L 4 RA 33/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RA 224/98
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RA 33/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 12/00 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13. April 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 00.00.1963 geborene Klägerin teilte der Beklagten am 06.02.1998 mit, daß sie seit Anfang 1998 freiberuflich als Hebamme tätig sei und eine Mitarbeiterin beschäftige, und stellte den Antrag auf Freistellung von der Rentenversicherungspflicht zum 01.01.1998. Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 23.02.1998 und Widerspruchsbescheid vom 09.11.1998 mit der Begründung ab, daß die Klägerin als freiberufliche Hebamme nach § 2 Nr. 3 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) auch bei Beschäftigung einer Mitarbeiterin der Rentenversicherungspflicht unterliege und deshalb dem Befreiungsantrag nicht stattgegeben werden könne.

Mit der am 25.11.1998 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, daß der Rechtsfrage der Versicherungspflicht von Hebammen grundsätzliche Bedeutung zukomme; sie habe nunmehr vier Angestellte; außerdem arbeiteten noch zwei weitere Hebammen mit.

Das Sozialgericht (SG) ist von dem Antrag ausgegangen,

die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 23.02.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.1998 die Klägerin dahin zu bescheiden, daß sie als freiberufliche Hebamme der gesetzlichen Versicherungspflicht nicht unterliege.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 13.04.2000 mit der Begründung abgewiesen daß die Klägerin der Rentenversicherungspflicht nach § 2 Nr. 3 SGB VI unterliege und diese Bestimmung auch nicht gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verstoße.

Gegen das ihr am 24.05.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.06.2000 Berufung eingelegt: § 2 Nr. 3 SGB VI könne nicht herangezogen werden, weil ihre Heranziehung als Selbständige nicht rational sei und eine erhebliche Ungleichbehandlung bedeute; da sie einen eigenen Betrieb führe, sei sie auch nicht schutzbedürftig.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13. April 2000 abzuändern, den Bescheid vom 23. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. November 1998 aufzuheben und festzustellen, daß sie als Hebamme nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23.02.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.1998 ist nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht in ihrer Tätigkeit als Hebamme.

Das ergibt sich eindeutig aus § 2 Nr. 3 SGB VI, den die Beklagte nach Wortlaut und Sinn richtig angewandt hat, wie auch von der Klägerin letztlich nicht in Abrede gestellt wird. Die Beschäftigung von Hilfskräften steht der Versicherungspflicht nicht entgegen (vgl. dazu Gürtner in Kasseler Kommentar, Stand 29. Ergänzungslief. 01.12.1999, § 2 SGB VI Rn. 16).

Nach der Überzeugung des erkennenden Senats verstößt die Bestimmung des § 2 Nr. 3 SGB VI auch nicht gegen das GG, so daß eine Aussetzung des Verfahrens verbunden mit einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht in Betracht kommt. Der Gesetzgeber hat traditionell bestimmte Berufsgruppen selbständig Tätiger in die Rentenversicherungspflicht einbezogen, die er im Rahmen des ihm obliegenden weiten Ermessensspielraumes bei der Gesetzgebung im Sozialrecht und der dabei zulässigen Typisierung generell als schutzbedürftig ansieht (vgl. Gürtner aaO Rn. 2); auf die konkrete soziale Schutzbedürftigkeit kommt es nicht an (s.a. BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2). Daß der Gesetzgeber dabei offensichtlich unsachgemäß gehandelt hätte, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Klägerin dezidiert nicht vorgetragen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Hebammengesetzes vom 04.06.1985 (BGBl I S. 902) muß die Hebamme ihre Leistungen persönlich erbringen, was angesichts der begrenzten Zahl von ihr betreuungsfähiger Geburten ihrem Einkommensrahmen überschaubare Grenzen setzt. Überdies arbeiten Hebammen in aller Regel allein, während die Bildung von Hebammenunternehmen, wie es die Klägerin offensichtlich aufgebaut hat, ausgesprochen selten ist - etwa im Gegensatz zu Krankenpflegeunternehmen, die sich im Gefolge des Pflegeversicherungsgesetzes in großer Zahl gebildet haben. Es erscheint deshalb nicht sachwidrig, wenn der Gesetzgeber diese Berufsgruppe insgesamt als so schutzwürdig ansieht wie Arbeitnehmer. Ein Verstoß gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gleichbehandlungsgrundsatz ist unter diesen Umständen nicht zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz. Anlaß, die Revision zuzulassen, bestand nicht.
Rechtskraft
Aus
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