Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 8 (12) Kr 103/94
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 68/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 6/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 13. Mai 1997 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die beklagte Ersatzkasse dem Kläger mit Hinweis auf ihre Belastung durch den Risikostrukturausgleich (RSA) zu Recht höhere Beiträge abverlangt.
Der Kläger ist am xx.x.1938 geboren, verheiratet, Betriebsleiter mit Einkünften über der Jahresarbeitsentgeltgrenze und freiwilliges Mitglied der Beklagten. Er teilte der Kasse mit Schreiben vom 30.4.1994 mit, er lege gegen die Beitragserhöhung ab dem 1.1.1994 von zuvor 594.- auf 690.- DM Widerspruch ein; sein Beitrag sei im wesentlichen zur Finanzierung des RSA erhöht worden; die Zahlungsströme des RSA seien unbekannt; er sei mit Art 14 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar; die Solidargemeinschaft umfasse nur eine gesetzliche Krankenkasse.
Die Beklagte antwortete dem Kläger: die Versicherungsträger hätten die Beiträge nach § 21 S. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) IV so zu bemessen, daß die Beiträge zusammen mit den anderen Einnahmen u.a. die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben des Versicherungsträgers deckten; zu diesen Ausgaben zählten seit dem 1.1.1994 auch Zahlungen aufgrund des in § 266 SGB V geregelten RSA; dieser sei durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) zum 1.1.1994 in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) eingeführt worden (Hinw. auf Art. 1 Nr 143 iVm Art 35 Abs 3 des GSG v. 21.12.1992); der RSA solle bewirken, daß krasse Beitragsunterschiede innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeglichen würden; es sollten die Faktoren ausgeglichen werden, die zu den Beitragssatzunterschieden in der GKV geführt hätten; dazu zählten eine hohe Anzahl Familienversicherter, geringe beitragspflichtige Einnahmen der Mitglieder und die Verteilung der Versicherten nach Alter und Geschlecht; wenn die Risikostruktur der Versicherten, wie im Fall der beklagten TKK, günstig sei, seien demnach hohe Ausgleichszahlungen zu leisten; durch die Ausgleichszahlung zum RSA werde die beklagte TKK erheblich belastet; sie rechne zu Beginn des Jahres mit einem Betrag von rund 1, 5 Mrd. DM; das entspreche ca. 10 vH der gesamten Beitragseinnahmen; der Beitragssatz habe deshalb um eben diesen Prozentsatz von 11,0 % auf 12,1 % angehoben werden müssen; ob § 266 SGB V mit dem GG vereinbar sei, habe die Kasse nicht zu prüfen; das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seinem Beschluss vom 8.2.1994 1 BvR 1237/85 erklärt, es halte die krassen Beitragssatzunterschiede in der GKV für bedenklich, aber nicht für verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber mit dem GSG bereits Maßnahmen zur Angleichung der Beitragssätze ergriffen habe (formeller Bescheid der Beklagten vom 23.6.1994 in der Fassung des den Widerspruch des Klägers in der Sache zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 2.9.1994).
Der Kläger hat am 30.9.1994 Klage erhoben. Er hat in erster Instanz vorgetragen: die Regelungen über den RSA seien mit den Art 3, 14 und 20 GG unvereinbar, weil kein Wettbewerb mehr gegeben sei und eine Einheitsversicherung angenommen werden müsse; die hier von der Beklagten vertretene Auffassung sei nicht nachvollziehbar, weil sich die Beklagte selbst in ihrer Mitgliederzeit schriftvehement gegen den RSA wende (Hinw. auf anliegende Auszüge aus der Mitgliederzeitschrift Blatt (Bl) 3- 5, 21 - 22, 68,69 und 74 der Gerichtsakten (GA)); es sei unmöglich, daß gesunde und gut wirtschaftende Kassen marode Kassen unterstützten; der KVdR-Finanzausgleich sei bereits Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Sozialgericht (SG) gewesen (S 8 Kr 1/87); ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liege vor, weil der RSA nicht für privat Versicherte vorgesehen sei; insoweit werde ein gleicher Sachverhalt ohne sachlichen Grund ungleich behandelt; es sei eine Eigentumsverletzung iS von Art 14 GG in seiner Belastung mit nicht gerechtfertigten Abgaben zwischen den einzelnen Kassen zu sehen; das Sozialstaatsprinzip sei verletzt, weil der RSA keine soziale Gerechtigkeit darstelle, obwohl es naheliege, daß ein Ausgleich nur deshalb erforderlich werde, weil andere Kassen nicht wirtschaftlich arbeiteten; es gebe keine Verwaltungsbehörde, die den Verwaltungsapparat der Kassen überprüfe; auch gebe es Wettbewerb in der Privaten Krankenversicherung (PKV), ohne daß dort ein Ausgleich an die Mitbewerber gezahlt werde; Art 3, 14 und 20 GG seien auch insofern verletzt, als die Beklagte in West- und Ostdeutschland unterschiedliche Beitragssätze festsetze; dem Sozialgefälle zwischen Ost und West sei bereits mit unterschiedlichen Versicherungspflichtgrenzen Rechnung getragen; die Festsetzung unterschiedlicher Versicherungspflichtgrenzen sei mit den Art 3, 14 und 20 GG nicht vereinbar; wären die Versicherungspflichtgrenzen und Beitragssätze in Ost und West gleich, könnte das Beitragsniveau für alle Versicherten der Beklagten gesenkt werden; es sei zu rügen, daß die Beklagte den Beitragssatz Ost mit Betriebsmittelreserven stabil gehalten habe, während der Beitragssatz West erhöht worden sei (in der Anlage: Auszug aus der Mitgliederzeitschrift der Beklagten Bl 42, 44-47 GA); ein erheblicher Teil seines Beitrags diene dazu, andere marode Kassen wie AOK und Bundesknappschaft zu subventionieren, weil diese angeblich schlechtere Risiken zu tragen hätten; in der Privatwirtschaft sei es üblich, daß ein Unternehmen schließe, wenn es nicht liquide sei; der RSA stelle eine unzulässig Subvention iS des europäischen Gesetzes dar; er rege an, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) einzuholen.
Der Kläger hat dazu eine Petition vom 9.9.1996 (Nr 793/96) vorgelegt, mit der er sich an das Europaparlament gewandt hatte; er hat ferner in der Ablichtung zu den Akten gereicht:
Artikel aus dem "Handelsblatt"
- vom 12./13.2.1993: "Anwälte verstehen wenig vom Europarecht"
- vom 19.10.1994: "Ortskrankenkassen sind die großen Gewinner"
- vom 29.11.1994: "Innungskrankenkassen senken Beitragssatz"
- vom 15.7.1996: "Risikoausgleich wird zum politischen Spiel-
- vom 6./7.9.1996: "Undurchschaubares Subventionssystem"
aus der "Waltroper Zeitung" vom 30.8.1996: "Hohes Defizit bei Krankenversicherung"
aus "Der Steuerzahler": "Geltendes Recht ignoriert".
Der Kläger hat vor dem SG beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 23.6.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2.9.1994 aufzuheben.
Die Beklagte hat vor dem SG beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat in erster Instanz vorgetragen: sie habe ihre Bereitschaft, sich am Solidarausgleich innerhalb der GKV zu beteiligen, nie in Frage gestellt; sie wende sich lediglich beim SG Hamburg (S 21 KR 531/95) gegen einen Beitragsbescheid, mit dem das Bundesversicherungsamt für das Jahr 1994 Nachzahlungen im Wege eines vorläufigen Schlußausgleichs gefordert habe; das Verfahren richte sich nur gegen die Berechnungsweise, die nach ihrer, der Beklagten, Meinung gegen bestehende Rechtsvorschriften verstoße.
Die Beklagte hat in der Ablichtung zu den Akten gegeben:
Auszüge aus ihrer Satzung nach dem Stand 1.1.1994 (Bl 52 ff GA).
Das SG Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 13. Mai 1997 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zu Recht habe es die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden abgelehnt, den Krankenversicherungsbeitrag des Klägers wieder dem vor dem 1.1.1994 bestehenden Zustand entsprechend zu erheben; die Kasse habe die Vakanzen, die durch Zahlungen in den RSA entstanden seien, durch Beitragserhöhungen kompensiert; damit sei sie ihrer gesetzlichen Pflicht aus § 21 SGB IV nachgekommen, die Beiträge so zu bemessen, daß die gesetzlichen Ausgaben gedeckt seien; insoweit habe die Beklagte gar keine andere Wahl gehabt, als die Beiträge zu erhöhen; die ggf. gerichtliche Klärung der Frage, ob § 266 SGB V mit höherrangigem Recht vereinbar sei, sei Versicherungsträgern und dem Bundesversicherungsamt vorbehalten, nicht aber dem einzelnen Versicherten möglich.
Der Kläger hat gegen das Urteil am 9.6.1997 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein erstinstanzliche Vorbringen und ergänzt, auf seine Petition 793/96 habe die Europäische Kommission am 22.4.1997 wie folgt u.a. geantwortet (Bl 164 GA):
"Der Gerichtshof habe wiederholt betont, daß es den Mitgliedsstaaten weiterhin freistehe, die Merkmale und Bedingungen für die Gewährung der Leistungen, der Organisation und der Finanzierung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit festzulegen, solange es zu keiner Diskriminierung zwischen Inländern und Angehörigen der übrigen Mitgliedsstaaten komme; der RSA zwischen den einzelnen Krankenkassen, der vom deutschen Gesetz zwingend vorgeschrieben sei, verstoße im übrigen nicht gegen die europäischen Wettbewerbsbestimmungen ... "; er, der Kläger, sei jedoch nach wie vor der Ansicht, daß der RSA Art 3 Abs 1 GG verletze; das BVerfG habe in seinem Urteil vom 8.2.1994 die Ansicht vertreten, daß das verfassungsrechtliche Problem ungleicher Beitragssätze durch die Einführung der Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Krankenkasse ab dem 1.1.1996 zusätzlich entschärft werde; wie sich aus dem beigefügten Gutachten der Fa. xxxxxxx consult ergebe, das diese Fa. im Jahre 1996 für die Beklagte erstellt und das die Beklagte ihm zur Verfügung gestellt habe, seien aber veraltete Daten Grundlage der Milliardentransfers zwischen den Kassen, die letztlich dazu führten, daß die Beklagte als Zahlerin einen Beitragssatz von 13,6 vH verlange, die AOK Baden-Württemberg als Empfängerin von Ausgleichsleistungen aber nur einen solchen von 13 vH; daß die Berechnung des RSA fehlerhaft sei, weil sie auf veralteter Datenbasis beruhe, darauf weise die Beklagte selbst in ihrem in der Anlage beigefügten Schreiben an ihn vom 24.3.1997 hin (Bl 119 GA); er, der Kläger, fühle sich insoweit ungleich behandelt, da er wegen der Beitragshöhe nicht seine gesetzliche Krankenversicherung wechseln möchte; in dem Gutachten heiße es weiter: zusammenfassend betrachtet sei man der Auffassung, daß vom gegenwärtig sehr weitreichend und dauerhaft angelegten RSA kontraproduktive Effekte für den Wettwerbweibsprozeß ausgehen könnten; dieser sei sicherlich für die Startphase sinnvoll, vielleicht notwendig, dauerhaft jedoch kontraproduktiv; wie er, der Kläger, dem Vorlagebeschluß des BSG vom 26.6.1996 (12 RK 41/94) entnehme, diene der RSA entgegen früherer Handhabung offensichtlich auch der Finanzierung der KVdR; das führe bei ihm zu einer Doppelbelastung: als freiwilliges Mitglied zahle er seit April 1968 Höchstbeiträge, wovon der Arbeitgeber die Hälfte trage; er beabsichtige, ab dem 1.2.1999 eine Altersrente zu beziehen; da er noch über Nebeneinkünfte verfüge, müsse er dann den Höchstbeitrag allein aufbringen und sei dann aufgrund des RSA zu Lasten der Beklagten noch höher an diesem beteiligt; soweit ihm bekannt sei, sei der Anteil der freiwilligen Mitglieder in einem abhängigem Arbeitsverhältnis bei der Beklagten höher als bei den anderen; er überreiche ein Schreiben des Bundesversicherungsamtes (BVA) vom 12.1.1999 an ihn, nebst Tätigkeitsbericht des Amtes für 1997 (Bl 172 - 178 GA); danach sei es beim RSA zu Unregelmäßigkeiten gekommen; er bitte, das BVA beizuladen; die anliegende Petition vom 28.1.1999 (Bl 180 - 184 GA) habe er an den Deutschen Bundestag gerichtet: auch wirke sich § 147 Abs. 2 Satz 1 SGB V negativ auf die Pflicht der Beklagten aus, am RSA teilzunehmen; die mit der Vorschrift geschaffene Möglichkeit, daß bei den Betriebskrankenkassen (BKKn) der Arbeitgeber die Personalkosten tragen könne, führe zu Wettbewerbsverzerrungen und ermögliche, dort niedrige Beiträge als bei der Beklagten.
Der Kläger hat dem Berufungsgericht ferner in der Ablichtung u.a. übermittelt:
- ein Schreiben des BVA an ihn vom 13.11.1996 (Bl 120 GA), mit der Mitteilung, im Fall der Beklagten habe die Prüfung der vorgelegten Daten ergeben, daß im Rahmen des RSA ab 1.12.1996 ein allgemeiner Beitragssatz von 13,2 vH (West) und 13,9 vH (Ost) erforderlich sei
- eine Broschüre der Beklagten "Solidarität und Wettbewerb statt Subvention" - Argumente für eine Neugestaltung des Risikostruktur-Ausgleichs
- sein, des Klägers, Schreiben an das BVA vom 10.2.1997, mit der Rüge, ein Großteil seines Versicherungsbeitrages fließe in den RSA; die AOK Bayern müßte Konkurs anmelden, wenn es den RSA nicht gebe, und es sei eine Frechheit, daß sie sieben statt zwei Vorstandsmitglieder habe, die sich eine Erfolgsprämie von 50.000.- DM gewährten
- die Antwort des zuständigen Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit vom 10.3.1997, daß auch die Frau Staatsministerin ihr Befremden über die Auszahlung der Erfolgsprämie geäußert habe
- Artikel sus dem "Handelsblatt" vom 14.8.1997: "Ersatzkassen wollen RSA kippen"
aus der "Waltroper Zeitung" vom 8.8.1997: "Beitragsbonus bei der AOK stößt auf Kritik" vom 9.8.1997.
"Bonus entfacht heftigen Streit um Risikoausgleich" aus der "Welt am Sonntag" vom 10.8.1997: "Kassen-Streit um Bonus für Gesunde".
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des SG Dortmund vom 13.5.1997 abzuändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: mit Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz wegen der Bescheide über den vorläufigen Schlußausgleich der Jahre 1994 und 1995 sei sie in erster und zweiter Instanz unterlegen; auch mit den jeweiligen Hauptsacheverfahren habe sie in erster Instanz keinen Erfolg gehabt; sie halte die Berechnung für rechtswidrig, weil sie auf veralteter Datenbasis beruhe; zur Frage der Vereinbarkeit von § 266 SGB V mit höherrangigem Recht verweise sie darauf, daß der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung eine weite Gestaltungsfreiheit habe (Hinw. auf die Entsch. v. 9.2.77 1 BvL 11/74 = BVerfGE 44, 70 ff.); ebenso habe der erkennende Senat mit Beschluss vom 24.2.1997 (L 16 SKr 6/97 LSG NRW) entschieden, daß jedenfalls bei summarischer Prüfung im Eilverfahren ein Verstoß von § 266 SGB V mit höherrangigem Recht nicht zu erkennen sei.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte hat mit Schriftsatz vom 25.1.2000 Folge-Beitragsbescheide aufgelistet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie im Einverständnis des Klägers erklärt, sie sei bereit, die Folgebescheide abzuändern, sofern der Kläger mit seiner Klage gegen den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 23.6.1994 rechtskräftig durchdringe.
Wegen des Sachverhaltes im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer den Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Dortmund vom 13.05.1997 ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides der Beklagten vom 23.6.1994 idF des Widerspruchsbescheides vom 2.9.1994 bestätigt. Die Beklagte muß Belastungen durch den RSA bei Festsetzung der Beiträge in ihrer Satzung Rechnung tragen, und eine Unvereinbarkeit der der Beitragsfestsetzung zugrundeliegenden Bestimmungen konnte der Senat nicht feststellen. Im übrigen entspricht die streitige Beitragsfestsetzung - das stellt auch der Kläger nicht in Abrede - der Satzung der Beklagten, den einfachrechtlichen Vorschriften des SGB und der Belastung der Beklagten durch den RSA.
I.
Die Versicherungsträger haben die Beiträge, soweit diese von ihnen festzusetzen sind, so zu bemessen, daß die Beiträge zusammen mit den anderen Einnahmen 1. die gesetzlich vorgeschriebenen und zugelassenen Ausgaben des Versicherungsträgers decken und 2. sicherstellen, daß die gesetzlich vorgeschriebenen und zugelassenen Betriebsmittel und Rücklagen bereit gehalten werden (§ 21 SGB IV). In Ausübung autonomen Satzungsrechts hat die Kasse durch ihre Vertreterversammlung in ihrer Satzung die Beitragsbemessung für ihre freiwilligen Mitglieder zu regeln und den Beitragssatz festzusetzen (§§ 220, 240 Abs 1 S. 1, 241 Abs 1 S. 1 SGB V, 33, 34 SGB IV). Zu den gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben, deren Deckung die Beklagte bei der Beitragsbemessung sicherzustellen hat, gehört auch eine Ausgleichsverpflichtung, der die Beklagte nach § 266 SGB V ausgesetzt sein kann. Nach Maßgabe der §§ 266 ff SGB V idF des GSG vom 21.12.1992 (BGBl 2266) erfolgt seit dem 1.1.1994 (mit Wirkung vom 1.1.1995 unter Einbeziehung der KVdR) kassenartübergreifend und bundesweit ein Finanzausgleich unter den Kassen, nachdem der Ausgleich nach dem Gesundheitsreform-Gesetz vom 20.12.1988 (BGBl 2477 (GRG)) noch auf die Landesverbandsebene beschränkt war. Die danach auf sie zukommenden Ausgleichverpflichtungen kann die Beklagte im wesentlichen nur durch Beitragserhöhungen auffangen.
II.
Soweit der Kläger - stets unter mehr oder minder pauschaler Anführung der Art 3 Abs 1, 14 und/oder 20 Abs 1 GG - rügt, die Bestimmungen über den RSA verletzten höherrangigen Rechts, konnte der Senat ihm nicht folgen:
1.
Hauptanliegen des Klägers scheint es zu sein, die Beitragsbescheide seiner Kasse über das Fehlverhalten anderer Kassen zu Fall zu bringen. Sein darauf gerichtetes Vorbringen ist indes unerheblich, denn der Kläger ist durch das Verhalten anderer Kassen in seiner Stellung als Beitragszahler rechtlich nicht betroffen. Wenn schon ein Fehlverhalten der eigenen Kasse im Bereich des Leistungsrechts kein rechtlich geeignetes und zulässiges Mittel zur Korrektur des Beitragsrechts ist (vgl. BSG Urt.v. 9.10.84 12 RK 18/83 = BSGE 57,184 = SozR 2200 § 385 Nr 10; Urt.v. 21.2.90 12 RK 51/89 = SozR 3-1500 § 54 Nr 1), so erst recht nicht das Fehlverhalten anderer Kassen. Der Kläger ist aufgrund der Regeln des RSA durch das von ihm gerügte Fehlverhalten anderer Kasse auch nicht mittelbar als Beitragszahler betroffen, denn der RSA zielt nicht auf eine Sozialisierung von Fehlverhalten einzelner Kassen, sondern auf einen Ausgleich von Auswirkungen allein der in § 266 Abs 1 SGB V aufgeführten vier Faktoren: Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder, Zahl der Familienversicherten, sowie Verteilung der Versicherten nach Alter und Geschlecht, u n d der Beitragsbedarf der Kassen wird nicht auf der Grundlage der tatsächlichen Ausgaben aller Kassen, sondern auf der Grundlage von standardisierten Leistungsausgaben ermittelt (§ 266 Abs 2 und 4 SGB V), von denen u.a. ausdrücklich ausgenommen sind (Abs 4 S. 1 Nr 2 aaO): Aufwendungen für satzungsmäßige Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
2.
Das aus Art 20 Abs 1 GG abgeleitete "Sozialstaatsprinzip" ist wegen der Weite und Unbestimmtheit des Begriffs aus sich selbst heraus nicht vollziehbar (BVerfGE 1,97,105; 82,60,80), und es kann ohnehin schwerlich die Rede davon sein, daß eine Härte oder Unbilligkeit vorliegt (BVerfGE 69,272,314) oder daß das Existenzminimum nicht mehr gewährleistet ist, wenn ein Betriebsleiter wie der Kläger mit Einkünften über der Jahresarbeitsentgeltgrenze sich und seine Familie nunmehr gegen 690.- DM monatlich statt gegen 594.- DM gegen Krankheit vollversichert.
3.
Zum Verstoß gegen Art 14 Abs 1 GG hat das BSG im Urteil vom 29.1.1998 (B 12 KR 35/95 R = NZS 98,482) ausgeführt, die Vorschrift schütze nicht vor der Auferlegung von Geldleistungspflichten, und der Beitragssatz in der Rentenversicherung sei nicht so hoch, daß ein Grundrechtsverstoß anzunehmen wäre. Dem kann hier nur noch hinzugefügt werden: das gilt für den Beitragssatz der Beklagten erst Recht. Allerdings sind Sodan und Gast (in NZS 99, 265, 275) - gegen bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung - den Kassen selbst eine Grundrechtsfähigkeit zuzubilligen geneigt, um alsdann entsprechend der Entscheidung des BVerfG im "Einheitswert-Beschluss" (BVerfG 93,212) zu folgern, der RSA greife in die vermögenswerten Rechte der Krankenkassen und der hinter diesen stehenden Mitglieder ein, weil den Kassen "ein Kernbestand des Erfolges eigener Betätigung" nicht verbleibe. Sodan und Gast verkennen dabei - wie noch zu erörtern, auch der Kläger - daß der Gesetzgeber den Kern des Bemühens der GKV nicht im Erfolg einzelner Kassen, sondern im Erfolg aller Glieder der gegliederten Krankenversicherung sieht.
4.
Kaum ergiebiger sind die Ausführungen des Klägers zur angeblichen oder tatsächlichen Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs 1 GG. Der Kläger behauptet zunächst, es werde ein gleicher Sachverhalt ohne sachlichen Grund ungleich behandelt, insoweit als der RSA nicht für privat Versicherte vorgesehen sei. Daß die private Krankenversicherung (PKV) sich von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) so deutlich unterscheidet, so daß deutlich unterschiedliche Regelungen vielfach sachlich gerechtfertigt, daß die Zweige also nicht gleich sind, bedarf eigentlich keiner Erörterung. Der Ausgleich "funktioniert" dort anders. Das mag der Kläger sich an der Höhe der Beiträge verdeutlichen, die ein Mann seines Alters für eine Familienvollversicherung hier - bei der Beklagten - zu zahlen hat und dort (bei einem Unternehmen der PKV) zu zahlen hätte, während ein junger Versicherter ohne Angehörige sich in der PKV vielleicht günstiger steht.
Der Kläger sieht den Gleichheitssatz ferner dadurch verletzt, daß die Beklagte in West- und Ostdeutschland unterschiedliche Beitragssätze festsetzt, obwohl dem Sozialgefälle bereits mit unterschiedlichen Versicherungspflichtgrenzen Rechnung getragen sei.
Auch hier liegt die dem Gleichheitssatz gerade entsprechende Ungleichbehandlung ungleicher Sachverhalte (BVerfGE 55,72,88) durch den Gesetzgeber und dann durch die Beklagte auf der Hand. Der Gesetzgeber hat zudem - darauf weist die Beklagte mit Recht hin - nach der Rechtsprechung des BVerfG einen weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen (Art 2 Abs 1 GG) und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfGE 10,354; 44,70 = SozR 5420 § 94 KVLG Nr 2). Die Beklagte gehört also offensichtlich nicht zu den Kassen, von denen Sodan und Gast (aaO S. 275) behaupten, der Gesetzgeber habe seinen Gestaltungsspielraum überschritten, weil die Typisierungen des RSA sich auf einzelne Kassen existentiell gefährdend auswirkten. Daß Kassen durch den RSA existentiell bedroht wären, ist bislang auch nicht von der BKK BMW bekannt geworden, für die Sodan und Gast aaO eintreten. Selbst wenn es aber bei korrekter Anwendung der Regeln des RSA vereinzelt zur Existenzgefährdung einer Kasse kommen sollte, wäre dies allein noch nicht geeignet, die Verfassungswidrigkeit der Regelung zu belegen. Mit dem Kläger müßte man zunächst die Frage stellen, ob eine solche Kasse nicht tatsächlich besser auch geschlossen gehört, wenn sie zu Bedingungen nicht bestehen kann, von denen die Mehrzahl der Kassen in ihrer Existenz nicht beeinträchtigt wird.
5.
Für sich verlangt der Kläger offensichtlich eine ungleiche Behandlung, wenn er vorträgt, die Solidargemeinschaft umfasse nur e i n e gesetzliche Krankenkasse; ihm und seiner Kasse könne tatsächliche oder angebliche Mißwirtschaft anderer Kassen nicht zum Nachteil gereichen. Nun stimmt es aber offensichtlich nicht, daß die Solidargemeinschaft nur e i n e gesetzliche Kasse umfaßt; das erhellen und belegen die Ausführungen des BVerfG und des BSG zum gegliederten Aufbau der GKV im Beschluss des BVerfG vom 8.2.1994 (1 BvR 1237/85 = BVerfGE 89,365 ff = USK 94 24) und im Urteil des BSG vom 22.5.1985 (12 RK 15/83 = BSGE 58,134 = SozR 2200 § 385 Nr 14). Der Kläger ist also keineswegs privilegiert gegenüber den Mitgliedern anderer Kassen, er nimmt vielmehr als Gleicher unter Gleichen über seine Kasse am RSA teil, und Mißwirtschaft einzelner Kasse ist kein sachlicher Grund, den gegliederten Aufbau der Sozialversicherung in Frage zu stellen.
6.
Was die tatsächliche oder angebliche Mißwirtschaft anderer Kassen anbetrifft, so verschafft diese dem Kläger ebensowenig eine grundrechtsfähige Position wie der doch wohl mittlerweile unstreitige Tatbestand, daß die Durchführung des RSA bislang auf erhebliche Schwierigkeiten und Mißlichkeiten nicht nur in Form der Verwertung alter und/oder unvollständiger Daten gestoßen ist und vielleicht auch noch stoßen wird (vgl. dazu das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten der prognos consult - Baumann und Dr. Rothkirch - vom 23.1.1996 sowie Sodan und Gast aaO). Der erkennende Senat hat dazu schon in einer Reihe von Verfahren wegen einstweiligen Rechtsschutzes und so auch im den Beteiligten bekannten Beschluss vom 24.2.1997 (L 16 SKr 10 und 11/97 LSG NW) ausgeführt, allerdings liege in den Bestimmungen über den RSA keine offensichtlich gegen das GG verstoßende "Zielungenauigkeit" des Gesetzgebers vor; soweit die antragstellende Kasse fordere, daß der RSA nur anhand von genau ermittelten, in jeder Hinsicht nach vollziehbaren, richtigen Daten erfolgen dürfe, um nicht gegen das Rechtsstaatsgebot (Art 20 Abs 3 GG) zu verstoßen, sei der RSA faktisch nicht umsetzbar. Der 5. Senat im Hause hat jüngst mit Beschluss vom 2.12.1999 (L 5 B 28/99 KR LSG NRW) in einem solchen Zusammenhang verdeutlicht, welche Instrumentarien zur Verfügung stehen, um für Datenwahrheit zu sorgen und auch nachträgliche Korrektur zu ermöglichen. Im übrigen gibt es eine breite Rechtsprechung des BVerfG, daß der Gesetzgeber typisieren und Erfahrungen sammeln darf (BVerfGE 71,39,58; 80,109,118), daß Verfassungswidrigkeit trotz ihres Vorliegens unter Umständen für eine Übergangszeit unter Umständen unbeachtlich ist (BVerfGE 39,169,193; 46, 55,66), daß die Gerichte nicht zu überprüfen haben, ob der Gesetzgeber - auf´s ganze gesehen - die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat (BVerfGE 52,77; 54,11). Letztlich fehlen nach Ansicht des Senats jedenfalls derzeit noch hinreichende Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung von Sodan und Gast aaO, daß nämlich das gesamte RSA-Verfahren über Anfangsschwierigkeiten und Mißlichkeiten im Einzelfall hinaus so überflüssig und ungeeignet sei, daß dies verfassungsrechtlich nicht mehr hingenommen werden könne.
7.
Das BVerfG hat schließlich in seiner Entscheidung vom 8.2.1994 (aaO) die Frage der Grundrechtsbeeinträchtigung auch davon abhängig gemacht, ob sich der einzelne Betroffene dem nicht entziehen kann. Der Kläger konnte und kann sich als freiwilliges Mitglied jeder Grundrechtsverletzung durch die Bestimmungen des RSA, so sie vorliegen würde, jederzeit durch Kündigung und Wechsel zur PKV entziehen, und er kann seit dem 1.1.1996 sogar zu anderen Kassen im einheitlichen Verbund der GKV wechseln (mit Ausnahme von etwa "geschlossenen" Betriebskrankenkassen oder der Bundesknappschaft).
8.
Ebensowenig wie die Europäische Kommission in ihrer Antwort an den Kläger vom 22.4.1997 konnte der Senat schließlich eine Verletzung europäischen Rechts feststellen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Der Senat hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und deshalb die Revision zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die beklagte Ersatzkasse dem Kläger mit Hinweis auf ihre Belastung durch den Risikostrukturausgleich (RSA) zu Recht höhere Beiträge abverlangt.
Der Kläger ist am xx.x.1938 geboren, verheiratet, Betriebsleiter mit Einkünften über der Jahresarbeitsentgeltgrenze und freiwilliges Mitglied der Beklagten. Er teilte der Kasse mit Schreiben vom 30.4.1994 mit, er lege gegen die Beitragserhöhung ab dem 1.1.1994 von zuvor 594.- auf 690.- DM Widerspruch ein; sein Beitrag sei im wesentlichen zur Finanzierung des RSA erhöht worden; die Zahlungsströme des RSA seien unbekannt; er sei mit Art 14 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar; die Solidargemeinschaft umfasse nur eine gesetzliche Krankenkasse.
Die Beklagte antwortete dem Kläger: die Versicherungsträger hätten die Beiträge nach § 21 S. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) IV so zu bemessen, daß die Beiträge zusammen mit den anderen Einnahmen u.a. die gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben des Versicherungsträgers deckten; zu diesen Ausgaben zählten seit dem 1.1.1994 auch Zahlungen aufgrund des in § 266 SGB V geregelten RSA; dieser sei durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) zum 1.1.1994 in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) eingeführt worden (Hinw. auf Art. 1 Nr 143 iVm Art 35 Abs 3 des GSG v. 21.12.1992); der RSA solle bewirken, daß krasse Beitragsunterschiede innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeglichen würden; es sollten die Faktoren ausgeglichen werden, die zu den Beitragssatzunterschieden in der GKV geführt hätten; dazu zählten eine hohe Anzahl Familienversicherter, geringe beitragspflichtige Einnahmen der Mitglieder und die Verteilung der Versicherten nach Alter und Geschlecht; wenn die Risikostruktur der Versicherten, wie im Fall der beklagten TKK, günstig sei, seien demnach hohe Ausgleichszahlungen zu leisten; durch die Ausgleichszahlung zum RSA werde die beklagte TKK erheblich belastet; sie rechne zu Beginn des Jahres mit einem Betrag von rund 1, 5 Mrd. DM; das entspreche ca. 10 vH der gesamten Beitragseinnahmen; der Beitragssatz habe deshalb um eben diesen Prozentsatz von 11,0 % auf 12,1 % angehoben werden müssen; ob § 266 SGB V mit dem GG vereinbar sei, habe die Kasse nicht zu prüfen; das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seinem Beschluss vom 8.2.1994 1 BvR 1237/85 erklärt, es halte die krassen Beitragssatzunterschiede in der GKV für bedenklich, aber nicht für verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber mit dem GSG bereits Maßnahmen zur Angleichung der Beitragssätze ergriffen habe (formeller Bescheid der Beklagten vom 23.6.1994 in der Fassung des den Widerspruch des Klägers in der Sache zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 2.9.1994).
Der Kläger hat am 30.9.1994 Klage erhoben. Er hat in erster Instanz vorgetragen: die Regelungen über den RSA seien mit den Art 3, 14 und 20 GG unvereinbar, weil kein Wettbewerb mehr gegeben sei und eine Einheitsversicherung angenommen werden müsse; die hier von der Beklagten vertretene Auffassung sei nicht nachvollziehbar, weil sich die Beklagte selbst in ihrer Mitgliederzeit schriftvehement gegen den RSA wende (Hinw. auf anliegende Auszüge aus der Mitgliederzeitschrift Blatt (Bl) 3- 5, 21 - 22, 68,69 und 74 der Gerichtsakten (GA)); es sei unmöglich, daß gesunde und gut wirtschaftende Kassen marode Kassen unterstützten; der KVdR-Finanzausgleich sei bereits Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Sozialgericht (SG) gewesen (S 8 Kr 1/87); ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liege vor, weil der RSA nicht für privat Versicherte vorgesehen sei; insoweit werde ein gleicher Sachverhalt ohne sachlichen Grund ungleich behandelt; es sei eine Eigentumsverletzung iS von Art 14 GG in seiner Belastung mit nicht gerechtfertigten Abgaben zwischen den einzelnen Kassen zu sehen; das Sozialstaatsprinzip sei verletzt, weil der RSA keine soziale Gerechtigkeit darstelle, obwohl es naheliege, daß ein Ausgleich nur deshalb erforderlich werde, weil andere Kassen nicht wirtschaftlich arbeiteten; es gebe keine Verwaltungsbehörde, die den Verwaltungsapparat der Kassen überprüfe; auch gebe es Wettbewerb in der Privaten Krankenversicherung (PKV), ohne daß dort ein Ausgleich an die Mitbewerber gezahlt werde; Art 3, 14 und 20 GG seien auch insofern verletzt, als die Beklagte in West- und Ostdeutschland unterschiedliche Beitragssätze festsetze; dem Sozialgefälle zwischen Ost und West sei bereits mit unterschiedlichen Versicherungspflichtgrenzen Rechnung getragen; die Festsetzung unterschiedlicher Versicherungspflichtgrenzen sei mit den Art 3, 14 und 20 GG nicht vereinbar; wären die Versicherungspflichtgrenzen und Beitragssätze in Ost und West gleich, könnte das Beitragsniveau für alle Versicherten der Beklagten gesenkt werden; es sei zu rügen, daß die Beklagte den Beitragssatz Ost mit Betriebsmittelreserven stabil gehalten habe, während der Beitragssatz West erhöht worden sei (in der Anlage: Auszug aus der Mitgliederzeitschrift der Beklagten Bl 42, 44-47 GA); ein erheblicher Teil seines Beitrags diene dazu, andere marode Kassen wie AOK und Bundesknappschaft zu subventionieren, weil diese angeblich schlechtere Risiken zu tragen hätten; in der Privatwirtschaft sei es üblich, daß ein Unternehmen schließe, wenn es nicht liquide sei; der RSA stelle eine unzulässig Subvention iS des europäischen Gesetzes dar; er rege an, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) einzuholen.
Der Kläger hat dazu eine Petition vom 9.9.1996 (Nr 793/96) vorgelegt, mit der er sich an das Europaparlament gewandt hatte; er hat ferner in der Ablichtung zu den Akten gereicht:
Artikel aus dem "Handelsblatt"
- vom 12./13.2.1993: "Anwälte verstehen wenig vom Europarecht"
- vom 19.10.1994: "Ortskrankenkassen sind die großen Gewinner"
- vom 29.11.1994: "Innungskrankenkassen senken Beitragssatz"
- vom 15.7.1996: "Risikoausgleich wird zum politischen Spiel-
- vom 6./7.9.1996: "Undurchschaubares Subventionssystem"
aus der "Waltroper Zeitung" vom 30.8.1996: "Hohes Defizit bei Krankenversicherung"
aus "Der Steuerzahler": "Geltendes Recht ignoriert".
Der Kläger hat vor dem SG beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 23.6.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2.9.1994 aufzuheben.
Die Beklagte hat vor dem SG beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat in erster Instanz vorgetragen: sie habe ihre Bereitschaft, sich am Solidarausgleich innerhalb der GKV zu beteiligen, nie in Frage gestellt; sie wende sich lediglich beim SG Hamburg (S 21 KR 531/95) gegen einen Beitragsbescheid, mit dem das Bundesversicherungsamt für das Jahr 1994 Nachzahlungen im Wege eines vorläufigen Schlußausgleichs gefordert habe; das Verfahren richte sich nur gegen die Berechnungsweise, die nach ihrer, der Beklagten, Meinung gegen bestehende Rechtsvorschriften verstoße.
Die Beklagte hat in der Ablichtung zu den Akten gegeben:
Auszüge aus ihrer Satzung nach dem Stand 1.1.1994 (Bl 52 ff GA).
Das SG Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 13. Mai 1997 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zu Recht habe es die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden abgelehnt, den Krankenversicherungsbeitrag des Klägers wieder dem vor dem 1.1.1994 bestehenden Zustand entsprechend zu erheben; die Kasse habe die Vakanzen, die durch Zahlungen in den RSA entstanden seien, durch Beitragserhöhungen kompensiert; damit sei sie ihrer gesetzlichen Pflicht aus § 21 SGB IV nachgekommen, die Beiträge so zu bemessen, daß die gesetzlichen Ausgaben gedeckt seien; insoweit habe die Beklagte gar keine andere Wahl gehabt, als die Beiträge zu erhöhen; die ggf. gerichtliche Klärung der Frage, ob § 266 SGB V mit höherrangigem Recht vereinbar sei, sei Versicherungsträgern und dem Bundesversicherungsamt vorbehalten, nicht aber dem einzelnen Versicherten möglich.
Der Kläger hat gegen das Urteil am 9.6.1997 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein erstinstanzliche Vorbringen und ergänzt, auf seine Petition 793/96 habe die Europäische Kommission am 22.4.1997 wie folgt u.a. geantwortet (Bl 164 GA):
"Der Gerichtshof habe wiederholt betont, daß es den Mitgliedsstaaten weiterhin freistehe, die Merkmale und Bedingungen für die Gewährung der Leistungen, der Organisation und der Finanzierung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit festzulegen, solange es zu keiner Diskriminierung zwischen Inländern und Angehörigen der übrigen Mitgliedsstaaten komme; der RSA zwischen den einzelnen Krankenkassen, der vom deutschen Gesetz zwingend vorgeschrieben sei, verstoße im übrigen nicht gegen die europäischen Wettbewerbsbestimmungen ... "; er, der Kläger, sei jedoch nach wie vor der Ansicht, daß der RSA Art 3 Abs 1 GG verletze; das BVerfG habe in seinem Urteil vom 8.2.1994 die Ansicht vertreten, daß das verfassungsrechtliche Problem ungleicher Beitragssätze durch die Einführung der Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Krankenkasse ab dem 1.1.1996 zusätzlich entschärft werde; wie sich aus dem beigefügten Gutachten der Fa. xxxxxxx consult ergebe, das diese Fa. im Jahre 1996 für die Beklagte erstellt und das die Beklagte ihm zur Verfügung gestellt habe, seien aber veraltete Daten Grundlage der Milliardentransfers zwischen den Kassen, die letztlich dazu führten, daß die Beklagte als Zahlerin einen Beitragssatz von 13,6 vH verlange, die AOK Baden-Württemberg als Empfängerin von Ausgleichsleistungen aber nur einen solchen von 13 vH; daß die Berechnung des RSA fehlerhaft sei, weil sie auf veralteter Datenbasis beruhe, darauf weise die Beklagte selbst in ihrem in der Anlage beigefügten Schreiben an ihn vom 24.3.1997 hin (Bl 119 GA); er, der Kläger, fühle sich insoweit ungleich behandelt, da er wegen der Beitragshöhe nicht seine gesetzliche Krankenversicherung wechseln möchte; in dem Gutachten heiße es weiter: zusammenfassend betrachtet sei man der Auffassung, daß vom gegenwärtig sehr weitreichend und dauerhaft angelegten RSA kontraproduktive Effekte für den Wettwerbweibsprozeß ausgehen könnten; dieser sei sicherlich für die Startphase sinnvoll, vielleicht notwendig, dauerhaft jedoch kontraproduktiv; wie er, der Kläger, dem Vorlagebeschluß des BSG vom 26.6.1996 (12 RK 41/94) entnehme, diene der RSA entgegen früherer Handhabung offensichtlich auch der Finanzierung der KVdR; das führe bei ihm zu einer Doppelbelastung: als freiwilliges Mitglied zahle er seit April 1968 Höchstbeiträge, wovon der Arbeitgeber die Hälfte trage; er beabsichtige, ab dem 1.2.1999 eine Altersrente zu beziehen; da er noch über Nebeneinkünfte verfüge, müsse er dann den Höchstbeitrag allein aufbringen und sei dann aufgrund des RSA zu Lasten der Beklagten noch höher an diesem beteiligt; soweit ihm bekannt sei, sei der Anteil der freiwilligen Mitglieder in einem abhängigem Arbeitsverhältnis bei der Beklagten höher als bei den anderen; er überreiche ein Schreiben des Bundesversicherungsamtes (BVA) vom 12.1.1999 an ihn, nebst Tätigkeitsbericht des Amtes für 1997 (Bl 172 - 178 GA); danach sei es beim RSA zu Unregelmäßigkeiten gekommen; er bitte, das BVA beizuladen; die anliegende Petition vom 28.1.1999 (Bl 180 - 184 GA) habe er an den Deutschen Bundestag gerichtet: auch wirke sich § 147 Abs. 2 Satz 1 SGB V negativ auf die Pflicht der Beklagten aus, am RSA teilzunehmen; die mit der Vorschrift geschaffene Möglichkeit, daß bei den Betriebskrankenkassen (BKKn) der Arbeitgeber die Personalkosten tragen könne, führe zu Wettbewerbsverzerrungen und ermögliche, dort niedrige Beiträge als bei der Beklagten.
Der Kläger hat dem Berufungsgericht ferner in der Ablichtung u.a. übermittelt:
- ein Schreiben des BVA an ihn vom 13.11.1996 (Bl 120 GA), mit der Mitteilung, im Fall der Beklagten habe die Prüfung der vorgelegten Daten ergeben, daß im Rahmen des RSA ab 1.12.1996 ein allgemeiner Beitragssatz von 13,2 vH (West) und 13,9 vH (Ost) erforderlich sei
- eine Broschüre der Beklagten "Solidarität und Wettbewerb statt Subvention" - Argumente für eine Neugestaltung des Risikostruktur-Ausgleichs
- sein, des Klägers, Schreiben an das BVA vom 10.2.1997, mit der Rüge, ein Großteil seines Versicherungsbeitrages fließe in den RSA; die AOK Bayern müßte Konkurs anmelden, wenn es den RSA nicht gebe, und es sei eine Frechheit, daß sie sieben statt zwei Vorstandsmitglieder habe, die sich eine Erfolgsprämie von 50.000.- DM gewährten
- die Antwort des zuständigen Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit vom 10.3.1997, daß auch die Frau Staatsministerin ihr Befremden über die Auszahlung der Erfolgsprämie geäußert habe
- Artikel sus dem "Handelsblatt" vom 14.8.1997: "Ersatzkassen wollen RSA kippen"
aus der "Waltroper Zeitung" vom 8.8.1997: "Beitragsbonus bei der AOK stößt auf Kritik" vom 9.8.1997.
"Bonus entfacht heftigen Streit um Risikoausgleich" aus der "Welt am Sonntag" vom 10.8.1997: "Kassen-Streit um Bonus für Gesunde".
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des SG Dortmund vom 13.5.1997 abzuändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: mit Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz wegen der Bescheide über den vorläufigen Schlußausgleich der Jahre 1994 und 1995 sei sie in erster und zweiter Instanz unterlegen; auch mit den jeweiligen Hauptsacheverfahren habe sie in erster Instanz keinen Erfolg gehabt; sie halte die Berechnung für rechtswidrig, weil sie auf veralteter Datenbasis beruhe; zur Frage der Vereinbarkeit von § 266 SGB V mit höherrangigem Recht verweise sie darauf, daß der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung eine weite Gestaltungsfreiheit habe (Hinw. auf die Entsch. v. 9.2.77 1 BvL 11/74 = BVerfGE 44, 70 ff.); ebenso habe der erkennende Senat mit Beschluss vom 24.2.1997 (L 16 SKr 6/97 LSG NRW) entschieden, daß jedenfalls bei summarischer Prüfung im Eilverfahren ein Verstoß von § 266 SGB V mit höherrangigem Recht nicht zu erkennen sei.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte hat mit Schriftsatz vom 25.1.2000 Folge-Beitragsbescheide aufgelistet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie im Einverständnis des Klägers erklärt, sie sei bereit, die Folgebescheide abzuändern, sofern der Kläger mit seiner Klage gegen den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 23.6.1994 rechtskräftig durchdringe.
Wegen des Sachverhaltes im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer den Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Dortmund vom 13.05.1997 ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides der Beklagten vom 23.6.1994 idF des Widerspruchsbescheides vom 2.9.1994 bestätigt. Die Beklagte muß Belastungen durch den RSA bei Festsetzung der Beiträge in ihrer Satzung Rechnung tragen, und eine Unvereinbarkeit der der Beitragsfestsetzung zugrundeliegenden Bestimmungen konnte der Senat nicht feststellen. Im übrigen entspricht die streitige Beitragsfestsetzung - das stellt auch der Kläger nicht in Abrede - der Satzung der Beklagten, den einfachrechtlichen Vorschriften des SGB und der Belastung der Beklagten durch den RSA.
I.
Die Versicherungsträger haben die Beiträge, soweit diese von ihnen festzusetzen sind, so zu bemessen, daß die Beiträge zusammen mit den anderen Einnahmen 1. die gesetzlich vorgeschriebenen und zugelassenen Ausgaben des Versicherungsträgers decken und 2. sicherstellen, daß die gesetzlich vorgeschriebenen und zugelassenen Betriebsmittel und Rücklagen bereit gehalten werden (§ 21 SGB IV). In Ausübung autonomen Satzungsrechts hat die Kasse durch ihre Vertreterversammlung in ihrer Satzung die Beitragsbemessung für ihre freiwilligen Mitglieder zu regeln und den Beitragssatz festzusetzen (§§ 220, 240 Abs 1 S. 1, 241 Abs 1 S. 1 SGB V, 33, 34 SGB IV). Zu den gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben, deren Deckung die Beklagte bei der Beitragsbemessung sicherzustellen hat, gehört auch eine Ausgleichsverpflichtung, der die Beklagte nach § 266 SGB V ausgesetzt sein kann. Nach Maßgabe der §§ 266 ff SGB V idF des GSG vom 21.12.1992 (BGBl 2266) erfolgt seit dem 1.1.1994 (mit Wirkung vom 1.1.1995 unter Einbeziehung der KVdR) kassenartübergreifend und bundesweit ein Finanzausgleich unter den Kassen, nachdem der Ausgleich nach dem Gesundheitsreform-Gesetz vom 20.12.1988 (BGBl 2477 (GRG)) noch auf die Landesverbandsebene beschränkt war. Die danach auf sie zukommenden Ausgleichverpflichtungen kann die Beklagte im wesentlichen nur durch Beitragserhöhungen auffangen.
II.
Soweit der Kläger - stets unter mehr oder minder pauschaler Anführung der Art 3 Abs 1, 14 und/oder 20 Abs 1 GG - rügt, die Bestimmungen über den RSA verletzten höherrangigen Rechts, konnte der Senat ihm nicht folgen:
1.
Hauptanliegen des Klägers scheint es zu sein, die Beitragsbescheide seiner Kasse über das Fehlverhalten anderer Kassen zu Fall zu bringen. Sein darauf gerichtetes Vorbringen ist indes unerheblich, denn der Kläger ist durch das Verhalten anderer Kassen in seiner Stellung als Beitragszahler rechtlich nicht betroffen. Wenn schon ein Fehlverhalten der eigenen Kasse im Bereich des Leistungsrechts kein rechtlich geeignetes und zulässiges Mittel zur Korrektur des Beitragsrechts ist (vgl. BSG Urt.v. 9.10.84 12 RK 18/83 = BSGE 57,184 = SozR 2200 § 385 Nr 10; Urt.v. 21.2.90 12 RK 51/89 = SozR 3-1500 § 54 Nr 1), so erst recht nicht das Fehlverhalten anderer Kassen. Der Kläger ist aufgrund der Regeln des RSA durch das von ihm gerügte Fehlverhalten anderer Kasse auch nicht mittelbar als Beitragszahler betroffen, denn der RSA zielt nicht auf eine Sozialisierung von Fehlverhalten einzelner Kassen, sondern auf einen Ausgleich von Auswirkungen allein der in § 266 Abs 1 SGB V aufgeführten vier Faktoren: Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder, Zahl der Familienversicherten, sowie Verteilung der Versicherten nach Alter und Geschlecht, u n d der Beitragsbedarf der Kassen wird nicht auf der Grundlage der tatsächlichen Ausgaben aller Kassen, sondern auf der Grundlage von standardisierten Leistungsausgaben ermittelt (§ 266 Abs 2 und 4 SGB V), von denen u.a. ausdrücklich ausgenommen sind (Abs 4 S. 1 Nr 2 aaO): Aufwendungen für satzungsmäßige Mehr- und Erprobungsleistungen sowie für Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.
2.
Das aus Art 20 Abs 1 GG abgeleitete "Sozialstaatsprinzip" ist wegen der Weite und Unbestimmtheit des Begriffs aus sich selbst heraus nicht vollziehbar (BVerfGE 1,97,105; 82,60,80), und es kann ohnehin schwerlich die Rede davon sein, daß eine Härte oder Unbilligkeit vorliegt (BVerfGE 69,272,314) oder daß das Existenzminimum nicht mehr gewährleistet ist, wenn ein Betriebsleiter wie der Kläger mit Einkünften über der Jahresarbeitsentgeltgrenze sich und seine Familie nunmehr gegen 690.- DM monatlich statt gegen 594.- DM gegen Krankheit vollversichert.
3.
Zum Verstoß gegen Art 14 Abs 1 GG hat das BSG im Urteil vom 29.1.1998 (B 12 KR 35/95 R = NZS 98,482) ausgeführt, die Vorschrift schütze nicht vor der Auferlegung von Geldleistungspflichten, und der Beitragssatz in der Rentenversicherung sei nicht so hoch, daß ein Grundrechtsverstoß anzunehmen wäre. Dem kann hier nur noch hinzugefügt werden: das gilt für den Beitragssatz der Beklagten erst Recht. Allerdings sind Sodan und Gast (in NZS 99, 265, 275) - gegen bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung - den Kassen selbst eine Grundrechtsfähigkeit zuzubilligen geneigt, um alsdann entsprechend der Entscheidung des BVerfG im "Einheitswert-Beschluss" (BVerfG 93,212) zu folgern, der RSA greife in die vermögenswerten Rechte der Krankenkassen und der hinter diesen stehenden Mitglieder ein, weil den Kassen "ein Kernbestand des Erfolges eigener Betätigung" nicht verbleibe. Sodan und Gast verkennen dabei - wie noch zu erörtern, auch der Kläger - daß der Gesetzgeber den Kern des Bemühens der GKV nicht im Erfolg einzelner Kassen, sondern im Erfolg aller Glieder der gegliederten Krankenversicherung sieht.
4.
Kaum ergiebiger sind die Ausführungen des Klägers zur angeblichen oder tatsächlichen Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs 1 GG. Der Kläger behauptet zunächst, es werde ein gleicher Sachverhalt ohne sachlichen Grund ungleich behandelt, insoweit als der RSA nicht für privat Versicherte vorgesehen sei. Daß die private Krankenversicherung (PKV) sich von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) so deutlich unterscheidet, so daß deutlich unterschiedliche Regelungen vielfach sachlich gerechtfertigt, daß die Zweige also nicht gleich sind, bedarf eigentlich keiner Erörterung. Der Ausgleich "funktioniert" dort anders. Das mag der Kläger sich an der Höhe der Beiträge verdeutlichen, die ein Mann seines Alters für eine Familienvollversicherung hier - bei der Beklagten - zu zahlen hat und dort (bei einem Unternehmen der PKV) zu zahlen hätte, während ein junger Versicherter ohne Angehörige sich in der PKV vielleicht günstiger steht.
Der Kläger sieht den Gleichheitssatz ferner dadurch verletzt, daß die Beklagte in West- und Ostdeutschland unterschiedliche Beitragssätze festsetzt, obwohl dem Sozialgefälle bereits mit unterschiedlichen Versicherungspflichtgrenzen Rechnung getragen sei.
Auch hier liegt die dem Gleichheitssatz gerade entsprechende Ungleichbehandlung ungleicher Sachverhalte (BVerfGE 55,72,88) durch den Gesetzgeber und dann durch die Beklagte auf der Hand. Der Gesetzgeber hat zudem - darauf weist die Beklagte mit Recht hin - nach der Rechtsprechung des BVerfG einen weiten Gestaltungsspielraum im Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen (Art 2 Abs 1 GG) und den Anforderungen einer sozialstaatlichen Ordnung (BVerfGE 10,354; 44,70 = SozR 5420 § 94 KVLG Nr 2). Die Beklagte gehört also offensichtlich nicht zu den Kassen, von denen Sodan und Gast (aaO S. 275) behaupten, der Gesetzgeber habe seinen Gestaltungsspielraum überschritten, weil die Typisierungen des RSA sich auf einzelne Kassen existentiell gefährdend auswirkten. Daß Kassen durch den RSA existentiell bedroht wären, ist bislang auch nicht von der BKK BMW bekannt geworden, für die Sodan und Gast aaO eintreten. Selbst wenn es aber bei korrekter Anwendung der Regeln des RSA vereinzelt zur Existenzgefährdung einer Kasse kommen sollte, wäre dies allein noch nicht geeignet, die Verfassungswidrigkeit der Regelung zu belegen. Mit dem Kläger müßte man zunächst die Frage stellen, ob eine solche Kasse nicht tatsächlich besser auch geschlossen gehört, wenn sie zu Bedingungen nicht bestehen kann, von denen die Mehrzahl der Kassen in ihrer Existenz nicht beeinträchtigt wird.
5.
Für sich verlangt der Kläger offensichtlich eine ungleiche Behandlung, wenn er vorträgt, die Solidargemeinschaft umfasse nur e i n e gesetzliche Krankenkasse; ihm und seiner Kasse könne tatsächliche oder angebliche Mißwirtschaft anderer Kassen nicht zum Nachteil gereichen. Nun stimmt es aber offensichtlich nicht, daß die Solidargemeinschaft nur e i n e gesetzliche Kasse umfaßt; das erhellen und belegen die Ausführungen des BVerfG und des BSG zum gegliederten Aufbau der GKV im Beschluss des BVerfG vom 8.2.1994 (1 BvR 1237/85 = BVerfGE 89,365 ff = USK 94 24) und im Urteil des BSG vom 22.5.1985 (12 RK 15/83 = BSGE 58,134 = SozR 2200 § 385 Nr 14). Der Kläger ist also keineswegs privilegiert gegenüber den Mitgliedern anderer Kassen, er nimmt vielmehr als Gleicher unter Gleichen über seine Kasse am RSA teil, und Mißwirtschaft einzelner Kasse ist kein sachlicher Grund, den gegliederten Aufbau der Sozialversicherung in Frage zu stellen.
6.
Was die tatsächliche oder angebliche Mißwirtschaft anderer Kassen anbetrifft, so verschafft diese dem Kläger ebensowenig eine grundrechtsfähige Position wie der doch wohl mittlerweile unstreitige Tatbestand, daß die Durchführung des RSA bislang auf erhebliche Schwierigkeiten und Mißlichkeiten nicht nur in Form der Verwertung alter und/oder unvollständiger Daten gestoßen ist und vielleicht auch noch stoßen wird (vgl. dazu das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten der prognos consult - Baumann und Dr. Rothkirch - vom 23.1.1996 sowie Sodan und Gast aaO). Der erkennende Senat hat dazu schon in einer Reihe von Verfahren wegen einstweiligen Rechtsschutzes und so auch im den Beteiligten bekannten Beschluss vom 24.2.1997 (L 16 SKr 10 und 11/97 LSG NW) ausgeführt, allerdings liege in den Bestimmungen über den RSA keine offensichtlich gegen das GG verstoßende "Zielungenauigkeit" des Gesetzgebers vor; soweit die antragstellende Kasse fordere, daß der RSA nur anhand von genau ermittelten, in jeder Hinsicht nach vollziehbaren, richtigen Daten erfolgen dürfe, um nicht gegen das Rechtsstaatsgebot (Art 20 Abs 3 GG) zu verstoßen, sei der RSA faktisch nicht umsetzbar. Der 5. Senat im Hause hat jüngst mit Beschluss vom 2.12.1999 (L 5 B 28/99 KR LSG NRW) in einem solchen Zusammenhang verdeutlicht, welche Instrumentarien zur Verfügung stehen, um für Datenwahrheit zu sorgen und auch nachträgliche Korrektur zu ermöglichen. Im übrigen gibt es eine breite Rechtsprechung des BVerfG, daß der Gesetzgeber typisieren und Erfahrungen sammeln darf (BVerfGE 71,39,58; 80,109,118), daß Verfassungswidrigkeit trotz ihres Vorliegens unter Umständen für eine Übergangszeit unter Umständen unbeachtlich ist (BVerfGE 39,169,193; 46, 55,66), daß die Gerichte nicht zu überprüfen haben, ob der Gesetzgeber - auf´s ganze gesehen - die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat (BVerfGE 52,77; 54,11). Letztlich fehlen nach Ansicht des Senats jedenfalls derzeit noch hinreichende Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung von Sodan und Gast aaO, daß nämlich das gesamte RSA-Verfahren über Anfangsschwierigkeiten und Mißlichkeiten im Einzelfall hinaus so überflüssig und ungeeignet sei, daß dies verfassungsrechtlich nicht mehr hingenommen werden könne.
7.
Das BVerfG hat schließlich in seiner Entscheidung vom 8.2.1994 (aaO) die Frage der Grundrechtsbeeinträchtigung auch davon abhängig gemacht, ob sich der einzelne Betroffene dem nicht entziehen kann. Der Kläger konnte und kann sich als freiwilliges Mitglied jeder Grundrechtsverletzung durch die Bestimmungen des RSA, so sie vorliegen würde, jederzeit durch Kündigung und Wechsel zur PKV entziehen, und er kann seit dem 1.1.1996 sogar zu anderen Kassen im einheitlichen Verbund der GKV wechseln (mit Ausnahme von etwa "geschlossenen" Betriebskrankenkassen oder der Bundesknappschaft).
8.
Ebensowenig wie die Europäische Kommission in ihrer Antwort an den Kläger vom 22.4.1997 konnte der Senat schließlich eine Verletzung europäischen Rechts feststellen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Der Senat hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und deshalb die Revision zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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