Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KN 65/97 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 148/01 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.08.2001 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Verletztenrente wegen der Berufskrankheit (BK) Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der am 06.11.1932 geboren Kläger wurde im März 1949 im Steinkohlebergbau an gelegt. Ab September 1949 war er unter Tage als Berglehrling, Lehrhauer, Hauer, Gesteinshauer und Schießmeister tätig. Zuletzt war er als Gruben steiger unter Tage beschäftigt. Im September 1967 kehrte er ab. Insgesamt war er zumindest für 4 Jahre und 7 Monate überwiegend und für 11 Jahre und 9 Mo nate teilweise Belastungen ausgesetzt, die ihrer Art nach geeignet waren, eine BK Nr. 2103 zu verursachen (Technischer Aufsichtsdienst [TAD], 17.04.1997). Am 27.01.1997 begehrte der Kläger, seine schmerzhafte endgradige Bewegungseinschränkungen in beiden Schultergelenken als BK Nr. 2103 zu berenten. Sie beruhe auf der Tätigkeit im Bergbau unter Tage. Die Beklagte zog bei Schreiben von Prof. Dr. B .../Dr. Y ... (26.05. und 06.07.1981), Dr. U ... und Arzt O ... (26.08.1982), Dr. H .../Dr. K ... (11.02.1983), Dr. H .../Dr. F ... (25.04.1983), der BfA (09.06.1983), von Dr. Sch ... (14.05. und 13.06.1983), der T ...-K ... (18.07.1983), Prof. Dr. W ... (19.07.1983), Dr. F ... (06.09.1983), Prof. Dr. B .../Dr. G ... (15.03.1984), Dr. K .../Dr. S ... (10.08.1985), Dr. M ... (10.10.1983 und 18.11.1985), Dr. R ... (17.10. und 09.12.1985), der K ... (08.12.1986), Dr. K .../Dr. H ... (04.02.1987), Dr. L ... (06.02.1987), Prof. Dr. S .../Dr. J ... (11.05.1987), Prof. Dr. v ... d ... H .../Arzt Z ... (08.12.1987), Dr. L ... (24.09.1993) und PD Dr. J ... (25.03.1997). Der Kläger wählte Prof. Dr. S ...-N ... als Gutachter und legte zum Untersuchungstermin Gutachten von Dr. V ... (07.07.1988 für SG Duisburg S 22 V 243/86) und PD Dr. J .../Dr. B ... (16.01.1995 für SG Duisburg S 22 Vs 13/94) vor. Das vom Leitenden Oberarzt Dr. H ... ("i.V.")/Dr. B ... unterzeichnete Gutachten (09.01.1997) gelangte zu dem Ergebnis, die medizinischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 2103 seien nicht gegeben. Es lägen keine Folgen dieser BK vor. Die Landesanstalt für Arbeitsschutz/Düsseldorf nahm dies zur Kenntnis (25.09.1997). Die Beklagte lehnte es ab, Verletztenrente wegen einer BK Nr. 2103 zu zahlen (Bescheid vom 04.11.1997). Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, seine berufliche Belastung sei größer gewesen. Er habe weder Prof. Dr. S ...-N ... noch Dr. H ... gesehen. Das Gutachten sei nicht brauchbar. Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. K ... ein (09.02.1998) und wies den Widerspruch zurück (Bescheid vom 25.03.1998).
Deshalb hat der Kläger seine zum Sozialgericht (SG) Duisburg erhobene Untä tigkeitsklage für erledigt erklärt und stattdessen mit seiner Klage sein Sachbegehren weiterverfolgt. Die Beklagte hat die angefochtene Entscheidung verteidigt. Das Gericht hat die Akten S 2 KN 149/97 U nebst Beiakten beigezogen und Be weis erhoben durch die orthopädischen Sachverständigen Dr. S .../H ... (13.09.1999) und Prof. Dr. K .../ ... (23.01.2001). Es hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.08.2001).
Mit seiner Berufung wiederholt der Kläger sein bisheriges Vorbringen, seine Belastung solle anhand von Lohn- und Schichtenzetteln ermittelt und sodann erneut Beweis durch ärztliche Sachverständige erhoben werden. Die Landesan stalt für Arbeitsschutz habe entsprechend ihrem Schreiben von November 2002 keine Kenntnis vom Ermittlungsergebnis der Beklagten erhalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.08.2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 04.11.1997 und 25.03.1998 zu verurteilen, wegen der Veränderungen der Gelenke an den oberen Extremi täten Verletztenrente aufgrund einer Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage 1 zur BKVO nach einer MdE von 20 v.H. zu zahlen, hilfsweise, unter Berücksichtigung der Stützrentensituation nach einer MdE von 10 v.H. Verletztenrente zu zahlen, und ganz hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.08.2001 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Duisburg zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten SG Duisburg S 2 KN 149/97 nebst Anlagen zu Blatt 2, 24, 42, 44 und 45 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente wegen einer BK Nr. 2103. Die Voraussetzungen dieser BK sind nicht erfüllt. Die Belastungen durch Erschütterungen unter Tage bei versicherter Tätigkeit haben nicht zu mindest mit Wahrscheinlichkeit eine Erkrankung, insbesondere nicht die Verän derungen der Gelenke der oberen Extremitäten wesentlich mitbedingt. Der geltend gemachte Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der Kläger Berentung von Erkrankungen vor dem 01.01.1997 begehrt (Art. 36 UVEG [Unfallversicherungseinordnungs gesetz], § 212 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]). Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Leistungen, insbesondere Verletztenrente. Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine BK.
BKen sind nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Nach Nr. 2103 der Anlage zur BKV (BKV vom 31.10.1997, BGBl. I. S. 2623, zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 05.09.2002 BGBl. I S. 3541) gehören zu den BKen auch "Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeiten mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen".
Die Voraussetzungen der BK Nr. 2103 sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfüllt. Der Kläger war bei seiner versicherten Tätigkeit im Steinkohlenbergbau unter Tage von September 1949 bis September 1967 zumindest entsprechend den Berechnungen des TAD über 4 Jahre und 7 Monate überwiegend sowie für 11 Jahre und 9 Monate teilweise Belastungen ausgesetzt, die ihrer Art nach geeignet waren, eine BK Nr. 2103 zu verursachen. Der Kläger leidet nach der Beurteilung von Prof. Dr. K .../Dr. L ... im Bereich der oberen Extremitäten an einem Impingmentsyndrom des rechten Schultergelenkes bei be ginnender Degeneration und einer beginnenden Ellenbogenarthrose/Epikondylitis radialis et ulnaris beidseits, nach Dr. S an einem leichtgradigen Rotatorenmanschettensyndrom vornehmlich linksseitig. Weder diese noch son stige Erkrankungen sind zumindest mit Wahrscheinlichkeit wesentlich mitverursacht durch die Arbeiten mit Druckluftwerkzeugen/gleichartig wirkendem Gerät unter Tage im Steinkohlenbergbau. Das haben die Sachverständigen überzeugend dargelegt. Keiner der mit dem Kläger befassten Ärzte zieht dies in Zweifel. Für die allein wesentliche Verursachung durch körpereigenen Verschleiß sprechen danach Krankheitsbild und Krankheitsverlauf. Übereinstimmend gehen die Ärzte davon aus, dass es für die Wahrscheinlichkeit des relevanten ursächlichen Zusammenhangs spricht, wenn die bei der Arbeit mit Druckluft werkzeugen und gleichartig wirkendem Gerät vornehmlich beanspruchten Gelenke bzw. Gelenkanteile einen dem Lebensalter vorauseilenden Verschleißzustand aufweisen und sich dort zuerst Verschleiß zeigt, während es für die über ragende Bedeutung der körpereigenen Anlage zur Degeneration spricht, wenn die vornehmlich beanspruchten Körperteile einen dem Alter entsprechenden Zustand aufweisen, nicht exponierte Teile aber fortgeschrittenen Aufbrauchschäden, die sich vor den Veränderungen an den exponierten Stellen entwickelt haben. Letzteres ist hier der Fall. Die Verschleißerscheinungen an den vornehmlich durch die Arbeit mit Druckluftwerkzeugen etc. beanspruchten Schulter-, Schultereck-, Ellenbogen- und Handgelenken sind altersentsprechend (Dr. S ...; Prof. Dr. K ...). Demgegenüber finden sich Abnutzungserschei nungen in nicht durch die Arbeit vornehmlich belasteten Bereichen in Form eines chronischen Cervikal- und Lumbalsyndroms bei Zustand nach Bandschei benoperation L 4/5, Coxarthrose und beginnender Gonarthrose beidseits. Diese Einschätzung der Sachverständigen wirkt um so plausibler, als zuerst der nicht belastete Bereich der Wirbelsäule sowie der Knie- und Hüftgelenke von Verschleißveränderungen befallen worden ist, die ihrer Art und Ausprägung nach wesentlich weitergehen als der Verschleiß an den oberen Extremitäten. So litt der Kläger nach seinen Angaben 1981 seit 2 Jahren an hexenschußartigen Beschwerden, als er wegen sequestriertem NPP bei L 4/5 links operiert wurde (Prof. Dr. B .../Dr. Y ..., 26.05.1981), während im Bereich der oberen Extremitäten kein krankhafter Befund zu erheben war (vgl. ebenda). In der Folgezeit kam es gelegentlich zu LWS-Schmerzen (Taunus Klinik 18.07.1983, Anamnese; Prof. Dr. B/Dr. G ... 15.03.1984; Dr. R ... 09.12.1985), später zudem zu Nackenmuskelverspannungen, Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke und einem Reibephänomen der Kniegelenke (K ... 08.12.1986), einem HWS-Syndrom bei röntgenologischen Veränderungen in Höhe C 5/6 und C 6/7, einem LWS-Syndrom, einer periarthropathia humero-scapularis und einer Protrusions-Coxarthrose beidseits (Prof. Dr. S .../Dr. J ... 11.05.1987) bei nicht pathologischen Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenks befund (vgl. ebenda) und einer beginnenden Retropatellararthrose bei regelrecht konturierten und funktionierenden Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenken (Dr. V ..., 07.07.1988). Erstmals bei der Untersuchung am 09.09.1994 beklagte der Kläger "in den letzten 10 Jahren zunehmende beweungsabhängige Schultergelenkschmerzen beidseits". Die Schultern wiesen einen symmetrischen, altersentsprechenden muskulären Aufbau auf ohne Muskelverspannungen. Acromio- und Sternoclaviculargelenke waren klinisch unauffällig, Entzündungszeichen ließen sich in den Schultergelenken nicht feststellen, Abduktion und Elevation waren in den Endgraden leicht schmerzhaft einge schränkt, die Coxarthrose beidseits "fortgeschritten" (PD Dr. J .../Dr. B ..., 16.01.1995).
Nach alledem drängt sich weitere Beweiserhebung nicht auf. Eine hinreichende Exposition im Sinne der BK Nr. 2103 zieht der Senat nicht in Zweifel. Die Verwertbarkeit des Gutachtens von Dr. H .../Dr. B ... ist ohne Belang, der Sachverhalt durch die Gerichtssachverständigen hinreichend geklärt. Weder aus dem Gutachten von Dr. H .../Dr. B ... noch aus der als Beteiligten vorbringen verwertbaren Stellungnahme von Dr. K ... ist etwas zugunsten des Klägers abzuleiten. Unerheblich ist danach ebenfalls, ob die Beklagte der Landesanstalt für Arbeitsschutz den Vorgang hinreichend zur Kenntnis gebracht hat, ungeachtet dessen, dass dies die Aktenvermerke und Eingangsstempel in den Akten hinreichend belegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Verletztenrente wegen der Berufskrankheit (BK) Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der am 06.11.1932 geboren Kläger wurde im März 1949 im Steinkohlebergbau an gelegt. Ab September 1949 war er unter Tage als Berglehrling, Lehrhauer, Hauer, Gesteinshauer und Schießmeister tätig. Zuletzt war er als Gruben steiger unter Tage beschäftigt. Im September 1967 kehrte er ab. Insgesamt war er zumindest für 4 Jahre und 7 Monate überwiegend und für 11 Jahre und 9 Mo nate teilweise Belastungen ausgesetzt, die ihrer Art nach geeignet waren, eine BK Nr. 2103 zu verursachen (Technischer Aufsichtsdienst [TAD], 17.04.1997). Am 27.01.1997 begehrte der Kläger, seine schmerzhafte endgradige Bewegungseinschränkungen in beiden Schultergelenken als BK Nr. 2103 zu berenten. Sie beruhe auf der Tätigkeit im Bergbau unter Tage. Die Beklagte zog bei Schreiben von Prof. Dr. B .../Dr. Y ... (26.05. und 06.07.1981), Dr. U ... und Arzt O ... (26.08.1982), Dr. H .../Dr. K ... (11.02.1983), Dr. H .../Dr. F ... (25.04.1983), der BfA (09.06.1983), von Dr. Sch ... (14.05. und 13.06.1983), der T ...-K ... (18.07.1983), Prof. Dr. W ... (19.07.1983), Dr. F ... (06.09.1983), Prof. Dr. B .../Dr. G ... (15.03.1984), Dr. K .../Dr. S ... (10.08.1985), Dr. M ... (10.10.1983 und 18.11.1985), Dr. R ... (17.10. und 09.12.1985), der K ... (08.12.1986), Dr. K .../Dr. H ... (04.02.1987), Dr. L ... (06.02.1987), Prof. Dr. S .../Dr. J ... (11.05.1987), Prof. Dr. v ... d ... H .../Arzt Z ... (08.12.1987), Dr. L ... (24.09.1993) und PD Dr. J ... (25.03.1997). Der Kläger wählte Prof. Dr. S ...-N ... als Gutachter und legte zum Untersuchungstermin Gutachten von Dr. V ... (07.07.1988 für SG Duisburg S 22 V 243/86) und PD Dr. J .../Dr. B ... (16.01.1995 für SG Duisburg S 22 Vs 13/94) vor. Das vom Leitenden Oberarzt Dr. H ... ("i.V.")/Dr. B ... unterzeichnete Gutachten (09.01.1997) gelangte zu dem Ergebnis, die medizinischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 2103 seien nicht gegeben. Es lägen keine Folgen dieser BK vor. Die Landesanstalt für Arbeitsschutz/Düsseldorf nahm dies zur Kenntnis (25.09.1997). Die Beklagte lehnte es ab, Verletztenrente wegen einer BK Nr. 2103 zu zahlen (Bescheid vom 04.11.1997). Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, seine berufliche Belastung sei größer gewesen. Er habe weder Prof. Dr. S ...-N ... noch Dr. H ... gesehen. Das Gutachten sei nicht brauchbar. Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. K ... ein (09.02.1998) und wies den Widerspruch zurück (Bescheid vom 25.03.1998).
Deshalb hat der Kläger seine zum Sozialgericht (SG) Duisburg erhobene Untä tigkeitsklage für erledigt erklärt und stattdessen mit seiner Klage sein Sachbegehren weiterverfolgt. Die Beklagte hat die angefochtene Entscheidung verteidigt. Das Gericht hat die Akten S 2 KN 149/97 U nebst Beiakten beigezogen und Be weis erhoben durch die orthopädischen Sachverständigen Dr. S .../H ... (13.09.1999) und Prof. Dr. K .../ ... (23.01.2001). Es hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.08.2001).
Mit seiner Berufung wiederholt der Kläger sein bisheriges Vorbringen, seine Belastung solle anhand von Lohn- und Schichtenzetteln ermittelt und sodann erneut Beweis durch ärztliche Sachverständige erhoben werden. Die Landesan stalt für Arbeitsschutz habe entsprechend ihrem Schreiben von November 2002 keine Kenntnis vom Ermittlungsergebnis der Beklagten erhalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.08.2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 04.11.1997 und 25.03.1998 zu verurteilen, wegen der Veränderungen der Gelenke an den oberen Extremi täten Verletztenrente aufgrund einer Berufskrankheit nach Nr. 2103 der Anlage 1 zur BKVO nach einer MdE von 20 v.H. zu zahlen, hilfsweise, unter Berücksichtigung der Stützrentensituation nach einer MdE von 10 v.H. Verletztenrente zu zahlen, und ganz hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 30.08.2001 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Duisburg zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten SG Duisburg S 2 KN 149/97 nebst Anlagen zu Blatt 2, 24, 42, 44 und 45 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente wegen einer BK Nr. 2103. Die Voraussetzungen dieser BK sind nicht erfüllt. Die Belastungen durch Erschütterungen unter Tage bei versicherter Tätigkeit haben nicht zu mindest mit Wahrscheinlichkeit eine Erkrankung, insbesondere nicht die Verän derungen der Gelenke der oberen Extremitäten wesentlich mitbedingt. Der geltend gemachte Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der Kläger Berentung von Erkrankungen vor dem 01.01.1997 begehrt (Art. 36 UVEG [Unfallversicherungseinordnungs gesetz], § 212 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]). Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Leistungen, insbesondere Verletztenrente. Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine BK.
BKen sind nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Nach Nr. 2103 der Anlage zur BKV (BKV vom 31.10.1997, BGBl. I. S. 2623, zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 05.09.2002 BGBl. I S. 3541) gehören zu den BKen auch "Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeiten mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen".
Die Voraussetzungen der BK Nr. 2103 sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfüllt. Der Kläger war bei seiner versicherten Tätigkeit im Steinkohlenbergbau unter Tage von September 1949 bis September 1967 zumindest entsprechend den Berechnungen des TAD über 4 Jahre und 7 Monate überwiegend sowie für 11 Jahre und 9 Monate teilweise Belastungen ausgesetzt, die ihrer Art nach geeignet waren, eine BK Nr. 2103 zu verursachen. Der Kläger leidet nach der Beurteilung von Prof. Dr. K .../Dr. L ... im Bereich der oberen Extremitäten an einem Impingmentsyndrom des rechten Schultergelenkes bei be ginnender Degeneration und einer beginnenden Ellenbogenarthrose/Epikondylitis radialis et ulnaris beidseits, nach Dr. S an einem leichtgradigen Rotatorenmanschettensyndrom vornehmlich linksseitig. Weder diese noch son stige Erkrankungen sind zumindest mit Wahrscheinlichkeit wesentlich mitverursacht durch die Arbeiten mit Druckluftwerkzeugen/gleichartig wirkendem Gerät unter Tage im Steinkohlenbergbau. Das haben die Sachverständigen überzeugend dargelegt. Keiner der mit dem Kläger befassten Ärzte zieht dies in Zweifel. Für die allein wesentliche Verursachung durch körpereigenen Verschleiß sprechen danach Krankheitsbild und Krankheitsverlauf. Übereinstimmend gehen die Ärzte davon aus, dass es für die Wahrscheinlichkeit des relevanten ursächlichen Zusammenhangs spricht, wenn die bei der Arbeit mit Druckluft werkzeugen und gleichartig wirkendem Gerät vornehmlich beanspruchten Gelenke bzw. Gelenkanteile einen dem Lebensalter vorauseilenden Verschleißzustand aufweisen und sich dort zuerst Verschleiß zeigt, während es für die über ragende Bedeutung der körpereigenen Anlage zur Degeneration spricht, wenn die vornehmlich beanspruchten Körperteile einen dem Alter entsprechenden Zustand aufweisen, nicht exponierte Teile aber fortgeschrittenen Aufbrauchschäden, die sich vor den Veränderungen an den exponierten Stellen entwickelt haben. Letzteres ist hier der Fall. Die Verschleißerscheinungen an den vornehmlich durch die Arbeit mit Druckluftwerkzeugen etc. beanspruchten Schulter-, Schultereck-, Ellenbogen- und Handgelenken sind altersentsprechend (Dr. S ...; Prof. Dr. K ...). Demgegenüber finden sich Abnutzungserschei nungen in nicht durch die Arbeit vornehmlich belasteten Bereichen in Form eines chronischen Cervikal- und Lumbalsyndroms bei Zustand nach Bandschei benoperation L 4/5, Coxarthrose und beginnender Gonarthrose beidseits. Diese Einschätzung der Sachverständigen wirkt um so plausibler, als zuerst der nicht belastete Bereich der Wirbelsäule sowie der Knie- und Hüftgelenke von Verschleißveränderungen befallen worden ist, die ihrer Art und Ausprägung nach wesentlich weitergehen als der Verschleiß an den oberen Extremitäten. So litt der Kläger nach seinen Angaben 1981 seit 2 Jahren an hexenschußartigen Beschwerden, als er wegen sequestriertem NPP bei L 4/5 links operiert wurde (Prof. Dr. B .../Dr. Y ..., 26.05.1981), während im Bereich der oberen Extremitäten kein krankhafter Befund zu erheben war (vgl. ebenda). In der Folgezeit kam es gelegentlich zu LWS-Schmerzen (Taunus Klinik 18.07.1983, Anamnese; Prof. Dr. B/Dr. G ... 15.03.1984; Dr. R ... 09.12.1985), später zudem zu Nackenmuskelverspannungen, Bewegungseinschränkungen der Hüftgelenke und einem Reibephänomen der Kniegelenke (K ... 08.12.1986), einem HWS-Syndrom bei röntgenologischen Veränderungen in Höhe C 5/6 und C 6/7, einem LWS-Syndrom, einer periarthropathia humero-scapularis und einer Protrusions-Coxarthrose beidseits (Prof. Dr. S .../Dr. J ... 11.05.1987) bei nicht pathologischen Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenks befund (vgl. ebenda) und einer beginnenden Retropatellararthrose bei regelrecht konturierten und funktionierenden Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenken (Dr. V ..., 07.07.1988). Erstmals bei der Untersuchung am 09.09.1994 beklagte der Kläger "in den letzten 10 Jahren zunehmende beweungsabhängige Schultergelenkschmerzen beidseits". Die Schultern wiesen einen symmetrischen, altersentsprechenden muskulären Aufbau auf ohne Muskelverspannungen. Acromio- und Sternoclaviculargelenke waren klinisch unauffällig, Entzündungszeichen ließen sich in den Schultergelenken nicht feststellen, Abduktion und Elevation waren in den Endgraden leicht schmerzhaft einge schränkt, die Coxarthrose beidseits "fortgeschritten" (PD Dr. J .../Dr. B ..., 16.01.1995).
Nach alledem drängt sich weitere Beweiserhebung nicht auf. Eine hinreichende Exposition im Sinne der BK Nr. 2103 zieht der Senat nicht in Zweifel. Die Verwertbarkeit des Gutachtens von Dr. H .../Dr. B ... ist ohne Belang, der Sachverhalt durch die Gerichtssachverständigen hinreichend geklärt. Weder aus dem Gutachten von Dr. H .../Dr. B ... noch aus der als Beteiligten vorbringen verwertbaren Stellungnahme von Dr. K ... ist etwas zugunsten des Klägers abzuleiten. Unerheblich ist danach ebenfalls, ob die Beklagte der Landesanstalt für Arbeitsschutz den Vorgang hinreichend zur Kenntnis gebracht hat, ungeachtet dessen, dass dies die Aktenvermerke und Eingangsstempel in den Akten hinreichend belegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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