standardtherapie. Der Kläger habe sich nicht mit der gebotenen Sorgfalt um eine Weiterbehandlung bemüht. Er habe sich allein mit Dr. B. in Verbindung gesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache entscheiden, obwohl der Beigeladene im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Er ist nämlich in der ordnungsgemäßen Ladung darauf hingewiesen worden, daß auch im Falle seiner Abwesenheit entschieden werden kann.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, sachlich aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 09.03.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1993 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten für die kieferorthopädische Behandlung bei Dr. S. in der Zeit vom 01.04.1993 bis zum 13.04.1994 in Höhe von 80 v.H.
Nach § 13 Abs. 3 SGB V sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alternative 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alternative 2) und wenn dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Bei der kieferorthopädischen Behandlung des Klägers ab 01.04.1993 handelte es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der ersten Alternative der Vorschrift. Dieses würde voraussetzen, daß die Inanspruchnahme der Leistung im üblichen Beschaffungsweg (hier: Inspruchnahme eines Vertragszahnarztes) mit einer für den Versicherten unvermeidbaren Verzögerung verbunden wäre, die die Wiederherstellung der Gesundheit gefährden könnte oder die für den Versicherten nicht zumutbar wäre (vgl. Krauskopf, Soziale Krankensicherung, Kommentar, § 13 Rdn. 16). Dieses ist nicht der Fall, weil dem Kläger der Zugang zu einem zugelassenen Leistungserbringer nicht versperrt war und somit ein Systemversagen ausscheidet.
Im Zweifel ist zwar eine vom Vertragsarzt vorgeschlagene und von der Krankenkasse genehmigte kieferorthopädische Behandlung unaufschiebbar zumindest in dem Sinne, daß der medizinische Erfolg durch Verzögerung nicht gefährdet werden darf (vgl. BSG E 73, 271, 287). Dem Kläger ist aber der Zugang zum Beigeladenen (Nichtvertragsarzt) ab 01.04.1993 nicht eröffnet, weil der Behandlungserfolg durch eine Inanspruchnahme eines Vertragszahnartes ab 01.04.1993 nicht verzögert worden wäre. Ihm stand nämlich ab Zugang des Schreibens des Beigeladenen vom 12.12.1992, also ab ca. Mitte Dezember 1992, genügend Zeit zur Verfügung, einen neuen Zahnarzt, gegebenenfalls unter Mithilfe der Beklagten, zur Fortsetzung der Behandlung zu wählen. Zu einer Behandlungsunterbrechung ab 01.04.1993 wäre es nicht gekommen. Dies haben die Ermittlungen des Senats ergeben. Zwar haben nicht alle 13 vom Senat angeschriebenen Zahnärzte ihre Bereitschaft erklärt, die Behandlung fortzusetzen. Die Fortsetzung der Behandlung wäre aber immerhin bei vier der angeschriebenen Ärzte bei einer zumutbaren Wartezeit von zwei bis sechs Wochen möglich gewesen (Dr. U., Dr. H., Dr. J. und Dr. K.). Einer dieser Ärzte hätte somit die nahtlose Fortsetzung der kieferorthopädischen Behandlung ab 01.04.1993 nach einer für den Kläger frühzeitigen Kontaktaufnahme sicherstellen können. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Behandlungsintervalle auch bei dem Beigeladenen vier Wochen betrugen. Ein Systemversagen läßt sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, daß die Fortführung der kieferorthopädischen Behandlung ab 01.04.1993 von dem ausgewählten Vertragsarzt möglicherweise nach einer anderen Technik durchgeführt worden wäre. Entscheidend ist vielmehr, daß die kieferorthopädische Behandlung bei Erwachsenen als sogenannte Multiband-Behandlung durchgeführt wird.
Der Kläger kann sich ferner nicht auf die zweite Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V stützen. Die Beklagte hat nämlich - was sich aus dem Vorstehenden ergibt - die kieferorthopädische Weiterbehandlung ab 01.04.1993 nicht zu Unrecht abgelehnt.
Da schon die die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstände (bei Alternative 1: Unvermögen zur rechtzeitigen Leistung; bei Alternative 2: Rechtswidrige Ablehnung) schon nicht vorliegen, kann auch zwischen ihnen und dem Nachteil des Klägers (Kostenlast) nicht der zusätzlich erforderliche Kausalzusammenhang bestehen. Daß dieser erforderlich ist, kommt im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck, denn danach müssen die Kosten " ... dadurch ... entstanden" sein. Ohne Kausalzusammenhang zum haftungsbegründenden Umstand ist die Bedingung des § 13 Abs. 1 SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz nicht erfüllt. Unerheblich ist, ob die Krankenkasse durch die Fortführung der kieferorthopädischen Behandlung durch den Nichtvertragsarzt Aufwendungen erspart hat (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24.09.1996 - 1 RK 33/95 -).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlaß, die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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