Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 12 RJ 47/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RJ 175/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.11.2001 wird zurückgewiesen. Kosten der Klägerin werden im Berufungsverfahren nicht er- stattet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Altersruhegeld (ARG) unter Berücksichtigung von Beitragszeiten in Polen im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Die 1922 in Z .../Polen geborene Klägerin hielt sich bis 1939 in Z ... und Warschau auf. Im Mai 1940 heiratete sie in Lwow/Polen einen gebürtigen Wiener und flüchtete mit ihrem Ehemann nach Russland. Seit Mai 1945 hielt sie sich mit ihrer Familie in der Tschecheslowakei auf und wanderte im Januar 1949 nach Israel aus. Sie erwarb die israelische Staatsangehörigkeit.
Im November 1990 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von ARG sowie die Nachentrichtung von Beiträgen. Sie machte geltend, sie habe in der Zeit von 1936 bis 1939 eine beitragspflichtige Beschäftigung als Schneiderin in Polen ausgeübt. Sie habe dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehört. Deshalb seien ihre polnischen Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu berücksichtigen. Mit Bescheid vom 04.09.1991 beschied die Beklagte den Antrag auf Bewilligung von ARG wegen Nichterfüllung der Wartezeit abschlägig. Die Klägerin habe keine Beitragszeiten zur deutschen Rentenversicherung entrichtet. Gleichfalls lehnte sie mit Bescheid vom 20.01.1992 den Antrag der Klägerin auf Nachentrichtung von Beiträgen ab.
Gegen den Bescheid vom 20.01.1992 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie wiederholte ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Es werde die Anerkennung der Beitragszeiten nach § 17 a FRG erstrebt. Das Verfahren nach §§ 20 ff. des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) sei zurückzustellen. Im April 1992 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von ARG. Zur Stützung ihres Begehrens reichte die Klägerin Erklärungen von Frau Ledermann und Herrn Ledermann über die Zugehörigkeit der Familie der Klägerin zum dSK zu den Akten. Daraufhin veranlasste die Beklagte eine Sprachprüfung der Klägerin in Israel. Der Prüfer gelangte zu dem Gesamtvotum, die Klägerin habe beim Verlassen der Tschecheslowakei dem dSK überwiegend angehört. Die Beklagte zog die Unterlagen über die Sprachprüfung der Cousine der Klägerin, Frau Ledermann, eine Erklärung von Frau Rudi, Unterlagen aus der Entschädigungsakte der Klägerin sowie eine Auskunft der Heimatauskunftsstelle Polen II beim Landesausgleichamt Niedersachsen bei. Mit Bescheid vom 05.09.1995 lehnte die Beklagte den Antrag aus April 1992 auf Gewährung einer Rente ab. Bei der Klägerin beständen keine für die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten. Die Voraussetzungen von § 20 WGSVG und § 17 a FRG seien nicht erfüllt. Die Zugehörigkeit der Klägerin zum dSK sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Klägerin habe im persönlichen Lebensbereich die deutsche Sprache nicht bzw. nicht überwiegend verwendet. Ausgehend von den Angaben im Sprachprüfungsprotokoll vom 06.06.1993 habe die Klägerin im persönlichen Lebensbereich Polnisch und Deutsch gesprochen. Die Klägerin sei nicht in einem deutschen Siedlungsgebiet aufgewachsen, da die Stadt Zamosc in einem Gebiet liege, in dem der überwiegende Teil der Israeliten jiddisch sowie ein Teil auch polnisch gesprochen habe. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die Klägerin mit ausschließlich polnischer Schulausbildung in einer polnischen Umgebung überwiegend Deutsch gesprochen habe.
Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte am 16.11.1996 als unbegründet zurück. Die anschließend vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobene Klage (Az.: S 11 J 51/96) nahm die Klägerin zurück.
Am 10.06.1997 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.01.1992 als unbegründet zurück. Die anschließend erhobene Klage vor dem SG Düsseldorf (Az.: S 8 J 115/97) nahm die Klägerin zurück.
Im August 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von ARG nach § 44 SGB X. Sie trug vor, ihr Antrag auf Rentenleistungen sei mit Bescheid vom 05.09.1995 wegen fehlender Zugehörigkeit zum dSK abgelehnt worden, obwohl sie die Sprachprüfung erfolgreich bestanden habe. Gemäß der Absprache zwischen dem israelischen Versicherungsträger und den deutschen Versicherungsträgern sei es jetzt möglich, solche Fälle einer Überprüfung zu unterziehen. Mit Bescheid vom 28.11.2000 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Die Zugehörigkeit der Klägerin zum dSK sei nicht gegeben. Es werde auf die Ausführungen in dem Bescheid vom 05.09.1995 und dem Widerspruchsbescheid vom 16.01.1996 verwiesen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte am 24.04.2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, auf die Ausführungen in dem Bescheid vom 28.11.2000 werde Bezug genommen. Im Widerspruchsverfahren sei nach Lage der Akten zu entscheiden gewesen, da eine sachliche Begründung des Widerspruches nicht erfolgt sei. Die von der Fachabteilung getroffene Entscheidung entspreche der Sach- und Rechtslage. Für die Widerspruchsstelle sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen der angefochtene Bescheid fehlerhaft sein solle, zu mal konkrete Anhaltspunkte nicht vorgebracht worden seien.
Am 28.05.2001 hat die Klägerin, vertreten durch die Bevollmächtigten, Klage vor dem SG Düsseldorf erhoben. Mit Verfügung vom 31.07.2001 hat das SG zur Vorlage der Prozessvollmacht aufgefordert und mit Verfügungen vom 30.08.2001 und 26.10.2001 unter Fristsetzung bis zum 26.11.2001 an die Vorlage der Prozessvollmacht erinnert.
Durch Gerichtsbescheid vom 26.11.2001 hat das SG Düsseldorf die Klage wegen fehlender Prozessvollmacht als unzulässig abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin am 13.12.2001 zugestellt wor den. Am 12.12.2001 ist beim SG die Klagebegründung vom 06.11.2001 unter Vorlage einer von der Klägerin am 25.10.2001 unterzeichneten Prozessvollmacht eingegangen. Am 21.12.2001 hat die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht NRW eingelegt.
Sie verfolgt ihr Begehren auf Gewährung des ARG nach erfolgter Nachentrichtung von Beiträgen weiter. Sie gehöre dem dSK i.S.d. § 17 a FRG an. Das Sprachprüfungsprotokoll enthielte ein positives Gesamtvotum zu ihrer Zugehörigkeit zum dSK. Aus ihren Angaben im Sprachprüfungsprotokoll über den Sprachgebrauch ihrer Eltern, die untereinander Polnisch und Deutsch gesprochen hätten, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass sie in ihrem persönlichen Bereich nicht überwiegend die deutsche Sprache verwendet habe. Sie habe mit ihrem Großvater mütterlicherseits ausschließlich Deutsch gesprochen und einen deutschen Ehegatten geheiratet.
Sodann beantragt die Klägerbevollmächtigte,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.11.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.11.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2001 und in Abänderung des Bescheides vom 05.09.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.01.1996 zu verurteilen, der Klägerin Altersruhegeld nach erfolgter Nachentrichtung von Beiträgen zu zahlen.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, die überwiegende Verwendung der deutschen Sprache durch die Klägerin zu Beginn der Verfolgung sei nicht glaubhaft gemacht worden. Die Klägerin habe keine neuen Gesichtspunkte in das Verfahren eingebracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Akten des SG Düsseldorf, S 11 J 51/96 und S 8 RJ 115/97, Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Denn die Bevollmächtigte der Klägerin hat vor der Zustellung des Gerichtsbescheides am 13.12.2001, eine von der Klägerin am 25.10.2001 unterschriebene Originalprozessvollmacht am 12.12.2001 zu den Gerichtsakten gereicht.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte ist nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht verpflichtet, der Klägerin ARG unter Berücksichtigung von Beitragszeiten in Polen nach § 17 a FRG und Nachentrichtung von Beiträgen zu gewähren. Sie braucht von der Bindungswirkung ihres früheren Bescheides nicht ab zurücken.
Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, vorliegend der Bescheid vom 05.09.1995 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 16.01.1996, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Bestimmung ermöglicht ein Abweichen von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Die Rücknahme nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein dreistufiges Verfahren. Ergibt sich im Rahmen eines Antrages nach § 44 Abs. 1 SGB X nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, darf sich die Verwaltung ohne jede Sachprüfung auf die Bindungswirkung berufen. Werden zwar neue Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen und neue Beweismittel benannt, ergibt aber die Prüfung, dass die vorge brachten Gesichtspunkte nicht tatsächlich vorliegen oder für die frühere Entscheidung nicht erheblich waren, darf sich die Behörde ebenfalls auf die Bindungswirkung stützen. Nur wenn die Prüfung zu dem Ergebnis führt, dass ursprünglich nicht beachtete Tatsachen oder Erkenntnisse vorliegen, die für die Entscheidung wesentlich sind, ist ohne Rücksicht auf die Bindungswirkung erneut zu entscheiden. Die gerichtliche Überprüfung ist auf den sachlichen Einwand der Antragstellerin beschränkt und lässt die Bindungswirkung im Übrigen unberührt (BSG, Urteil vom 03.02.1988, - 9/9a RV 18/86 -, SozR 1300 § 44 Nr. 33; Urteil vom 03.04.2001, - B 4 RA 22/00 R -, SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20).
Die Voraussetzungen für eine erneute Sachprüfung sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat das Vorbringen der Klägerin geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Unrichtigkeit der früheren Entscheidung nicht erkennbar ist. Damit hat sie die Bindungswirkung des vorausgegangenen Bescheides nicht angetastet, sie ist nicht in eine erneute umfassende Sachprüfung eingetreten. Diese Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren keine neuen, für die Entscheidung erheblichen Tatsachen vorgetragen. Sie hat lediglich auf das Protokoll über das Ergebnis der im Februar 2000 von Vertretern der israelischen Nationalversicherung und einer Delegation der deutschen Rentenversicherungsträger durchgeführten Verbindungsstellenbesprechung Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass sie eine Sprachprüfung in Israel mit einem positiven Votum der dortigen Prüfer abgelegt habe. Das positive Gesamtvotum des Sprachprüfungsprotokolls ist schon bei der von der Beklagten im Bescheid vom 05.09.1995 vorgenommenen Beweiswürdigung hinsichtlich der Zugehörigkeit der Klägerin zum dSK mit eingeflossen, so dass es sich bei dem Ergebnis der Sprachprüfung um keine neuen, entscheidungserheblichen Tatsachen handelt. Eine mehrsprachige Antragstellerin, wie die Klägerin, kann dem dSK zugerechnet werden, wenn sie die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und wie eine Muttersprache in ihrem persönlichen Bereich verwendet hat. Die Merkmale Sprachbeherrschung und Sprachgebrauch sind unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen (BSG, Urteil vom 14.03.2002, - B 13 RJ 15/01 R -). Die Beklagte ist nicht aus Rechtsgründen verpflichtet, die Zugehörigkeit zum dSK allein deshalb anzuerkennen, weil eine Antragstellerin die Sprachprüfung in Israel mit einem positiven Votum des dortigen Prüfers abgelegt hat. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung der Zugehörigkeit einer Antragstellerin zum dSK allein auf Grund des Gesamtvotums im Sprachprüfungsprotokoll lässt sich weder aus dem Gesetz noch aus dem Ergebnis der im Februar 2000 von Vertretern der israelischen Nationalversicherung und einer Delegation der deutschen Rentenversicherungsträger durchgeführten Verbindungsstellenbesprechung herleiten (BSG, Urteil vom 14.03.2002, - B 13 RJ 15/01 R -). Andere Tatsachen, die für die Beurteilung ihrer Sprachbeherrschung und den Gebrauch der deutschen Sprache zu dem Zeitpunkt, in dem sich der nationalsozialistische Einflussbereich auf ihr Heimatgebiet erstreckt oder zu dem Zeitpunkt, in dem sie das Vertreibungsgebiet verlassen hat, zu berücksichtigen sind, hat die Klägerin im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren nicht vorgetragen. Sie hat damit ihren Überprüfungsantrag nicht substantiert.
Die Klägerin hat im gerichtlichen Verfahren ebenfalls keine neuen Tatsachen, Erkenntnisse oder Beweismittel über ihre Zugehörigkeit zum dSK geltend gemacht. Insbesondere hat sie den von ihr behaupteten überwiegenden Gebrauch der deutschen Sprache im persönlichen Lebensbereich nicht näher, sondern nur ihre Angaben in dem Sprachprüfungsprotokoll aus 1993 wiederholt. Sie hat sich damit auf die Rüge der unzutreffenden Auswertung ihrer Angaben im Sprachprüfungsprotokoll und der damit verbundenen unzutreffenden Beründung durch die Beklagte beschränkt. Damit sind Umstände, die zu einer weitergehenden Prüfung der von der Klägerin im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren erhobenen Einwände hätten Anlass geben können, nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Altersruhegeld (ARG) unter Berücksichtigung von Beitragszeiten in Polen im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Die 1922 in Z .../Polen geborene Klägerin hielt sich bis 1939 in Z ... und Warschau auf. Im Mai 1940 heiratete sie in Lwow/Polen einen gebürtigen Wiener und flüchtete mit ihrem Ehemann nach Russland. Seit Mai 1945 hielt sie sich mit ihrer Familie in der Tschecheslowakei auf und wanderte im Januar 1949 nach Israel aus. Sie erwarb die israelische Staatsangehörigkeit.
Im November 1990 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von ARG sowie die Nachentrichtung von Beiträgen. Sie machte geltend, sie habe in der Zeit von 1936 bis 1939 eine beitragspflichtige Beschäftigung als Schneiderin in Polen ausgeübt. Sie habe dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehört. Deshalb seien ihre polnischen Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu berücksichtigen. Mit Bescheid vom 04.09.1991 beschied die Beklagte den Antrag auf Bewilligung von ARG wegen Nichterfüllung der Wartezeit abschlägig. Die Klägerin habe keine Beitragszeiten zur deutschen Rentenversicherung entrichtet. Gleichfalls lehnte sie mit Bescheid vom 20.01.1992 den Antrag der Klägerin auf Nachentrichtung von Beiträgen ab.
Gegen den Bescheid vom 20.01.1992 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie wiederholte ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Es werde die Anerkennung der Beitragszeiten nach § 17 a FRG erstrebt. Das Verfahren nach §§ 20 ff. des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) sei zurückzustellen. Im April 1992 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von ARG. Zur Stützung ihres Begehrens reichte die Klägerin Erklärungen von Frau Ledermann und Herrn Ledermann über die Zugehörigkeit der Familie der Klägerin zum dSK zu den Akten. Daraufhin veranlasste die Beklagte eine Sprachprüfung der Klägerin in Israel. Der Prüfer gelangte zu dem Gesamtvotum, die Klägerin habe beim Verlassen der Tschecheslowakei dem dSK überwiegend angehört. Die Beklagte zog die Unterlagen über die Sprachprüfung der Cousine der Klägerin, Frau Ledermann, eine Erklärung von Frau Rudi, Unterlagen aus der Entschädigungsakte der Klägerin sowie eine Auskunft der Heimatauskunftsstelle Polen II beim Landesausgleichamt Niedersachsen bei. Mit Bescheid vom 05.09.1995 lehnte die Beklagte den Antrag aus April 1992 auf Gewährung einer Rente ab. Bei der Klägerin beständen keine für die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten. Die Voraussetzungen von § 20 WGSVG und § 17 a FRG seien nicht erfüllt. Die Zugehörigkeit der Klägerin zum dSK sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Klägerin habe im persönlichen Lebensbereich die deutsche Sprache nicht bzw. nicht überwiegend verwendet. Ausgehend von den Angaben im Sprachprüfungsprotokoll vom 06.06.1993 habe die Klägerin im persönlichen Lebensbereich Polnisch und Deutsch gesprochen. Die Klägerin sei nicht in einem deutschen Siedlungsgebiet aufgewachsen, da die Stadt Zamosc in einem Gebiet liege, in dem der überwiegende Teil der Israeliten jiddisch sowie ein Teil auch polnisch gesprochen habe. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die Klägerin mit ausschließlich polnischer Schulausbildung in einer polnischen Umgebung überwiegend Deutsch gesprochen habe.
Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte am 16.11.1996 als unbegründet zurück. Die anschließend vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobene Klage (Az.: S 11 J 51/96) nahm die Klägerin zurück.
Am 10.06.1997 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.01.1992 als unbegründet zurück. Die anschließend erhobene Klage vor dem SG Düsseldorf (Az.: S 8 J 115/97) nahm die Klägerin zurück.
Im August 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von ARG nach § 44 SGB X. Sie trug vor, ihr Antrag auf Rentenleistungen sei mit Bescheid vom 05.09.1995 wegen fehlender Zugehörigkeit zum dSK abgelehnt worden, obwohl sie die Sprachprüfung erfolgreich bestanden habe. Gemäß der Absprache zwischen dem israelischen Versicherungsträger und den deutschen Versicherungsträgern sei es jetzt möglich, solche Fälle einer Überprüfung zu unterziehen. Mit Bescheid vom 28.11.2000 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Die Zugehörigkeit der Klägerin zum dSK sei nicht gegeben. Es werde auf die Ausführungen in dem Bescheid vom 05.09.1995 und dem Widerspruchsbescheid vom 16.01.1996 verwiesen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte am 24.04.2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, auf die Ausführungen in dem Bescheid vom 28.11.2000 werde Bezug genommen. Im Widerspruchsverfahren sei nach Lage der Akten zu entscheiden gewesen, da eine sachliche Begründung des Widerspruches nicht erfolgt sei. Die von der Fachabteilung getroffene Entscheidung entspreche der Sach- und Rechtslage. Für die Widerspruchsstelle sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen der angefochtene Bescheid fehlerhaft sein solle, zu mal konkrete Anhaltspunkte nicht vorgebracht worden seien.
Am 28.05.2001 hat die Klägerin, vertreten durch die Bevollmächtigten, Klage vor dem SG Düsseldorf erhoben. Mit Verfügung vom 31.07.2001 hat das SG zur Vorlage der Prozessvollmacht aufgefordert und mit Verfügungen vom 30.08.2001 und 26.10.2001 unter Fristsetzung bis zum 26.11.2001 an die Vorlage der Prozessvollmacht erinnert.
Durch Gerichtsbescheid vom 26.11.2001 hat das SG Düsseldorf die Klage wegen fehlender Prozessvollmacht als unzulässig abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin am 13.12.2001 zugestellt wor den. Am 12.12.2001 ist beim SG die Klagebegründung vom 06.11.2001 unter Vorlage einer von der Klägerin am 25.10.2001 unterzeichneten Prozessvollmacht eingegangen. Am 21.12.2001 hat die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht NRW eingelegt.
Sie verfolgt ihr Begehren auf Gewährung des ARG nach erfolgter Nachentrichtung von Beiträgen weiter. Sie gehöre dem dSK i.S.d. § 17 a FRG an. Das Sprachprüfungsprotokoll enthielte ein positives Gesamtvotum zu ihrer Zugehörigkeit zum dSK. Aus ihren Angaben im Sprachprüfungsprotokoll über den Sprachgebrauch ihrer Eltern, die untereinander Polnisch und Deutsch gesprochen hätten, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass sie in ihrem persönlichen Bereich nicht überwiegend die deutsche Sprache verwendet habe. Sie habe mit ihrem Großvater mütterlicherseits ausschließlich Deutsch gesprochen und einen deutschen Ehegatten geheiratet.
Sodann beantragt die Klägerbevollmächtigte,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.11.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.11.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2001 und in Abänderung des Bescheides vom 05.09.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.01.1996 zu verurteilen, der Klägerin Altersruhegeld nach erfolgter Nachentrichtung von Beiträgen zu zahlen.
Der Vertreter der Beklagten beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, die überwiegende Verwendung der deutschen Sprache durch die Klägerin zu Beginn der Verfolgung sei nicht glaubhaft gemacht worden. Die Klägerin habe keine neuen Gesichtspunkte in das Verfahren eingebracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Akten des SG Düsseldorf, S 11 J 51/96 und S 8 RJ 115/97, Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Denn die Bevollmächtigte der Klägerin hat vor der Zustellung des Gerichtsbescheides am 13.12.2001, eine von der Klägerin am 25.10.2001 unterschriebene Originalprozessvollmacht am 12.12.2001 zu den Gerichtsakten gereicht.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte ist nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht verpflichtet, der Klägerin ARG unter Berücksichtigung von Beitragszeiten in Polen nach § 17 a FRG und Nachentrichtung von Beiträgen zu gewähren. Sie braucht von der Bindungswirkung ihres früheren Bescheides nicht ab zurücken.
Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, vorliegend der Bescheid vom 05.09.1995 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 16.01.1996, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Bestimmung ermöglicht ein Abweichen von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Die Rücknahme nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein dreistufiges Verfahren. Ergibt sich im Rahmen eines Antrages nach § 44 Abs. 1 SGB X nichts, was für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung sprechen könnte, darf sich die Verwaltung ohne jede Sachprüfung auf die Bindungswirkung berufen. Werden zwar neue Tatsachen oder Erkenntnisse vorgetragen und neue Beweismittel benannt, ergibt aber die Prüfung, dass die vorge brachten Gesichtspunkte nicht tatsächlich vorliegen oder für die frühere Entscheidung nicht erheblich waren, darf sich die Behörde ebenfalls auf die Bindungswirkung stützen. Nur wenn die Prüfung zu dem Ergebnis führt, dass ursprünglich nicht beachtete Tatsachen oder Erkenntnisse vorliegen, die für die Entscheidung wesentlich sind, ist ohne Rücksicht auf die Bindungswirkung erneut zu entscheiden. Die gerichtliche Überprüfung ist auf den sachlichen Einwand der Antragstellerin beschränkt und lässt die Bindungswirkung im Übrigen unberührt (BSG, Urteil vom 03.02.1988, - 9/9a RV 18/86 -, SozR 1300 § 44 Nr. 33; Urteil vom 03.04.2001, - B 4 RA 22/00 R -, SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20).
Die Voraussetzungen für eine erneute Sachprüfung sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat das Vorbringen der Klägerin geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Unrichtigkeit der früheren Entscheidung nicht erkennbar ist. Damit hat sie die Bindungswirkung des vorausgegangenen Bescheides nicht angetastet, sie ist nicht in eine erneute umfassende Sachprüfung eingetreten. Diese Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren keine neuen, für die Entscheidung erheblichen Tatsachen vorgetragen. Sie hat lediglich auf das Protokoll über das Ergebnis der im Februar 2000 von Vertretern der israelischen Nationalversicherung und einer Delegation der deutschen Rentenversicherungsträger durchgeführten Verbindungsstellenbesprechung Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass sie eine Sprachprüfung in Israel mit einem positiven Votum der dortigen Prüfer abgelegt habe. Das positive Gesamtvotum des Sprachprüfungsprotokolls ist schon bei der von der Beklagten im Bescheid vom 05.09.1995 vorgenommenen Beweiswürdigung hinsichtlich der Zugehörigkeit der Klägerin zum dSK mit eingeflossen, so dass es sich bei dem Ergebnis der Sprachprüfung um keine neuen, entscheidungserheblichen Tatsachen handelt. Eine mehrsprachige Antragstellerin, wie die Klägerin, kann dem dSK zugerechnet werden, wenn sie die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und wie eine Muttersprache in ihrem persönlichen Bereich verwendet hat. Die Merkmale Sprachbeherrschung und Sprachgebrauch sind unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen (BSG, Urteil vom 14.03.2002, - B 13 RJ 15/01 R -). Die Beklagte ist nicht aus Rechtsgründen verpflichtet, die Zugehörigkeit zum dSK allein deshalb anzuerkennen, weil eine Antragstellerin die Sprachprüfung in Israel mit einem positiven Votum des dortigen Prüfers abgelegt hat. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung der Zugehörigkeit einer Antragstellerin zum dSK allein auf Grund des Gesamtvotums im Sprachprüfungsprotokoll lässt sich weder aus dem Gesetz noch aus dem Ergebnis der im Februar 2000 von Vertretern der israelischen Nationalversicherung und einer Delegation der deutschen Rentenversicherungsträger durchgeführten Verbindungsstellenbesprechung herleiten (BSG, Urteil vom 14.03.2002, - B 13 RJ 15/01 R -). Andere Tatsachen, die für die Beurteilung ihrer Sprachbeherrschung und den Gebrauch der deutschen Sprache zu dem Zeitpunkt, in dem sich der nationalsozialistische Einflussbereich auf ihr Heimatgebiet erstreckt oder zu dem Zeitpunkt, in dem sie das Vertreibungsgebiet verlassen hat, zu berücksichtigen sind, hat die Klägerin im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren nicht vorgetragen. Sie hat damit ihren Überprüfungsantrag nicht substantiert.
Die Klägerin hat im gerichtlichen Verfahren ebenfalls keine neuen Tatsachen, Erkenntnisse oder Beweismittel über ihre Zugehörigkeit zum dSK geltend gemacht. Insbesondere hat sie den von ihr behaupteten überwiegenden Gebrauch der deutschen Sprache im persönlichen Lebensbereich nicht näher, sondern nur ihre Angaben in dem Sprachprüfungsprotokoll aus 1993 wiederholt. Sie hat sich damit auf die Rüge der unzutreffenden Auswertung ihrer Angaben im Sprachprüfungsprotokoll und der damit verbundenen unzutreffenden Beründung durch die Beklagte beschränkt. Damit sind Umstände, die zu einer weitergehenden Prüfung der von der Klägerin im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren erhobenen Einwände hätten Anlass geben können, nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
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