Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 10 RJ 37/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RJ 24/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10.01.2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Februar 1998.
Der Kläger ist 1942 in der Türkei geboren und 1969 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen. Er war seit 1971 bei der C tätig und arbeitete dort zuletzt ab 1995 als Reinigungsarbeiter. Von September 1996 an war er arbeitsunfähig krank. Im April 1997 fand eine Bypass-Operation statt. Vom 29.10. bis 26.11.1997 wurde zu Lasten der Beklagten ein Heilverfahren in C durchgeführt, aus dem er als vollschichtig arbeitsfähig für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten wie auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der C entlassen wurde; in dem Entlassungsbericht vom 12.12.1997 wurde festgestellt, daß von einer erfolgreichen operativen Myokardrevaskularisation ausgegangen werden könne und die kardiale Belastbarkeit des Klägers gut sei. Bis Februar 1998 bezog er Krankengeld und anschließend bis Mai 2000 Arbeitslosengeld. Seitdem erhält er Arbeitslosenhilfe.
Am 06.01.1998 stellte er den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte holte ein Gutachten von dem Internisten und Kardiologen Dr. L aus E ein, der unter dem 14.05.1998 zu dem Ergebnis kam, daß der Kläger noch vollschichtig seinen bisherigen Beruf als Bahnreiniger und andere leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, schweres Heben und Tragen und ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten verrichten könne. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 17.06.1998 mit der Begründung ab, daß der Kläger noch vollschichtig Arbeiten ausüben könne und deshalb weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit bestehe. Dagegen legte dieser am 09.07.1998 Widerspruch ein, machte geltend, daß er seiner Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen könne und fügte ein Attest von dem Neurologen und Psychiater Dr. U aus E vom 30.07.1998 bei (Kläger "sei nach seinen Angaben nicht mehr in der Lage, einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen"). Die Beklagte holte ein Gutachten von der Arbeitsmedizinerin Dr. X aus E vom 09.10.1998 ein, die den Kläger ebenfalls für vollschichtig einsetzbar für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, auch als Bahnreiniger, hielt. Schließlich holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. F aus E ein, der unter dem 13.01.1999 ebenfalls zu dem Ergebnis kam, daß der Kläger seinen bisherigen Beruf ohne Nachtschicht vollschichtig ausüben könne. Nach Einholung einer Stellungnahme von ihrem Leitenden Arzt Dr. C vom 04.02.1999 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.1999 mit der Begründung zurück, daß der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten und auch seinen Hauptberuf als Bahnreiniger verrichten könne und deshalb weder erwerbs- noch berufsunfähig sei.
Der Kläger hat am 23.03.1999 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, daß er berufs- und erwerbsunfähig sei, weil er gesundheitlich zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nicht mehr in der Lage sei. Dazu hat er ein Attest seines Psychiaters L1 aus E vom 06.11.2000 vorgelegt, wonach er weiterhin arbeitsunfähig krank sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.1999 zu verurteilen, ihm ab dem 01.02.1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, daß der Kläger körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne, und hat sich auf eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. I vom 06.07.1999 berufen.
Das Sozialgericht (SG) hat Befundberichte von dem Internisten Dr. T aus E vom 28.05.1999 (kardiologisch vollschichtige Einsatzfähigkeit für leichte bis mittelschwere Arbeiten), dem praktischen Arzt Dr. E aus E vom 14.06.1999 (nicht mehr zu irgendeiner Arbeit in der Lage seit Operation) und dem Psychiater L1 vom 15.06.1999 (aus psychiatrischer Sicht nicht mehr vollschichtig) beigezogen. Sodann hat das SG drei Gutachten eingeholt. Zunächst hat Dr. H aus L am 05.09.1999 ein nervenärztliches Gutachten erstattet und festgestellt, daß auf seinem Gebiet eine depressive Entwicklung mit Somatisierung vorliege und damit noch leichte bis mittelschwere Arbeiten geistig einfacher bis mittelschwieriger Art vollschichtig verrichten werden könnten. Falls der Kläger bereit bzw. willig sei, woran aus Altersgründen zu zweifeln sei, eine Behandlung in einer geeigneten psychosomatischen Klinik durchzuführen, könnten die Leistungseinbußen innerhalb von sechs Monaten soweit gebessert werden, daß er in der Lage sei, wieder mittelschwere bis schwere Arbeiten aufzunehmen. Im Anschluß daran ist Dr. G, Leitender Arzt der Inneren Abteilung des Schwerpunktes Kardiologie und Pulmonologie des T-Stiftes in E-I nach stationär Untersuchung des Klägers vom 17.11. bis 19.11.1999 und weisungsgemäßer Beiziehung eines orthopädischen Zusatzgutachtens von Dr. Q, Chefarzt der Abteilung für Physikalische Therapie und Beschäftigungstherapie des Katholischen Klinikums E, vom 29.10.1999 in seinem Gutachten vom 28.01.2000 zu folgenden Diagnosen gekommen:
1. Coronare Dreigefäßerkrankung mit Zustand nach Anlage eine zweifach coronaren Bypasses 4/97 als inkomplette Revaskularisation
2. Arterieller Hypertonus
3. Kombinierte Fettstoffwechselstörung unter Betonung der Neutralfette
4. Engpaßsymptomatik linkes Schultergelenk bei Schultereckgelenksverschleiß
5. Lendenwirbelsäulensyndrom
6. Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom
7. Brustwirbelsäulensyndrom
8. Hüftgelenkverschleiß beidseits
9. Arteria carotis interna-Stenose beidseits, asymptomatisch
Im Vordergrund ständen aus internistischer Sicht die "pectanginösen" Beschwerden, die belastungsunabhängig aufträten, für die sich allerdings kein organisches Korrelat finden lasse. Echokardiographisch zeige sich eine leichte Vergrößerung des linken Ventrikels bei guter Kontraktion. Die Fahrradergometrie habe sich nicht verwerten lassen, weil sich dort der Eindruck einer gewissen Aggravation der Beschwerden ergeben habe. Schon 1999 sei nervenärztlicherseits auf die Möglichkeit hingewiesen worden, daß sich die Beschwerden bei dem Kläger als Krankheitsgewinn und nachfolgend die depressive Entwicklung relativ fixiert hätten. Mit den feststellbaren Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch körperlich leichte Tätigkeiten geistig einfacher bis mittelschwerer Art wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen entweder im Freien unter Witterungsschutz oder besser noch in geschlossenen Räumen ohne besondere Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, ohne Nachtschicht, aber gegebenenfalls in Wechselschicht mit betriebsüblichen Pausen vollschichtig und regelmäßig verrichten. Jegliche Art einseitig dynamischer bzw. statischer Zwangshaltungen, Arbeiten im Knien, in der Hocke bzw. in der Bücke, Gerüst- und Leiterarbeiten, Tätigkeiten über Kopf bzw. solche mit fixierter Lenden-Becken-Hüftregion bei Rotationsbewegungen des Rumpfes seien nicht mehr zumutbar. Der Kläger könne noch ortsübliche Fußwege über 500 Meter mehrfach täglich zurücklegen.
Dem Ergebnis dieser Gutachten folgend hat das SG die Klage durch Urteil vom 10.01.2001 abgewiesen und ausgeführt, daß weder Erwerbs- noch Berufsunfähigkeit vorliege, weil der Kläger noch zahlreiche körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne, auf den er als Angelernter sozial zumutbar verweisbar sei. Die abweichende Auffassung des behandelnden Psychiaters L1 sei durch das psychiatrische Sachverständigengutachten von Dr. H widerlegt. Es liege weder eine schwere atypische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.
Gegen das ihm am 23.01.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.02.2001 Berufung eingelegt. Unter Vorlage eines Attestes von dem Internisten Dr. Q1 aus E vom 15.02.2001 trägt er vor, daß sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG Duisburg vom 10.01.2001 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.1999 zu verurteilen, ihm ab Februar 1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beruft sich auf eine weitere Stellungnahme von Dr. I vom 20.04.2001.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. G eingeholt, der unter dem 30.05.2001 zu dem Ergebnis gekommen ist, daß auch die zwischenzeitlich vorgelegten medizinischen Unterlagen keine Änderung in der Leistungsbeurteilung des Klägers bewirkten und daß Dr. I von der Beklagten zuzustimmen sei.
Der Kläger hat zwei weitere Äußerungen des Psychiaters L1 vorgelegt. In derjenigen vom 25.06.2001 hat dieser erklärt, daß sich bei dem Kläger auf Grund der seit längerem bestehenden depressiven Symptomatik, in der sich innerhalb der letzten Monate keine Besserung ergeben habe, derzeit Erwerbs- und Berufsunfähigkeit bestehe. Unter dem 26.09.2001 hat er erklärt, daß sich der Zustand des Klägers nicht verändert oder verschlechtert habe.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Rentenakte der Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akte und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter gemäß §§ 124 Abs. 2 und 155 Absätze 3, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden konnte, ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil er noch vollschichtig zahlreiche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann.
Ergänzend führt der Senat aus: Auch die im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Äußerungen des Klägers führen zu keiner für ihn günstigeren Beurteilung. Soweit es um die Stellungnahme von Dr. Q1 und die Bewertung der von diesem am 13.04.2000 durchgeführten Ergometrie geht, hat der Sachverständige Dr. G in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30.05.2001 überzeugend ausgeführt, daß sich insoweit keine Änderung in der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben ergibt. Auch der Senat hält dieses sorgfältige, widerspruchsfreie, auf ausführlicher Untersuchung des Klägers und Berücksichtigung zweier weiterer Gutachten beruhende Gutachten von Dr. G einschließlich ergänzender Stellungnahme in zweiter Instanz für insgesamt überzeugend, zumal auch vom Kläger nichts vorgetragen worden ist, was objektiv gegen die Glaubwürdigkeit dieses Gutachtens sprechen könnte. Soweit er sich auf seinen Psychiater L1 beruft, hat dieser in seiner letzten Stellungnahme vom 26.09.2001 zutreffend erklärt, daß sich der Gesundheitszustand des Klägers nicht verändert oder verschlechtert hat. Das bedeutet, daß auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, von dem Gutachten von Dr. G abzuweichen. Soweit der Psychiater in seinem Schreiben an die Klägerbevollmächtigten vom 25.06.2001 den Kläger als derzeit erwerbs- und berufsunfähig bezeichnet, so ist diese Stellungnahme schon mangels detaillierter Diagnosen in sozialmedizinischer Hinsicht ungeeignet, ein von der Beurteilung von Dr. G und insoweit insbesondere von Dr. H abweichendes und geringeres Leistungsvermögen des Klägers im Erwerbsleben zu beweisen; in rechtlicher Hinsicht ist zu bemängeln, daß dieser Arzt offensichtlich nicht die Tragweite der Rechtsbegriffe der Erwerbsunfähigkeit und der Berufsunfähigkeit übersieht und ihm insoweit auch keine Beurteilungskompetenz zukommt. Alles in allem bestehen keine objektiven Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger nicht noch vollschichtig zahlreiche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen und in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten könnte. Als ungelernter, allenfalls angelernter Arbeiter im unteren Bereich ist er auch sozial zumutbar uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit kommt auch für die Zeit ab 2001 keine Rentengewährung in Betracht, denn nach § 43 Abs. 3 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I 1827), gemäß seinem Art. 24 Abs. 1 am 01.01.2001 in Kraft getreten, ist nicht erwerbsgemindert, wer mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Anlaß, die Revision zuzulassen, bestand nicht.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Februar 1998.
Der Kläger ist 1942 in der Türkei geboren und 1969 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen. Er war seit 1971 bei der C tätig und arbeitete dort zuletzt ab 1995 als Reinigungsarbeiter. Von September 1996 an war er arbeitsunfähig krank. Im April 1997 fand eine Bypass-Operation statt. Vom 29.10. bis 26.11.1997 wurde zu Lasten der Beklagten ein Heilverfahren in C durchgeführt, aus dem er als vollschichtig arbeitsfähig für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten wie auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der C entlassen wurde; in dem Entlassungsbericht vom 12.12.1997 wurde festgestellt, daß von einer erfolgreichen operativen Myokardrevaskularisation ausgegangen werden könne und die kardiale Belastbarkeit des Klägers gut sei. Bis Februar 1998 bezog er Krankengeld und anschließend bis Mai 2000 Arbeitslosengeld. Seitdem erhält er Arbeitslosenhilfe.
Am 06.01.1998 stellte er den Antrag auf Gewährung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte holte ein Gutachten von dem Internisten und Kardiologen Dr. L aus E ein, der unter dem 14.05.1998 zu dem Ergebnis kam, daß der Kläger noch vollschichtig seinen bisherigen Beruf als Bahnreiniger und andere leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, schweres Heben und Tragen und ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten verrichten könne. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 17.06.1998 mit der Begründung ab, daß der Kläger noch vollschichtig Arbeiten ausüben könne und deshalb weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit bestehe. Dagegen legte dieser am 09.07.1998 Widerspruch ein, machte geltend, daß er seiner Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen könne und fügte ein Attest von dem Neurologen und Psychiater Dr. U aus E vom 30.07.1998 bei (Kläger "sei nach seinen Angaben nicht mehr in der Lage, einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen"). Die Beklagte holte ein Gutachten von der Arbeitsmedizinerin Dr. X aus E vom 09.10.1998 ein, die den Kläger ebenfalls für vollschichtig einsetzbar für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, auch als Bahnreiniger, hielt. Schließlich holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. F aus E ein, der unter dem 13.01.1999 ebenfalls zu dem Ergebnis kam, daß der Kläger seinen bisherigen Beruf ohne Nachtschicht vollschichtig ausüben könne. Nach Einholung einer Stellungnahme von ihrem Leitenden Arzt Dr. C vom 04.02.1999 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.1999 mit der Begründung zurück, daß der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten und auch seinen Hauptberuf als Bahnreiniger verrichten könne und deshalb weder erwerbs- noch berufsunfähig sei.
Der Kläger hat am 23.03.1999 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, daß er berufs- und erwerbsunfähig sei, weil er gesundheitlich zur Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nicht mehr in der Lage sei. Dazu hat er ein Attest seines Psychiaters L1 aus E vom 06.11.2000 vorgelegt, wonach er weiterhin arbeitsunfähig krank sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.1999 zu verurteilen, ihm ab dem 01.02.1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, daß der Kläger körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne, und hat sich auf eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. I vom 06.07.1999 berufen.
Das Sozialgericht (SG) hat Befundberichte von dem Internisten Dr. T aus E vom 28.05.1999 (kardiologisch vollschichtige Einsatzfähigkeit für leichte bis mittelschwere Arbeiten), dem praktischen Arzt Dr. E aus E vom 14.06.1999 (nicht mehr zu irgendeiner Arbeit in der Lage seit Operation) und dem Psychiater L1 vom 15.06.1999 (aus psychiatrischer Sicht nicht mehr vollschichtig) beigezogen. Sodann hat das SG drei Gutachten eingeholt. Zunächst hat Dr. H aus L am 05.09.1999 ein nervenärztliches Gutachten erstattet und festgestellt, daß auf seinem Gebiet eine depressive Entwicklung mit Somatisierung vorliege und damit noch leichte bis mittelschwere Arbeiten geistig einfacher bis mittelschwieriger Art vollschichtig verrichten werden könnten. Falls der Kläger bereit bzw. willig sei, woran aus Altersgründen zu zweifeln sei, eine Behandlung in einer geeigneten psychosomatischen Klinik durchzuführen, könnten die Leistungseinbußen innerhalb von sechs Monaten soweit gebessert werden, daß er in der Lage sei, wieder mittelschwere bis schwere Arbeiten aufzunehmen. Im Anschluß daran ist Dr. G, Leitender Arzt der Inneren Abteilung des Schwerpunktes Kardiologie und Pulmonologie des T-Stiftes in E-I nach stationär Untersuchung des Klägers vom 17.11. bis 19.11.1999 und weisungsgemäßer Beiziehung eines orthopädischen Zusatzgutachtens von Dr. Q, Chefarzt der Abteilung für Physikalische Therapie und Beschäftigungstherapie des Katholischen Klinikums E, vom 29.10.1999 in seinem Gutachten vom 28.01.2000 zu folgenden Diagnosen gekommen:
1. Coronare Dreigefäßerkrankung mit Zustand nach Anlage eine zweifach coronaren Bypasses 4/97 als inkomplette Revaskularisation
2. Arterieller Hypertonus
3. Kombinierte Fettstoffwechselstörung unter Betonung der Neutralfette
4. Engpaßsymptomatik linkes Schultergelenk bei Schultereckgelenksverschleiß
5. Lendenwirbelsäulensyndrom
6. Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom
7. Brustwirbelsäulensyndrom
8. Hüftgelenkverschleiß beidseits
9. Arteria carotis interna-Stenose beidseits, asymptomatisch
Im Vordergrund ständen aus internistischer Sicht die "pectanginösen" Beschwerden, die belastungsunabhängig aufträten, für die sich allerdings kein organisches Korrelat finden lasse. Echokardiographisch zeige sich eine leichte Vergrößerung des linken Ventrikels bei guter Kontraktion. Die Fahrradergometrie habe sich nicht verwerten lassen, weil sich dort der Eindruck einer gewissen Aggravation der Beschwerden ergeben habe. Schon 1999 sei nervenärztlicherseits auf die Möglichkeit hingewiesen worden, daß sich die Beschwerden bei dem Kläger als Krankheitsgewinn und nachfolgend die depressive Entwicklung relativ fixiert hätten. Mit den feststellbaren Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch körperlich leichte Tätigkeiten geistig einfacher bis mittelschwerer Art wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen entweder im Freien unter Witterungsschutz oder besser noch in geschlossenen Räumen ohne besondere Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, ohne Nachtschicht, aber gegebenenfalls in Wechselschicht mit betriebsüblichen Pausen vollschichtig und regelmäßig verrichten. Jegliche Art einseitig dynamischer bzw. statischer Zwangshaltungen, Arbeiten im Knien, in der Hocke bzw. in der Bücke, Gerüst- und Leiterarbeiten, Tätigkeiten über Kopf bzw. solche mit fixierter Lenden-Becken-Hüftregion bei Rotationsbewegungen des Rumpfes seien nicht mehr zumutbar. Der Kläger könne noch ortsübliche Fußwege über 500 Meter mehrfach täglich zurücklegen.
Dem Ergebnis dieser Gutachten folgend hat das SG die Klage durch Urteil vom 10.01.2001 abgewiesen und ausgeführt, daß weder Erwerbs- noch Berufsunfähigkeit vorliege, weil der Kläger noch zahlreiche körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten könne, auf den er als Angelernter sozial zumutbar verweisbar sei. Die abweichende Auffassung des behandelnden Psychiaters L1 sei durch das psychiatrische Sachverständigengutachten von Dr. H widerlegt. Es liege weder eine schwere atypische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.
Gegen das ihm am 23.01.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.02.2001 Berufung eingelegt. Unter Vorlage eines Attestes von dem Internisten Dr. Q1 aus E vom 15.02.2001 trägt er vor, daß sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG Duisburg vom 10.01.2001 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.06.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.1999 zu verurteilen, ihm ab Februar 1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beruft sich auf eine weitere Stellungnahme von Dr. I vom 20.04.2001.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. G eingeholt, der unter dem 30.05.2001 zu dem Ergebnis gekommen ist, daß auch die zwischenzeitlich vorgelegten medizinischen Unterlagen keine Änderung in der Leistungsbeurteilung des Klägers bewirkten und daß Dr. I von der Beklagten zuzustimmen sei.
Der Kläger hat zwei weitere Äußerungen des Psychiaters L1 vorgelegt. In derjenigen vom 25.06.2001 hat dieser erklärt, daß sich bei dem Kläger auf Grund der seit längerem bestehenden depressiven Symptomatik, in der sich innerhalb der letzten Monate keine Besserung ergeben habe, derzeit Erwerbs- und Berufsunfähigkeit bestehe. Unter dem 26.09.2001 hat er erklärt, daß sich der Zustand des Klägers nicht verändert oder verschlechtert habe.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Rentenakte der Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akte und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter gemäß §§ 124 Abs. 2 und 155 Absätze 3, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden konnte, ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, weil er noch vollschichtig zahlreiche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann.
Ergänzend führt der Senat aus: Auch die im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Äußerungen des Klägers führen zu keiner für ihn günstigeren Beurteilung. Soweit es um die Stellungnahme von Dr. Q1 und die Bewertung der von diesem am 13.04.2000 durchgeführten Ergometrie geht, hat der Sachverständige Dr. G in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30.05.2001 überzeugend ausgeführt, daß sich insoweit keine Änderung in der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben ergibt. Auch der Senat hält dieses sorgfältige, widerspruchsfreie, auf ausführlicher Untersuchung des Klägers und Berücksichtigung zweier weiterer Gutachten beruhende Gutachten von Dr. G einschließlich ergänzender Stellungnahme in zweiter Instanz für insgesamt überzeugend, zumal auch vom Kläger nichts vorgetragen worden ist, was objektiv gegen die Glaubwürdigkeit dieses Gutachtens sprechen könnte. Soweit er sich auf seinen Psychiater L1 beruft, hat dieser in seiner letzten Stellungnahme vom 26.09.2001 zutreffend erklärt, daß sich der Gesundheitszustand des Klägers nicht verändert oder verschlechtert hat. Das bedeutet, daß auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, von dem Gutachten von Dr. G abzuweichen. Soweit der Psychiater in seinem Schreiben an die Klägerbevollmächtigten vom 25.06.2001 den Kläger als derzeit erwerbs- und berufsunfähig bezeichnet, so ist diese Stellungnahme schon mangels detaillierter Diagnosen in sozialmedizinischer Hinsicht ungeeignet, ein von der Beurteilung von Dr. G und insoweit insbesondere von Dr. H abweichendes und geringeres Leistungsvermögen des Klägers im Erwerbsleben zu beweisen; in rechtlicher Hinsicht ist zu bemängeln, daß dieser Arzt offensichtlich nicht die Tragweite der Rechtsbegriffe der Erwerbsunfähigkeit und der Berufsunfähigkeit übersieht und ihm insoweit auch keine Beurteilungskompetenz zukommt. Alles in allem bestehen keine objektiven Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger nicht noch vollschichtig zahlreiche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen und in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten könnte. Als ungelernter, allenfalls angelernter Arbeiter im unteren Bereich ist er auch sozial zumutbar uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit kommt auch für die Zeit ab 2001 keine Rentengewährung in Betracht, denn nach § 43 Abs. 3 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I 1827), gemäß seinem Art. 24 Abs. 1 am 01.01.2001 in Kraft getreten, ist nicht erwerbsgemindert, wer mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Anlaß, die Revision zuzulassen, bestand nicht.
Rechtskraft
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