Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 (16) KR 91/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 155/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Detmold vom 29. Juni 2001 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im zweiten Rechtszug. Der Beklagten werden Kosten wegen Mißbräuchlichkeit im Sinne von § 192 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Höhe von 2000.- EURO auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger einen Anspruch auf Versorgung mit einem Toilettenstuhl gegen die zu 1) beklagte Krankenkasse (in Folge: die Beklagte) hat. Die Kasse räumt ein, daß ein solcher Toilettenstuhl ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 des Sozialgesetzbuches (SGB) V sein kann; sie verneint aber ihre Leistungspflicht, weil sie den Einsatz des Toilettenstuhls zwecks Sauberkeitstrainings mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) für unrealistisch hält, und weil der Kläger mittlerweile - seit dem 1.1.2001 - bei den beigeladenen Kassen versichert ist.
Der Kläger ist am 2. Juli 1995 geboren; er ist schwerstpflegebedürftig i.S. des SGB XI (Pflegestufe III). Mit Attest vom 15.2.2000 bescheinigte die Kinderärztin v ... W ... aus L ... dem damals bei den beklagten Kassen versicherten Kläger zur Vorlage bei der Krankenkasse u.a.: er leide unter einer Mehrfachbehinderung mit geistiger Behinderung, Steh-, Sitz- und Gehunfähigkeit; Pflege und Therapie besorgten die Eltern zu Hause; es sei zum einen erforderlich die Versorgung mit einem elektrisch höhenverstellbaren Pflege- und Therapiebett mit Abpolsterung des Kopf-, Fuß- und Wandseitenteils, Plexiglasabsicherung zur Sichtseite, Allergikerbezug und einem U-förmigen, ca. 1,5 m langem Lagerungskissen; die Innenabpolsterung sei notwendig, um Verletzungen aufgrund von unkontrollierten Massenbewegungen auszuschließen; zum anderen sei das Kind zu versorgen mit einem Dusch-Toilettenstuhl, höhenverstellbar, fahrbar, mit Schrägverstellung zum Einnehmen einer physiologischen Presshaltung, Kopfstütze, Thoraxpelotten, Spritzschutz und Fixationselementen nach Erprobung; ein Sauberkeitstraining könne nur bis zu einem gewissen Reifegrad des Kindes stattfinden: darüber hinaus sei die Erziehung in der Regel nicht mehr möglich; sollte die Sauberkeitserziehung nicht gelingen, werde die dauerhafte Versorgung mit Windeln notwendig; sie, Frau W ..., bitte die Kosten zu übernehmen. Im beigefügten Kostenvoranschlag vom 17.3.2000 verlangte die Fa. R ... GmbH für eine Toilettenschale der Marke "Flamingo" mit Zubehör 3258,14 EURO. Frau Dr. G ... vom MDK Westfalen-Lippe befand auf Anfrage der Beklagten mit Vermerk vom 7.4.2000, der Dusch/Toilettenstuhl mache nur dann Sinn, wenn eine befahrbare Dusche existiere; sollte ein Sauberkeitstraining gelingen (was sie für wenig aussichtsreich halte), müßte der Windelverbrauch abnehmen; ggf. möge man einen zweiten Kostenvoranschlag einholen. Die Mutter des Klägers wandte am 13.4.2000 telefonisch ein, eine befahrbare Dusche existiere nicht; ihr Sohn könne aber in dem Toilettenstuhl am besten sitzen; geduscht werden solle er damit nicht. Frau Dr. v ... G ... erklärte in ihrer auf Veranlassung der Beklagten erstellten Stellungnahme vom 25.4.2000, um sitzen zu können, sei M ... ihres Wissens bereits mit adäquaten Hilfsmitteln ausgestattet; ein Toilettentraining mit Hilfe eines Toilettenstuhls sei angesichts der Grunderkrankung wenig aussichtsreich, die Versorgung mit dem Stuhl daher nicht zweckmäßig und wirtschaftlich. Mit Hinweis auf die Sicht des MDK und § 33 SGB V lehnte die DAK unter dem Briefkopf ihrer Pflegekasse eine Leistungsgewährung ab. Die Mutter des Klägers legte am 16.5.2000 Widerspruch ein und trug vor, Frau Dr. v ... G ... sei ihres Wissens nicht Kinder- sondern Allgemeinmedizinerin; sie habe auch keinen Hausbesuch gemacht, sondern nach Aktenlage entschieden, aber ihren Sohn nur einmal, am 24.7.1996, gesehen; der Junge könne zwar nicht sprechen, sie merke ihm aber an, wenn es ihn zum Stuhlgang dränge; deshalb wolle sie ihn jeden Tag etwa um die gleiche Zeit auf den Stuhl setzen, um den Darm zu trainieren; im April 1998 sei schon ein mal ein Toilettenstuhl beantragt worden; der Antrag sei nach langer Bearbeitungszeit im Juli 1998 vom MDK Bielefeld von Frau Dr. Braun abgelehnt worden; dieser sei das Sauberkeitstraining damals verfrüht erschienen bei einem Dreijährigen; sie habe das Sauberkeitstraining deshalb erst einmal zurückgestellt; nun werde das Kind aber 5 Jahre und es werde jetzt höchste Zeit. Die Widerspruchsstelle der DAK wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.9.2000 zurück und führte aus, man müsse das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V beachten; die Stellungnahme des MDK sei schlüssig; auch im Rahmen der Pflegeversicherung sei die beantragte Leistung nicht erforderlich, weil der Toilettenstuhl weder zur Erleichterung der Pflege noch zur Linderung der Beschwerden diene, sondern zur Erlangung einer größeren Selbständigkeit, die sich aber nach Auffassung des MDK angesichts der Grunderkrankung nicht erzielen lasse.
Der Kläger hat am 9.10.2000 durch seine Bevollmächtigten Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen wiederholt, ergänzt und vor dem SG beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4.5.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.9.2000 zu verurteilen, ihn mit einem Toilettenstuhl "Modell Flamingo" mit Zubehör nach Maßgabe des Kostenvoranschlages der Fa. R ... vom 17.3.2000 zu versorgen.
Die DAK hat vor dem SG beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eine Auflistung der dem Kläger bereits bewilligten Hilfsmittel und ein Pflegegutachten zu den Akten gereicht, das Frau Dr. v ... G ... mit Datum des 24.1.2000 nach Aktenlage erstellt hatte, sowie eine weitere, nach Aktenlage erstellte Äußerung von Frau Dr. v ... G ... vom 17.11.2000, mit der die se ausführte: ihr lägen das letzte Pflegegutachten vor sowie ein ausführlicher Entlassungsbericht des H ...-Hauses vom 16.9.1999; beim letzten Aufenthalt dort habe eine Erprobung mit einem Toilettenstuhl I nicht durchgeführt werden können, da nur Größe II im Hause gewesen sei; daher habe zu Hause eine Verordnung erfolgen sollen; es handle sich bei dem Kind bekannterweise um einen schwerstmehrfachbehinderten Jungen ohne Rumpf- und ohne ausreichende Kopfkontrolle; d.h. er sei nicht in der Lage, frei zu sitzen; sein Entwicklungsstand entspreche dem eines 6 Monate alten Säuglings; der Versuch des Toilettentrainings erscheine unter Berücksichtigung des kognitiven und motorischen Entwicklungsstandes wenig aussichtsreich, das angestrebte Ziel der Sauberkeitserziehung unrealistisch; beim Benutzen eines Toiletten stuhls müßten auch weiterhin Windelhosen angelegt werden und auch der Transfer von und zur Sitzschale sei weiterhin erforderlich, weshalb auch eine Pflegeerleichterung nicht angenommen werden könne. Mit Schriftsatz vom 26.2.2001 hatte die DAK mitgeteilt, die Mitgliedschaft des Klägers bei ihr habe zum 31.12.2000 geendet. In der Sitzung des SG vom 22.3.2001 hat sie sich - unter dem Vorbehalt des Widerrufs bis zum 6.4.2001 - verpflichtet, dem Kläger einen geeigneten Toilettenstuhl zur Verfügung zu stellen. Der Widerruf ist am 28.3.2001 eingegangen, mit der Begründung, daß bei Zweifeln an der Richtigkeit der Feststellungen des MDK ein Sachverständigengutachten einzuholen sei.
In seiner Sitzung vom 29.6.2001 hat das SG Beweis erhoben durch Anhörung der Mutter des Klägers und des Zeugen B ..., behandelnder Ergotherapeut des Klägers und Betreiber des Sanitätshauses R ... Dieser hat erklärt, bei normalen sechsjährigen Kindern sei eine Sauberkeitserziehung fast gänzlich unmöglich, zumindest erheblich erschwert; der Kläger entspreche, was jedenfalls die Einschätzung von Körperwahrnehmungen anbelange, bezogen auf die Funktionen "Harn- und Stuhldrang", dem Entwicklungsstand eines normalen Dreijährigen; er könne insoweit wahrnehmen, aber seine Körperfunktionen, nämlich Harn- und Stuhlgang, nicht steuern; was er aber durch entsprechende ergotherapeutische Therapie erlernen könne; in der jetzigen Situation nutze der Kläger seine Pressmuskulatur pathologisch, da er sich beim Stuhlgang nach hinten strecke und dadurch die Pobacken zusammenkneife, ferner die Beine durchstrecke; aufgrund dessen sei die Verrichtung des Stuhlgangs auf einer normalen Toilette nicht möglich; eine normale, d.h. physiologische Haltung beim Stuhlgang sei hingegen zu erzielen durch Einsatz eines behinderungsgerecht angepaßten Toilettenstuhles, bei dem der Kläger mittels der notwendigen Fixationselemente in physiologischer Presssituation gebunden werden könne. Wegen der Bekundungen im übrigen wird auf den Inhalt des Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Das SG hatte zudem die Kinderärztin W ... als Zeugin zum Termin geladen. Diese hat sich mit Hinweis auf Probleme mit ihrer Praxis entschuldigt und mit Schreiben vom 19.6.2001 den Bericht des Prof. Dr. P ... H ...- Haus M ... (Verein zur Förderung spastisch gelähmter und anderer körperbehinderter Kinder e.V.) vom 16.9.1999 über den dortigen Aufenthalt des Klägers vom 3. bis zum 22.5.1999 zu den Akten gereicht.
Das SG Detmold hat mit Urteil vom 29. Juni 2001 entschieden, die Beklagte werde unter Aufhebung des Bescheides vom 4.5.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.9.2000 verurteilt, den Kläger mit einem fahrbaren, behindertengerechten Toilettenstuhl einschließlich der erforderlichen Fixationselemente (Kopfstütze, Thoraxpelotten, Fußstützen, Fixationsweste) zu versorgen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein solches Hilfsmittel sei für den Kläger erforderlich i.S. von § 33 SGB V, um sein Grundbedürfnis, die Notdurft verrichten zu können, zu befriedigen; eine Verweisung des Klägers auf den Gebrauch von Windeln sei nicht zulässig, und entgegen der Sicht des MDK bestehe nach den eindrucksvollen Ausführungen des Zeugen B ... auch eine realistische Chance für ein Sauberkeitstraining.
Die DAK hat gegen das Urteil - ihr zugestellt am 5.8.2001 - am 24.8.2001 Berufung eingelegt und geltend gemacht, der Anspruch des Klägers sei gemäß § 19 SGB V mit der Mitgliedschaft des Stammversicherten erloschen; sie verweise auf das Urteil des SG Dortmund vom 28.11.2000 S 44 Kr 99/99, nach dem für den Leistungsanspruch nicht der Zeitpunkt der Verordnung maßgeblich sei; bei Leistungsklagen sei auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen und zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung sei der Kläger nicht mehr ihr Mitglied gewesen; i.ü. könnten die Ausführungen des Herrn B ... als Mitinhaber des Sanitätshauses, über das die beantragte Versorgung Erfolgen solle, gegenüber den Ausführungen des MDK nicht überzeugen.
Die Berufungskläger beantragen,
das Urteil des SG Detmold vom 29.6.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte sowie die mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 10.9.2001 beigeladene IKK - Kranken- und Pflegekasse - beantragen,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Detmold vom 29.6.2001 zurückzuweisen.
Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer der Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Versorgung des Klägers mit einer Sitzschale betreffenden Akten S 14 KR 36/01 SG Detmold.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Mit Recht hat das SG die beklagte Krankenkasse zur Versorgung des Klägers mit einem Toilettenstuhl dem Grunde nach verurteilt. Der Toilettenstuhl ist erforderlich, um die Behinderung des Klägers auszugleichen (§ 33 Abs 1 S. 1 SGB V), und der zuvor entstandene und bis heute nicht erfüllte Versorgungsanspruch des Klägers gegen die beklagte Krankenkasse ist weder nach § 19 SGB V noch nach anderen Vorschriften dadurch entfallen, daß der Kläger seit dem 1.1.2001 nicht mehr bei den Beklagten, sondern bei den beigeladenen Kassen gegen Krankheit und das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert ist.
I.
Was zunächst den Streitgegenstand anbetrifft, so bestand kein Anlaß, die Klage in Angelegenheiten der Pflegeversicherung abzuweisen, denn insoweit war eine Entscheidung der Beklagten nicht angefochten. Nachdem die DAK klargestellt hatte, daß ihre Entscheidung vom 4.5.2000 mit dem Briefkopf der Pflegekasse ihrem weiteren Inhalt entsprechend eine solche der Krankenkasse hat sein sollen, und nachdem die Beklagte sich als Krankenkasse, wenn auch auf Widerruf, zur streitigen Versorgung dem Grund nach bereit erklärt hatte, hat der Kläger mit seinem vom SG am 29.6.2001 zu Protokoll genommenem Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 4.5.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.9.2000 erkennbar nur auf eine Verurteilung der Kasse aus dem Recht der GKV gezielt, und dementsprechend hat das SG, bei dessen Verfahren eine Mitbeteiligung der Pflegekasse jedenfalls auch nicht ersichtlich wird, den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nur insoweit aufgehoben als die Beklagte als Krankenkasse die Versorgung mit einem Toilettenstuhl verweigert hatte.
II.
Ein Toilettenstuhl der streitigen Art kann, wiewohl er die gestörte Körperfunktion nicht zu bessern vermag, ein dem Ausgleich der Behinderung dienendes Hilfsmittel sein, weil er zur Befriedigung des Grundbedürfnisses benötigt wird, (möglichst) selbständig Darm und Blase entleeren zu können. Das stellt auch die beklagte Krankenkasse nicht in Abrede. Sie hat die Leistung zunächst allein deshalb verweigert, weil sie sich die Feststellungen des MDK zu eigen gemacht hat, das Gelingen eines Sauberkeitstrainings sei im Fall des Klägers wenig aussichtsreich bzw. unrealistisch. Wäre das Gelingen eines Sauberkeitstrainings lediglich wenig aussichtsreich, wäre dies im vorliegenden Fall schon hinreichend aussichtsreich. Vielfältigkeit und besonderes Ausmaß der vorliegenden Schwerstbehinderung lassen nämlich hier die Nutzung nahezu jeder Möglichkeit und geringste Schritte einer Näherung an eine letztlich möglicherweise unrealistisch erscheinende Selbständigkeit des Klägers im Bereich der Darm- und Blasenentleerung als im Lichte von Art 1 Abs 1 S. 1 des Grundgesetzes (GG) angemessenen Maßstab der Beurteilung von Erforderlichkeit, Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit iS der § 33 und 12 SGB V erscheinen, und der Verweis auf die ansonsten mögliche und niemals entfallende weitere Nutzung von Windelhosen kann demgegenüber nur auf Unverständnis stoßen (vgl. auch Bundessozialgericht (BSG) Urt.v. 31.8.00 B 3 P 16/99 R).
Darüber hinaus kann den wenig differenzierten Ausführungen von Frau Dr. v ... G ... für den MDK kaum ein Beweiswert beigemessen werden. Es ist nicht ersichtlich, woran die beklagte Kasse die von ihr angenommenen Schlüssigkeit der bloßen Behauptung mißt, der Zustand des Jungen, seine Grunderkrankung, sei so beschaffen, daß Sauberkeitstraining unrealistisch erscheine. Diese Behauptung mußte auch bei der Beklagten auf erhebliche Bedenken stoßen, hatte doch Frau Dr. v ... G ... den Kläger bei ihren Bekundungen im Jahre 2000 im Juli 1996 zuletzt gesehen und auch nicht zu erkennen gegeben, auf welche Beobachtung welcher anderen Personen oder auf welche konkreten Gegebenheiten der Grunderkrankung sie ihre Behauptung hätte stützen können oder auch nur hat stützen wollen. Daß Frau Dr. v ... G ... den bei ihrer Beurteilung etwa fünf Jahre alten Kläger zuletzt im Alter von etwa einem Jahr gesehen hatte, hat die beklagte Kasse nie bestritten, und etwas anders ist auch anhand der Akten nicht festzustellen, im Gegenteil hat Frau Dr. v ... G ... in ihrem nach Lage der Akten erstellten Pflegegutachten vom 24.1.2000 Bezug genommen auf die Erstbegutachtung des damals Einjährigen im Juli 1996.
Noch fragwürdiger erscheint das von der beklagten Kasse mitgetragene Vorgehen von Frau Dr. v ... G ..., die zudem bei ihrer ersten Äußerung den Inhalt des beigefügten Prospektes des Fa. R ... ignoriert hat, insoweit, als Frau Dr. v ... G ... nach ihrer erneuten Äußerung nach Aktenlage vom 17.11.2000 ja sogar den Bericht des H ...-Hauses vom 16.9.1999 vorliegen hatte und gleichwohl keinen Anlaß gesehen hat, sich mit den dort getroffenen gegenteiligen Wertungen in irgendeiner Weise auseinanderzusetzen. Der Kläger hatte sich in diesem, mit der Problematik solcher schwerstbehinderten Kinder besonders vertrautem Haus vom 3. bis zum 22.5.1999 erneut aufgehalten. Der Kinderarzt Prof. Dr. P ... und der Orthopäde Dr. Hafkemeyer haben dazu in ihrem Bericht vom 16.9.1999 u.a. festgehalten:
Das Kind sei auf den Toilettenstuhl "Turtle" gesetzt worden, was auch recht gut geklappt habe; im letzten Kurs sei ebenfalls schon mit einem Toilettentraining begonnen ..., auch eine Versorgung in die Wege geleitet ... , von der Krankenkasse aber nicht genehmigt worden; deshalb seien noch einmal verschiedene Möglichkeiten ausprobiert worden; da der Turtle-Toilettenstuhl nur in Größe II im Hause zur Verfügung stehe, sei mit der Mutter vereinbart worden, daß sie über die Fa. R ... einen Toilettenstuhl der Größe 1 zur Erprobung erhalten solle; eine Nachverordnung könne dann über das P ...-Haus erfolgen.
Dem hatte die beklagte Kasse bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung nichts entgegenzusetzen, und aufgrund dieser Äußerungen steht es zur Überzeugung des Senats fest, daß ein Sauberkeitstraining im Fall des Klägers keinesfalls unrealistisch war und ist, auch wenn die Kinderärztin W ... so ehrlich war, nach ihrer Empfehlung vom 15.2.2000 dem SG gegenüber mit ihrem Schreiben vom 19.6.2001 einzuräumen, daß die Erfolgsausichten unter ambulanten Bedingungen noch ohne zur Verfügungstehen eines entsprechenden Toilettenstuhl nicht zu beurteilen seien. Auf die etwaige Befangenheit und die Überzeugungskraft der Ausführungen des Zeugen, behandelnden Ergotherapeuten und zugleich in Aussicht genommenen Lieferanten des Toilettenstuhls B ... kam es danach hier und auch wegen des Umfangs des geltend gemachten Anspruchs nicht an, da das SG sich darauf beschränkt hat, dem Kläger die streitige Versorgung dem Grunde nach zuzusprechen und da der Kläger Berufung nicht eingelegt hat.
Dem mithin gegebenen Anspruch des Klägers gegen die beklagte Krankenkasse stand auch nicht die Tatsache entgegen, daß die Versorgung mit dem Toilettenstuhl nicht formell vertragsärztlich verordnet, sondern lediglich von der Kinderärztin im Attest vom 15.2.2000 empfohlen war (vgl. § 92 Abs 1 Nr 6 SGB V). Ungeachtet der Frage der Richtigkeit der Auffassung des BSG, daß der Anspruch auf die Versorgung mit einem Hilfsmittel vom Vorliegen einer Verordnung nicht abhängig sei und nicht einmal dem Arztvorbehalt unterliege (vgl. SozR 3-2500 § 33 Nr 33 und Urt.v. 28.6.01 B 3 KR 3/00 R), war hier das Fehlen einer formellen vertragsärztlichen Verordnung nicht anspruchshindernd, weil die Kinderärztin W ... wohl nur wegen der vorangegangenen Ablehnung auf die von den Ärzten des P ...-Hause empfohlene Verordnung verzichtet hat, die in Aussicht genommene Versorgung aber offensichtlich hat verantworten und zum Gegenstand ihrer Therapie hat machen wollen.
III.
Was die Frage nach der zuständigen Kasse anbetrifft, so ist nach allgemeinen Grundsätzen leistungspflichtig stets die Kasse, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls (§ 40 SGB I), spätestens im Zeitpunkt des Leistungsfalls (§§ 41 SGB I, 19 SGB IV) leistungspflichtig war; d.h. hier unter beiden Gesichtspunkten die Beklagte. § 19 SGB V regelt demgegenüber nur die zuvor seit 1914 in § 212 RVO entsprechend behandelte Frage des Erlöschen des Leistungsanspruch bei noch nicht erschöpften Ansprüchen auf laufende Leistungen, für die das BSG jüngst bestätigt hat, daß im Falle eines Kassenwechsels die neue Kasse für alle danach zu erbringenden Leistungen zuständig wird (Urt. v. 20.11.01 B 1 KR 31/99 und 26/00 R). Der Anspruch auf einmalig zu erbringende Ansprüche wird jedoch keineswegs dadurch beseitigt, daß § 19 SGB V bestimmt, daß mit dem Ende der Mitgliedschaft der Anspruch auf Leistungen erlischt. Die bis zum Ende der Mitgliedschaft bereits begründeten und noch nicht erfüllten oder abtrennbaren (Teil)Ansprüche - so mit Recht Höfler (in Kasseler-Kommentar Rdn. 16 zu § 19 SGB V) - können danach noch geltend gemacht werden. Es ist nicht möglich, aus § 19 SGB V oder anderen Rechtsvorschriften herzuleiten, daß sich die Kassenzuständigkeit verändert, je nachdem ob eine Kasse bereit ist, ihre Leistungspflicht zu erfüllen. Es ist gleichermaßen ausgeschlossen, die Rechtslage anders dann zu beurteilen, wenn es um Kostenerstattung nach § 13 SGB V geht. Der Erstattungsanspruch ist nur die Kehrseite des Anspruchs auf die ggf. zu Unrecht verweigerte Leistung, und es kann keine unterschiedliche Kassenzuständigkeit angenommen werden, je nachdem ob der Versicherte sich die zu Unrecht abgelehnte Leistung zufällig bereits beschafft hat oder auch nicht. Mag insoweit auch noch keine höchstrichterliche Rechsprechung zum neuen Recht vorliegen (vgl. BSG, Urt.v. 22.8.01 B 3 P 13/00 R (Fernsehses sel)), so erscheint dem erkennenden Senat die Rechtlage insoweit so eindeutig, daß es sich verbot, der Rechtssache deswegen grundsätzliche Bedeutung beizumessen und die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) - zum Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) vgl. die Ausführungen des BSG zu § 212 RVO im Urt.v. 27.6.85 8 RK 34/85 = SozR 2200 § 182 b Nr 32 = USK 85 64 (orthop. Schuhe und erstmaliges Entstehen einer Kassenmitgliedschaft ohne Wechsel)).
IV.
Nach § 192 Abs 1 S. 1 Nr 2 SGG kann das Gericht einem Beteiligten im Urteil ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, daß der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm - wie vorliegend geschehen - vom Vorsitzenden in einem Termin die Mißbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung - oder verteidigung dargelegt worden und auf die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs 2 SGG für die jeweilige Instanz (§ 192 Abs 1 S. 3 SGG).
Mit ihrer nach Auffassung des erkennenden Senats ersichtlich unzutreffenden, aber durchaus erörterungswerten Rechtsaufassung, daß sie nicht die für die Leistung zuständige Kasse sei, hat es nichts zu tun, wenn der Senat der beklagten Krankenkasse Kosten wegen Rechtsmißbräuchlichkeit nach der genannten Vorschrift auferlegt hat. Das hat vielmehr seinen Grund darin, daß die Kasse einerseits, bevor sie sich dazu verstanden hat, dem geltend gemachten Anspruch auf diese Weise zu begegnen, in einer Weise mit den Belangen des schwerstbehinderten Kindes befaßt hat, die nicht hinzunehmen ist, und daß die Kasse andererseits an einer solchen Verfahrensweise trotz mehrfachen Hinwei ses auf die Rechtsmißbräuchlichkeit, mehrstündiger Bedenkzeit für ihren Terminsvertreter und Gelegenheit zur Rücksprache mit der Kasse fortgesetzt hat - mag es auch zutreffen, daß der Beklagten entsprechende vorangegangene Hinweise des Berichterstatters im Fax vom 18.3.2002 trotz entsprechender Abvermerke in den Streitakten ebensowenig zugegangen sind, wie - auch ohne Fax übermittelte - Schreiben des Gerichts in zwei weiteren in der Sitzung des Senats verhandelten Streitsachen der DAK.
Genau besehen hat die Beklagte nämlich dem schwerst- und mehrfachbehinderten Kind die Versorgung mit der Möglichkeit eines Sauberkeitstrainings zunächst mit der Begründung verweigert, das Kind sei mit etwa drei Jahren zu jung, und alsdann mit der Begründung, der seit Erreichen des ersten Lebensjahres ungeprüfte, gleichwohl als unverändert zu betrachtende Zustand des Kindes lasse ein Sauberkeitstraining, wiewohl von außerordentlich sachkundiger Stelle empfohlen, nun im Alter von fünf Jahren aus nicht zu erörternden Gründen unrealistisch erscheinen. Bei nahezu offenkundiger Erforderlichkeit der Versorgung an sich, bei allseits angenommener Dringlichkeit, möglichst bald mit dem Sauberkeitstraining zu beginnen, hat die Beklagte zudem weder Anlaß gesehen, zu mindest als zuerst angegangene Kasse in Vorleistung zu treten noch pflichtgemäß umgehend das Urteil des SG auszuführen (§ 154 SGG).
Der Senat hat es hier mit der Festsetzung der Mindestkosten in Höhe der Gebühr aus § 184 Abs 2 SGG von 225 EURO nicht bewenden lassen können. Unter Berücksichtigung des Schadensersatzprinzips (vgl. BT-Drucks 14/5943 S. 28) waren vielmehr Kosten in angekündigter Höhe von 2000 EURO aufzuerlegen, weil doch ein erheblich größerer Aufwand entstanden ist in Anbetracht von Verhandlungsdauer, personellem Aufwand, Absetzung des Urteils und allgemeinen Gerichtshaltungskosten.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Es bestand auch im übrigen kein Anlaß, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen; das Urteil weicht ferner von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG nicht ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger einen Anspruch auf Versorgung mit einem Toilettenstuhl gegen die zu 1) beklagte Krankenkasse (in Folge: die Beklagte) hat. Die Kasse räumt ein, daß ein solcher Toilettenstuhl ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 des Sozialgesetzbuches (SGB) V sein kann; sie verneint aber ihre Leistungspflicht, weil sie den Einsatz des Toilettenstuhls zwecks Sauberkeitstrainings mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) für unrealistisch hält, und weil der Kläger mittlerweile - seit dem 1.1.2001 - bei den beigeladenen Kassen versichert ist.
Der Kläger ist am 2. Juli 1995 geboren; er ist schwerstpflegebedürftig i.S. des SGB XI (Pflegestufe III). Mit Attest vom 15.2.2000 bescheinigte die Kinderärztin v ... W ... aus L ... dem damals bei den beklagten Kassen versicherten Kläger zur Vorlage bei der Krankenkasse u.a.: er leide unter einer Mehrfachbehinderung mit geistiger Behinderung, Steh-, Sitz- und Gehunfähigkeit; Pflege und Therapie besorgten die Eltern zu Hause; es sei zum einen erforderlich die Versorgung mit einem elektrisch höhenverstellbaren Pflege- und Therapiebett mit Abpolsterung des Kopf-, Fuß- und Wandseitenteils, Plexiglasabsicherung zur Sichtseite, Allergikerbezug und einem U-förmigen, ca. 1,5 m langem Lagerungskissen; die Innenabpolsterung sei notwendig, um Verletzungen aufgrund von unkontrollierten Massenbewegungen auszuschließen; zum anderen sei das Kind zu versorgen mit einem Dusch-Toilettenstuhl, höhenverstellbar, fahrbar, mit Schrägverstellung zum Einnehmen einer physiologischen Presshaltung, Kopfstütze, Thoraxpelotten, Spritzschutz und Fixationselementen nach Erprobung; ein Sauberkeitstraining könne nur bis zu einem gewissen Reifegrad des Kindes stattfinden: darüber hinaus sei die Erziehung in der Regel nicht mehr möglich; sollte die Sauberkeitserziehung nicht gelingen, werde die dauerhafte Versorgung mit Windeln notwendig; sie, Frau W ..., bitte die Kosten zu übernehmen. Im beigefügten Kostenvoranschlag vom 17.3.2000 verlangte die Fa. R ... GmbH für eine Toilettenschale der Marke "Flamingo" mit Zubehör 3258,14 EURO. Frau Dr. G ... vom MDK Westfalen-Lippe befand auf Anfrage der Beklagten mit Vermerk vom 7.4.2000, der Dusch/Toilettenstuhl mache nur dann Sinn, wenn eine befahrbare Dusche existiere; sollte ein Sauberkeitstraining gelingen (was sie für wenig aussichtsreich halte), müßte der Windelverbrauch abnehmen; ggf. möge man einen zweiten Kostenvoranschlag einholen. Die Mutter des Klägers wandte am 13.4.2000 telefonisch ein, eine befahrbare Dusche existiere nicht; ihr Sohn könne aber in dem Toilettenstuhl am besten sitzen; geduscht werden solle er damit nicht. Frau Dr. v ... G ... erklärte in ihrer auf Veranlassung der Beklagten erstellten Stellungnahme vom 25.4.2000, um sitzen zu können, sei M ... ihres Wissens bereits mit adäquaten Hilfsmitteln ausgestattet; ein Toilettentraining mit Hilfe eines Toilettenstuhls sei angesichts der Grunderkrankung wenig aussichtsreich, die Versorgung mit dem Stuhl daher nicht zweckmäßig und wirtschaftlich. Mit Hinweis auf die Sicht des MDK und § 33 SGB V lehnte die DAK unter dem Briefkopf ihrer Pflegekasse eine Leistungsgewährung ab. Die Mutter des Klägers legte am 16.5.2000 Widerspruch ein und trug vor, Frau Dr. v ... G ... sei ihres Wissens nicht Kinder- sondern Allgemeinmedizinerin; sie habe auch keinen Hausbesuch gemacht, sondern nach Aktenlage entschieden, aber ihren Sohn nur einmal, am 24.7.1996, gesehen; der Junge könne zwar nicht sprechen, sie merke ihm aber an, wenn es ihn zum Stuhlgang dränge; deshalb wolle sie ihn jeden Tag etwa um die gleiche Zeit auf den Stuhl setzen, um den Darm zu trainieren; im April 1998 sei schon ein mal ein Toilettenstuhl beantragt worden; der Antrag sei nach langer Bearbeitungszeit im Juli 1998 vom MDK Bielefeld von Frau Dr. Braun abgelehnt worden; dieser sei das Sauberkeitstraining damals verfrüht erschienen bei einem Dreijährigen; sie habe das Sauberkeitstraining deshalb erst einmal zurückgestellt; nun werde das Kind aber 5 Jahre und es werde jetzt höchste Zeit. Die Widerspruchsstelle der DAK wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.9.2000 zurück und führte aus, man müsse das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V beachten; die Stellungnahme des MDK sei schlüssig; auch im Rahmen der Pflegeversicherung sei die beantragte Leistung nicht erforderlich, weil der Toilettenstuhl weder zur Erleichterung der Pflege noch zur Linderung der Beschwerden diene, sondern zur Erlangung einer größeren Selbständigkeit, die sich aber nach Auffassung des MDK angesichts der Grunderkrankung nicht erzielen lasse.
Der Kläger hat am 9.10.2000 durch seine Bevollmächtigten Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen wiederholt, ergänzt und vor dem SG beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4.5.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.9.2000 zu verurteilen, ihn mit einem Toilettenstuhl "Modell Flamingo" mit Zubehör nach Maßgabe des Kostenvoranschlages der Fa. R ... vom 17.3.2000 zu versorgen.
Die DAK hat vor dem SG beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eine Auflistung der dem Kläger bereits bewilligten Hilfsmittel und ein Pflegegutachten zu den Akten gereicht, das Frau Dr. v ... G ... mit Datum des 24.1.2000 nach Aktenlage erstellt hatte, sowie eine weitere, nach Aktenlage erstellte Äußerung von Frau Dr. v ... G ... vom 17.11.2000, mit der die se ausführte: ihr lägen das letzte Pflegegutachten vor sowie ein ausführlicher Entlassungsbericht des H ...-Hauses vom 16.9.1999; beim letzten Aufenthalt dort habe eine Erprobung mit einem Toilettenstuhl I nicht durchgeführt werden können, da nur Größe II im Hause gewesen sei; daher habe zu Hause eine Verordnung erfolgen sollen; es handle sich bei dem Kind bekannterweise um einen schwerstmehrfachbehinderten Jungen ohne Rumpf- und ohne ausreichende Kopfkontrolle; d.h. er sei nicht in der Lage, frei zu sitzen; sein Entwicklungsstand entspreche dem eines 6 Monate alten Säuglings; der Versuch des Toilettentrainings erscheine unter Berücksichtigung des kognitiven und motorischen Entwicklungsstandes wenig aussichtsreich, das angestrebte Ziel der Sauberkeitserziehung unrealistisch; beim Benutzen eines Toiletten stuhls müßten auch weiterhin Windelhosen angelegt werden und auch der Transfer von und zur Sitzschale sei weiterhin erforderlich, weshalb auch eine Pflegeerleichterung nicht angenommen werden könne. Mit Schriftsatz vom 26.2.2001 hatte die DAK mitgeteilt, die Mitgliedschaft des Klägers bei ihr habe zum 31.12.2000 geendet. In der Sitzung des SG vom 22.3.2001 hat sie sich - unter dem Vorbehalt des Widerrufs bis zum 6.4.2001 - verpflichtet, dem Kläger einen geeigneten Toilettenstuhl zur Verfügung zu stellen. Der Widerruf ist am 28.3.2001 eingegangen, mit der Begründung, daß bei Zweifeln an der Richtigkeit der Feststellungen des MDK ein Sachverständigengutachten einzuholen sei.
In seiner Sitzung vom 29.6.2001 hat das SG Beweis erhoben durch Anhörung der Mutter des Klägers und des Zeugen B ..., behandelnder Ergotherapeut des Klägers und Betreiber des Sanitätshauses R ... Dieser hat erklärt, bei normalen sechsjährigen Kindern sei eine Sauberkeitserziehung fast gänzlich unmöglich, zumindest erheblich erschwert; der Kläger entspreche, was jedenfalls die Einschätzung von Körperwahrnehmungen anbelange, bezogen auf die Funktionen "Harn- und Stuhldrang", dem Entwicklungsstand eines normalen Dreijährigen; er könne insoweit wahrnehmen, aber seine Körperfunktionen, nämlich Harn- und Stuhlgang, nicht steuern; was er aber durch entsprechende ergotherapeutische Therapie erlernen könne; in der jetzigen Situation nutze der Kläger seine Pressmuskulatur pathologisch, da er sich beim Stuhlgang nach hinten strecke und dadurch die Pobacken zusammenkneife, ferner die Beine durchstrecke; aufgrund dessen sei die Verrichtung des Stuhlgangs auf einer normalen Toilette nicht möglich; eine normale, d.h. physiologische Haltung beim Stuhlgang sei hingegen zu erzielen durch Einsatz eines behinderungsgerecht angepaßten Toilettenstuhles, bei dem der Kläger mittels der notwendigen Fixationselemente in physiologischer Presssituation gebunden werden könne. Wegen der Bekundungen im übrigen wird auf den Inhalt des Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Das SG hatte zudem die Kinderärztin W ... als Zeugin zum Termin geladen. Diese hat sich mit Hinweis auf Probleme mit ihrer Praxis entschuldigt und mit Schreiben vom 19.6.2001 den Bericht des Prof. Dr. P ... H ...- Haus M ... (Verein zur Förderung spastisch gelähmter und anderer körperbehinderter Kinder e.V.) vom 16.9.1999 über den dortigen Aufenthalt des Klägers vom 3. bis zum 22.5.1999 zu den Akten gereicht.
Das SG Detmold hat mit Urteil vom 29. Juni 2001 entschieden, die Beklagte werde unter Aufhebung des Bescheides vom 4.5.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.9.2000 verurteilt, den Kläger mit einem fahrbaren, behindertengerechten Toilettenstuhl einschließlich der erforderlichen Fixationselemente (Kopfstütze, Thoraxpelotten, Fußstützen, Fixationsweste) zu versorgen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein solches Hilfsmittel sei für den Kläger erforderlich i.S. von § 33 SGB V, um sein Grundbedürfnis, die Notdurft verrichten zu können, zu befriedigen; eine Verweisung des Klägers auf den Gebrauch von Windeln sei nicht zulässig, und entgegen der Sicht des MDK bestehe nach den eindrucksvollen Ausführungen des Zeugen B ... auch eine realistische Chance für ein Sauberkeitstraining.
Die DAK hat gegen das Urteil - ihr zugestellt am 5.8.2001 - am 24.8.2001 Berufung eingelegt und geltend gemacht, der Anspruch des Klägers sei gemäß § 19 SGB V mit der Mitgliedschaft des Stammversicherten erloschen; sie verweise auf das Urteil des SG Dortmund vom 28.11.2000 S 44 Kr 99/99, nach dem für den Leistungsanspruch nicht der Zeitpunkt der Verordnung maßgeblich sei; bei Leistungsklagen sei auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen und zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung sei der Kläger nicht mehr ihr Mitglied gewesen; i.ü. könnten die Ausführungen des Herrn B ... als Mitinhaber des Sanitätshauses, über das die beantragte Versorgung Erfolgen solle, gegenüber den Ausführungen des MDK nicht überzeugen.
Die Berufungskläger beantragen,
das Urteil des SG Detmold vom 29.6.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte sowie die mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 10.9.2001 beigeladene IKK - Kranken- und Pflegekasse - beantragen,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Detmold vom 29.6.2001 zurückzuweisen.
Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen verwiesen. Außer der Streitakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen: ein Band Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Versorgung des Klägers mit einer Sitzschale betreffenden Akten S 14 KR 36/01 SG Detmold.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Mit Recht hat das SG die beklagte Krankenkasse zur Versorgung des Klägers mit einem Toilettenstuhl dem Grunde nach verurteilt. Der Toilettenstuhl ist erforderlich, um die Behinderung des Klägers auszugleichen (§ 33 Abs 1 S. 1 SGB V), und der zuvor entstandene und bis heute nicht erfüllte Versorgungsanspruch des Klägers gegen die beklagte Krankenkasse ist weder nach § 19 SGB V noch nach anderen Vorschriften dadurch entfallen, daß der Kläger seit dem 1.1.2001 nicht mehr bei den Beklagten, sondern bei den beigeladenen Kassen gegen Krankheit und das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert ist.
I.
Was zunächst den Streitgegenstand anbetrifft, so bestand kein Anlaß, die Klage in Angelegenheiten der Pflegeversicherung abzuweisen, denn insoweit war eine Entscheidung der Beklagten nicht angefochten. Nachdem die DAK klargestellt hatte, daß ihre Entscheidung vom 4.5.2000 mit dem Briefkopf der Pflegekasse ihrem weiteren Inhalt entsprechend eine solche der Krankenkasse hat sein sollen, und nachdem die Beklagte sich als Krankenkasse, wenn auch auf Widerruf, zur streitigen Versorgung dem Grund nach bereit erklärt hatte, hat der Kläger mit seinem vom SG am 29.6.2001 zu Protokoll genommenem Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 4.5.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.9.2000 erkennbar nur auf eine Verurteilung der Kasse aus dem Recht der GKV gezielt, und dementsprechend hat das SG, bei dessen Verfahren eine Mitbeteiligung der Pflegekasse jedenfalls auch nicht ersichtlich wird, den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides nur insoweit aufgehoben als die Beklagte als Krankenkasse die Versorgung mit einem Toilettenstuhl verweigert hatte.
II.
Ein Toilettenstuhl der streitigen Art kann, wiewohl er die gestörte Körperfunktion nicht zu bessern vermag, ein dem Ausgleich der Behinderung dienendes Hilfsmittel sein, weil er zur Befriedigung des Grundbedürfnisses benötigt wird, (möglichst) selbständig Darm und Blase entleeren zu können. Das stellt auch die beklagte Krankenkasse nicht in Abrede. Sie hat die Leistung zunächst allein deshalb verweigert, weil sie sich die Feststellungen des MDK zu eigen gemacht hat, das Gelingen eines Sauberkeitstrainings sei im Fall des Klägers wenig aussichtsreich bzw. unrealistisch. Wäre das Gelingen eines Sauberkeitstrainings lediglich wenig aussichtsreich, wäre dies im vorliegenden Fall schon hinreichend aussichtsreich. Vielfältigkeit und besonderes Ausmaß der vorliegenden Schwerstbehinderung lassen nämlich hier die Nutzung nahezu jeder Möglichkeit und geringste Schritte einer Näherung an eine letztlich möglicherweise unrealistisch erscheinende Selbständigkeit des Klägers im Bereich der Darm- und Blasenentleerung als im Lichte von Art 1 Abs 1 S. 1 des Grundgesetzes (GG) angemessenen Maßstab der Beurteilung von Erforderlichkeit, Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit iS der § 33 und 12 SGB V erscheinen, und der Verweis auf die ansonsten mögliche und niemals entfallende weitere Nutzung von Windelhosen kann demgegenüber nur auf Unverständnis stoßen (vgl. auch Bundessozialgericht (BSG) Urt.v. 31.8.00 B 3 P 16/99 R).
Darüber hinaus kann den wenig differenzierten Ausführungen von Frau Dr. v ... G ... für den MDK kaum ein Beweiswert beigemessen werden. Es ist nicht ersichtlich, woran die beklagte Kasse die von ihr angenommenen Schlüssigkeit der bloßen Behauptung mißt, der Zustand des Jungen, seine Grunderkrankung, sei so beschaffen, daß Sauberkeitstraining unrealistisch erscheine. Diese Behauptung mußte auch bei der Beklagten auf erhebliche Bedenken stoßen, hatte doch Frau Dr. v ... G ... den Kläger bei ihren Bekundungen im Jahre 2000 im Juli 1996 zuletzt gesehen und auch nicht zu erkennen gegeben, auf welche Beobachtung welcher anderen Personen oder auf welche konkreten Gegebenheiten der Grunderkrankung sie ihre Behauptung hätte stützen können oder auch nur hat stützen wollen. Daß Frau Dr. v ... G ... den bei ihrer Beurteilung etwa fünf Jahre alten Kläger zuletzt im Alter von etwa einem Jahr gesehen hatte, hat die beklagte Kasse nie bestritten, und etwas anders ist auch anhand der Akten nicht festzustellen, im Gegenteil hat Frau Dr. v ... G ... in ihrem nach Lage der Akten erstellten Pflegegutachten vom 24.1.2000 Bezug genommen auf die Erstbegutachtung des damals Einjährigen im Juli 1996.
Noch fragwürdiger erscheint das von der beklagten Kasse mitgetragene Vorgehen von Frau Dr. v ... G ..., die zudem bei ihrer ersten Äußerung den Inhalt des beigefügten Prospektes des Fa. R ... ignoriert hat, insoweit, als Frau Dr. v ... G ... nach ihrer erneuten Äußerung nach Aktenlage vom 17.11.2000 ja sogar den Bericht des H ...-Hauses vom 16.9.1999 vorliegen hatte und gleichwohl keinen Anlaß gesehen hat, sich mit den dort getroffenen gegenteiligen Wertungen in irgendeiner Weise auseinanderzusetzen. Der Kläger hatte sich in diesem, mit der Problematik solcher schwerstbehinderten Kinder besonders vertrautem Haus vom 3. bis zum 22.5.1999 erneut aufgehalten. Der Kinderarzt Prof. Dr. P ... und der Orthopäde Dr. Hafkemeyer haben dazu in ihrem Bericht vom 16.9.1999 u.a. festgehalten:
Das Kind sei auf den Toilettenstuhl "Turtle" gesetzt worden, was auch recht gut geklappt habe; im letzten Kurs sei ebenfalls schon mit einem Toilettentraining begonnen ..., auch eine Versorgung in die Wege geleitet ... , von der Krankenkasse aber nicht genehmigt worden; deshalb seien noch einmal verschiedene Möglichkeiten ausprobiert worden; da der Turtle-Toilettenstuhl nur in Größe II im Hause zur Verfügung stehe, sei mit der Mutter vereinbart worden, daß sie über die Fa. R ... einen Toilettenstuhl der Größe 1 zur Erprobung erhalten solle; eine Nachverordnung könne dann über das P ...-Haus erfolgen.
Dem hatte die beklagte Kasse bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung nichts entgegenzusetzen, und aufgrund dieser Äußerungen steht es zur Überzeugung des Senats fest, daß ein Sauberkeitstraining im Fall des Klägers keinesfalls unrealistisch war und ist, auch wenn die Kinderärztin W ... so ehrlich war, nach ihrer Empfehlung vom 15.2.2000 dem SG gegenüber mit ihrem Schreiben vom 19.6.2001 einzuräumen, daß die Erfolgsausichten unter ambulanten Bedingungen noch ohne zur Verfügungstehen eines entsprechenden Toilettenstuhl nicht zu beurteilen seien. Auf die etwaige Befangenheit und die Überzeugungskraft der Ausführungen des Zeugen, behandelnden Ergotherapeuten und zugleich in Aussicht genommenen Lieferanten des Toilettenstuhls B ... kam es danach hier und auch wegen des Umfangs des geltend gemachten Anspruchs nicht an, da das SG sich darauf beschränkt hat, dem Kläger die streitige Versorgung dem Grunde nach zuzusprechen und da der Kläger Berufung nicht eingelegt hat.
Dem mithin gegebenen Anspruch des Klägers gegen die beklagte Krankenkasse stand auch nicht die Tatsache entgegen, daß die Versorgung mit dem Toilettenstuhl nicht formell vertragsärztlich verordnet, sondern lediglich von der Kinderärztin im Attest vom 15.2.2000 empfohlen war (vgl. § 92 Abs 1 Nr 6 SGB V). Ungeachtet der Frage der Richtigkeit der Auffassung des BSG, daß der Anspruch auf die Versorgung mit einem Hilfsmittel vom Vorliegen einer Verordnung nicht abhängig sei und nicht einmal dem Arztvorbehalt unterliege (vgl. SozR 3-2500 § 33 Nr 33 und Urt.v. 28.6.01 B 3 KR 3/00 R), war hier das Fehlen einer formellen vertragsärztlichen Verordnung nicht anspruchshindernd, weil die Kinderärztin W ... wohl nur wegen der vorangegangenen Ablehnung auf die von den Ärzten des P ...-Hause empfohlene Verordnung verzichtet hat, die in Aussicht genommene Versorgung aber offensichtlich hat verantworten und zum Gegenstand ihrer Therapie hat machen wollen.
III.
Was die Frage nach der zuständigen Kasse anbetrifft, so ist nach allgemeinen Grundsätzen leistungspflichtig stets die Kasse, die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls (§ 40 SGB I), spätestens im Zeitpunkt des Leistungsfalls (§§ 41 SGB I, 19 SGB IV) leistungspflichtig war; d.h. hier unter beiden Gesichtspunkten die Beklagte. § 19 SGB V regelt demgegenüber nur die zuvor seit 1914 in § 212 RVO entsprechend behandelte Frage des Erlöschen des Leistungsanspruch bei noch nicht erschöpften Ansprüchen auf laufende Leistungen, für die das BSG jüngst bestätigt hat, daß im Falle eines Kassenwechsels die neue Kasse für alle danach zu erbringenden Leistungen zuständig wird (Urt. v. 20.11.01 B 1 KR 31/99 und 26/00 R). Der Anspruch auf einmalig zu erbringende Ansprüche wird jedoch keineswegs dadurch beseitigt, daß § 19 SGB V bestimmt, daß mit dem Ende der Mitgliedschaft der Anspruch auf Leistungen erlischt. Die bis zum Ende der Mitgliedschaft bereits begründeten und noch nicht erfüllten oder abtrennbaren (Teil)Ansprüche - so mit Recht Höfler (in Kasseler-Kommentar Rdn. 16 zu § 19 SGB V) - können danach noch geltend gemacht werden. Es ist nicht möglich, aus § 19 SGB V oder anderen Rechtsvorschriften herzuleiten, daß sich die Kassenzuständigkeit verändert, je nachdem ob eine Kasse bereit ist, ihre Leistungspflicht zu erfüllen. Es ist gleichermaßen ausgeschlossen, die Rechtslage anders dann zu beurteilen, wenn es um Kostenerstattung nach § 13 SGB V geht. Der Erstattungsanspruch ist nur die Kehrseite des Anspruchs auf die ggf. zu Unrecht verweigerte Leistung, und es kann keine unterschiedliche Kassenzuständigkeit angenommen werden, je nachdem ob der Versicherte sich die zu Unrecht abgelehnte Leistung zufällig bereits beschafft hat oder auch nicht. Mag insoweit auch noch keine höchstrichterliche Rechsprechung zum neuen Recht vorliegen (vgl. BSG, Urt.v. 22.8.01 B 3 P 13/00 R (Fernsehses sel)), so erscheint dem erkennenden Senat die Rechtlage insoweit so eindeutig, daß es sich verbot, der Rechtssache deswegen grundsätzliche Bedeutung beizumessen und die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) - zum Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) vgl. die Ausführungen des BSG zu § 212 RVO im Urt.v. 27.6.85 8 RK 34/85 = SozR 2200 § 182 b Nr 32 = USK 85 64 (orthop. Schuhe und erstmaliges Entstehen einer Kassenmitgliedschaft ohne Wechsel)).
IV.
Nach § 192 Abs 1 S. 1 Nr 2 SGG kann das Gericht einem Beteiligten im Urteil ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, daß der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm - wie vorliegend geschehen - vom Vorsitzenden in einem Termin die Mißbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung - oder verteidigung dargelegt worden und auf die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs 2 SGG für die jeweilige Instanz (§ 192 Abs 1 S. 3 SGG).
Mit ihrer nach Auffassung des erkennenden Senats ersichtlich unzutreffenden, aber durchaus erörterungswerten Rechtsaufassung, daß sie nicht die für die Leistung zuständige Kasse sei, hat es nichts zu tun, wenn der Senat der beklagten Krankenkasse Kosten wegen Rechtsmißbräuchlichkeit nach der genannten Vorschrift auferlegt hat. Das hat vielmehr seinen Grund darin, daß die Kasse einerseits, bevor sie sich dazu verstanden hat, dem geltend gemachten Anspruch auf diese Weise zu begegnen, in einer Weise mit den Belangen des schwerstbehinderten Kindes befaßt hat, die nicht hinzunehmen ist, und daß die Kasse andererseits an einer solchen Verfahrensweise trotz mehrfachen Hinwei ses auf die Rechtsmißbräuchlichkeit, mehrstündiger Bedenkzeit für ihren Terminsvertreter und Gelegenheit zur Rücksprache mit der Kasse fortgesetzt hat - mag es auch zutreffen, daß der Beklagten entsprechende vorangegangene Hinweise des Berichterstatters im Fax vom 18.3.2002 trotz entsprechender Abvermerke in den Streitakten ebensowenig zugegangen sind, wie - auch ohne Fax übermittelte - Schreiben des Gerichts in zwei weiteren in der Sitzung des Senats verhandelten Streitsachen der DAK.
Genau besehen hat die Beklagte nämlich dem schwerst- und mehrfachbehinderten Kind die Versorgung mit der Möglichkeit eines Sauberkeitstrainings zunächst mit der Begründung verweigert, das Kind sei mit etwa drei Jahren zu jung, und alsdann mit der Begründung, der seit Erreichen des ersten Lebensjahres ungeprüfte, gleichwohl als unverändert zu betrachtende Zustand des Kindes lasse ein Sauberkeitstraining, wiewohl von außerordentlich sachkundiger Stelle empfohlen, nun im Alter von fünf Jahren aus nicht zu erörternden Gründen unrealistisch erscheinen. Bei nahezu offenkundiger Erforderlichkeit der Versorgung an sich, bei allseits angenommener Dringlichkeit, möglichst bald mit dem Sauberkeitstraining zu beginnen, hat die Beklagte zudem weder Anlaß gesehen, zu mindest als zuerst angegangene Kasse in Vorleistung zu treten noch pflichtgemäß umgehend das Urteil des SG auszuführen (§ 154 SGG).
Der Senat hat es hier mit der Festsetzung der Mindestkosten in Höhe der Gebühr aus § 184 Abs 2 SGG von 225 EURO nicht bewenden lassen können. Unter Berücksichtigung des Schadensersatzprinzips (vgl. BT-Drucks 14/5943 S. 28) waren vielmehr Kosten in angekündigter Höhe von 2000 EURO aufzuerlegen, weil doch ein erheblich größerer Aufwand entstanden ist in Anbetracht von Verhandlungsdauer, personellem Aufwand, Absetzung des Urteils und allgemeinen Gerichtshaltungskosten.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Es bestand auch im übrigen kein Anlaß, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen; das Urteil weicht ferner von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG nicht ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Rechtskraft
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