L 11 KA 165/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 10/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 165/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 130/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.09.2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt im Berufungsverfahren die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 4) und 8). Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zulassung als Vertragszahnarzt.

Der am 1947 geborene Kläger ist Mund-Kiefer-Gesichtschirurg. Er ist seit 1975 als Zahnarzt und seit 1978 als Arzt approbiert. Seit 1981 war der Kläger in B als Arzt und Zahnarzt niedergelassen und nahm an der kassen- bzw. vertragsärztlichen und -zahnärztlichen Versorgung teil. Daneben war er Belegarzt der Abteilung für Kieferchirurgie im Krankenhaus B. Er erzielte nach eigenen Angaben aus seiner Tätigkeit einen Gewinn vor Steuern von 800.000 bis 900.000 DM pro Jahr.

1983/84 strebte der Kläger die Beteiligung an einer Aktiengesellschaft nach englischem Recht an, wobei er den Beteiligungsbetrag in Höhe von ca. 1,5 Mio. DM zu 1,4 Mio. DM durch ein Darlehn der D AG finanzierte. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass das Unternehmen die Gelder abredewidrig nicht angelegt hatte. Hieraus ist dem Kläger eine zwar in Großbritannien titulierte, bislang aber nicht beitreibbare Schadenersatzforderung in Höhe von ca. 7,2 Mio. DM gegen die F U Ltd., M, entstanden. Aus steuerlichen Gründen unterhielt der Kläger außerdem eine Reihe von Schiffsbeteiligungen. Nachdem er bereits 1991 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, wurde im Hinblick auf eine Steuerforderung des Finanzamtes in Höhe von 1,5 Mio. DM sowie Gesamtforderungen in Höhe von 5,0 Mio. DM am 14.10.1993 gegen ihn das Konkursverfahren eröffnet (Amtsgericht (AG) N ... - und ... ). Seine Praxis führte er mit Zustimmung des Konkursverwalters zunächst weiter, wobei die kassenzahnärztlichen Honorare allerdings gepfändet waren. Im Hinblick hierauf gestand ihm das Vollstreckungsgericht zur Bestreitung seiner persönlichen Lebenshaltungskosten 3.375,40 DM und zur Bestreitung seiner Praxisaufwendungen 33.908,- DM monatlich zu (Beschluss vom 16.03.1994).

Von August 1992 bis November 1995 beschäftigte der Kläger in seiner Praxis Arbeitnehmerinnen, ohne Gesamtsozialversicherungsbeiträge in einer Höhe von zumindest 53.149,- DM an die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) und die Barmer Ersatzkasse rechtzeitig abzuführen. In der Zeit vom 22.10.1993 bis März 1996 erteilte er Aufträge für zahntechnische Leistungen im Gesamtvolumen von 202.969,49 DM, von denen lediglich 30.508,96 DM bezahlt wurden. Dabei stellte er wiederholt Schecks und Wechsel über insgesamt ca. 85.000,- DM aus, die nicht eingelöst wurden. In der Zeit vom 29.07.1995

bis zum 13.08.1995 mietete er für sich und seine Familie in Q (Österreich) ein Appartement und nahm Leistungen im Umfang von 108.600 ÖS in Anspruch. Die betreffende Rechnung bezahlte er mit einem Scheck, den die bezogene Bank nicht einlöste. Am 02.11.1995 ließ er durch eine Mitarbeiterin Hygieneartikel im Wert von 1.473,90 DM bestellen, die er nicht bezahlte. Am 01.03.1996 stellte er eine Zahnarzthelferin ein, deren Gehalt in Höhe von monatlich 4.000,- DM brutto zuzüglich 78,- DM vermögenswirksamer Leistungen er von Juni 1996 bis August 1996 nicht bezahlte. Aufgrund der geschilderten Vorgänge verurteilte das Amtsgericht (AG) L ihn wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 27 und Betruges in 32 Fällen rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung, wobei die Bewährungszeit zuletzt bis zum 13.07.2001 verlängert wurde (Urteil vom 29.10.1997 - 2105 Js 48607/95). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anklageschrift, die Niederschrift der Hauptverhandlung und das erstinstanzliche strafgerichtliche Urteil Bezug genommen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und der Bezirksregierung Düsseldorf befinden.

Am 03.05.1996 stellte die KKH einen Antrag auf Entziehung der Zulassung als Vertragszahnarzt, gestützt auf die nicht entrichteten Sozialversicherungsbeiträge. Diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss für Zahnärzte, Bezirk L, ab, weil die nicht rechtzeitige Entrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung keine gröbliche Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten darstelle (Beschluss vom 09.10.1996). Mit weiterem Beschluss vom 12.03.1997 lehnte der Zulassungsausschuss die Entziehung der Zulassung wegen Nichtausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit ab. Zum 10.04.1997 endete die Zulassung des Klägers durch Verzicht.

Am 05.06.1999 entnahm der Kläger im "L-Geschäft" in S der Kühltheke zwei Leberwürste und eine Rügenwalder Wurst im Gesamtwert von 9,50 DM, steckte sie in seine Hosentasche und passierte die Kasse, ohne die Waren zu bezahlen. Aufgrund dessen wurde er wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Freiheitsstrafe von 15 Tagessätzen zu je 50 DM verurteilt (rechtskräftiger Strafbefehl des AG T vom 14.10.1999 - ...). Am 04.10.1999 entwendete er in der Buchhandlung H im Hauptbahnhof E die Zeitschrift "Der Feinschmecker" im Werte von 9,80 DM, indem er sie hinter einer Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verbarg und lediglich diese im Wert von 2,- DM bezahlte. Deswegen verurteilte ihn das AG E wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 200 DM (rechtskräftiger Strafbefehl vom 07.02.2000 - ...). Am 10.02.2000, 01.03.2000, 26.09.2000 und am 16.10.2000 ergingen Haftbefehle des AG C gegen den Kläger, weil dieser in Zwangsvollstreckungssachen nicht, wie von den Gläubigern beantragt, die eidesstattliche Versicherung abgab bzw. ergänzte ( ...).

Seit dem Verzicht auf die Zulassung war der Kläger in den Jahren 1998 und 1999 als Praxisvertreter an verschiedenen Orten in Deutschland tätig. Während des Jahres 2000 übte er im Wesentlichen keine Berufstätigkeit aus. Seit dem 04.12.2000 ist er im Rahmen einer aus vier Zahnärzten bestehenden Praxisgemeinschaft in den Räumen der N-Zahnklinik in E als Zahnarzt tätig. Er behandelt dort Privatpatienten, Kassenpatienten nur als Vertreter eines der drei anderen Zahnärzte, die als Vertragszahnärzte zugelassen sind. Am 23.04.2001 beantragte der Kläger die Zulassung für den Vertragszahnarztsitz M-allee, E.

Diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss ab (Beschluss vom 29.08.2001). Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte zurück (Beschluss vom 20.11.2001). Zur Begründung führte er aus: Der Kläger sei im Sinne des § 21 der Zulassungsverordnung für Zahnärzte (Zahnärzte-ZV) ungeeignet für die Ausübung der vertragszahnärztlichen Versorgung. Die mangelnde Eignung ergebe sich aus schwerwiegenden Mängeln charakterlicher Art, die durch die Verurteilung seitens des AG L belegt würden. Der Kläger habe seine Eignung wegen anschließender erneuter Strafffälligkeit auch nicht wieder erlangt.

Mit der Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (SG) hat der Kläger vorgetragen, § 21 Zahnärzte-ZV sei im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 1 Grundgesetz) eng auszulegen. Zur Ungeeignetheit könnten daher nur solche in der Person des Zahnarztes liegende Gründe führen, die erwarten ließen, dass er bei Erhalt der Zulassung die Funktonsfähigkeit des vertragszahnärztlichen Systems gefährden werde. Solche Gründe seien in den bis 1996 begangenen Straftaten nicht zu sehen, da sie einer persönlichen Sondersituation zuzuschreiben gewesen seien, die sich nicht wiederholen könne. Diese habe sich einmal durch den Vermögensverfall und zum anderen durch die schwere, über Jahre dauernde Krebserkrankung seiner 19 ... verstorbenen Ehefrau ausgezeichnet. Außerdem habe er die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelte Wohlverhaltensphase von fünf Jahren seit 1996 erfolgreich absolviert. Sie sei auch nicht durch die 1999 begangenen Straftaten unterbrochen worden, zumal diese keinen Bezug zur vertragszahnärztlichen System gehabt hätten.

Der Kläger hat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses vom 20.11.2001 den Beklagten zu verurteilen, ihm die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung für den Vertragszahnarztsitz M-allee in E zu erteilen,

hilfsweise,

unter Abänderung des Beschlusses vom 20.11.2001 den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 8) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat seinen Beschluss verteidigt.

Mit Urteil vom 04.09.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei ungeeignet im Sinne von § 21 Zahnärzte-ZV. Das ergebe sich namentlich aus den strafgerichtlichen Verurteilungen. Unbeschadet der Frage, ob diese eher dem beruflichen oder dem privaten Lebensbereich zuzuordnen seien, zeigten sie, dass es dem Kläger an der charakterlichen Festigkeit fehle, die für eine peinlich genaue Abrechnung im vertragszahnärztlichen System notwendig sei. Dies gelte umso mehr, als er trotz eines schwebenden Strafverfahrens erneut straffällig geworden sei. Unter diesen Umständen könne es sich auch nicht zu seinen Gunsten auswirken, dass er bald das 55. Lebensjahr vollende.

Mit der Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen und weist darauf hin, dass er sechzehn Jahre lang als Vertragszahnarzt beanstandungsfrei abgerechnet habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.09.2002 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung seines Beschlusses vom 20.11.2001 zu verurteilen, ihn als Vertragszahnarzt in E, M-allee, zuzulassen.

Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 4) und 9) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Der Beklagte weist darauf hin, dass jedenfalls die zur ersten Verurteilung führenden Taten Bezug zum vertragszahnärztlichen System gehabt hätten. Vor diesem Hintergrund fielen die anschließend begangenen weiteren Straftaten zur Feststellung eines zwischenzeitlich eingetretenen Wohlverhaltens stärker zu Lasten des Klägers ins Gewicht.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung als Vertragsarzt im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein ist vom Zulassungs- und Berufungsausschuss abgelehnt worden. Das diesbezüglich anhängige sozialgerichtliche Verfahren (S 14 KA 133/02 SG Düsseldorf) ruht mit Rücksicht auf den vorliegenden Rechtsstreit. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat die Approbation des Klägers als Arzt und Zahnarzt widerrufen (Bescheid vom 05.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2001). Die Gerichts- und Verwaltungsakten des insoweit anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ( ... VG E) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Der Senat hat darüberhinaus die Akten der Vollstreckungsverfahren ... und ... AG C beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Ebenso sind die Verwaltungsakten des Beklagten beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Mit Schreiben vom 23.12.2001 hat der Kläger erneut einen Antrag auf Zulassung als Vertragszahnarzt gestellt, den der Zulassungsausschuss im Hinblick auf das anhängige Gerichtsverfahren als unzulässig abgelehnt hat (Beschluss vom 28.03.2002). Wegen der Einzelheiten wird auf die vom Kläger überreichte Beschlussabschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten sind, weil sie mit der ordnungsgemäßen Terminsbenachrichtigung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluss ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Zulassung als Vertragszahnarzt.

Der Senat ist an einer Entscheidung dieser Frage nicht durch das noch anhängige Verfahren über den Widerruf der Approbation gehindert. Zwar setzt nach § 95 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die Zulassung die Eintragung ins Zahnarztregister voraus und diese wiederum die Approbation (§ 95a Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Der Kläger hat gegen den Widerrufsbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf jedoch Klage erhoben, die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufschiebende Wirkung hat. Damit gilt der Kläger für den vorliegenden Rechtsstreit als approbiert.

Sein Anspruch auf Zulassung als Vertragszahnarzt scheitert jedoch daran, dass er ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis ist (§ 21 Zahnärzte-ZV).

Der Senat ist bei dieser Beurteilung nicht durch den Beschluss des Zulassungsausschusses für Zahnärzte, Bezirk L, vom 09.10.1996 gebunden, der allein in der unterbliebenen bzw. verspäteten Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen keine gröbliche, eine Entziehung der Zulassung rechtfertigende Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten gesehen hat. Denn die gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingetretene Bestandskraft dieses Beschlusses bezieht sich nur auf das seinerzeitige Entziehungsverfahren, und der Beschluss selbst erfasst nur einen Ausschnitt der insgesamt gegen die Eignung des Klägers erhobenen Bedenken.

Der Kläger ist ungeeignet zur Ausübung der Kassenpraxis im Sinne von § 21 Zahnärzte-ZV, weil er nicht die Gewähr ausreichenden Respektes vor fremdem Vermögen und Eigentum bietet, dies sogar in der Begehung von Eigentums- und Vermögensstraftaten zum Ausdruck gebracht hat, und er daher auch für den Fall seiner Zulassung als Vertragszahnarzt nicht das Vertrauen rechtfertigt, dass er die Vermögensinteressen der am System der vertragszahnärztlichen Versorgung Beteiligten achten und nicht schädigen wird.

Dass auch in charakterlichen Mängeln ein Hinderungsgrund für die Zulassung als Vertragszahnarzt liegt, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 21 Zahnärzte-ZV. Danach ist ein Zahnarzt ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis, der geistige oder sonstige in seiner Person liegende schwerwiegende Mängel aufweist, insbesondere, wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Antragstellung rauschgiftsüchtig oder trunksüchtig war. Die Vorschrift erfasst schon durch den Begriff "sonstige" alle nur denkbaren Mängel, solange sie so geartet sind, dass sie eine reibungslose vertragszahnärztliche Versorgung gefährden können (BSG, Urt. v. 30.03.1977 - 6 RKa 4/76 - SozR 2200 § 368a Nr. 3; Urt. v. 08.07.1981 - 6 RKa 17/80 - SozSich 1982, 87; Urt. v. 09.06.1982 - 6 RKa 26/80 - SozR 5520 § 21 Nr. 1; Senat, Urt. v. 26.06.1996 - L 11 Ka 155/94 - JURIS). Hierzu können auch charakterliche Mängel gehören (Senat, a.a.O.).

Dass der fehlende Respekt vor fremdem Vermögen und Eigentum ein charakterlicher Mangel ist, der die Nichteignung zur Ausübung der Kassenpraxis begründen kann, erschließt sich unmittelbar aus den Besonderheiten des Systems der vertragszahnärztlichen Versorgung und den sich hieraus an die Persönlichkeit eines daran teilnehmenden Zahnarztes ergebenden Anforderungen. Die Funktionsfähigkeit des Systems der vertragszahnärztlichen Versorgung beruht entscheidend auf dem Prinzip, dass die beteiligten Zahnärzte, Krankenkassen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zusammenwirken, um die vertragszahnärztliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen (§ 72 Abs. 1 SGB V). Grundlage dieses Zusammenwirkens ist das Prinzip gegenseitigen Vertrauens bei durchaus gegenläufigen Interessen (vgl. BSG, Urt. v. 25.10.1989 - 6 RKa 28/88 - NJW 1990, 1556, 1557 m.w.N.; Senat a.a.O.). Dabei wird dem Vertragszahnarzt die Teilnahme an einem von anderen geschaffenen und vor allem finanzierten System gestattet, ohne dass eine genaue Überprüfung der seiner Leistungen und ihrer Abrechnungen jederzeit gewährleistet wäre. Das ihm entgegengebrachte Vertrauen der Krankenkassen und der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen erstreckt sich aus diesem Grund insbesondere auf die Richtigkeit seiner Abrechnungen und die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten, aber auch darauf, dass er andere am System der vertragszahnärztlichen Versorgung Beteiligte nicht durch sein Verhalten schädigt. Mithin können alle Umstände, die dieses Vertrauen zerstören, die Eignung zur Ausübung der Kassenpraxis ausschließen, unter ihnen der mangelnde Respekt vor fremden Vermögensinteressen.

Der fehlende Respekt des Klägers vor fremdem Vermögen und Eigentum ist vor allem darin zum Ausdruck gekommen, dass er in den Jahren 1992 bis 1996 im Zusammenhang mit dem Betrieb seiner vertragszahnärztlichen Praxis in B umfangreiche Vermögensdelikte, nämlich Betrug (§ 263 Strafgesetzbuch (StGB)) und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) begangen hat. Das ergibt sich aus dem rechtskräftigen Urteil des AG L vom 29.10.1997. Die Richtigkeit der diese Entscheidung tragenden Feststellungen hat der Kläger weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren abgestritten, sodass der Senat sie ohne weitere eigene Prüfung seiner Urteilsfindung zugrunde legen kann. Dabei ergibt sich die mangelnde Eignung des Klägers zur Ausübung der Kassenpraxis bereits aus den abgeurteilten 59 Straftaten, sodass der Senat auch nicht gedrängt war, weitergehende Feststellungen zu denjenigen Taten zu treffen, auf die sich das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren ursprünglich ebenfalls erstreckt hat, hinsichtlich derer es jedoch nach § 154 bzw. § 154a Strafprozessordnung eingestellt worden ist, weil der Vermögensschaden jeweils unter 1.000 DM lag.

Die Sorge, der Kläger werde im Falle seiner Zulassung als Vertragszahnarzt das reibungslose Funktionieren des Systems der vertragszahnärztlichen Versorgung gefährden, rechtfertigt sich dabei schon aus dem Umstand, dass alle abgeurteilten Betrugsdelikte mit Ausnahme des im Zusammenhang mit dem Urlaub in Q begangenen Eingehungsbetrugs einen engen Bezug zu seiner zahnärztlichen Praxis bzw. zur vertragszahnärztlichen Versorgung im Übrigen aufweisen.

Das gilt in Sonderheit für die Eingehungsbetrüge gegenüber den Dentallabors. Ausweislich der strafgerichtlichen Verurteilung hat der Kläger in großem Umfang Aufträge an Fremdlaboratorien zumindest mit dem bedingten Vorsatz erteilt, dass diese für ihre Leistungen kein Entgelt erhalten würden. Unbeschadet der Frage, ob es sich dabei auch um Leistungen zugunsten gesetzlich Versicherter gehandelt hat, hat er damit unmittelbar am System der vertragszahnärztlichen Versorgung Beteiligte geschädigt. Denn nach §§ 88, 89 Abs. 7 und 8 SGB V in den vom 01.01.1993 bis 02.01.1998 geltenden Fassungen haben die Zahntechniker und ihre Verbände unmittelbar mit Rechten und Pflichten an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil genommen. Aber auch unabhängig davon kommen sie in den Genuss öffentlich-rechtlicher Gelder der Krankenkassen, hinsichtlich derer der Vertragszahnarzt gleichsam die Stellung eines Treuhänders wahrnimmt (vgl. Henninger in Schulin (Hrsg.), Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1, Krankenversicherungsrecht, § 39 Rdnr. 67).

In einem etwas weiteren Sinn gilt nichts Anderes für die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Wie bereits ausgeführt, nimmt der Vertragszahnarzt an einem fremdfinanzierten System teil, das sich ausschließlich aus den Beiträgen der Versicherten und Arbeitgeber speist. Es ist mithin darauf angewiesen, dass die Beitragsschuldner ihre Beiträge pünktlich und vollständig abführen. Auch wenn der Kläger insoweit nicht die spezifischen Pflichten eines Vertragszahnarztes, sondern diejenigen eines Arbeitgebers zu erfüllen hatte (vgl. § 28e Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch), so dokumentiert die Nichterfüllung dieser Verpflichtung jedenfalls den mangelnden Respekt vor der Finanzierung eines Systems, aus dem er selbst seine Honorare für vertragszahnärztliche Leistungen bezogen hat.

Unabhängig hiervon können zur Beurteilung der charakterlichen Nichteignung eines Vertragszahnarztes zur Ausübung der Kassenpraxis aber auch solche Umstände herangezogen werden, die nicht unmittelbar im zahnärztlichen Bereich wurzeln, soweit sie Mängel offenbaren, die geeignet, sind, die reibungslose vertragszahnärztliche Versorgung zu gefährden. Das ergibt sich ohne weiteres schon aus den in § 21 Zahnärzte-ZV aufgeführten Beispielen, von denen insbesondere die Rauschgift- und die Trunksucht keine Eigenschaften mit spezifischem Bezug zur zahnärztlichen geschweige denn vertragszahnärztlichen Tätigkeit darstellen. Außerdem betrifft § 21 Zahnärzte-ZV nicht nur die erneute, sondern auch die erstmalige Zulassung als Vertragszahnarzt und damit Situationen, in denen sich bestimmte, die Eignung zur Ausübung der Kassenpraxis ausschließende Mängel oftmals nur im Randbereich oder außerhalb der zahnärztlichen Tätigkeit offenbart haben werden.

Solche Mängel treten im Verhalten des Klägers zu Tage. Er hat fortgesetzt über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren Sozialversicherungsträger und damit die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten, seine Arbeitnehmerinnen und seine Geschäftspartner geschädigt, die sämtlich für seine schwierige finanzielle Situation keinerlei Verantwortung trugen. Er hat damit konsequent seine eigenen wirtschaftlichen Interessen über diejenigen Anderer, sozial zum Teil deutlich Schwächerer gesetzt. Dies lässt nicht erwarten, dass er sich in ein solidarisch finanziertes und auf das verantwortliche Handeln aller Beteiligten angewiesene System der vertragszahnärztlichen Versorgung reibungslos einfinden wird.

Ohne Erfolg hält der Kläger dem entgegen, dass seine damalige Situation wegen der Kumulation von privaten und finanziellen Schwierigkeiten unwiederholbar sei und dass er durch sein Verhalten weder Versicherte noch die Kassenzahnärztliche Vereinigung geschädigt habe.

Zunächst ist das Vertrauen, das einem Vertragszahnarzt in der vertragszahnärztlichen Versorgung entgegengebracht wird, nicht teilbar. Es wirkt sich daher nicht entscheidend zu seinen Gunsten aus, wenn er - wie er vorgetragen hat - gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ordnungsgemäß abgerechnet hat, solange er andere am System Beteiligte geschädigt hat. Aus diesem Grund hat der Senat die ordnungsgemäße Abrechnung zu Gunsten des Klägers unterstellt und von entsprechenden Nachfragen bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz abgesehen. Ebenso wenig entlastet es den Kläger maßgeblich, dass er keine Patienten geschädigt hat. Denn jedenfalls zeigt das unterlassene bzw. verspätete Abführungen von Sozialversicherungsbeiträgen zugunsten seiner Arbeitnehmerinnen, dass er keine grundsätzliche Hemmungen hat, seine eigenen finanziellen Interessen über die Interessen ihm Anvertrauter zu stellen und dabei gegebenenfalls auch straffällig zu werden.

Im Übrigen lässt sich die fortgesetzte Begehung von Vermögensstraftaten über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nicht mehr mit einer schwierigen finanziellen oder privaten Situation, sondern nur noch mit erheblichen charakterlichen Defiziten erklären. Hinzu kommt, dass er die ersten Straftaten schon praktisch unmittelbar nach Eintritt seiner finanziellen Probleme begangen hat. Dies deutet darauf hin, dass seine Hemmschwelle, zur Bewältigung eigener Schwierigkeiten die von der Rechtsordnung geschützten Güter und Interessen Dritter zu schädigen, ungewöhnlich und für eine Teilnahme am System der vertragszahnärztlichen Versorgung inakzeptabel niedrig liegt. Diese Einschätzung wird bestätigt durch den Umstand, dass er Straftaten nicht nur im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit begangen hat, sondern darüberhinaus, um sich trotz des schwebenden Konkursverfahrens Luxusleistungen wie einen zweiwöchigen Urlaub für 15.514,30 DM zu erschleichen, und angesichts dessen hierzu in der Hauptverhandlung vor dem AG L auch noch erklärt hat, er finde diesen Betrag für einen Urlaub von zwei Wochen "eigentlich normal". Dass er in der Zeit einer mit einem Jahresgewinn von 800.000 bis 900.000 DM wirtschaftlich außerordentlich gut gehenden Praxis ordentlich abgerechnet und auch Eigentum und Vermögen Dritter nicht geschädigt hat, vermag ihn dabei nicht zu entlasten. Ebenso wenig stichhaltig ist sein Argument, die damalige Situation könne sich aufgrund der ungünstigen Kumulation finanzieller und - im Hinblick auf die schwere Erkrankung und den Tod seiner Ehefrau - privaten Situation nicht wiederholen. Denn der frühe Zeitpunkt, zu dem der Kläger sich zu seinem strafbaren Handeln entschlossen, die Ausdauer, mit der es fortgesetzt hat, und die bei alledem erkennbare niedrige Hemmschwelle, sich über die Rechtsordnung und die Rechte Dritter hinwegzusetzen, rechtfertigen die Besorgnis, dass er auch bei weniger schwierigen Situationen seine eigenen finanziellen Interessen rechtswidrig über diejenigen Anderer und die Rechtsordnung stellen wird.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich darauf, er habe inzwischen eine Bewährungszeit von über fünf Jahren erfolgreich absolviert.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geht der Senat dabei davon aus, dass bei einem erneuten Zulassungsantrag stets zu berücksichtigen ist, wie sich der Zahnarzt nach Beendigung seiner früheren vertragszahnärztlichen Tätigkeit verhalten hat und welche Schlüsse daraus auf seine berufliche Bewährung zu ziehen sind. Dabei kann die Dauer der "Bewährungszeit" nicht generell, sondern nur abhängig von den Umständen des Einzelfalles festgelegt werden. Eine "Bewährungszeit" von fünf Jahren sollte angesichts des schweren Eingriffs in die Berufsfreiheit, den die Entziehung der Zulassung bzw. das Unterbleiben ihrer Wiedererteilung darstellen, nur in besonders gravierenden Fällen überschritten werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.10.1986 - 6 RKa 32/86 - MedR 1987, 254, 256; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 10.12.1997 - L 5 Ka 1277/97 - JURIS; jeweils m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger zurzeit bereits eine erfolgreiche Bewährung in diesem Sinne hinter sich gebracht hätte.

Das gilt zunächst für den maßgeblichen Zeitraum. Wie das BSG (a.a.O.) dargelegt hat, lässt das Wohlverhalten eines Zahnarztes während eines Entziehungs- oder Wiederzulassungsverfahrens in der Regel nicht im gleichen Maße zuverlässige Schlüsse auf eine wieder erlangte Eignung auf Dauer zu wie sein Wohlverhalten in der übrigen Zeit. Unter Umständen trägt es nämlich nur der durch diese Verfahren bedingten besonderen Situation Rechnung und erfolgt zweckgerichtet auf ihren erfolgreichen Abschluss. Aus diesem Grund kommt als "Bewährungszeit" im eigentlichen Sinn günstigstenfalls der Zeitraum zwischen dem 12.03.1997 (zweiter Beschluss des Zulassungsausschusses für Zahnärzte, Bezirk L) und dem 23.04.2001 (erneuter Antrag auf Zulassung) in Betracht, der jedoch lediglich etwas mehr als vier Jahre umfasst. Im Hinblick auf die Dauer und Nachhaltigkeit der vom Kläger im Zusammenhang mit seiner Praxisausübung begangenen Straftaten und die Höhe des durch sie angerichteten Schadens kommt dabei eine Verkürzung der "Bewährungszeit" um nahezu ein Jahr auch nicht deshalb in Betracht, weil nach § 25 Satz 1 Zahnärzte-ZV die Zulassung eines Zahnarztes, der das 55. Lebensjahr vollendet hat, ausgeschlossen ist und der Kläger den Antrag daher, um nicht auf die Ausnahmeregelung des § 25 Satz 2 Zahnärzte-ZV angewiesen zu sein, bis zum 30.01.2002 stellen musste.

Im Übrigen bestehen für eine ausreichende Bewährung des Klägers in dem abgelaufenen Zeitraum aber auch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar kommt es insoweit in erster Linie auf die berufliche Tätigkeit an, und es gibt keine Hinweise, dass der Kläger sich in seiner Eigenschaft als Praxisvertreter etwas hätte zu schulden kommen lassen. Andererseits muss in Fällen wie dem vorliegenden, wo sich die Nichteignung aus charakterlichen Mängeln ergibt, auch geprüft werden, inwieweit das gesamte Verhalten des Zahnarztes darauf hindeutet, dass er diese Mängel in der Zwischenzeit abgestellt hat. Das ergibt sich schon daraus, dass durchaus Fälle denkbar sind, in denen nach dem Ende der Zulassung überhaupt keine Berufstätigkeit mehr ausgeübt wird und deshalb aus dem beruflichen Verhalten zuverlässige Schlüsse auf eine Bewährung auch nicht gezogen werden können. Das Verhalten des Klägers insgesamt rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass er inzwischen den für eine störungsfreie Teilnahme am System der vertragszahnärztlichen Versorgung erforderlichen Respekt vor fremdem Eigentum und Vermögen in ausreichendem Maße verinnerlicht hätte. So ist der Kläger noch in der vom AG L festgesetzten Bewährungszeit erneut zweimal durch Eigentumsdelikte straffällig geworden. Insbesondere bei der zweiten Verurteilung durch das AG Düsseldorf (Entwendung der Zeitschrift "Der Feinschmecker") hat es sich dabei um einen Diebstahl gehandelt, der erstens seinem Tathergang nach nicht nur von einer erheblichen kriminellen Energie zeugt, sondern zweitens wiederum die Bereitschaft des Klägers belegt, Straftaten zu begehen, um sich in den Besitz von Gütern zu bringen, die bei bescheidener, seinen verschlechterten Vermögensverhältnissen angepasster Lebensführung verzichtbar wären und daher drittens auf eine nach wie vor niedrige Hemmschwelle hindeutet, sich über die Eigentums- und Vermögensrechte Anderer hinwegzusetzen. Seine Geringschätzung solcher Rechte ebenso wie der Rechtsordnung selbst hat der Kläger überdies auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er im Jahr 2000 insgesamt vier Haftbefehle wegen unterlassener eidesstattlicher Versicherung gegen sich hat ergehen lassen. Damit hat er die Durchsetzung der berechtigten Vollstreckungsinteressen seiner Gläubiger - unter ihnen mit den Universitätskliniken des Saarlandes im Übrigen erneut ein am vertragszahnärztlichen System Beteiligter - zumindest gefährdet bzw. erschwert.

Da der Anspruch auf Zulassung bereits an § 21 Zahnärzte-ZV scheitert, brauchte der Senat keine Ermittlungen zu der Frage anzustellen, ob der Kläger in der angestrebten Praxisgemeinschaft im Hause der N-Zahnklinik in E überhaupt einer selbstständigen Tätigkeit in eigener niedergelassener Praxis nachgeht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Kosten der Beigeladenen waren dem Kläger nach § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen nur insoweit aufzuerlegen, als die Beigeladenen sich mit einem Sachantrag am Berufungsverfahren beteiligt und damit das Risiko auf sich genommen haben, selbst mit Kosten belastet zu werden (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Gründe, nach § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, bestehen nicht, nachdem alle zur Beurteilung des Rechtsstreits wesentlichen Rechtsfragen vom BSG bereits vorgeklärt worden sind.
Rechtskraft
Aus
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