Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 11 (5) RJ 110/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 RJ 30/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 2/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.04.1999 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Altersrente des Klägers zu Recht gemäß § 22 b Abs. 3 Satz 1 des Fremdrentengesetzes in der ab 07.05.1996 gültigen Fassung des Gesetzes vom 25.09.1996 - FRG - gekürzt worden ist.
Der am 00.00.0000 in P C in Russland geborene Kläger ist am 13.06.1996 mit seiner Ehefrau in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er ist anerkannter Spätaussiedler gemäß § 4 des Bundesvertriebenengesetzes (BFVG).
Am 24.06.1996 beantragte der Kläger Altersrente. Die Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 11.06.1997 Altersrente für die Zeit ab dem 13.06.1996 (Versicherungsfall am 05.10.1991). Aus dem Bescheid geht hervor, dass die insgesamt errechneten Entgeltpunkte (EP) für die allein zu berücksichtigenden Versicherungszeiten nach dem FRG insgesamt 35,4420 betragen würden. Von diesen EP nach dem FRG seien zunächst gemäß der höchstzulässigen EP-Zahl nur 25 anrechenbar. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der sich nach dem FRG ergebenden EP für die ebenfalls Renten berechtigte Ehefrau des Klägers, dürften für beide Ehepartner zusammen insgesamt höchstens 40 EP zu Grunde gelegt werden. Nach einer entsprechenden verhältnismäßigen Aufteilung zwischen den beiden Berechtigten seien für den Kläger im Ergebnis 20 EP für die Berechnung der Rentenhöhe zu Grunde zu legen gewesen. Die monatliche Rente des Klägers belief sich für die Zeit ab 01.07.1996 auf 933,40 DM.
Der Kläger widersprach der Kürzung der EP gemäß § 22 b FRG. Diese verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Artikel 14 des Grundgesetzes (GG) und die weitere Kürzung unter Berücksichtigung der FRG-Rente seiner Ehefrau auch gegen Artikel 3 GG.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Bescheid vom 31.03.1998 zurück. Der angefochtene Bescheid entspreche der Sach- und Rechtslage. Ein Verstoß gegen Artikel 3 oder 14 des GG liegen nicht vor.
Mit der zum Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und zur Begründung geltend gemacht, die Kürzung unter Berücksichtigung der Rente seiner Ehegattin bedeute einen Verstoß gegen die Artikel 3, 14, 20 Abs. 1 sowie 116 Abs. 1 GG.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 08.04.1999 antragsgemäß verurteilt, die Altersrente des Klägers ohne Kürzung gemäß § 22 b Abs. 3 Satz 1 FRG zu bewilligen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Rentenanspruch des Klägers bereits am 13.06.1996 entstanden sei, könne die mit dem am 25.09.1996 verkündeten Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) eingefügte Fassung des § 22b Abs. 3 Satz 1 FRG nicht angewandt werden. Das Recht des Klägers auf Altersrente sei bereits am 13.06.1996 und damit vor Verkündung des mit dem WFG eingeführten § 22 b FRG zum Vollrecht erstarkt. Dem Kläger habe deshalb schon am 13.06.1996 ein Anspruch auf Bewilligung von Altersrente ohne Berücksichtigung der Rentenrechte seiner Ehefrau zugestanden. Durch die nachträgliche Gesetzesänderung würde bei entsprechender Rückwirkung zum 07.05.1996 in einen abgewickelten und in der Vergangenheit liegenden Tatbestand eingegriffen. Es handele sich um eine echte Rückwirkung, die verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig sei, denn es sei nicht erkennbar, dass einer der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelten Ausnahmetatbestände vorliege, der auch unter Berücksichtigung des dem Rückwirkungsverbot zu Grunde liegenden Vertrauensschutzes eine echte Rückwirkung zulassen würde. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Versicherten bereits am 07.05.1996 bzw. vorliegend der Kläger bereits am 13.06.1996 mit der erst am 25.09.1996 verkündeten Neuregelung habe rechnen müssen. Denn erst von dem Zeitpunkt, ab dem der Bundestag ein rückwirkendes Gesetz beschlossen habe, sei das Vertrauen des Bürgers in den Bestand des geltenden Rechts nicht mehr schutzwürdig (Hinweis auf BVerfGE 13, 261, 273; 72, 200, 261; 95, 64, 87). Hier sei der endgültige Gesetzesbeschluss gemäß Artikel 77 GG jedenfalls erst nach dem 13.06.1996 ergangen. Die dritte Beratung über das WFG sei am 09.07.1996, die maßgebliche Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates erst am 12.09.1996 erfolgt. Aus diesen Gründen sei § 22 b FRG in analoger Anwendung der sich aus den §§ 4 b und 4 c FANG ergebenen Vertrauensschutzregelungen nicht auf diejenigen Berechtigten anzuwenden, deren Rente vor dem 01.10.1996 beginne. Diesbezüglich sei § 4 c FANG entgegen seinem missverständlichen Wortlaut nicht so zu verstehen, dass nur denjenigen Berechtigten Vertrauensschutz zukommen solle, die die Voraussetzungen des gewöhnlichen Aufenthalts im Gebiet der BRD vor dem 07.05.1996 einerseits und des Rentenbeginns vor dem 01.10.1996 andererseits kumulativ erfüllten. Vielmehr sei diese Vorschrift klarstellend dahingehend auszulegen, dass sie (sowohl) für Berechtigte, die vor dem 07.05.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der BRD genommen haben "und" im Sinne von "als auch" für Berechtigte, deren Rente vor dem 01.10.1996 beginnt, gelte. Aus § 4 b FANG folge, dass gegenüber diesem Personenkreis, dem verfassungs- rechtlich gebotener Vertrauensschutz gebühre, § 22 b FRG nicht anzuwenden sei. Wegen dieser Auslegung der Übergangsvorschriften könne dahingestellt bleiben, ob die Anwendung des § 22 Abs. 3 Satz 1 FRG darüber hinaus aus den vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkten verfassungs- rechtlich zu beanstanden sei.
Gegen das am 29.04.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.05.1999 Berufung eingelegt.
Sie räumt zuletzt ein, dass im Falle des Klägers die Regelung des § 22 b Abs. 3 FRG echte Rückwirkung entfalte. Durch das angeordnete Inkrafttreten bereits zum 06.05.1996 würden Rechtsfolgen für Zeiträume vor Verkündung des Gesetzes geregelt. Eine belastende Rückwirkung sei nach der Rechtssprechung des BVerfG grundsätzlich mit dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit unvereinbar. Dieses Rückwirkungsverbot greife hier jedoch ausnahmsweise nicht durch, weil der Kläger ab dem Tage des Gesetzesbeschlusses mit der Verkündung und mit dem Inkrafttreten der Neuregelung habe rechnen müssen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.04.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen,
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und betont, dass es sich in seinem Falle um eine echte Rückwirkung handele, die verfassungswidrig sei. Im Übrigen halte er die Regelung des § 22 b FRG aus den von ihm im Klageverfahren dargelegten Gründen für verfassungswidrig.
Die Beteiligten haben sich dahin verständigt, dass die Beklagte nach Abschluss dieses Verfahrens zur Frage der Anwendung des § 22 FRG nach § 44 SGB X einen Bescheid erteilen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers und seines Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil der Bevollmächtigte in der ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 08.11.2002 ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist und Anlass zur Vertagung nicht bestanden hat.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat der Altersrente des Klägers gesetzesgerecht nach § 22 b Abs. 3 FRG lediglich 20 EP zugrundegelegt. Diese Vorschrift ist gemäss Art. 6 § 4 b FANG auf den Kläger anwendbar und verletzt diesen nicht in seinen verfassungsmäßigen Rechten.
Gemäss § 22 b Abs. 1 S. 1 FRG werden für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz für einen Berechtigten höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrundegelegt. Die EP einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG werden ermittelt, in dem die Summe aller EP um die EP vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG ergeben (§ 22 b Abs. 2 FRG). Bei Ehegatten und in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchsten insgesamt 40 EP zugrundegelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden EP zueinanderstehen, höchstens jedoch 25 EP für einen Berechtigten. Diese Vorschriften sind hier anwendbar. § 22 b wurde durch Artikel 3 Nr. 5 WFG vom 25.09.1996 (BGBl. I S. 1461) mit Wirkung vom 07.05.1996 (Artikel 12 Abs. 2 WFG) eingefügt. Er gilt nach Artikel 6 § 4 b FANG in der Fassung des Artikels 4 Nr. 4 WFG (in Kraft ab 07.05.1996, Art. 12 Abs. 2 WFG) nur für die (FRG-) Berechtigte nicht , die vor dem 07.05.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik genommen haben. Abs. 1 S. 3 wurde durch Art. 12 Nr. 2 RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) mit Wirkung vom 07.05.1996 (Art. 33 Abs. 7 RRG 1999) angefügt.
Weil der Kläger und seine Ehefrau ihren gewöhnlichen Aufenthalt erst am 13.06.1999 in der Bundesrepublik Deutschland begründet haben, sind sie nicht gemäß § 4 b FANG von der Anwendung dieser Vorschrift ausgenommen.
Der Wortlaut der §§ 4 b und 4 c FANG ist eindeutig und lässt die vom Sozialgericht für geboten erachtete Auslegung nicht zu.
Sowohl § 4 b FANG als auch § 4 c FANG machen unzweifelhaft deutlich, dass es für die Anwendung des § 22 b FRG allein darauf ankommt, ob der Berechtigte vor dem 07.05.1996 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen hat. Auch in dem vom Sozialgericht herangezogenen Artikel 6 § 4 c FANG, der nicht die Anwendung des § 22b FRG betrifft, sind die Voraussetzungen der Aufenthaltsnahme vor dem 07.05.1996 und des Rentenbeginns vor dem 01.10.1996 eindeutig kumulativ geregelt.
Während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens hat kein Zweifel bestanden und ist auch in keiner zu diesem Fragenkreis bisher ergangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) in Frage gestellt worden, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes wie dem ihm vom Gesetzgeber beigelegten Zweck das neue, am 07.05.1996 noch nicht verkündete Fremdrentenrecht und der mit ihm verbundene Systemwechsel nur für die Berechtigten nicht zur Anwendung kommen sollten, die vor dem 07.05.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen hatten (vgl. etwa die Ausführungen in BSG B 5 RJ 26/98 R vom 01.12.1999 - Bl. 6 des Umdrucks; B 4 RA 87/00 R vom 30.08.2001 - Bl. 12 des Umdrucks; B 4 RA 118/00 R vom 30.08.2001 - ebenfalls zum Fall einer Einreise im Juni 1996). Auch in der Literatur wird, soweit ersichtlich, eine andere Auslegung der Übergangsvorschriften nicht in Erwägung gezogen.
Die Beklagte hat deshalb unter Anwendung von § 22 b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 die Rangstelle zutreffend bestimmt. Sowohl der Kläger als auch seine Ehegattin sind nicht vor dem 07.05.1996 in die Bundesrepublik eingereist, für beide Renten sind (ausschließlich) EP für FRG-Zeiten zu berücksichtigen. § 22 b Abs. 3 S. 1 begrenzt die Summe der EP für FRG-Zeiten in Renten für Ehegatten oder für Berechtigte, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, auf insgesamt 40 EP, die die Beklagte aufgeteilt hat, sodass für den Kläger lediglich 20 EP der Altersrente zugrunde zu legen waren.
Die rückwirkende Anwendung des § 22 b FRG ist nicht verfassungswidrig. Durch § 22 b (und § 22 Abs. 4) FRG ist der mit dem RÜG eingeleitete Prozess der Ersetzung des Eingliederungsprinzips durch ein Prinzip der "Grundsicherung" bzw. des "sozialen Ausgleichs" vollzogen worden (vgl. BSG, Urteil vom 01.12.1999 - B 5 RJ 26/98 R). Die Altersrente des Klägers als nach dem 06.05.1996 zugezogenen Spätaussiedler wird wegen des Systemwechsels nach Art und Inhalt anders bzw. schlechter behandelt als die der bereits vor dem Inkrafttreten der Vorschrift am 07.05.1996 aus dem Vertreibungsgebiet ins Bundesgebietes zugezogenen FRG-Berechtigten. Wegen der Begrenzung auf höchstens 25 EP (§ 22 b Abs. 1 S. 1 FRG) bzw. 40 EP für Ehepaare liegt der monatliche Wert der Rente stets und ausnahmslos höchstens unterhalb des durchschnittlichen Bedarfs an sozialhilferechtlicher Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Wert der Rente orientiert sich damit an der Eingliederungshilfe des § 62 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) / § 418 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III). Der Kläger erhält damit nur eine (pauschal) am Bedürftigkeitsprinzip bzw. dem Grundsatz der Existenzsicherung orientierte Leistung (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2001 - B 4 RA 87/00 R; Polster, DRV 1997, 63, 64). Während die vor dem 07.05.1996 zugezogenen Begünstigten im Ansatz so behandelt wurden, als wären sie nach den Bestimmungen des SGB VI beitragsrelevant versichert gewesen und hiervon ausgehend "beitragslos" in das ganze System integriert gewesen sind (vgl. BSG, Beschluss vom 16.11.2002 - B 4 RA 3/00 R; Urteil vom 30.08.2001 - B 4 RA 87/00 R) erhalten die betroffenen Spätaussiedler in Anwendung von § 22 b FRG ihre Altersrente aus der "gesetzlichen Rentenversicherung" von vornherein nur noch in Gestalt einer Sozialrente eigener Art, deren Wert sich stets aus dem Produkt der höchstens 25 Jahre (Abs. 1 S. 1) bzw. 20 Jahre (§ 22 b Abs. 3) mit Durchschnittsentgelten entsprechenden Rangstelle (entsprechend 25 EP, Abs. 1 S. 1 bzw. 20 EP, Abs. 3) und dem jeweiligen aktuellen Rentenwert ergibt. Wie das BSG im Urteil vom 30.08.2001 (a.a.0.) ausgeführt hat, bedeutet für den Inhaber einer Rangstelle mit einem in EP ausgedrückten Wert von kleiner 25, dass sie zusätzlich auf Sozialhilfe angewiesen sind, für Inhaber einer Rangstelle im Wert von 25 EP, dass sie pauschalierte Sozialhilfe aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Es handelt sich damit bei der neuen Sozialrente der Spätaussiedler um eine Fürsorgerente (BSG a.a.0.).
Wie das BSG in der bereits zitierten Entscheidung vom 30.08.2001 weiter ausgeführt hat, verstößt § 22 b Abs. 1 S. 1 FRG nicht gegen die Verfassung. Der Senat macht sich die Entscheidungsgründe des genannten Urteils, das den Beteiligten bekannt ist, zu eigen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug. Für die im Falle des Klägers zur Anwendung gebrachte Regelung des § 23 b Abs. 3 FRG kann nichts anderes gelten. Der an der Eingliederungshilfe orientierten Fürsorgerenten für die ab dem 07.05.1996 zugereisten Spätaussiedler entspricht es, dass für Ehegatten und Personen, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, nicht das 2-fache des Grenzwertes (2 x 25 EP = 50 EP), sondern nur das 1,6-fache (1,6 x 25 EP = 40 EP) maßgebend sein sollen, weil bei zusammenlebenden Personen die fixen Kosten der Haushaltsführung entsprechend geringer sind (vgl. Verbandskommentar § 22b FRG Anm. 6.1). Auch die Aufteilung der insgesamt 40 EP auf die beiden berechtigten Ehegatten ist systemgerecht und verfassungsrechtlich unbedenklich.
Im Falle des Klägers wirkt § 22 b FRG i.V.m. Art. 6 § 4 b FANG allerdings zurück. Gleichwohl sind auch hier das Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG und Grundrechte des Klägers nicht verletzt.
Das Grundgesetz hat ein ausdrückliches Rückwirkungsverbot lediglich für das Strafrecht normiert (Art. 103 Abs. 2 GG). Die Rückwirkung eines Gesetzes verstößt deshalb nicht schlechthin gegen rechtsstaatliche Grundsätze. Mit dem Rechtsstaatsprinzip ist nicht jede rückwirkende Beseitigung einer Gläubigerposition der Gemeinschaft gegenüber unvereinbar. Es besteht kein allgemeiner Rechtssatz, der es dem Gesetzgeber verbietet, nachträglich an einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Tatbestand anzuknüpfen (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 9. Auflage Art. 20 Rdnr. 28). Das BVerfG unterscheidet beim Vertrauensschutz zwischen echter (retroaktiver) Rückwirkung und unechter (retrospektiver) Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BVerfG vor, "wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (BVerfGE 30, 367 385), während eine unechte Rückwirkung vorliegt, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit sogleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet" (BVerGE 95, 64, 86). Der 2. Senat des BVerfG unterscheidet zwischen einer "Rückbewirkung von Rechtsfolgen", der Erstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm auf einen Zeitpunkt vor ihrem Inkrafttreten (BVerfGE 72, 200, 241; 97, 77, 78), und der Erstreckung nicht des zeitlichen, sondern nur des sachlichen Anwendungsbereichs einer Norm auf bereits vor der Verkündung eingetretenen Sachverhalte.
§ 22 b FRG i.V.m. Art. 6 § 4 b stellt jedenfalls insoweit eine echte Rückwirkung bzw. eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen dar, weil gemäss Art. 12 WFG die Rechtsänderung die Anordnung an die Rentenversicherungsträger beinhaltet, ab dem Eintritt seiner äußeren Wirksamkeit im Zeitpunkt seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt gemäss Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG sich so zu verhalten, als habe das neue Recht bereits ab dem 07.05.1996 gegolten. Im Zeitpunkt der Verkündung des WFG im Bundesgesetzblatt am 25.09.1996 war, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, das Vollrecht des Klägers an einer Altersrente bereits entstanden, was auch durch die Gewährung der Altersrente für die Zeit nach dem 13.06.1996 zum Ausdruck kommt. Da das Grundgesetz grundsätzlich das Vertrauen darauf stützt, dass die mit abgeschlossenen Tatbeständen verknüpften gesetzlichen Rechtsfolgen anerkannt bleiben, belastende Gesetze daher insoweit nur erlaubt sind, als Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten, ist eine echte Rückwirkung grundsätzlich verfassungswidrig (vgl. Sommermann in: Das Bonner Grundgesetz, 4. Auflage Art. 20 Rdnr. 285 mit Hinweis auf BverfGE 97, 67, 78 und BVerfGE 30, 367, 385 f.). Grundsätzlich muss deshalb der vom Gesetz Betroffene bis zum Zeitpunkt der Verkündung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird (BVerfGE 97, 67, 78; 72, 200, 242, 254). Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG entfällt das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage in der Regel im Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung. Mit dem Tag des Gesetzesbeschlusses müssen die Betroffenen mit der Verkündung und dem Inkrafttreten der Neuregelung rechnen; es ist ihnen von diesem Zeitpunkt an zuzumuten, ihr Verhalten auf die beschlossene Gesetzeslage einzurichten. Der Gesetzgeber ist deshalb berechtigt, den zeitlichen Anwendungsbereich einer Regelung auch auf den Zeitpunkt von dem Gesetzesbeschluss bis zur Verkündung zu erstrecken (BVerfGE 13, 261, 272 f.; 31, 221,227; 95, 64, 87).
Das rechtstaatliche Rückwirkungsverbot darf allein aus den zwingenden Gründen des gemeinen Wohls und wegen eines nicht - oder nicht mehr - vorhandenen schutzbedürftigen Vertrauens des Einzelnen durchbrochen werden (BVerfGE 72, 200, 258). In der Rechtsprechung des BVerfG sind solche Rechtfertigungsgründe falltypisch, aber nicht erschöpfend entwickelt worden (BVerfGE 97, 67, 78; 72, 200, 259 f.). Liegt in diesem Sinne ein Grund vor, der es von Verfassung wegen rechtfertigt, das rechtstaatliche Rückwirkungsverbot zu durchbrechen, so darf diese Durchbrechung gleichwohl nicht zu Ergebnissen führen, die den grundrechtlichen Schutz des Lebenssachverhalts verletzen, der von dem Eingriff betroffen ist.
Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil die Zulässigkeit einer echten Rückwirkung verneint. Der endgültige Gesetzesbeschluss sei erst nach dem Tag der Einreise des Klägers in die Bundesrepublik (13.06.1996) ergangen. Die dritte Beratung des WFG sei am 09.07.1996 und die maßgebliche Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates erst am 12.09.1996 erfolgt. Deshalb sei das Vertrauen des Klägers geschützt. Dem kann sich der erkennende Senat nicht anschließen.
Das BVerfG hat bereits in mehreren Entscheidungen anerkannt, dass auch ein früherer Anknüpfungspunkt als der endgültige Gesetzesbeschluss zulässig sein kann (vgl. BVerfGE 97, 67, 81 f.; BVerfG NJW 1992, 2877 f.; BVerfGE 95, 64, 89; BVerfGE 76, 220). Zur Vermeidung eines Ankündigungseffektes kann danach auch der Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses der Bundesregierung der maßgebliche Zeitpunkt sein, ab dem mit einer Änderung der Rechtslage gerechnet werden musste. So führt das BVerfG in seiner Entscheidung vom 03.12.1997 (BVerfGE 97, 67, 79 ff.) in einem Fall aus dem Steuerrecht aus, der Gesetzgeber benötige zur Verwirklichung des Gemeinwohls einen Gestaltungsraum, um aufgetretenen Missständen einer Gesetzeslage abzuhelfen, ohne dass Dispositionen der Gesetzesadressaten die Neuregelung kurz vor ihrem Erlass durch Ausnutzung der bisherigen Regelung unterlaufen könnten. Der Gesetzgeber müsse die zur sofortigen Abwehrung öffentlicher Gefahren und Missstände geeigneten notwendigen Maßnahmen treffen können. Das Rechtsstaatsprinzip baue auf ein zwar Zeit beanspruchendes, aber im Wettlauf mit kurzfristigen Vertragsdispositionen dennoch effektives Gesetzgebungsverfahren. Bereits im Beschluss vom 15.01.1992 (NJW 1992, 2877) hatte das BVerfG für den Fall einer tatbestandlichen Rückanknüpfung durch das Steueränderungsgesetz 1973, der Wirkung für eine Investitionsentscheidung der Beschwerdeführerin zugemessen worden war, die bereits zu einem Zeitpunkt getroffen wurde, als noch nicht einmal die Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht worden war, die tatbestandliche Rückanknüpfung als Ziel der Regierung akzeptiert, den Ankündigungseffekt zu vermeiden. In seiner Entscheidung zum Wohnungsbindungsänderungsgesetz (BVerfGE 95, 64, 89) wiederholt das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz, dass das Vertrauen in den Fortbestand in eine Gesetzeslage erst mit dem Änderungsbeschluss des Bundestages zerstört werde. Dieser Gesichtspunkt habe aber insbesondere dann weniger Gewicht, wenn es darum gehe, einen Ankündigungseffekt zu vermeiden, der die beabsichtigte Wirkung der Gesetzesänderung ganz oder zum Teil zunichte zu machen drohe. Die Rückwirkung eines Gesetzes auf den Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses hat das BVerfG auch in seiner Entscheidung vom 15.07.1987 (BVerfGE 76, 220) zugelassen. In diesem Fall, in dem es um die Verfassungsmäßigkeit der Kürzung von Übergangsgeld und Unterhaltsgeld nach dem AFG durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 ging, hat das BVerfG im Wesentlichen darauf abgestellt, dass dem betroffenen Personenkreis ausreichend Zeit geblieben sei, sich auf die veränderte Bemessung des Unterhaltsgeldes einzustellen, denn schon im Juni 1983 sei der Beschluss des Bundeskabinetts über den Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 1984, der dann weitgehend unverändert Gesetz geworden sei, gefasst und im September 1983 dem Bundestag zugeleitet worden.
Zur Vermeidung des Ankündigungseffektes kann daher auch der Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses der Bundesregierung der maßgebliche Zeitpunkt sein, an dem mit einer Änderung der Rechtslage gerechnet werden muss (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 4. Auflage, Art. 20 Rdnr. 32). Der Bundesgerichtshof (BGH - Beschluss vom 11.02.1999 - IX ZR 298/97) führt hierzu aus, es entfalle das schützwürdige Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage in der Regel zwar erst zum Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung, nicht jedoch schon mit dem Bekannt werden von Gesetzesinitiativen oder der öffentlichen Berichterstattung über die Vorbereitung einer Neuregelung durch den Gesetzgeber. Über ein unverbindliches Vorstadium einer gesetzlichen Neuregelung sei der Kabinettsbeschluss (22.03.1988) hinausgegangen, weil mit Rücksicht auf die politischen Mehrheitsverhältnisse in den Gesetzgebungsorganen der Erlass eines ent- sprechenden Gesetzes mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen sei. Deshalb habe auch vom Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses an kein sachlicher Grund mehr bestanden, an die Fortgeldung der früheren Rechtslage in schutz- würdiger Weise zu vertrauen.
So liegt der Fall auch hier. Zur Überzeugung des Senats durfte der Kläger bereits bei seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 13.06.1996 nicht mehr darauf vertrauen, dass er in der Bundesrepublik dem früheren Eingliederungsprinzip entsprechende Leistungen würde beziehen können. Denn bereits im ursprünglichen Entwurf des Gesetzesbeschlusses (siehe BT-Drs. 13/4610 vom 10.05.1996) waren die für den Kläger ungünstige Gesetzesänderung sowie ihr Inkrafttreten für ab dem 07.05.1996 einreisende Spätaussiedler vorgesehen. An der Anknüpfung an den Tag der Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland und dem dafür gewählten Stichtag hat zudem während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens kein Zweifel bestanden. Der gewählte Stichtag und das stets beabsichtigte rückwirkende Inkrafttreten des Gesetzes war auch erforderlich, um einen Ankündigungseffekt zu vermeiden und um das gewählte gesetzgeberische Ziel eines rasch greifenden Systemwechsels zu realisieren.
Der Senat hält daher die Durchbrechung des rechtstaatlichen Rückwirkungsverbots hierfür zulässig. Sie führt auch nicht zu Ergebnissen, die den grundrechtlichen Schutz des Lebenssachverhalts verletzt, der von dem Eingriff - durch die nachträgliche Änderung der Rechtsfolgen - betroffen ist.
Auf Art. 14 GG konnte sich der Kläger bei seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht berufen. Vor dem Zuzug in den räumlichen Geltungsbereich des FRG haben die im Vertreibungsgebiet wohnenden Volksdeutschen nämlich kein Anrecht, keine Anwartschaft und kein Anwartschaftsrecht im deutschen Rentenversicherungsrecht (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2001 - B 4 RA 87/00 R -). Der Kläger ist erstmals mit seinem Zuzug in die Bundesrepublik am 13.06.1996 in den Geltungsbereich des GG gekommen und konnte frühestens ab diesem Zeitpunkt Versicherter und damit überhaupt Inhaber notwendig vom bundesdeutschen Gesetzgeber ausgestalteten (Art. 14 Abs. 2 GG) renten- rechtlichen Positionen werden. Sein in diesem Augenblick zum Vollrecht erstarkter Anspruch auf Altersrente war eigentumsrechtlich nicht geschützt, weil der Anspruch allein auf FRG-Zeiten , mithin er auf keinerlei Eigenleistung des Klägers zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung beruhte.
Das Vertrauen des Klägers darauf, dass er von der Bundesrepublik eine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten werde, die auf dem Eingliederungsprinzip beruht, ist deshalb nach allem nicht geschützt gewesen. Bis zu seiner Einreise in die Bundesrepublik hat es sich, wie dargelegt, um eine bloße rechtlich nicht gesicherte Erwartung gehandelt und im Zeitpunkt seines Zuzugs in die Bundesrepublik und der Entstehung des Rentenanspruchs war bereits als sicher bevorstehend zu erwarten, dass sich seine Ansprüche nicht mehr unter Zugrundelegung des bis dahin herrschenden Eingliederungsprinzips bestimmen würden.
Da ausschließlich die Beklagte Berufung eingelegt hat und die Beteiligten die Überprüfung der Frage der Rechtmäßigkeit der Leistungsbegrenzung nach § 22 Abs. 3 FRG ausgeklammert haben, bestand für den Senat keine Veranlassung, die letztgenannte Frage zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Altersrente des Klägers zu Recht gemäß § 22 b Abs. 3 Satz 1 des Fremdrentengesetzes in der ab 07.05.1996 gültigen Fassung des Gesetzes vom 25.09.1996 - FRG - gekürzt worden ist.
Der am 00.00.0000 in P C in Russland geborene Kläger ist am 13.06.1996 mit seiner Ehefrau in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er ist anerkannter Spätaussiedler gemäß § 4 des Bundesvertriebenengesetzes (BFVG).
Am 24.06.1996 beantragte der Kläger Altersrente. Die Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 11.06.1997 Altersrente für die Zeit ab dem 13.06.1996 (Versicherungsfall am 05.10.1991). Aus dem Bescheid geht hervor, dass die insgesamt errechneten Entgeltpunkte (EP) für die allein zu berücksichtigenden Versicherungszeiten nach dem FRG insgesamt 35,4420 betragen würden. Von diesen EP nach dem FRG seien zunächst gemäß der höchstzulässigen EP-Zahl nur 25 anrechenbar. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der sich nach dem FRG ergebenden EP für die ebenfalls Renten berechtigte Ehefrau des Klägers, dürften für beide Ehepartner zusammen insgesamt höchstens 40 EP zu Grunde gelegt werden. Nach einer entsprechenden verhältnismäßigen Aufteilung zwischen den beiden Berechtigten seien für den Kläger im Ergebnis 20 EP für die Berechnung der Rentenhöhe zu Grunde zu legen gewesen. Die monatliche Rente des Klägers belief sich für die Zeit ab 01.07.1996 auf 933,40 DM.
Der Kläger widersprach der Kürzung der EP gemäß § 22 b FRG. Diese verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Artikel 14 des Grundgesetzes (GG) und die weitere Kürzung unter Berücksichtigung der FRG-Rente seiner Ehefrau auch gegen Artikel 3 GG.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Bescheid vom 31.03.1998 zurück. Der angefochtene Bescheid entspreche der Sach- und Rechtslage. Ein Verstoß gegen Artikel 3 oder 14 des GG liegen nicht vor.
Mit der zum Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt und zur Begründung geltend gemacht, die Kürzung unter Berücksichtigung der Rente seiner Ehegattin bedeute einen Verstoß gegen die Artikel 3, 14, 20 Abs. 1 sowie 116 Abs. 1 GG.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 08.04.1999 antragsgemäß verurteilt, die Altersrente des Klägers ohne Kürzung gemäß § 22 b Abs. 3 Satz 1 FRG zu bewilligen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Rentenanspruch des Klägers bereits am 13.06.1996 entstanden sei, könne die mit dem am 25.09.1996 verkündeten Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) eingefügte Fassung des § 22b Abs. 3 Satz 1 FRG nicht angewandt werden. Das Recht des Klägers auf Altersrente sei bereits am 13.06.1996 und damit vor Verkündung des mit dem WFG eingeführten § 22 b FRG zum Vollrecht erstarkt. Dem Kläger habe deshalb schon am 13.06.1996 ein Anspruch auf Bewilligung von Altersrente ohne Berücksichtigung der Rentenrechte seiner Ehefrau zugestanden. Durch die nachträgliche Gesetzesänderung würde bei entsprechender Rückwirkung zum 07.05.1996 in einen abgewickelten und in der Vergangenheit liegenden Tatbestand eingegriffen. Es handele sich um eine echte Rückwirkung, die verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig sei, denn es sei nicht erkennbar, dass einer der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelten Ausnahmetatbestände vorliege, der auch unter Berücksichtigung des dem Rückwirkungsverbot zu Grunde liegenden Vertrauensschutzes eine echte Rückwirkung zulassen würde. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Versicherten bereits am 07.05.1996 bzw. vorliegend der Kläger bereits am 13.06.1996 mit der erst am 25.09.1996 verkündeten Neuregelung habe rechnen müssen. Denn erst von dem Zeitpunkt, ab dem der Bundestag ein rückwirkendes Gesetz beschlossen habe, sei das Vertrauen des Bürgers in den Bestand des geltenden Rechts nicht mehr schutzwürdig (Hinweis auf BVerfGE 13, 261, 273; 72, 200, 261; 95, 64, 87). Hier sei der endgültige Gesetzesbeschluss gemäß Artikel 77 GG jedenfalls erst nach dem 13.06.1996 ergangen. Die dritte Beratung über das WFG sei am 09.07.1996, die maßgebliche Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates erst am 12.09.1996 erfolgt. Aus diesen Gründen sei § 22 b FRG in analoger Anwendung der sich aus den §§ 4 b und 4 c FANG ergebenen Vertrauensschutzregelungen nicht auf diejenigen Berechtigten anzuwenden, deren Rente vor dem 01.10.1996 beginne. Diesbezüglich sei § 4 c FANG entgegen seinem missverständlichen Wortlaut nicht so zu verstehen, dass nur denjenigen Berechtigten Vertrauensschutz zukommen solle, die die Voraussetzungen des gewöhnlichen Aufenthalts im Gebiet der BRD vor dem 07.05.1996 einerseits und des Rentenbeginns vor dem 01.10.1996 andererseits kumulativ erfüllten. Vielmehr sei diese Vorschrift klarstellend dahingehend auszulegen, dass sie (sowohl) für Berechtigte, die vor dem 07.05.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der BRD genommen haben "und" im Sinne von "als auch" für Berechtigte, deren Rente vor dem 01.10.1996 beginnt, gelte. Aus § 4 b FANG folge, dass gegenüber diesem Personenkreis, dem verfassungs- rechtlich gebotener Vertrauensschutz gebühre, § 22 b FRG nicht anzuwenden sei. Wegen dieser Auslegung der Übergangsvorschriften könne dahingestellt bleiben, ob die Anwendung des § 22 Abs. 3 Satz 1 FRG darüber hinaus aus den vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkten verfassungs- rechtlich zu beanstanden sei.
Gegen das am 29.04.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.05.1999 Berufung eingelegt.
Sie räumt zuletzt ein, dass im Falle des Klägers die Regelung des § 22 b Abs. 3 FRG echte Rückwirkung entfalte. Durch das angeordnete Inkrafttreten bereits zum 06.05.1996 würden Rechtsfolgen für Zeiträume vor Verkündung des Gesetzes geregelt. Eine belastende Rückwirkung sei nach der Rechtssprechung des BVerfG grundsätzlich mit dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit unvereinbar. Dieses Rückwirkungsverbot greife hier jedoch ausnahmsweise nicht durch, weil der Kläger ab dem Tage des Gesetzesbeschlusses mit der Verkündung und mit dem Inkrafttreten der Neuregelung habe rechnen müssen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.04.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen,
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und betont, dass es sich in seinem Falle um eine echte Rückwirkung handele, die verfassungswidrig sei. Im Übrigen halte er die Regelung des § 22 b FRG aus den von ihm im Klageverfahren dargelegten Gründen für verfassungswidrig.
Die Beteiligten haben sich dahin verständigt, dass die Beklagte nach Abschluss dieses Verfahrens zur Frage der Anwendung des § 22 FRG nach § 44 SGB X einen Bescheid erteilen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers und seines Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil der Bevollmächtigte in der ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 08.11.2002 ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist und Anlass zur Vertagung nicht bestanden hat.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat der Altersrente des Klägers gesetzesgerecht nach § 22 b Abs. 3 FRG lediglich 20 EP zugrundegelegt. Diese Vorschrift ist gemäss Art. 6 § 4 b FANG auf den Kläger anwendbar und verletzt diesen nicht in seinen verfassungsmäßigen Rechten.
Gemäss § 22 b Abs. 1 S. 1 FRG werden für anrechenbare Zeiten nach diesem Gesetz für einen Berechtigten höchstens 25 EP der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten zugrundegelegt. Die EP einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG werden ermittelt, in dem die Summe aller EP um die EP vermindert wird, die sich ohne Berücksichtigung von anrechenbaren Zeiten nach dem FRG ergeben (§ 22 b Abs. 2 FRG). Bei Ehegatten und in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Berechtigten, deren jeweilige Renten nach den Absätzen 1 und 2 festgestellt worden sind, werden höchsten insgesamt 40 EP zugrundegelegt. Diese werden auf die Renten in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die sich nach Anwendung von den Absätzen 1 und 2 jeweils ergebenden EP zueinanderstehen, höchstens jedoch 25 EP für einen Berechtigten. Diese Vorschriften sind hier anwendbar. § 22 b wurde durch Artikel 3 Nr. 5 WFG vom 25.09.1996 (BGBl. I S. 1461) mit Wirkung vom 07.05.1996 (Artikel 12 Abs. 2 WFG) eingefügt. Er gilt nach Artikel 6 § 4 b FANG in der Fassung des Artikels 4 Nr. 4 WFG (in Kraft ab 07.05.1996, Art. 12 Abs. 2 WFG) nur für die (FRG-) Berechtigte nicht , die vor dem 07.05.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik genommen haben. Abs. 1 S. 3 wurde durch Art. 12 Nr. 2 RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) mit Wirkung vom 07.05.1996 (Art. 33 Abs. 7 RRG 1999) angefügt.
Weil der Kläger und seine Ehefrau ihren gewöhnlichen Aufenthalt erst am 13.06.1999 in der Bundesrepublik Deutschland begründet haben, sind sie nicht gemäß § 4 b FANG von der Anwendung dieser Vorschrift ausgenommen.
Der Wortlaut der §§ 4 b und 4 c FANG ist eindeutig und lässt die vom Sozialgericht für geboten erachtete Auslegung nicht zu.
Sowohl § 4 b FANG als auch § 4 c FANG machen unzweifelhaft deutlich, dass es für die Anwendung des § 22 b FRG allein darauf ankommt, ob der Berechtigte vor dem 07.05.1996 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen hat. Auch in dem vom Sozialgericht herangezogenen Artikel 6 § 4 c FANG, der nicht die Anwendung des § 22b FRG betrifft, sind die Voraussetzungen der Aufenthaltsnahme vor dem 07.05.1996 und des Rentenbeginns vor dem 01.10.1996 eindeutig kumulativ geregelt.
Während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens hat kein Zweifel bestanden und ist auch in keiner zu diesem Fragenkreis bisher ergangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) in Frage gestellt worden, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes wie dem ihm vom Gesetzgeber beigelegten Zweck das neue, am 07.05.1996 noch nicht verkündete Fremdrentenrecht und der mit ihm verbundene Systemwechsel nur für die Berechtigten nicht zur Anwendung kommen sollten, die vor dem 07.05.1996 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen hatten (vgl. etwa die Ausführungen in BSG B 5 RJ 26/98 R vom 01.12.1999 - Bl. 6 des Umdrucks; B 4 RA 87/00 R vom 30.08.2001 - Bl. 12 des Umdrucks; B 4 RA 118/00 R vom 30.08.2001 - ebenfalls zum Fall einer Einreise im Juni 1996). Auch in der Literatur wird, soweit ersichtlich, eine andere Auslegung der Übergangsvorschriften nicht in Erwägung gezogen.
Die Beklagte hat deshalb unter Anwendung von § 22 b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 die Rangstelle zutreffend bestimmt. Sowohl der Kläger als auch seine Ehegattin sind nicht vor dem 07.05.1996 in die Bundesrepublik eingereist, für beide Renten sind (ausschließlich) EP für FRG-Zeiten zu berücksichtigen. § 22 b Abs. 3 S. 1 begrenzt die Summe der EP für FRG-Zeiten in Renten für Ehegatten oder für Berechtigte, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, auf insgesamt 40 EP, die die Beklagte aufgeteilt hat, sodass für den Kläger lediglich 20 EP der Altersrente zugrunde zu legen waren.
Die rückwirkende Anwendung des § 22 b FRG ist nicht verfassungswidrig. Durch § 22 b (und § 22 Abs. 4) FRG ist der mit dem RÜG eingeleitete Prozess der Ersetzung des Eingliederungsprinzips durch ein Prinzip der "Grundsicherung" bzw. des "sozialen Ausgleichs" vollzogen worden (vgl. BSG, Urteil vom 01.12.1999 - B 5 RJ 26/98 R). Die Altersrente des Klägers als nach dem 06.05.1996 zugezogenen Spätaussiedler wird wegen des Systemwechsels nach Art und Inhalt anders bzw. schlechter behandelt als die der bereits vor dem Inkrafttreten der Vorschrift am 07.05.1996 aus dem Vertreibungsgebiet ins Bundesgebietes zugezogenen FRG-Berechtigten. Wegen der Begrenzung auf höchstens 25 EP (§ 22 b Abs. 1 S. 1 FRG) bzw. 40 EP für Ehepaare liegt der monatliche Wert der Rente stets und ausnahmslos höchstens unterhalb des durchschnittlichen Bedarfs an sozialhilferechtlicher Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Wert der Rente orientiert sich damit an der Eingliederungshilfe des § 62 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) / § 418 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III). Der Kläger erhält damit nur eine (pauschal) am Bedürftigkeitsprinzip bzw. dem Grundsatz der Existenzsicherung orientierte Leistung (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2001 - B 4 RA 87/00 R; Polster, DRV 1997, 63, 64). Während die vor dem 07.05.1996 zugezogenen Begünstigten im Ansatz so behandelt wurden, als wären sie nach den Bestimmungen des SGB VI beitragsrelevant versichert gewesen und hiervon ausgehend "beitragslos" in das ganze System integriert gewesen sind (vgl. BSG, Beschluss vom 16.11.2002 - B 4 RA 3/00 R; Urteil vom 30.08.2001 - B 4 RA 87/00 R) erhalten die betroffenen Spätaussiedler in Anwendung von § 22 b FRG ihre Altersrente aus der "gesetzlichen Rentenversicherung" von vornherein nur noch in Gestalt einer Sozialrente eigener Art, deren Wert sich stets aus dem Produkt der höchstens 25 Jahre (Abs. 1 S. 1) bzw. 20 Jahre (§ 22 b Abs. 3) mit Durchschnittsentgelten entsprechenden Rangstelle (entsprechend 25 EP, Abs. 1 S. 1 bzw. 20 EP, Abs. 3) und dem jeweiligen aktuellen Rentenwert ergibt. Wie das BSG im Urteil vom 30.08.2001 (a.a.0.) ausgeführt hat, bedeutet für den Inhaber einer Rangstelle mit einem in EP ausgedrückten Wert von kleiner 25, dass sie zusätzlich auf Sozialhilfe angewiesen sind, für Inhaber einer Rangstelle im Wert von 25 EP, dass sie pauschalierte Sozialhilfe aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Es handelt sich damit bei der neuen Sozialrente der Spätaussiedler um eine Fürsorgerente (BSG a.a.0.).
Wie das BSG in der bereits zitierten Entscheidung vom 30.08.2001 weiter ausgeführt hat, verstößt § 22 b Abs. 1 S. 1 FRG nicht gegen die Verfassung. Der Senat macht sich die Entscheidungsgründe des genannten Urteils, das den Beteiligten bekannt ist, zu eigen und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug. Für die im Falle des Klägers zur Anwendung gebrachte Regelung des § 23 b Abs. 3 FRG kann nichts anderes gelten. Der an der Eingliederungshilfe orientierten Fürsorgerenten für die ab dem 07.05.1996 zugereisten Spätaussiedler entspricht es, dass für Ehegatten und Personen, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, nicht das 2-fache des Grenzwertes (2 x 25 EP = 50 EP), sondern nur das 1,6-fache (1,6 x 25 EP = 40 EP) maßgebend sein sollen, weil bei zusammenlebenden Personen die fixen Kosten der Haushaltsführung entsprechend geringer sind (vgl. Verbandskommentar § 22b FRG Anm. 6.1). Auch die Aufteilung der insgesamt 40 EP auf die beiden berechtigten Ehegatten ist systemgerecht und verfassungsrechtlich unbedenklich.
Im Falle des Klägers wirkt § 22 b FRG i.V.m. Art. 6 § 4 b FANG allerdings zurück. Gleichwohl sind auch hier das Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG und Grundrechte des Klägers nicht verletzt.
Das Grundgesetz hat ein ausdrückliches Rückwirkungsverbot lediglich für das Strafrecht normiert (Art. 103 Abs. 2 GG). Die Rückwirkung eines Gesetzes verstößt deshalb nicht schlechthin gegen rechtsstaatliche Grundsätze. Mit dem Rechtsstaatsprinzip ist nicht jede rückwirkende Beseitigung einer Gläubigerposition der Gemeinschaft gegenüber unvereinbar. Es besteht kein allgemeiner Rechtssatz, der es dem Gesetzgeber verbietet, nachträglich an einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Tatbestand anzuknüpfen (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 9. Auflage Art. 20 Rdnr. 28). Das BVerfG unterscheidet beim Vertrauensschutz zwischen echter (retroaktiver) Rückwirkung und unechter (retrospektiver) Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BVerfG vor, "wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (BVerfGE 30, 367 385), während eine unechte Rückwirkung vorliegt, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit sogleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet" (BVerGE 95, 64, 86). Der 2. Senat des BVerfG unterscheidet zwischen einer "Rückbewirkung von Rechtsfolgen", der Erstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm auf einen Zeitpunkt vor ihrem Inkrafttreten (BVerfGE 72, 200, 241; 97, 77, 78), und der Erstreckung nicht des zeitlichen, sondern nur des sachlichen Anwendungsbereichs einer Norm auf bereits vor der Verkündung eingetretenen Sachverhalte.
§ 22 b FRG i.V.m. Art. 6 § 4 b stellt jedenfalls insoweit eine echte Rückwirkung bzw. eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen dar, weil gemäss Art. 12 WFG die Rechtsänderung die Anordnung an die Rentenversicherungsträger beinhaltet, ab dem Eintritt seiner äußeren Wirksamkeit im Zeitpunkt seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt gemäss Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG sich so zu verhalten, als habe das neue Recht bereits ab dem 07.05.1996 gegolten. Im Zeitpunkt der Verkündung des WFG im Bundesgesetzblatt am 25.09.1996 war, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, das Vollrecht des Klägers an einer Altersrente bereits entstanden, was auch durch die Gewährung der Altersrente für die Zeit nach dem 13.06.1996 zum Ausdruck kommt. Da das Grundgesetz grundsätzlich das Vertrauen darauf stützt, dass die mit abgeschlossenen Tatbeständen verknüpften gesetzlichen Rechtsfolgen anerkannt bleiben, belastende Gesetze daher insoweit nur erlaubt sind, als Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten, ist eine echte Rückwirkung grundsätzlich verfassungswidrig (vgl. Sommermann in: Das Bonner Grundgesetz, 4. Auflage Art. 20 Rdnr. 285 mit Hinweis auf BverfGE 97, 67, 78 und BVerfGE 30, 367, 385 f.). Grundsätzlich muss deshalb der vom Gesetz Betroffene bis zum Zeitpunkt der Verkündung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird (BVerfGE 97, 67, 78; 72, 200, 242, 254). Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG entfällt das schutzwürdige Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsfolgenlage in der Regel im Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung. Mit dem Tag des Gesetzesbeschlusses müssen die Betroffenen mit der Verkündung und dem Inkrafttreten der Neuregelung rechnen; es ist ihnen von diesem Zeitpunkt an zuzumuten, ihr Verhalten auf die beschlossene Gesetzeslage einzurichten. Der Gesetzgeber ist deshalb berechtigt, den zeitlichen Anwendungsbereich einer Regelung auch auf den Zeitpunkt von dem Gesetzesbeschluss bis zur Verkündung zu erstrecken (BVerfGE 13, 261, 272 f.; 31, 221,227; 95, 64, 87).
Das rechtstaatliche Rückwirkungsverbot darf allein aus den zwingenden Gründen des gemeinen Wohls und wegen eines nicht - oder nicht mehr - vorhandenen schutzbedürftigen Vertrauens des Einzelnen durchbrochen werden (BVerfGE 72, 200, 258). In der Rechtsprechung des BVerfG sind solche Rechtfertigungsgründe falltypisch, aber nicht erschöpfend entwickelt worden (BVerfGE 97, 67, 78; 72, 200, 259 f.). Liegt in diesem Sinne ein Grund vor, der es von Verfassung wegen rechtfertigt, das rechtstaatliche Rückwirkungsverbot zu durchbrechen, so darf diese Durchbrechung gleichwohl nicht zu Ergebnissen führen, die den grundrechtlichen Schutz des Lebenssachverhalts verletzen, der von dem Eingriff betroffen ist.
Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil die Zulässigkeit einer echten Rückwirkung verneint. Der endgültige Gesetzesbeschluss sei erst nach dem Tag der Einreise des Klägers in die Bundesrepublik (13.06.1996) ergangen. Die dritte Beratung des WFG sei am 09.07.1996 und die maßgebliche Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates erst am 12.09.1996 erfolgt. Deshalb sei das Vertrauen des Klägers geschützt. Dem kann sich der erkennende Senat nicht anschließen.
Das BVerfG hat bereits in mehreren Entscheidungen anerkannt, dass auch ein früherer Anknüpfungspunkt als der endgültige Gesetzesbeschluss zulässig sein kann (vgl. BVerfGE 97, 67, 81 f.; BVerfG NJW 1992, 2877 f.; BVerfGE 95, 64, 89; BVerfGE 76, 220). Zur Vermeidung eines Ankündigungseffektes kann danach auch der Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses der Bundesregierung der maßgebliche Zeitpunkt sein, ab dem mit einer Änderung der Rechtslage gerechnet werden musste. So führt das BVerfG in seiner Entscheidung vom 03.12.1997 (BVerfGE 97, 67, 79 ff.) in einem Fall aus dem Steuerrecht aus, der Gesetzgeber benötige zur Verwirklichung des Gemeinwohls einen Gestaltungsraum, um aufgetretenen Missständen einer Gesetzeslage abzuhelfen, ohne dass Dispositionen der Gesetzesadressaten die Neuregelung kurz vor ihrem Erlass durch Ausnutzung der bisherigen Regelung unterlaufen könnten. Der Gesetzgeber müsse die zur sofortigen Abwehrung öffentlicher Gefahren und Missstände geeigneten notwendigen Maßnahmen treffen können. Das Rechtsstaatsprinzip baue auf ein zwar Zeit beanspruchendes, aber im Wettlauf mit kurzfristigen Vertragsdispositionen dennoch effektives Gesetzgebungsverfahren. Bereits im Beschluss vom 15.01.1992 (NJW 1992, 2877) hatte das BVerfG für den Fall einer tatbestandlichen Rückanknüpfung durch das Steueränderungsgesetz 1973, der Wirkung für eine Investitionsentscheidung der Beschwerdeführerin zugemessen worden war, die bereits zu einem Zeitpunkt getroffen wurde, als noch nicht einmal die Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht worden war, die tatbestandliche Rückanknüpfung als Ziel der Regierung akzeptiert, den Ankündigungseffekt zu vermeiden. In seiner Entscheidung zum Wohnungsbindungsänderungsgesetz (BVerfGE 95, 64, 89) wiederholt das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz, dass das Vertrauen in den Fortbestand in eine Gesetzeslage erst mit dem Änderungsbeschluss des Bundestages zerstört werde. Dieser Gesichtspunkt habe aber insbesondere dann weniger Gewicht, wenn es darum gehe, einen Ankündigungseffekt zu vermeiden, der die beabsichtigte Wirkung der Gesetzesänderung ganz oder zum Teil zunichte zu machen drohe. Die Rückwirkung eines Gesetzes auf den Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses hat das BVerfG auch in seiner Entscheidung vom 15.07.1987 (BVerfGE 76, 220) zugelassen. In diesem Fall, in dem es um die Verfassungsmäßigkeit der Kürzung von Übergangsgeld und Unterhaltsgeld nach dem AFG durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 ging, hat das BVerfG im Wesentlichen darauf abgestellt, dass dem betroffenen Personenkreis ausreichend Zeit geblieben sei, sich auf die veränderte Bemessung des Unterhaltsgeldes einzustellen, denn schon im Juni 1983 sei der Beschluss des Bundeskabinetts über den Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 1984, der dann weitgehend unverändert Gesetz geworden sei, gefasst und im September 1983 dem Bundestag zugeleitet worden.
Zur Vermeidung des Ankündigungseffektes kann daher auch der Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses der Bundesregierung der maßgebliche Zeitpunkt sein, an dem mit einer Änderung der Rechtslage gerechnet werden muss (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, 4. Auflage, Art. 20 Rdnr. 32). Der Bundesgerichtshof (BGH - Beschluss vom 11.02.1999 - IX ZR 298/97) führt hierzu aus, es entfalle das schützwürdige Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage in der Regel zwar erst zum Zeitpunkt des endgültigen Gesetzesbeschlusses über die Neuregelung, nicht jedoch schon mit dem Bekannt werden von Gesetzesinitiativen oder der öffentlichen Berichterstattung über die Vorbereitung einer Neuregelung durch den Gesetzgeber. Über ein unverbindliches Vorstadium einer gesetzlichen Neuregelung sei der Kabinettsbeschluss (22.03.1988) hinausgegangen, weil mit Rücksicht auf die politischen Mehrheitsverhältnisse in den Gesetzgebungsorganen der Erlass eines ent- sprechenden Gesetzes mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen sei. Deshalb habe auch vom Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses an kein sachlicher Grund mehr bestanden, an die Fortgeldung der früheren Rechtslage in schutz- würdiger Weise zu vertrauen.
So liegt der Fall auch hier. Zur Überzeugung des Senats durfte der Kläger bereits bei seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 13.06.1996 nicht mehr darauf vertrauen, dass er in der Bundesrepublik dem früheren Eingliederungsprinzip entsprechende Leistungen würde beziehen können. Denn bereits im ursprünglichen Entwurf des Gesetzesbeschlusses (siehe BT-Drs. 13/4610 vom 10.05.1996) waren die für den Kläger ungünstige Gesetzesänderung sowie ihr Inkrafttreten für ab dem 07.05.1996 einreisende Spätaussiedler vorgesehen. An der Anknüpfung an den Tag der Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland und dem dafür gewählten Stichtag hat zudem während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens kein Zweifel bestanden. Der gewählte Stichtag und das stets beabsichtigte rückwirkende Inkrafttreten des Gesetzes war auch erforderlich, um einen Ankündigungseffekt zu vermeiden und um das gewählte gesetzgeberische Ziel eines rasch greifenden Systemwechsels zu realisieren.
Der Senat hält daher die Durchbrechung des rechtstaatlichen Rückwirkungsverbots hierfür zulässig. Sie führt auch nicht zu Ergebnissen, die den grundrechtlichen Schutz des Lebenssachverhalts verletzt, der von dem Eingriff - durch die nachträgliche Änderung der Rechtsfolgen - betroffen ist.
Auf Art. 14 GG konnte sich der Kläger bei seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht berufen. Vor dem Zuzug in den räumlichen Geltungsbereich des FRG haben die im Vertreibungsgebiet wohnenden Volksdeutschen nämlich kein Anrecht, keine Anwartschaft und kein Anwartschaftsrecht im deutschen Rentenversicherungsrecht (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2001 - B 4 RA 87/00 R -). Der Kläger ist erstmals mit seinem Zuzug in die Bundesrepublik am 13.06.1996 in den Geltungsbereich des GG gekommen und konnte frühestens ab diesem Zeitpunkt Versicherter und damit überhaupt Inhaber notwendig vom bundesdeutschen Gesetzgeber ausgestalteten (Art. 14 Abs. 2 GG) renten- rechtlichen Positionen werden. Sein in diesem Augenblick zum Vollrecht erstarkter Anspruch auf Altersrente war eigentumsrechtlich nicht geschützt, weil der Anspruch allein auf FRG-Zeiten , mithin er auf keinerlei Eigenleistung des Klägers zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung beruhte.
Das Vertrauen des Klägers darauf, dass er von der Bundesrepublik eine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten werde, die auf dem Eingliederungsprinzip beruht, ist deshalb nach allem nicht geschützt gewesen. Bis zu seiner Einreise in die Bundesrepublik hat es sich, wie dargelegt, um eine bloße rechtlich nicht gesicherte Erwartung gehandelt und im Zeitpunkt seines Zuzugs in die Bundesrepublik und der Entstehung des Rentenanspruchs war bereits als sicher bevorstehend zu erwarten, dass sich seine Ansprüche nicht mehr unter Zugrundelegung des bis dahin herrschenden Eingliederungsprinzips bestimmen würden.
Da ausschließlich die Beklagte Berufung eingelegt hat und die Beteiligten die Überprüfung der Frage der Rechtmäßigkeit der Leistungsbegrenzung nach § 22 Abs. 3 FRG ausgeklammert haben, bestand für den Senat keine Veranlassung, die letztgenannte Frage zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
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