L 16 KR 44/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 90/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 44/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 18.01.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung der Kosten einer in der Zeit vom 15.03. bis 05.07.2001 durchgeführten Akupunkturbehandlung in Höhe von DM 1.200,-- = EURO 613,55.

Der 1923 geborene Kläger erkrankte im Januar 2001 an einem Zoster trigeminus I links. Sein behandelnder Hautarzt überwies ihn am 09.03.2001 an einen Arzt für Anästhesie wegen postzosterischer Neuralgie. Die Ärztin für Anästhesie Dr. K ... behandelte den Kläger ausweislich der vorgelegten Liquidation ab 15.03.2001 mit Akupunktur.

Am 30.03.2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Behandlungskosten unter Vorlage eines Attestes der Frau Dr. K ... vom 20.03.2001. Danach legte er die Liquidationen der Frau Dr. K ... vom 27.04. bzw. 05.07.2001 vor, über Akupunkturbehandlungen am 15., 16., 19., 20., 23. und 28.03., 04., 12., 19., 27.04., 11., 28.05., 08. und 22.06. sowie 05.07.2001 über einen Gesamtbetrag von DM 1.200,-- (15 Sitzungen à DM 80,--).

Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme der Akupunkturbehandlungen mit Bescheiden vom 21.05.2001 und 16.08.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2001 ab.

Hiergegen hat der Kläger am 26.11.2001 Klage erhoben. Er machte geltend, seine Akupunkturbehandlung habe während des Modellversuchs zur Akupunktur stattgefunden, den die Beklagte gemeinsam mit weiteren Ersatzkassen gestartet habe. Informationen hierüber habe er im KKH-Journal 2001, Heft 3, Seite 5, gefunden. Der Kläger betont, er habe die Ärztin für Anästhesie nicht aus eigenem Antrieb konsultiert. Vielmehr habe ihn sein Hausarzt in Schmerzbehandlung überwiesen. Die Akupunkturbehandlung habe ihm nachhaltig geholfen. Der Kasse seien dadurch andere Aufgaben erspart geblieben. Einen Antrag bei der Beklagten habe er vor Aufnahme der Behandlung gestellt.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäss beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 21.05.2001 und 16.08.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2001 zu verurteilen, die Kosten der Akupunkturbehandlung in der Zeit vom 15.03. bis 05.07.2001 in Höhe von EURO 613,55 (DM 1.200,--) zu erstatten.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgebracht, die erste Akupunktursitzung des Klägers habe bereits am 15.03.2001 und damit vor der Antragstellung mit Schreiben vom 28.03.2001 stattgefunden. Bis zum Tag der Antragstellung seien bereits sechs Akupunktur sitzungen durchgeführt gewesen. Insofern sei der Beschaffungsweg vom Kläger nicht eingehalten worden. Eine Kostenbeteiligung müsse aber schon deshalb ausscheiden, da es sich bei der Akupunkturbehandlung um eine "neue Behandlungsmethode" im Sinne des § 135 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) handele. Diese dürften nur zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hierzu eine Empfehlung in einer Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V abgegeben habe. Mit Beschluss vom 16.10.2000 habe der Bundesausschuss die Akupunktur aber grundsätzlich als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Akupunktur für die Indikationen "chronische Kopfschmerzen, chronische LWS-Schmerzen und chronische osteoathritische Schmerzen" habe er in Modellversuchen zugelassen. Die Behandlung des Klägers sei aber außerhalb des Modellversuchs durchgeführt worden.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.01.2001 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Kostenerstattungsanspruch. Bei der Akupunkturbehandlung handele es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der ersten Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V. Denn der Kläger sei bereits sechs Wochen in augen- und hautärztlicher Behandlung gewesen, bevor er sich in die schmerztherapeutische Behandlung bei Frau Dr. K ... begeben habe. Die Akupunkturbehandlung gehöre auch nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe am 16.10.2000 beschlossen, die Akupunktur in die Anlage B der Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) als Behandlungsmethode aufzunehmen, die grundsätzlich nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden darf. Ausnahmen seien lediglich zur Behandlung im Rahmen von Modellversuchen bei bestimmten Indikationen zugelassen worden. Die Behandlung des Klägers sei aber nicht im Rahmen eines genehmigten Modellversuches erfolgt und die Voraussetzungen für die Teilnahme an einem Modellversuch nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hätten nicht vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen diesen ihm am 26.01.2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 25.02.2002 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren weiter und wendet sich gegen den Ausschluss der Akupunkturbehandlung aus der kassenärztlichen Versorgung. Der Erfolg einer Akupunkturbehandlung werde ad absurdum geführt, wenn diese Methode erst sechs Monate nach Krankheitsbeginn praktiziert werde. Er habe Frau Dr. K ... zur Behandlung seiner Kopfschmerzen und nicht zur Behandlung seiner Zostererkrankung konsultiert. Ein Teil der Akupunktursitzung habe erst stattgefunden, nachdem der Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über das Modellvorhaben in Kraft gewesen sei.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäss,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 18.01.2002 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen, hilfsweise die Kosten für sechs Akupunkturbehandlungen zu erstatten.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Kostenbeteiligung für Akupunkturbehandlungen die nach dem Start des Modellversuchs am 20.06.2001 stattgefunden hätten. Er interpretiere insofern den Bescheid der Beklagten vom 16.08.2001 falsch. Seine Behandlung sei nicht im Rahmen eines genehmigten Modellversuchs und nicht nach den Bedingungen der Kooperationsvereinbarung der am Modellversuch Beteiligten erfolgt. Die Anbindung an die wissenschaftliche Begleitung habe nicht erfolgen können. Eine Vergütung von Akupunktbehandlung außerhalb des Modellversuches mittels Krankenversicherungskarte scheide aus. Im übrigen sei die Behandlung nicht wegen der Indikation "chronische Kopfschmerzen" durchgeführt worden, sondern wegen einer Zosterneuralgie bzw. Postzosterneuralgie.

Die Verwaltungsakte der Beklagten hat neben der Prozessakte vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem beide Beteiligten sich hiermit schriftlich einverstanden erklärt haben, § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide vom 21.05.2001 und 16.08.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2001 sind rechtmäßig.

Auch zur Überzeugung des Senats hat der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die in der Zeit vom 15.03. bis 05.07.2001 durchgeführte Akupunkturbehandlung. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V nicht erfüllt sind. Denn es handelte sich vorliegend weder um eine Notfallbehandlung im Sinne der ersten Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V, noch ist die zweite Alternative dieser Norm (rechtswidrige Ablehnung) erfüllt. Insbesondere zählt die Akupunktur nicht zu den von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkasse hat in seiner Sitzung am 16.10.2000 beschlossen, die Akupunktur in die Anlage B (nicht anerkannte Methoden) der BUB-Richtlinien zu übernehmen (Nr. 31, BAnz Nr. 12 vom 18.01.2001). Eine Ausnahme gilt nur für die Indikationen "chronische Kopfschmerzen, chronische LWS-Schmerzen und chronische osteoathritische Schmerzen", soweit die Behandlung in Modellversuchen, welche die vom Bundesausschuss aufgestellten Voraussetzungen erfüllen, erfolgt. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist, § 153 Abs. 2 SGG.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die streitgegenständlichen Akupunkturbehandlungen haben außerhalb eines Modellprojektes stattgefunden. Die Termine der ersten Behandlungsserie lagen zeitlich vor dem Start des Modellversuchs am 20.06.2001. Die gesamte Akupunkturbehandlung des Klägers erfolgte nicht unter wissenschaftlicher Begleitung und nicht zu den Bedingungen, welche die am Modellversuch beteiligten Ersatzkassen und Akupunktur-Fachgesellschaften entsprechend den Vorgaben des Bundessausschusses in seinem Beschluss vom 16.10.2000 festgelegt haben. Unabhängig davon hätten im Falle des Klägers die abschließend aufgeführten Indikationen für eine Teilnahme am Modellversuch nicht vorgelegen. Denn die Ärztin für Anästhesie Dr. K ... hat sowohl in ihrem Attest vom 20.03.2001 als auch in ihren Liquidationen vom 27.04. und 05.07.2001 als Diagnose "Postzosterneuralgie bzw. Zoster-Neuralgie" angegeben. Ob der Kläger die weiteren Voraussetzungen für die Teilnahme am Modellverfahren - etwa die von ihm als wenig sinnvoll erachtete - mindestens sechs Monate dokumentierte Vorbehandlung wegen der zu prüfenden Indikation erfüllt hätte, spielt danach keine Rolle.

Der Beklagten ist es nach allem mangels gesetzlicher Grundlage verwehrt, dem Kläger die Kosten der Akupunktur-Behandlung zu erstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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