Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 23 SB 280/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 SB 120/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.08.2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "außergewöhnliche Gehbehinderung" (Merkzeichen "aG").
Der Beklagte hat beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 (Bescheid vom 30.08.2001) und das Merkzeichen "G" - "erhebliche Gehbehinderung" - (Bescheid vom 25.10.1988) festgestellt. Er ist dabei von folgenden Gesundheitsstörungen ausgegangen:
Funktionseinschränkung der unteren Extremitäten bei Verschleißerscheinungen beider Hüftgelenke, Verschleißsymptomen des rechten Kniegelenks (GdB 60), Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen (GdB 20), Leberzellschaden (GdB 10). Der erste Antrag des Klägers auf Feststellung des Merkzeichens "aG" ist mit Bescheid des Beklagten vom 20.06.1989 bindend abgelehnt worden. Den zweiten Antrag vom 25.03.1999 hat der Beklagte nach Einholung eines Befundberichtes und eines ärztlichen Gutachtens mit Bescheid vom 30.09.1999 und Widerspruchsbescheid vom 19.11.1999 abgelehnt.
Der Kläger hat am 22.11.1999 Klage erhoben. Er hat eine in einer anderen Streitsache erteilte Auskunft der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik in Dortmund vom 10.02.2000 vorgelegt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.09.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.11.1999 zu verurteilen, beim Kläger den Nachteilsausgleich "aG" ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. N vom 26.02.2000 sowie ein Gutachten des Orthopäden Dr. E vom 16.06.2000 eingeholt und danach die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nicht zu dem in der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Straßenverkehrsordnung (StVO) genannten Personenkreis gehöre und diesem auch nicht gleichzustellen sei. Ein Vergleich mit einem praktisch gut versorgten Doppelunterschenkelamputierten sei nicht zulässig. Es müsse vielmehr ein Leidenszustand vorliegen, der den Gehbehinderten praktisch an den Rollstuhl bindet. Ein solcher Zustand liege beim Kläger, der sich noch über eine Wegstrecke von ca. 150 m auf seinen Beinen fortbewegen könne, nicht vor.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 17.08.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.08.2001 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG-Urteil vom 17.12.1997 - 9 RVs 16/96 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 22) sei auch derjenige außergewöhnlich gehbehindert, der mit einem prothetisch gut versorgten Doppelunterschenkelamputierten vergleichbar sei. Die Gehfähigkeit des Klägers sei aber sogar noch stärker beeinträchtigt als bei einem solchen Doppelunterschenkelamputierten. Die Zuerkennung des Merkmals "aG" dürfe nicht von einer prothetischen Versorgung abhängig gemacht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.08.2001 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 30.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.1999 zu verurteilen, die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG) festzustellen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger am 00.00.2001 einen Herzinfarkt erlitten. Der Leiter der kardiologischen Klinik der Katholischen Kliniken F, Dr. K hat in einem Befundbericht vom 28.01.2002 hierüber berichtet. Er hat mitgeteilt, dass der Kläger während des stationären Aufenthaltes im November 2001 in seiner Gehfähigkeit nicht eingeschränkt war.
Wegen des sonstigen Sachverhalts wird auf den übrigen Inhalt der Streitakte sowie auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "außergewöhnliche Gebehinderung".
Nach § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, 9. Buch (SGB IX) - bis 30.06.2001 nach § 4 Abs. 4 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) - ist es Aufgabe des Versorgungsamtes, die Voraussetzungen für diesen Nachteilsausgleich festzustellen und das Merkzeichen "aG" in den Schwerbehindertenausweis einzutragen (§ 3 Abs. 1 Schwerbehindertenausweisverordnung). Wer als außergewöhnlich gehbehindert anzusehen ist, ergibt sich dabei aus § 6 Abs. 1 Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz, auf den § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Ausweisverordnung hinweist, i.V.m. Nr. 11, II 1 allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO. Danach ist außergewöhnlich gehbehindert, wer sich wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen kann. Dazu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend angeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger nicht. Er kann ihm auch nicht gleichgestellt werden.
Für eine Gleichstellung kommt es nicht auf eine etwaige vergleichbare allgemeine Schwere des Leidens an, sondern allein darauf, dass die Auswirkungen auf die Gehfähigkeit funktionell gleich zu achten sind. Der Leidenszustand muss also ebenso wie bei dem in den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften genannten Personenkreis wegen einer außergewöhnlichen Behinderung beim Gehen die Fortbewegung auf das Schwerste einschränken (BSG SozR 3870 § 3 Nr. 28, WSG SozR 3-3870, § 4 Nr. 22). Der Personenkreis ist eng zu fassen, denn mit der Ausweitung des Personenkreises steigt nicht nur die Anzahl der Benutzer, dem an sich mit einer Vermehrung entsprechender Parkplätze begegnet werden könnte. Mit jeder Vermehrung der Parkfläche wird aber dem gesamten Personenkreis eine durchschnittlich längere Wegstrecke zugemutet, weil ortsnaher Parkraum nicht beliebig geschaffen werden kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 22 m.w.N.). Hinsichtlich der unterschiedlichen Gruppen der Amputierten stellt das BSG fest, dass nur Art und Ausmaß der Schädigungsfolge, nicht aber die Möglichkeit der prothetischen Versorgung maßgebend sein soll. Es geht davon aus, dass unter Berücksichtigung der ebenfalls aufgeführten Doppelunterschenkelamputierten es im Einzelfall auch dazu führen kann, dass ein prothetisch gut versorgter Doppelunterschenkelamputierter den Nachteilsausgleich erhält. Dennoch leide eine große Zahl dieser Personengruppe häufig unter Stumpfbeschwerden und sei in der Fortbewegungsfähigkeit aufs Schwerste behindert. Hierauf stelle die Verwaltungsvorschrift aber - insoweit typisierend - ab (BSG-Urteil vom 17.12.1997 a.a.0.).
Auf diese Rechtsprechung des BSG, der auch der erkennende Senat folgt, weist der Kläger zu Recht hin. Allerdings ist der Kläger auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nicht außergewöhnlich gehbehindert. Zwar ist nach der überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. E die Gehfähigkeit des Klägers schlechter als bei einem prothetisch versorgten Doppelunterschenkelamputierten. Eine Vergleichbarkeit mit dem in der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO genannten Personenkreis ist dennoch nicht schon deshalb gegeben. Wenn das BSG die Zuerkennung des Merkmals "aG" nicht von der Möglichkeit der prothetischen Versorgung abhängig macht und folglich auch ein prothetisch gut versorgter Doppelunterschenkelamputierter das Merkzeichen "aG" erhält, so ist bei einem Vergleich von anderen - nicht beinamputierten - Gehbehinderten mit Doppelunterschenkelamputierten doch zu beachten, dass das BSG in seiner Entscheidung vom 17.12.1997 die Zugehörigkeit der Doppelunterschenkelamputierten zum genannten Personenkreis mit den häufig auftretenden Stumpfbeschwerden begründet; wegen der damit verbundenen Prothesenunverträglichkeit sind Doppelunterschenkelamputierten dann in der Fortbewegungsfähigkeit aufs Schwerste behindert. Daraus folgt, dass andere als durch Amputationen die gehbehinderte Personen nur dann mit dem Personenkreis nach der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO - insbesondere auch mit Doppelunterschenkelamputierten - vergleichbar sind, wenn sie so stark gehbehindert sind wie prothetisch nicht oder unzureichend versorgte Beinamputierte.
Das trifft auf den Kläger jedoch nicht zu. Denn er kann nach der überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. E im Gutachten vom 16.06.2000 noch 150 m unter Benutzung von zwei Unterarmgehstützen ohne unzumutbare Beschwerden zurücklegen. Eine ähnlich weite Gehstrecke - 100 m - hat der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. N in seinem Befundbericht vom 26.02.2000 für möglich gehalten und die Vergleichbarkeit mit dem in der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO genannten Personenkreis ausdrücklich verneint. Die Richtigkeit dieser ärztlichen Einschätzung wird noch dadurch unterstrichen, dass der Kläger beim Gehen offensichtlich auf die Benutzung der ärztlich verordneten Unterarmgehstützen nicht angewiesen ist; denn er hat sich sowohl bei der Untersuchung durch Dr. E wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht keiner Unterarmgehstützen bedient.
Schließlich ist es während des stationären Krankenhausaufenthaltes vom 22. bis 27.11.2001 gar nicht bemerkt worden, dass der Kläger gehbehindert ist. Dieses zu verschiedenen Zeiten beobachtete Erscheinungsbild spricht eindeutig dagegen, dass der Kläger so stark wie die in der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO genannten Personen und damit auf das Schwerste gehbehindert ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Rechtssache nicht grundsätzliche Bedeutung und nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "außergewöhnliche Gehbehinderung" (Merkzeichen "aG").
Der Beklagte hat beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 (Bescheid vom 30.08.2001) und das Merkzeichen "G" - "erhebliche Gehbehinderung" - (Bescheid vom 25.10.1988) festgestellt. Er ist dabei von folgenden Gesundheitsstörungen ausgegangen:
Funktionseinschränkung der unteren Extremitäten bei Verschleißerscheinungen beider Hüftgelenke, Verschleißsymptomen des rechten Kniegelenks (GdB 60), Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen (GdB 20), Leberzellschaden (GdB 10). Der erste Antrag des Klägers auf Feststellung des Merkzeichens "aG" ist mit Bescheid des Beklagten vom 20.06.1989 bindend abgelehnt worden. Den zweiten Antrag vom 25.03.1999 hat der Beklagte nach Einholung eines Befundberichtes und eines ärztlichen Gutachtens mit Bescheid vom 30.09.1999 und Widerspruchsbescheid vom 19.11.1999 abgelehnt.
Der Kläger hat am 22.11.1999 Klage erhoben. Er hat eine in einer anderen Streitsache erteilte Auskunft der Bundesfachschule für Orthopädie-Technik in Dortmund vom 10.02.2000 vorgelegt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.09.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.11.1999 zu verurteilen, beim Kläger den Nachteilsausgleich "aG" ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. N vom 26.02.2000 sowie ein Gutachten des Orthopäden Dr. E vom 16.06.2000 eingeholt und danach die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nicht zu dem in der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 46 Straßenverkehrsordnung (StVO) genannten Personenkreis gehöre und diesem auch nicht gleichzustellen sei. Ein Vergleich mit einem praktisch gut versorgten Doppelunterschenkelamputierten sei nicht zulässig. Es müsse vielmehr ein Leidenszustand vorliegen, der den Gehbehinderten praktisch an den Rollstuhl bindet. Ein solcher Zustand liege beim Kläger, der sich noch über eine Wegstrecke von ca. 150 m auf seinen Beinen fortbewegen könne, nicht vor.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 17.08.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.08.2001 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG-Urteil vom 17.12.1997 - 9 RVs 16/96 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 22) sei auch derjenige außergewöhnlich gehbehindert, der mit einem prothetisch gut versorgten Doppelunterschenkelamputierten vergleichbar sei. Die Gehfähigkeit des Klägers sei aber sogar noch stärker beeinträchtigt als bei einem solchen Doppelunterschenkelamputierten. Die Zuerkennung des Merkmals "aG" dürfe nicht von einer prothetischen Versorgung abhängig gemacht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.08.2001 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 30.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.1999 zu verurteilen, die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "außergewöhnliche Gehbehinderung" (aG) festzustellen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger am 00.00.2001 einen Herzinfarkt erlitten. Der Leiter der kardiologischen Klinik der Katholischen Kliniken F, Dr. K hat in einem Befundbericht vom 28.01.2002 hierüber berichtet. Er hat mitgeteilt, dass der Kläger während des stationären Aufenthaltes im November 2001 in seiner Gehfähigkeit nicht eingeschränkt war.
Wegen des sonstigen Sachverhalts wird auf den übrigen Inhalt der Streitakte sowie auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "außergewöhnliche Gebehinderung".
Nach § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, 9. Buch (SGB IX) - bis 30.06.2001 nach § 4 Abs. 4 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) - ist es Aufgabe des Versorgungsamtes, die Voraussetzungen für diesen Nachteilsausgleich festzustellen und das Merkzeichen "aG" in den Schwerbehindertenausweis einzutragen (§ 3 Abs. 1 Schwerbehindertenausweisverordnung). Wer als außergewöhnlich gehbehindert anzusehen ist, ergibt sich dabei aus § 6 Abs. 1 Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz, auf den § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Ausweisverordnung hinweist, i.V.m. Nr. 11, II 1 allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO. Danach ist außergewöhnlich gehbehindert, wer sich wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen kann. Dazu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend angeführten Personenkreis gleichzustellen sind.
Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger nicht. Er kann ihm auch nicht gleichgestellt werden.
Für eine Gleichstellung kommt es nicht auf eine etwaige vergleichbare allgemeine Schwere des Leidens an, sondern allein darauf, dass die Auswirkungen auf die Gehfähigkeit funktionell gleich zu achten sind. Der Leidenszustand muss also ebenso wie bei dem in den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften genannten Personenkreis wegen einer außergewöhnlichen Behinderung beim Gehen die Fortbewegung auf das Schwerste einschränken (BSG SozR 3870 § 3 Nr. 28, WSG SozR 3-3870, § 4 Nr. 22). Der Personenkreis ist eng zu fassen, denn mit der Ausweitung des Personenkreises steigt nicht nur die Anzahl der Benutzer, dem an sich mit einer Vermehrung entsprechender Parkplätze begegnet werden könnte. Mit jeder Vermehrung der Parkfläche wird aber dem gesamten Personenkreis eine durchschnittlich längere Wegstrecke zugemutet, weil ortsnaher Parkraum nicht beliebig geschaffen werden kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 22 m.w.N.). Hinsichtlich der unterschiedlichen Gruppen der Amputierten stellt das BSG fest, dass nur Art und Ausmaß der Schädigungsfolge, nicht aber die Möglichkeit der prothetischen Versorgung maßgebend sein soll. Es geht davon aus, dass unter Berücksichtigung der ebenfalls aufgeführten Doppelunterschenkelamputierten es im Einzelfall auch dazu führen kann, dass ein prothetisch gut versorgter Doppelunterschenkelamputierter den Nachteilsausgleich erhält. Dennoch leide eine große Zahl dieser Personengruppe häufig unter Stumpfbeschwerden und sei in der Fortbewegungsfähigkeit aufs Schwerste behindert. Hierauf stelle die Verwaltungsvorschrift aber - insoweit typisierend - ab (BSG-Urteil vom 17.12.1997 a.a.0.).
Auf diese Rechtsprechung des BSG, der auch der erkennende Senat folgt, weist der Kläger zu Recht hin. Allerdings ist der Kläger auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nicht außergewöhnlich gehbehindert. Zwar ist nach der überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. E die Gehfähigkeit des Klägers schlechter als bei einem prothetisch versorgten Doppelunterschenkelamputierten. Eine Vergleichbarkeit mit dem in der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO genannten Personenkreis ist dennoch nicht schon deshalb gegeben. Wenn das BSG die Zuerkennung des Merkmals "aG" nicht von der Möglichkeit der prothetischen Versorgung abhängig macht und folglich auch ein prothetisch gut versorgter Doppelunterschenkelamputierter das Merkzeichen "aG" erhält, so ist bei einem Vergleich von anderen - nicht beinamputierten - Gehbehinderten mit Doppelunterschenkelamputierten doch zu beachten, dass das BSG in seiner Entscheidung vom 17.12.1997 die Zugehörigkeit der Doppelunterschenkelamputierten zum genannten Personenkreis mit den häufig auftretenden Stumpfbeschwerden begründet; wegen der damit verbundenen Prothesenunverträglichkeit sind Doppelunterschenkelamputierten dann in der Fortbewegungsfähigkeit aufs Schwerste behindert. Daraus folgt, dass andere als durch Amputationen die gehbehinderte Personen nur dann mit dem Personenkreis nach der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO - insbesondere auch mit Doppelunterschenkelamputierten - vergleichbar sind, wenn sie so stark gehbehindert sind wie prothetisch nicht oder unzureichend versorgte Beinamputierte.
Das trifft auf den Kläger jedoch nicht zu. Denn er kann nach der überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen Dr. E im Gutachten vom 16.06.2000 noch 150 m unter Benutzung von zwei Unterarmgehstützen ohne unzumutbare Beschwerden zurücklegen. Eine ähnlich weite Gehstrecke - 100 m - hat der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. N in seinem Befundbericht vom 26.02.2000 für möglich gehalten und die Vergleichbarkeit mit dem in der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO genannten Personenkreis ausdrücklich verneint. Die Richtigkeit dieser ärztlichen Einschätzung wird noch dadurch unterstrichen, dass der Kläger beim Gehen offensichtlich auf die Benutzung der ärztlich verordneten Unterarmgehstützen nicht angewiesen ist; denn er hat sich sowohl bei der Untersuchung durch Dr. E wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht keiner Unterarmgehstützen bedient.
Schließlich ist es während des stationären Krankenhausaufenthaltes vom 22. bis 27.11.2001 gar nicht bemerkt worden, dass der Kläger gehbehindert ist. Dieses zu verschiedenen Zeiten beobachtete Erscheinungsbild spricht eindeutig dagegen, dass der Kläger so stark wie die in der Verwaltungsvorschrift zu § 46 StVO genannten Personen und damit auf das Schwerste gehbehindert ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Rechtssache nicht grundsätzliche Bedeutung und nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved