L 10 SB 71/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 3 SB 152/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 SB 71/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.12.2001 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Entschädigung für drei Befundberichte, die der Kläger im Feststellungsverfahren nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. nunmehrigen Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - auf Anforderung des Beklagten erstattet hat.

Der Kläger hat dem Beklagten in Rechnung gestellt:

1. für den in Sachen des Patienten Hxxxxxxx Jxxxxn erstellten Bericht ärztliche Auskunft 26,-- DM Porto 1,50 DM 27,50 DM

2. für den in Sachen des Patienten Jxxxx Wxxxxx erstellten Bericht ärztliche Auskunft 31,-- DM Porto 1,50 DM 32,50 DM

3. für den in Sachen des Patienten Wxxxxx Jxxxxx erstellten Bericht ärztliche Auskunft 32,-- DM Porto 1,50 DM 33,50 DM.

Der Beklagte setzte die Entschädigung gemäß Nr. 3 der Anlage zu § 5 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) wie folgt fest:

1. Bescheid vom 11.01.2001 (Patient: Hxxxxxxx Jxxxxx) Ärztliche Auskunft 20,-- DM Portokosten 1,50 DM 21,50 DM.

2. Bescheid vom 12.02.2001 (Patient: Jxxxx Wxxxxx) Ärztliche Auskunft 20,-- DM Portokosten 1,50 DM 21,50 DM.

3. Bescheid vom 11.01.2001 (Patient: Wxxxxx Jxxxxx) Ärztliche Auskunft 25,-- DM Portokosten 1,50 DM 21,50 DM.

Gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Im Fall 1) beschränkte sich seine Begründung darauf, dem Versorgungsamt falsch angewandte Prinzipienreiterei zu Lasten des Steuerzahlers vorzuwerfen (Widerspruch vom 19.01.2001). In den Fällen 2) und 3) wies er - jeweils inhaltsgleich - darauf hin, dass er die Daten zwar automationsgestützt ausgedruckt, sie dann aber individuell bearbeitet und durch eine gutachterliche Beurteilung ergänzt habe (Widerspruch vom 01.03.2001). Mit Bescheiden vom 05.03.2001 (Fall 1) und 29.03.2001 (Fall 2 und 3) wies der Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück.

Die hiergegen gerichteten Klagen hat das Sozialgericht (SG) Aachen mit Beschluss vom 12.04.2001 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger hat vorgetragen: Er sei zu einer gutachterlichen Stellungnahme aufgefordert worden. Hierzu habe er entsprechend seines Aufwandes die Mittelgebühr abgerechnet. Die Befundberichte bestünden aus zwei Teilen, nämlich den handschriftlichen Eintragungen auf den zur Verfügung gestellten Befundberichtsvordrucken sowie zur Hauptsache aus den "Anlagen". Dabei handele es sich um komprimierte Übersichten über Befunde und Diagnosen, die er unter Berücksichtigung der vom Versorgungsamt vorgegebenen Fragestellungen aus der Gesamtdatei selektiert habe. Diese Computerausdrücke habe er individuell bearbeitet und durch seine gutachterliche Beurteilung ergänzt. Zum Teil habe er auf der letzten Seite der Ausdrucke noch einmal wichtige Dauerdiagnosen aufgeführt und entsprechend gekennzeichnet. Besonders wichtig erscheinende Angaben habe er durch gelben Textmarker hervorgehoben. Alle Seiten der Datei habe er überarbeitet. Bagatellbefunde oder solche Befunde, die heute keine Relevanz mehr hätten, und höchstpersönliche Patientenangaben ohne Bezug zur Fragestellung des Versorgungsamtes habe er herausgenommen. Er habe grundsätzlich eine differential-diagnostische Abwägung der verschiedenen Diagnosen in Bezug auf die versorgungsamtliche Relevanz getroffen. Auch die Darstellung der Medikation sei ihm wichtig erschienen, um zu dokumentieren, dass es sich um Langzeittherapien mit entsprechender Medikation und den daraus resultierenden Folgen handele. Bei der Vielschichtigkeit und Sorgfalt, die für die Befundberichte aufgewandt worden seien, könne es nicht angehen, dass lediglich eine Entschädigung für den Mindestaufwand gewährt werde. Daher begehre er im Fall 1 die Zahlung weiterer DM 6,00, im Fall 2 die Zahlung weiterer DM 10,00 und im Fall 3 die Zahlung weiterer DM 7,00.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der beiden Bescheide vom 12.02.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2001 sowie des Bescheides vom 11.01.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2001 zu verurteilen, ihm weitere DM 23,00 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen, hilfsweise die Berufung zuzulassen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger nur eine grobe Selektierung der von ihm gespeicherten und gemäß § 11 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärzte/Ärztinnen vom 23.10.1993 ohnehin bereitzuhaltenden Daten vorgenommen habe. Der hierdurch verursachte Zeitaufwand sei gering. Daher könne in den Fällen 1) und 2) nur die Mindestentschädigung in Höhe von 20,00 DM gewährt werden. Im Fall 3) komme keine höhere Entschädigung als 25,00 DM in Betracht.

Das SG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Im Fall 1) habe er einen Anspruch auf Zahlung weiterer 6,00 DM. Allein das Durchsehen des elfseitigen engbedruckten Computerausdrucks auf wichtige, das Versorgungsamt interessierende Daten und das Aussortieren vernachlässigenswerter Befunde verlange bei dem engen Schriftbild ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und sei nachvollziehbar mit einem höheren Zeitaufwand verbunden. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kläger die selektierten Angaben markiert und in eine neu anzulegende Dateiübertragen habe. Im Fall 2) habe der Kläger neun Diagnosen verschiedenster Fachgebiete aufgeführt sowie auf eine Dauer-Markumarisierung und Multimorbidität hingewiesen. Ferner habe er 18 wiederum eng bedruckte Seiten aus der Computerdatei des Patienten auf etwas mehr als drei Seiten komprimiert und am Ende des Auszuges die wesentlichen Dauerdiagnosen nochmals hervorgehoben. Auch die übrigen nicht markierten Angaben seien für die versorgungsärztliche Entscheidung von Bedeutung, weil sich aus ihnen ein sehr anschauliches Bild der Krankheitsentwicklung bei dem multimorbiden Patienten ableiten lasse. Gemessen an der Aussagekraft, der Anzahl der mitgeteilten Befunde und Diagnosen und des Selektierungs- und Komprimierungsaufwandes handele es sich mindestens um eine durchschnittliche Leistung. Im Fall 3) habe der Kläger nicht nur alle drei Rubriken des zur Verfügung gestellten Vordrucks ausgefüllt und allein dort neun belangvolle Diagnosen mitgeteilt, sondern darüber hinaus einen 25-seitigen eng bedruckten Computerauszug aus der Patientendatei auf acht Seiten komprimiert. Hierbei habe er wie auch in den anderen Fällen dem versorgungsärzt lichen Dienst die Auswertung der mitgeteilten Befunde, Diagnosen und sonstigen Angaben dadurch erleichtert, dass er die wichtigsten Aussagen mit Textmarker versehen habe. Seine Angaben seien für die versorgungsärztliche Bewertung wesentlich gewesen, wie sich aus den gutachtlichen Stellungnahmen des beratenden Arztes ergebe. Unerheblich sei jeweils, dass der Kläger die von den Patienten geäußerten Beschwerden aus der Hauptdatei entfernt und dem Beklagten nicht zur Verfügung gestellt habe. Denn die mittels des selektierten Computerausdrucks übermittelten Befunde und Diagnosen seien aus sich heraus so verständlich und aussagekräftig, dass die fehlende Beschwerdeangabe die Qualität der Berichte nicht mindere.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 10.04.2002 zugelassen.

Der Beklagte trägt vor: Die Auffassung des SG, die fehlende Beschwerdeangabemindere nicht die Qualität der Berichte sei unzutreffend. Gerade die Mitteilung der Beschwerden sei von besonderer Bedeutung, da nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Schwerbehindertenrecht und nach dem sozialen Entschädigungsrecht" das Ausmaß der Funktionsstörungen ein unverzichtbares Bemessungskriterium sei. Diagnosen als solche seien nur sehr eingeschränkt als Grundlage für die GdB-Bewertung geeignet. Das Hervorheben der Diagnosen mittels Textmarkers steigere die Qualität der Berichts nicht und sei auch nicht erbeten worden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Aachen vom 18.12.2001 zurückzuweisen.

Er macht unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend, dass die Berichte einen hohen Qualitätsstandard hätten und die beantragte Entschädigung angemessen sei.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Gerichtsakte, sowie die beigezogenen SchwbG- und Gebühren- Akten des Versorgungsamtes Aachen und die vom Kläger eingereichten Krankenakten und Komplettausdrucke. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht bewert, denn diese sind rechtmäßig (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Kläger hat entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keinen Anspruch auf eine höhere Entschädigung.

1. Da auf den sachverständigen Zeugen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung kommen, ist die schriftliche Auskunft eines sachverständigen Zeugen in einem Schwerbehindertenverfahren gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 SchwbG, § 21 Abs. 3 S. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 2 ZSEG wie die eines Zeugen zu entschädigen, sofern im ZSEG nichts Abweichendes bestimmt ist. Eine abweichende Regelung ist in § 5 ZSEG für den Fall getroffen, dass ein sachverständiger Zeuge Verrichtungen der in der Anlage zu § 5 bezeichneten Art erbringt (vgl. BSG vom 13.03.1985 - 9a RV 30/83 - in SozR 1300 § 21 SGB X Nr. 2; BSG vom 09.04.1997 - 9 RVs 6/96 -; Senatsurteil vom 28.02.2001 - L 10 SB 50/00 -; Meyer / Höver / Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 20. Auflage, § 2 Rdn. 2). Nach Nr. 3 der Anlage zu § 5 ZSEG erhält ein Arzt für die Ausstellung eines Befundscheines oder die Erteilung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachterliche Äußerung eine Entschädigung in Höhe von 20,00 bis 40,00 DM. Unter einer schriftlichen Auskunft iS des § 5 Abs. 1 Anlage 1 Nr. 3 ZSEG wird die Wiedergabe fachlicher Wahrnehmungen eines Arztes aufgrund schriftlicher Aufzeichnungen, die eine gewisse bewertende Auswahl sowie eine fachliche Einordnung der betreffenden ärztlichen Befunderhebungen umfaßt, verstanden (vgl. BSG vom 26.11.1991 - 9a RV 25/90 -). Was unter einem Befundschein/Befundbericht zu verstehen ist, ergibt sich mangels gesetzlicher Definition aus dem Anforderungsschreiben des Beklagten an den behandelnden Arzt, das ggf. nach § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus der Sicht eines verständigen Empfängers auszulegen ist (vgl. BSG vom 04.06.1989 - 9 RVs 5/88 -) sowie dem Gegenstand des der Anforderung zugrundeliegenden Verfahrens. Regelmäßig will der Beklagte von dem "in Dienst genommenen" Arzt im Hinblick auf den mitgeteilten Verwendungszweck Angaben erfragen, die er zur Erfüllung seiner Aufgabe benötigt. Einer Abgrenzung zwischen Befundschein/Befundbericht einerseits und schriftlicher Auskunft bedarf es nicht. Die Rechtsfolge ist nach Nr. 3 der Anlage zu § 5 ZSEG identisch, nämlich ein Anspruch auf eine Entschädigung von 20 DM bis 40 DM.

Für die Frage, welche Entschädigung zu zahlen ist, kommt es maßgebend darauf an, welche Leistung der Beklagte gefordert hat. Vorliegend geht es um von den Patienten des Klägers beantragte Festsetzungsverfahren nach §§ 3, 4 SchwbG. Dafür benötigte der Beklagte Daten, die Anhaltspunkte für das Vorliegen wesentlicher, auf Krankheit(en) beruhender Funktionsstörungen liefern, deren Auswirkungen ggf. zu einer Behinderung meßbaren Grades führen oder Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche iS des SchwbG sein konnten (vgl. §§ 3, 4 Abs. 3 und 4 SchwbG bzw. nunmehr §§ 2, 69 SGB IX). Für die Ausfüllung sind Entschädigungsrahmens der Anlage zu § 5 ZSEG sind folgende Grundsätze maßgeblich:

Vorrangig ist das Ausmaß der aus dem Berichtsinhalt zu schließenden Arbeit, die mit der Erstattung verbunden war (LSG NRW vom 15.05.1997- L 7 Vs 124/96 -; Senatsurteil vom 28.02.2001 - L 10 SB 50/00 -). Kriterien hierfür sind Umfang und Ausführlichkeit der mitgeteilten Befunde, die Zahl der mitgeteilten Normabweichungen, ergänzende Angaben aus den ärztlichen Unterlagen, soweit sie für die vom Versorgungsamt zu treffende Entscheidung von Bedeutung waren sowie der für die Fertigung des Berichts notwendige Zeitaufwand. Die Zeilenzahl hingegen lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf den Arbeitsaufwand zu (hierzu eingehend Senatsurteil vom 28.02.2001 - L 10 SB 50/00 -). Der Arbeitsaufwand orientiert sich regelmäßig vielmehr an Art und Umfang der Beschreibung sowie u.a. danach, ob neben den eigenen Unterlagen auch Unterlagen anderer Ärzte ausgewertet worden sind. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Entschädigungsrahmen für Befundberichte aller ärztlichen Fachgebiete gilt. Erfahrungsgemäß erfordern etwa Berichte, die nach einer umfangreichen internen Diagnostik erstattet sind, eine umfangreichere Darstellung der erhobenen Befunde (vgl. BSG vom 08.10.1987 - 9 RVs 13/86 -; LSG NRW vom 15.05.1997 - L 7 Vs 124/96 -; LSG NRW vom 23.10.1991- L 4 S 21/91-; LSG NRW vom 17.09.1987 - L 7 V 37/87 - ). Auch die Mitteilung einer differenzierten Anamnese, von mehreren an verschiedenen Tagen erhobenen eigenen und/ oder Fremdbefunden sowie mehrerer Diagnosen mit wertenden Äußerungen kann einen erhöhten Zeitaufwand belegen. Schließlich können auch eine straffe Gliederung und eindeutige Angaben das Ergebnis zeitintensiver Arbeit sein (vgl. Senats urteil vom 28.02.2001 - L 10 SB 50/00 -). Demgegenüber kann der Rückgriff auf einen schon bestehenden Datenbestand für einen unterdurchschnittlichen Zeitaufwand und eine unterdurchschnittliche Schwierigkeit sprechen (zutreffend SG Detmold vom 12.06.1997 - S 13 (8) Vs 276/05 -). Die Verwertbarkeit des Berichts ist für den Entschädigungsanspruch bedeutungslos (Bay. LSG vom 11.11.1998 - L 12 SB 80/97 Ko -).

Ein Befundbericht muss zudem geeignet sein, der Erfüllung dieses Zwecks zu dienen (vgl. auch Bayer. LSG vom 11.11.1998 - L 12 SB 80/97 Ko -). Der Kläger hatte deshalb aus seinen Behandlungsunterlagen ausgewählte, fachlich bewertete und in Anamnesen, Befunde (das sind vor allem objektiv gemessene Daten, z.B. Bewegungseinschränkungen, Stoffwechselstörungen, Blutdruck- oder Auswertungen von EKG oder Röntgenuntersuchungen, Beschreibung von wesentlichen Funktionsstörungen seines Patienten) und darin mündende Diagnosen gegliederte Angaben liefern müssen (BSG vom 09.02.2000 - B 9 SB 8/98 R -; BSG SozR 1925 § 8 Nr. 1; BSG vom 26.11.1991 - 9a RV 25/90 - ).

2. Der Beklagte hat die Entschädigung für die ärztliche Auskunft in den drei streitigen Fällen zutreffend festgesetzt. Eine Entschädigung, orientiert an der oberen Grenze des Rahmens von 20,00 DM bis 40,00 DM, kommt namentlich dann in Betracht, wenn der herangezogene Arzt die drei Rubriken der Berichtsanforderung (Änderungsantrag: seit der letzten ärztlichen Auskunft, neu erhobene Befunde, neue Diagnosen, therapeutische Hilfsmittel; Erstfeststellung: wichtige anamnestische Daten und geäußerte Beschwerden erhobene Befunde, Diagnosen, therapeutische Hilfsmittel) unter Berücksichtigung der zuvor aufgestellten Kriterien ausfüllt. Das ist jeweils nicht geschehen. Die Entschädigung ist an der unteren Grenze des Rahmens zu bemessen.

a) Im Fall 1) hat der Kläger zu den erhobenen Befunden nichts vermerkt und statt dessen auf die Anlage verwiesen. Unter Diagnosen ist lediglich "Multimorbidität (s. Anlage), Prostata - NPL" aufgeführt. Dieser Bericht ist - isoliert betrachtet - nach dem minimalen Satz von 20 DM zu entschädigen. Denn der Zeitaufwand des Klägers für die mitgeteilten Erkenntnisse ist insoweit zu vernachlässigen. Das Wissen um die Multimorbidität eines Patienten sollte von vornherein beim jeweiligen Arzt präsent sein. Hierzu bedarf es keines Einblicks in die Patientenkartei. Jedenfalls aber erschließt sich dem Senat anhand des computergestützten Auszugs aus den medizinischen Daten, dass der multimorbide Zustand des Patienten Heinrich J. offenkundig ist. Ein wie auch immer gearteter Zeitaufwand ist mit dieser Erkenntnis nicht verbunden. Für den Hinweis des Klägers auf "Prostata - NPL" gilt nichts anderes. Dieser Umstand ist dem computergestützten Auszug gleichermaßen unschwer zu entnehmen und mit keinem relevanten Zeitaufwand verbunden.

Eine höhere Entschädigung ist auch nicht deswegen gerechtfertigt, weil der Kläger den elfseitigen eng bedruckten Ausdruck der medizinischen Daten des Patienten Heinrich J. selektiert und auf vier Seiten komprimiert hat. Unbearbeitete Computerausdrucke mit Patientendaten sind keine Befundberichte, sondern werden entsprechend § 11 Abs. 1 ZSEG mit einem pauschalen Aufwendungsersatz in Höhe von 4,00 DM entschädigt (BSG vom 09.02.2000 -B 9 SB 8/98 R -). Auch die bloße Wiedergabe von ärztlichen Aufzeichnungen ohne eine irgendwie geartete Überarbeitung der Aufzeichnungen oder einer bewertenden Auswahl der Befunde und Diagnosen zum Zeitpunkt der Erstellung des Befundberichtes, die auch von einer nicht medizinisch vorgebildeten Schreibkraft vorgenommen werden kann, genügt den Anforderungen an eine Verrichtung iS Nr 3 der Anlage zu § 5 ZSEG nF nicht (LSG NRW vom 11.12.1997 - L 7 Vs 101/97 -). Deswegen ist der Entschädigungsrahmen nach Nr. 3 der Anlage zu § 5 ZSEG erst dann eröffnet, wenn der herangezogene Arzt den Computerausdruck bearbeitet. Das ist geschehen, denn der Kläger hat den Originalsausdruck um - aus seiner Sicht - irrelevante Daten eliminiert und auf vier Seite reduziert. Hierzu ist er jedoch nicht aufgefordert worden. Zwar hat die "Indienstnahme" des Klägers gem. §§ 100, 21 Abs. 3 SGB X iVm ZSEG eine öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Beklagten und dem Kläger mit der Folge begründet, dass für eine ergänzende Heranziehung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften, insbesondere aus dem Auftrags-, Dienst- oder Werkvertragsrecht, in dieser Sonderbeziehung kein Raum ist (BSG vom 09.02.2000 - B 9 Sb 8/98 R -). Dies ändert indes nichts an dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass ein Auftragnehmer, der nicht auftragsgemäß handelt, wegen der auftragsüberschreitenden Verrichtung weder einen Aufwendungsersatzanspruch noch einen Honoraranspruch hat. Für den öffentlich-rechtlichen Entschädigungsanspruch gilt nichts anderes. Der Kläger konnte die Selektion der Patientendaten, soweit sie über das Aussortieren von bis zu 6-monatigen Befunden hinausgeht, auch nicht für erforderlich halten (vgl. § 670 BGB). Ihm war bekannt, dass in dem vom Beklagten durchgeführten Verwaltungsverfahren jeweils eine versorgungsärztliche Stellungnahme zu den eingeholten ärztlich-medizinischen Unterlagen abgegeben wird. Aufgabe des beratenden Arztes ist es sodann, die Normabweichung zu bezeichnen und für die damit einhergehenden Teilhabebeeinträchtigungen einen GdB unter Berücksichtigung der Vorgaben der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) vorzuschlagen. Durch die Selektion des (vermeintlich) Wichtigen vom Unwichtigen hat der Kläger im Ergebnis nicht nur eine Tätigkeit übernommen, die dem Beklagten obliegt. Er hat darüber hinaus eigenmächtig eine Vorauswahl getroffen. Ob und welche Daten das Versorgungsamt interessieren und welche Befunde zu vernachlässigen sind, hat nicht der Kläger zu entscheiden. Vielmehr ist das Versorgungsamt darauf angewiesen, dass in den Grenzen seiner Frage stellung möglichst alle Befunde mitgeteilt werden, damit es - seiner Aufgabe entsprechend (§ 69 Abs. 1 SGB IX) - feststellen kann, inwieweit aus jeder einzelnen medizinischen Normabweichung eine Teilhabebeeinträchtigung resultiert und welcher GdB hierfür sodann anzusetzen ist (vgl. §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 SGB IX). Im übrigen: Ein Vergleich des dem Senat vorliegenden 11-seitigen Originalcomputerausdrucks der Patientendaten mit dem vom Kläger komprimierten 4-seitigen Ausdruck belegt, dass auch Daten entfernt worden sind, die für die Frage, welche Teilhabebeeinträchtigung beim Patienten vorliegen und welcher GdB für die daraus folgende Behinderung resultiert, von Bedeutung sind. Die vom Kläger vorgenommene Vorauswahl widerspricht mithin dem Interesse des Beklagten und hat zur Folge, dass der Kläger für diese Tätigkeit keinen Entschädigungsanspruch hat (vgl. auch § 683 BGB).

Allerdings hat das Versorgungsamt den Kläger darum gebeten, nur solche Befunde mitzuteilen, die sich über einen Zeitraum von 6 Monaten erstrecken und jetzt noch bestehen. Um diesen Auftrag erfüllen zu könne, mußte der Kläger den 11-seitigen Originalausdruck sichten und nach dieser Vorgabe minimieren. Das ist nicht geschehen. Bei einem Abgleich des Komplettausdrucks mit dem Auszug stellt der Senat fest, dass der Kläger zwar auch Befunde gestrichen hat, die sich nicht auf bis zu 6 Monten erstrecken. Gleichermaßen hat er jedoch auch solche Befunde mitgeteilt, die den 6-Monatszeitraum nicht erreichen. Dem ist zu entnehmen, dass er sich auch insoweit nicht an die Vorgaben der Berichtsan forderung gehalten hat und nach den von ihm selbst aufgestellten Kriterien für die Frage danach, welche Befunde wichtig oder unwichtig sind, nicht zielgerichtet sondern zufällig auch Befunde selektiert hat, die keine sechs Monate andauerten.

Auch soweit der Kläger Bagatellbefunde und Befunde, die aus seiner Sicht keine Relevanz mehr haben (so seine Äußerung im Termin vor dem SG am 22.08.2001), aus dem Komplettausdruck eliminiert hat, rechtfertigt dies nicht die begehrte Entschädigung. Der Beklagte hat den Kläger hierum nicht gebeten.

Eine höhere Entschädigung kann der Kläger auch nicht deswegen verlangen, weil er die von ihm als wichtig angesehen Daten des komprimierten Computerausdrucks mit Textmarker gelb markiert hat. Weder hat der Beklagte ihn hierzu ausgefordert, noch ist damit ein Informationswert verbunden. Beispielweise hat er in dem Auszug (Patient Hxxxxxxx J.) unter dem Behandlungsdatum 06.11.1997 die Diagnose "Prostatakarzinom" markiert. Das der Patient Hxxxxxxx J. hieran erkrankt ist, lässt sich den weiteren Daten des Ausdrucks unschwer entnehmen. Für die Vielzahl der darüber hinaus markierten Daten gilt nichts anderes. Der hiermit verbundene Arbeitsaufwand war weder erbeten noch notwendig. Keinesfalls ist es die Aufgabe des herangezogenen Arztes, die Befunde nach eigenen Kriterien zu selektieren. Es obliegt allein dem Versorgungsamt mittels seines beratenden Arztes aus den mitgeteilten Befunden und Diagnosen diejenigen zu bestimmen, die sich nicht nur als medizinische Regelwidrigkeit mit Krankheitswert darstellen, sondern darüber hinaus mit Teilhabebeeinträchtigungen verbunden sind und damit Grundlage der festzustellenden Behinderung bzw. eines GdB sein können.

Soweit der Kläger den ursprünglichen Computerausdruck durchgängig um sämtliche anamnestischen Beschwerden reduziert hat, rechtfertigt auch dieser Zeitaufwand keine höhere Entschädigung. Der Beklagte hat den Kläger hierum nicht gebeten. Im Gegenteil: Die vom Kläger übermittelten Befunde und Diagnosen lassen grundsätzlich keine sachgerechte Beurteilung zu. Denn eine Behinderung (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) kann erst dann festgestellt werden, wenn zuvor geklärt ist, welche medizinischen Normabweichungen (= Erkrankungen im medizinischen Sinn) vorliegen und zu welchen Teilhabeeinträchtigungen diese führen (§ 69 Abs. 3 SGB IX). Diagnosen haben lediglich deskriptiven Charakter. Sie bezeichnen die jeweilige Normabweichung mittels eines medizinischen Fachbegriffs. Allein auf der Grundlage einer Diagnose kann grundsätzlich keine Teilhabebeeinträchtigung und damit auch keine Behinderung festgestellt werden. Werden zusätzlich Befunde mitgeteilt, kann dies ggf. für die Bemessung des GdB ausreichen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Höhe des GdB entscheidend von meßtechnischen Daten abhängt (z.B. Bewegungseinschränkungen der Gliedmaßen). Vielfach versetzen erst die anamnestischen Angaben des Antragstellers den Beklagten in die Lage, den GdB zutreffend einzuschätzen. Denn bei einer Vielzahl der in den AHP aufgeführten Funktionsbeeinträchtigungen wird für die Bemessung des GdB entscheidend auf Beschwerdehäufigkeit und -intensität abgestellt (z.B. AHP Nr. 3 Gesichtsneuralgien; AHP Nr. 26.8 Auswirkungen auf den Allgemeinzustand). Weigert sich der zur Fertigung eines Befundberichts herangezogene Arzt, wesentliche anamnestische Daten mitzuteilen, ist sein Bericht sonach selbst dann nur eingeschränkt verwertbar, wenn er jedenfalls die Befunde umfassend mit teilt. Dass der Beklagte ungeachtet der fehlenden anamnestischen Angaben auf der Grundlage der jeweiligen gutachterlichen Stellungnahmen jeweils einen GdB festgestellt hat, ändert hieran nichts. Dann nämlich sind die Feststellungen auf ungesicherter Tatsachengrundlage erfolgt und möglicherweise ganz oder teilweise nicht zutreffend (zum eingeschränkten Beweiswert von Befundberichten vgl. Senatsbeschluß vom 04.07.2002 - L 10 B 8/02 SB -).

Im übrigen: Die inhaltliche Qualität eines Befundberichts oder seine Verwertbarkeit ist grundsätzlich zwar kein Kriterium für die Ausfüllung des Entschädigungsrahmens, denn maßgebend ist der für die Fertigung erforderliche Zeitaufwand (Senatsurteil vom 28.02.2001 - L 10 SB 50/00 -; Bay.LSG vom 11.11.1998 - L 12 SB 80/97 Ko 9 -). Dennoch wird mittelbar auch die Qualität des Berichts entschädigt. Denn ein qualitativ anspruchvoller Bericht indiziert einen erheblichen Zeitaufwand. Ein Bericht hingegen, der zu bestimmten Rubriken des Anforderungsformulars keinerlei Angaben enthält, dokumentiert, dass insoweit auch kein Zeitaufwand angefallen ist und entschädigt werden könnte. Hält sich also ein Arzt nicht an das Anforderungsschreiben, mit dem nähere Angaben zu einem bestimmten Komplex (hier: wichtige anamnestische Angaben) erbeten werden, führt dies zwar nicht dazu, dass er den Entschädigungsanspruch verliert; die Entschädigung ist allerdings auf den Mindestsatz beschränkt (vgl. Bay.LSG vom 11.11.1998 - L 12 SB 80/97 Ko 9 -).

b) Im Fall 3) mag die vom Beklagten auf 25,00 DM festgesetzte Entschädigung vertretbar sein. Eine höhere Entschädigung steht dem Kläger jedenfalls nicht zu. Als rechtserheblicher Zeitaufwand ist zwar zu berücksichtigen, dass der Kläger einige aber auch nicht alle Befunde, die sich über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten erstrecken, in den gekürzten Ausdruck übernommen hat. Dies eröffnet zwar den Entschädigungsrahmen der Nr. 3 der Anlage zu § 5 ZSEG, rechtfertigt aus den unter 3 a) genannten Gründen jedoch keine höhere Entschädigung. Im übrigen hat der Kläger zwar alle Rubriken der Berichtsvordrucks ausgefüllt. Indessen sind sämtliche Angaben bereits dem Computerausdruck zu entnehmen. Auch hier beschränkt sich der intellektuelle Einsatz des Klägers darauf, den insoweit selektierten achtseitigen Computerausdruck auf ein dem Befundberichtsvordruck entsprechendes Maß zu reduzieren. Der Zeitaufwand ist wiederum minimal. Ein höhere Entschädigung als 25,00 DM kommt nicht in Betracht.

c) Auch im Fall 2) ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Zwar hat der Kläger im Befundberichtsvordruck neun Diagnosen verschiedenster Fachgebiete aufgeführt und auf Dauer-Markumarisierung und Multimorbidität hingewiesen. Indessen lassen sich diese Tatsachen dem Auszug aus den medizinischen Daten über den Patienten Jxxxx W. wiederum unschwer entnehmen. Soweit der Kläger hier darum gebeten worden ist, nur die Befunde mitzuteilen, die er seit seiner letzten Auskunft erhoben hat, ist hiermit kein nennenswerter Aufwand verbunden. Denn der Beklagte hat dem Kläger das Datum der letzten Auskunft im Anforderungsschreiben ausdrücklich mitgeteilt. Als rechtserheblicher Zeitaufwand bleibt auch hier zu berücksichtigen, dass der Kläger nur solche Befunde mitteilen sollte, die sich über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten erstrecken. Das ist teils geschehen, teils hat der Kläger entsprechende Befunde - wie der Komplettausdruck belegt - nicht übernommen. Eine höhere Entschädigung rechtfertigt dies nicht. Denn der Kläger ist insoweit - wie unter 3a) dargelegt - nicht zielgerichtet vorgegangen. Im übrigen wird der notwendige Zeitaufwand maßgeblich dadurch bestimmt, dass der Kläger den komprimierten Computerausdruck durchsehen musste, um sich zu entscheiden, welche Information in welcher Form weiter selektiert, um sie in den Befundberichtsvordruck einzutragen. Der hiermit verbundene intellektuelle Aufwand ist gering. Er beschränkt sich darauf, aus dem komprimierten Computerausdruck eine weitere Selektion auf nunmehr nur noch neun Diagnosen vorzunehmen. Der rechtserhebliche Zeitaufwand ist minimal. Eine Entschädigung von mehr als 20,00 DM ist nicht vertretbar.

3. Sonach: Es mag zutreffen, dass der Kläger einen nicht unerheblichen Zeitauf wand für die Beantwortung der Berichtsanfrage benötigt hat. Dies war jedoch nicht erforderlich. Eine Datenselektion hatte das Versorgungsamt nur insoweit erbeten, als es um den 6-Monats-Zeitraum für Befunde geht. Der Kläger hat diesen Auftrag nur teilweise erfüllt. Befunde hat er nach eigenen Kriterien selektiert und dabei auf den 6-Monatszeitraum nicht abgestellt. Im übrigen ist die Fragestellung des Berichtsvordrucks - eindeutig - darauf gerichtet, dass der Kläger anhand der ihm vorliegenden Unterlagen anamnestische Daten liefert, Befunde und ihm bereits bekannte Therapieempfehlungen mitteilt. Ein durch auftragswidrige Tätigkeiten bedingter Zeitaufwand ist nicht zu entschädigen. Überdies: Teilt der herangezogener Arzt - wie hier - die vom Patienten geäußerten Beschwerden nicht mit, ist es gerechtfertigt, die Entschädigung tendenziell am unteren Bereich des Entschädigungsrahmens auszurichten.

Die Berufung des Beklagten musste nach alledem Erfolg haben.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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