L 16 KR 163/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 41 KR 75/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 163/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17.07.2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Mitgliedschaft der Klägerin in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ab Oktober 1999 sowie die Erstattung der ab 01.10.1999 zu viel gezahlten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung nebst Zinsen.

Die Klägerin beantragte am 18.08.1999 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Bewilligung von Altersruhegeld, das ihr ab 01.10.1999 bewilligt wurde. Die Beklagte führte ihre Mitgliedschaft ab diesem Zeitpunkt als freiwillige Versicherung in den für nicht versicherungspflichtige Rentner vorgesehenen Beitragsklassen fort.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2001 entschied die Beklagte, die Klägerin sei ab 01.10.1999 nicht versicherungspflichtig in der KVdR, da sie die Vorversicherungszeiten aufgrund des Rentenantrages vom 18.08.1999 nicht erfülle. Sie sei im maßgeblichen Zeitraum (zweite Hälfte der Rahmenfrist = 10.04.1975 bis 18.08.1999) lediglich in der Zeit vom 01.08.1994 bis 18.08.1999 pflichtversichert gewesen. Der erforderlichen Vorversicherungszeit von 21 Jahren, 11 Monaten und 6 Tagen stünden somit Pflichtversicherungszeiten von lediglich 5 Jahren und 18 Tagen gegenüber.

Mit ihrer hiergegen am 13.03.2001 erhobenen Klage berief sich die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.03.2000 - 1 BvL 16/96 - SozR 3-2500 § 5 Nr. 42, in der das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 1 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes festgestellt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2001 zu verurteilen, sie ab dem 01.10.1999 in der Krankenversicherung der Rentner pflicht zuversichern und ihr die ab dem 01.10.1999 gezahlten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung nebst Zinsen zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer bislang vertretenen Auffassung festgehalten.

Mit Urteil vom 17.07.2001, auf das verwiesen wird, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

Gegen dieses ihr am 06.08.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.09.2001 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 15.03.2000 lediglich ausgeführt, bereits bestandskräftig abgeschlossene Verfahren blieben von der Feststellung der Verfassungswidrigkeit unberührt. Versicherte, deren Bescheid noch nicht bestandskräftig sei, müssten deshalb Anspruch auf Zugang zur KVdR haben. Dies ergebe sich auch daraus, dass das Bundesverfassungsgericht ausgeführt habe, bis zur Behebung des Verfassungsverstoßes, längstens bis zum 31.03.2002, "kann" die überprüfte Rechtsnorm weiter angewendet werden. Es habe nicht entschieden, dass § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes weiterhin anzuwenden "ist" oder angewendet werden "muss".

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17.07.2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2001 zu verurteilen, sie ab 01.10.1999 in der Krankenversicherung der Rentner pflichtzuversichern und ihr die ab 01.10.1999 zu viel gezahlten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass sie zwischenzeitig mit Bescheid vom 27.12.2001 eine Pflichtversicherung der Klägerin in der KVdR ab 01.04.2002 festgestellt habe.

Die Klägerin ist schriftlich darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtige, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Ihr ist die Möglichkeit eingeräumt worden, bis zum 28.02.2002 ergänzend vorzutragen. Die Klägerin hat hiervon Gebrauch gemacht, auf ihren Schriftsatz vom 22.02.2002 wird Bezug genommen.

II.

Der Senat kann die Berufung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung vor dem Senat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten nicht für erforderlich hält. Die Klägerin hat ausreichend Gelegenheit gehabt, zur Sach- und Rechtslage Stellung zu nehmen.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist, § 153 Abs. 2 SGG.

Insbesondere hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.03.2000 für den Zeitraum vom 01.10.1999 bis 31.03.2002 nicht zugunsten der Klägerin auswirkt. Für die Zeit ab 01.04.2002 hat die Beklagte mit dem im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheid vom 27.12.2001 entschieden, dass die Klägerin in der KVdR pflichtversichert ist. Ab diesem Zeitpunkt werde § 5 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 1 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes von 1992 automatisch außer Kraft gesetzt. Die KVdR stehe dann wieder allen offen, die 9/10 der zweiten Hälfte des Berufslebens der gesetzlichen Krankenversicherung angehört haben, wobei die Art der Versicherung (Pflichtversicherung, freiwillige Versicherung, Familienversicherung) unerheblich sei.

Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 07.12.2000 - B 12 KR 29/00 R an, dass auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.03.2000 Rentner, die ihren Rentenantrag erst nach dem 31.12.1993 gestellt haben, die Vorversicherungszeit für die Krankenversicherung der Rentner (9/10-Belegung) für die Zeit bis 31.03.2002 nur mit Pflichtbeiträgen erfüllen können.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus dem Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, die mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz für unvereinbar erklärte Rechtsnorm könne bis zur gesetzlichen Neuregelung, längstens bis 31.03.2002, ausnahmsweise weiter angewendet werden. Aus dieser Formulierung kann die Klägerin nicht herleiten, es liege im Ermessen oder gar Belieben der Krankenkasse, ob sie die gesetzliche Regelung weiter anwende oder nicht. Hierin kommt lediglich zum Ausdruck, dass das Verfassungsgericht die überprüfte Norm nicht für nichtig erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist zur erforderlichen Neuregelung eingeräumt hat. § 5 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 1 in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes von 1992 ist jedoch bis 31.03.2002 weiterhin geltendes Recht, das Verwaltung und Gerichte anzuwenden haben. Gerade deshalb hat das Bundesverfassungsgericht es auch für notwendig erachtet, eine Regelung für den Fall zu treffen, dass der Gesetzgeber die Verfassungswidrigkeit nicht längstens bis 31.03.2002 beseitigt hat. Für diesen Fall hat das Bundesverfassungsgericht nämlich festgelegt, dass sich ab dem 01.04.2002 der Zugang zur Krankenversicherung der Rentner nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reform gesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl. I 2477) richtet. Diese letztgenannte Regelung hat die Beklagte, wie oben dargelegt, mit Bescheid vom 27.12.2001 bereits umgesetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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