L 6 V 44/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 4 V 244/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 V 44/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 17.07.2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die in Polen wohnhafte Klägerin streitet um eine Waisenrente als Teilversorgungsleistung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).

Die Klägerin ist 1931 geboren. Ihr 1899 in H ... geborener Vater, J ... H ..., gehörte seit Dezember 1943 der deutschen Wehrmacht an. Seit 1944 wurde er vermisst und durch Entscheidung eines polnischen Gerichts vom 27.07.1949 (Amtsgerichts Thorn, Az.: VI Zg. 253/48) mit Datum des 09.05.1946 für Tod erklärt (an der Front gestorben).

Im November 1999 beantragte die Klägerin eine "Entschädigung" und wies darauf hin, dass sie und ihre beiden Schwestern durch das Verschwinden des Vaters als deutscher Soldat 1944 und den Tod der Mutter 1948 unwürdig hätten leben müssen. Mit Bescheid vom 17.02.2000 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da die Voraussetzungen des § 45 Absatz (Abs.) 3 Satz (S.) 1 BVG nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei nicht infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen spätestens bei Vollendung des 27. Lebensjahres außerstande gewesen, sich selbst zu unterhalten. Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, ihre gynäkologischen Krankheiten würden aus den ersten Nachkriegsjahren stammen. Dem Widerspruch fügte sie verschiedene Informationskarten über stationäre Behandlungen der Jahre 1963, 1964, 1968, 1982, 1988 und 1990 sowie eine ärztliche Bescheinigung des Dr. W ... der gynäkologischen Beratungsstelle des medizinischen Zentrums S ... (14.04.2000) bei. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.07.2000).

Mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Münster hat die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung einer Waisenrente weiter verfolgt. Sie hat angegeben, von 1948 bis 1949, 1952 bis 1953 und von 1961 bis zur Pensionierung in 1986 berufstätig gewesen zu sein.

Das Sozialgericht hat die von der Klägerin im Widerspruchsverfahren überreichten medizinischen Unterlagen übersetzen lassen und hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17.07.2001 abgewiesen.

Mit ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, ihre Krankheiten, unter denen sie bis heute leide, seien alle vor 1949 entstanden. Bis 1961 habe sie nicht arbeiten können, da sie schwer krank gewesen sei. Sie verweise u.a. auf die Bescheinigung der Gesundheitsfürsorgestelle G ... W ... (08.06.2001).

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 17.07.2001 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 17.02. und 21.07.2000 zu verurteilen, Waisenrente zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat eine Auskunft von der Sozialversicherungsanstalt S ... eingeholt (24.06.2002).

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Begehren der Klägerin kann nur dahingehend ausgelegt werden, dass sie Waisenrente beansprucht.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Gewährung einer Waisenrente aus §§ 45 Abs. 3 S. 1 lit. c, 64, 64 e BVG. Dafür fehlt es schon am Nachweis einer Gebrechlichkeit der Klägerin spätestens bis zum 27. Lebensjahr (1958).

Der Senat verweist auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids. Die Informationskarten über stationäre Behandlungen der Jahre 1963, 1964, 1968, 1982, 1988 und 1990 lassen Rückschlüsse auf Erkrankungen der Klägerin bis zum 27. Lebensjahr (1958) nicht zu. 1963 und 1964 erfolgten stationäre Behandlungen wegen einer Cholecystitis calculosa (Gallenblasenentzündung), die zu 14 Tagen Arbeitsunfähigkeit führten führte, und 1968 wegen einer "Cervicitis chronica" (Entzündung der Schleimhaut des Gebärmutterhalskanals), die ebenfalls 14 Tage Arbeitsunfähigkeit bedingten. Aus den stationären Behandlungen wurde die Klägerin ausweislich der Berichte jeweils in gutem Allgemeinzustand entlassen. Nach der Bescheinigung des Dr. W ... vom 14.04.2000 war die Klägerin in der gynäkologischen Beratungsstelle des medizinischen Zentrums S ... erst seit 1965 in Behandlung.

Zu einer anderen Beurteilung vermag der Senat auch nicht aufgrund des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren zu gelangen. Dass die Krankheiten, unter denen die Klägerin bis heute leidet, alle vor 1949 entstanden sind, und die Klägerin bis 1961 nicht arbeiten konnte, da sie schwer krank war, ist nicht nachgewiesen. Die Klägerin konnte im Berufungsverfahren keine Unterlagen vorlegen, die ihren Vortrag stützen. Ausweislich der Bescheinigung der Gesundheitsfürsorgestelle G ... W ... vom 08.06.2001 liegen dort Dokumente über etwaige Behandlungen der Klägerin in 1949 nicht vor. Die Sozialversicherungsanstalt in S ... (Auskunft vom 24.06.2002) verfügt über keine Unterlagen über den Gesundheitszustand vor 1958 und später.

Für den Anspruch auf Waisenrente ist schließlich ohne Belang, dass die Klägerin nach ihrem Vorbringen ab 1944 in äußerster Not gelebt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Es bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 160 Absatz 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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