Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 9 (1) KR 129/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KR 16/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 3/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31.03.2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung von Therapieberichten nach Abschnitt VII.29.5. der Heilmittel-Richtlinien ((HMR) idF vom 06.02.2001, BAnz Beilage Nr 118a).
Der Kläger ist als selbständiger medizinischer Masseur nach § 124 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) als Leistungserbringer von Heilmitteln im Bereich der physikalischen Therapie zugelassen. Er ist Mitglied im VDB-Physiotherapieverband e.V., Landesverband Nordrhein-Westfalen. Der VDB-Physiotherapieverband hat neben dem Verband Physikalische Therapie e.V., Landesgruppe Westfalen-Niederrhein/Landesgruppe Mittelrhein unter anderem mit dem Landesverband der Betriebskrankenkassen (BKK) Nordrhein-Westfalen (NRW) einen Vertrag nach § 125 SGB V (Rahmenvertrag vom 23.08.1994 nebst Anlagen, u.a. Anlage 5b vom 18.12.2000) geschlossen. Einen entsprechenden Vertrag haben der Bundesverband selbständiger Physiotherapeutinnen IFK e.V. und der Landesverband nordrhein-westfälischer Krankengymnasten u.a. mit dem BKKLandesverband NRW vereinbart (Vertrag vom 25.06.1991 mit u.a. Anlage 2a vom 16.09.2001). Nach Abschluss von Behandlungsserien in zwei Leistungsfällen von Versicherten der Beklagten (8 x KMT, Rp.Dat.14.07.01; 10 x KG, Rp. Dat. 26.07.01) unterrichtete der Kläger den jeweils verordnenden Vertragsarzt über das Ergebnis der Therapie. Für diese Therapieberichte stellte er der Beklagten je DM 5,- in Rechnung (03.09.2001). Die Beklagte lehnte die Vergütung ab (Mitteilung vom 17.09.2001).
Zur Begründung seiner Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat der Kläger vorgetragen, er sei aufgrund der HMR ab dem 01.07.2001 gehalten, den verordnenden Vertragsarzt jeweils nach Abschluss einer Behandlungsserie schriftlich über das Ergebnis der Therapie zu unterrichten. Dementsprechend habe er auch ohne eine gesonderte Preisvereinbarung im Rahmenvertrag einen Anspruch auf Honorierung dieses Berichts. Hinzu kämen pro Bericht Portoaufwendungen von DM 1,10. Da die Vertragsparteien des Rahmenvertrages für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.07.2002 hinsichtlich der Vergütung der Therapieberichte keine Vereinbarung getroffen hätten, habe er nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Diese durch die zum 01.07.2001 in Kraft getretenen HMR geschaffene weitere, bislang von der Höchstpreisvereinbarung aufgrund des Rahmenvertrages nicht erfasste Leistung sei zusätzlich zu vergüten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass im Jahre 2001 aufgrund der Höchstpreisvereinbarung vom 18.12.2000 die Vergütung des Klägers als zugelassener Leistungserbringer abschließend geregelt gewesen sei. Dabei sei eine gesonderte Gebühr für die vom 01.07.2001 an zu erstattenden Berichte nach Abschnitt VII.29.5. der HMR nicht vereinbart gewesen. Somit sei für die Laufzeit der geltenden Vereinbarung für das Jahr 2001 eine Vergütung dieser Berichte ausgeschlossen. Ein derartiger Vergütungsanspruch sei auch nicht aus anderen Bestimmungen herzuleiten. Die Regelung in § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages lasse nur den Schluss zu, Leistungsumfang könne lediglich das tatsächlich Geregelte sein. Eine Leistungserweiterung im Hinblick auf den Therapiebericht sei bislang nicht erfolgt.
Das Gericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.03.2003) und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Bei dem Therapiebericht handele es sich nicht um eine abrechnungsfähige Leistung. Die Parteien des Rahmenvertrages hätten sich für den hier bedeutsamen Zeitraum weder über die Pflicht, den Therapiebericht zu erstatten, noch über die Pflichten, den Bericht zu vergüten, geeinigt.
Zur Begründung der Berufung wiederholt der Kläger seine Auffassung. Die Regelung des Abschnitts VII.29.5. der HMR bestimme aufgrund des Rahmenvertrags unmittelbar den Umfang der Leistungspflicht des zugelassenen Leistungserbringers. Somit sei er auch zur Erstattung der Berichte nach Abschluss von Behandlungsserien an den verordnenden Vertragsarzt verpflichtet. Für die Erfüllung dieser Leistungspflicht habe ihm auch eine Gegenleistung i.S. einer Vergütung zuzustehen. Dass die Vertragspartner auf Landesebene für den hier streitigen Zeitraum keine vertragliche Regelung über eine Vergütung getroffen haben, könne nicht zu seinen Lasten gehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31.03.2003 abzuändern und die Beklagte zur Zahlung von 6,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins ab dem 01.10.2001 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig (§ 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG); vgl sinngemäß zB BSG, SozR 3-2500 § 132a SGB V Nr 3). Mit der echten Leistungsklage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Dies ist hier der Fall, auch wenn die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den nichtärztlichen Leistungserbringern durch Rahmenverträge nach § 125 SGB V seit dem 01.01.2000 öffentlich-rechtlicher Natur ist (vgl generell § 69 SGB V und hierzu BSG SozR 3-2500 § 69 SGB V Nr 1 = BSGE 89, 24 ff). In dem vertraglichen Bereich (§125 SGB V) ist es den Krankenkassen verwehrt, einseitig hoheitlich vorzugehen (vgl. BSG, Urteil vom 24.07.2003, Az: B 3 KR 31/02 R).
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 6,24 Euro. Er hat keinen Anspruch auf gesonderte Vergütung der mit Schreiben vom 03.09.2001 abgerechneten Unterrichtungen des verordnenden Vertragsarztes nach Abschluss von Behandlungsserien. Als Anspruchsgrundlage kommt § 8 (1) Rahmenvertrag iVm Anlagen 5a/5b vom 18.12.2000 in Betracht. Danach werden die "Leistungen nach diesem Vertrag [ ...] nach Anlagen 5a/5b vergütet. Die dort genannten Preise sind Höchstpreise". Rechtsgrundlage dieses Vertrags ist § 125 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Danach schließen (u.a.) die Landesverbände der Krankenkassen mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen Verträge mit [ ...] Verbänden der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln sowie über die Preise und deren Abrechnung. Basis der Verträge ist die Festlegung des Leistungsumfangs im Bereich der Heilmittel durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr 6 iVm Abs 6 SGB V), der in Richtlinien gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V über die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten sowie über die Einführung neuer Heilmittel (§ 138 SGB V) entscheidet und dabei in besonderer Weise den Geboten der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung Rechnung zu tragen hat, §§ 12 Abs. 1 Satz 2; 70; 138 SGB V (vgl BSG, Urteil vom 24.07.03, aaO). Dementsprechend verkennt der Kläger nicht, dass er auf der Grundlage von § 4 (1) Rahmenvertrag zu Erstattung der Berichte verpflichtet war. Nach dieser Vertragsnorm richten sich "Art und Umfang der Leistungen im Sinne dieses Vertrags [ ...] nach der vertragsärztlichen Verordnung auf der Grundlage der Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinien in der jeweils geltenden Fassung sowie der Leistungsbeschreibung (Anlage 3); [ ...]". Ziffer 29.5. HMR sieht vor: "Der Therapeut ist gehalten, den verordnenden Vertragsarzt jeweils nach Abschluss einer Behandlungsserie schriftlich über das Ergebnis der Therapie zu unterrichten. Eine prognostische Einschätzung hinsichtlich der Erreichung des Therapieziels ist abzugeben, sofern er die Fortsetzung der Therapie für erforderlich hält". Mithin hatte der Kläger nach Abschluss der Behandlungsserie bei den beiden Versicherten den Vertragsarzt über das Ergebnis der Therapie zu unterrichten. Für ihn als Mitglied eines Berufsverbandes, der Partei des Rahmenvertrages nach § 125 SGG ist, gelten die im Rahmenvertrag getroffenen Regelungen normativ (BSG SozR 3-2500 § 125 SGB V Nr 6).
Einen Anspruch auf gesonderte Vergütung für diese Leistung sieht jedoch der Rahmenvertrag nicht vor. Schon nach seinem Wortlaut regelt § 8 (1) Rahmenvertrag i.V.m. den Anlagen 5a/5b die Vergütung der Leistungen ausdrücklich und abschließend "Vergütung" der Vertragsleistungen "nach den Anlagen 5a und 5b". In diesen Anlagen ist der Bericht nach Abschnitt VII.29.5. HMR als gesondert zu vergütende Position nicht aufgeführt. Das ist zu Recht auch zwischen den Beteiligten unstreitig.
Auch soweit es in Anlage 5b (Vereinbarung vom 18.12.2000, Geltung jedenfalls für das Jahr 2001) unter III. (krankengymnastische Leistungen) 2. heißt, "Leistungen, die nicht Bestandteil dieser Preisvereinbarung sind, können mit den jeweiligen Sätzen abgerechnet werden, die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Berufsverbänden der Krankengymnasten/Physiotherapeuten vereinbart sind", folgt daraus nichts anderes. Zwischen letzteren ist gerade kein abzurechnender Satz vereinbart worden. Vielmehr heißt es in der Protokollnotiz zur Ergänzungsvereinbarung über Höchstpreise für krankengymnastische Leistungen für die Zeit vom 01.07.2001 (Anlage 2a vom 26.09.2001 zum Vertrag vom 25.06.1991): "Für die Preisvereinbarung ab 01.08.2002 wird auch für die Position x 9701 (Mitteilung/Bericht an den Arzt/Übermittlungsgebühr) eine Vergütung unter Berücksichtigung der bis dahin auf Bundesebene geltenden Regelungen zu finden sein". Verwaltung und Gerichte haben sich aber wegen des vertraglichen Charakters solcher Gebührenordnungen in erster Linie an den Wortlaut der jeweils einschlägigen Bestimmungen zu halten (vgl zum Kassen(zahn)arztrecht BSGE 69, 166 ff, 167 = SozR 3-2500 § 87 SGB V Nr 2; SozR 3-2500 § 87 Nr 5; SozR 3-5535 Nr. 119 Nr 1; SozR 3-5533 Nr. 2449 Nr mwN), um die Regelungskompetenz der Vertragsparteien zu achten (vgl. dazu auch BSG SozR 3-2500 § 125 SGB V Nr 6; zum Parallelbereich der Sonderentgeltregelungen vgl. BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 und Urteil vom 23.01.2003, Az: B 3 KR 18/02 R, mwN). Ergänzend kann eine systematische Interpretation iS einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren Gebührenregelungen zur Klarstellung des Wortlauts der Leistungslegende erfolgen (vgl zum Vertragsrecht BSG SozR 3-5533 Nr. 2449 Nr 2 mwN; für Sonderentgelt-Kataloge BSG, aaO, mwN). Entstehungsgeschichtliche Auslegung (vgl. näher z.B. BSG SozR 3-5535 Nr. 119 Nr 1 S 6), ausdehnende Auslegung oder analoge Anwendung kommen grundsätzlich nicht in Betracht (vgl zu Parallelbereichen BSG SozR 3-5533 Nr 1460 Nr 1 S 2; SozR 3-5535 Nr 119 Nr 1 S 5; SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S. 4; SozR 3-553 Nr 2449 Nr 2; SozR 3-2500 § 125 SGB V Nr 6 S 21; SozR 3-5565 § 15 Nr 1, jeweils mwN). Auch die funktionsorientierte systematische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis als die Wortlautinterpretation. Schon nach der Gliederung des Rahmenvertrags befasst sich nur Abschnitt V - "Vergütung und Abrechnung der Leistungen" - mit der Vergütung. Hinzu kommt, dass die Vertragsparteien selbst im Vertrag eine Regelung für das Verfahren vorgesehen haben, zu einer Vertragsanpassung zu gelangen. Nach § 17 (2) Satz 1 des Vertrags kann er "zum Schluß eines Kalenderhalbjahres mit sechsmonatiger Frist [ ...] gekündigt werden". § 17 (3) Satz 1 des Vertrages sieht vor, dass die "Vereinbarung über Höchstpreise (Anlage 5a) [ ...] nach den darin getroffenen Regelungen unabhängig von diesem Vertrag gekündigt werden" kann. Nach Satz 2 von § 17 (3) Vertrag gelten "bis zu einer neuen Vereinbarung [ ...] die bisherigen Höchstpreise weiter". Führt die dynamische Verweisung von § 4 (1) Vertrag (vgl oben) zu einer Veränderung des Umfangs der Vertragsleistungen, verbleibt es mithin bei der bisherigen Vergütung, bis der Vertrag angepasst oder gekündigt wird, unabhängig davon, ob der Leistungsumfang vergrößert oder verkleinert worden ist. Von einer Lückenhaftigkeit des in sich ausgewogenen Vertrags kann danach keine Rede sein. Vielmehr zeigt auch die Systematik, dass Berichte nach VII 29.5. der HMR nicht gesondert zu vergüten sind, sondern mit der Hauptleistungsvergütung abgegolten werden, solange die vertraglichen Grundlagen nicht geändert worden sind. Aufgrund der umfassenden abschließenden vertraglichen Regelung verbleibt für gesetzliche Ansprüche, etwa aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht entsprechend den Vorschriften des BGB (§ 69 Satz 3 SGB V) kein Raum. Insbesondere bedarf keiner näheren Betrachtung, ob von einer Leistungs- (§ 812 Abs 1 Satz 1 1. Halbsatz BGB) oder Eingriffskondiktion - (so für den vertragslosen Zustand LSG NRW, Urteil vom 25.09.03, Az: L 5 KR 231/02) oder einem anderen Fall der Kondiktion auszugehen wäre.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG aF, da das Verfahren vor dem 02.01.2002 rechtshängig geworden ist. § 197 a SGG, der durch das 6. SGG - Änderungsgesetz - ÄndG) vom 17. 08.2001 (BGBl I, 2141) eingefügt worden ist und statt der Anwendung der §§ 184 bis 195 ff SGG nF die Kostenvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung vorsieht, wenn - wie hier - keine Personen iS von § 183 SGG nF beteiligt sind, ist erst auf nach dem 01.01.2002 rechtshängig gewordene Verfahren anzuwenden, wie aus Art 17 Abs 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG abzuleiten ist. Diese Übergangsvorschrift betrifft zwar ausdrücklich nur die Frage der Gerichtsgebühren; sie muss aber sinngemäß auch für die außergerichtliche Kostenerstattung angewendet werden, um angesichts des mit der Neuregelung verbundenen Systemwechsels den erforderlichen Vertrauensschutz zu gewährleisten (vgl. BSG, Urteil vom 24.09.02, SozR 3-2500 § 132a SGB V Nr. 3 mwN).
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung von Therapieberichten nach Abschnitt VII.29.5. der Heilmittel-Richtlinien ((HMR) idF vom 06.02.2001, BAnz Beilage Nr 118a).
Der Kläger ist als selbständiger medizinischer Masseur nach § 124 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) als Leistungserbringer von Heilmitteln im Bereich der physikalischen Therapie zugelassen. Er ist Mitglied im VDB-Physiotherapieverband e.V., Landesverband Nordrhein-Westfalen. Der VDB-Physiotherapieverband hat neben dem Verband Physikalische Therapie e.V., Landesgruppe Westfalen-Niederrhein/Landesgruppe Mittelrhein unter anderem mit dem Landesverband der Betriebskrankenkassen (BKK) Nordrhein-Westfalen (NRW) einen Vertrag nach § 125 SGB V (Rahmenvertrag vom 23.08.1994 nebst Anlagen, u.a. Anlage 5b vom 18.12.2000) geschlossen. Einen entsprechenden Vertrag haben der Bundesverband selbständiger Physiotherapeutinnen IFK e.V. und der Landesverband nordrhein-westfälischer Krankengymnasten u.a. mit dem BKKLandesverband NRW vereinbart (Vertrag vom 25.06.1991 mit u.a. Anlage 2a vom 16.09.2001). Nach Abschluss von Behandlungsserien in zwei Leistungsfällen von Versicherten der Beklagten (8 x KMT, Rp.Dat.14.07.01; 10 x KG, Rp. Dat. 26.07.01) unterrichtete der Kläger den jeweils verordnenden Vertragsarzt über das Ergebnis der Therapie. Für diese Therapieberichte stellte er der Beklagten je DM 5,- in Rechnung (03.09.2001). Die Beklagte lehnte die Vergütung ab (Mitteilung vom 17.09.2001).
Zur Begründung seiner Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat der Kläger vorgetragen, er sei aufgrund der HMR ab dem 01.07.2001 gehalten, den verordnenden Vertragsarzt jeweils nach Abschluss einer Behandlungsserie schriftlich über das Ergebnis der Therapie zu unterrichten. Dementsprechend habe er auch ohne eine gesonderte Preisvereinbarung im Rahmenvertrag einen Anspruch auf Honorierung dieses Berichts. Hinzu kämen pro Bericht Portoaufwendungen von DM 1,10. Da die Vertragsparteien des Rahmenvertrages für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.07.2002 hinsichtlich der Vergütung der Therapieberichte keine Vereinbarung getroffen hätten, habe er nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Diese durch die zum 01.07.2001 in Kraft getretenen HMR geschaffene weitere, bislang von der Höchstpreisvereinbarung aufgrund des Rahmenvertrages nicht erfasste Leistung sei zusätzlich zu vergüten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass im Jahre 2001 aufgrund der Höchstpreisvereinbarung vom 18.12.2000 die Vergütung des Klägers als zugelassener Leistungserbringer abschließend geregelt gewesen sei. Dabei sei eine gesonderte Gebühr für die vom 01.07.2001 an zu erstattenden Berichte nach Abschnitt VII.29.5. der HMR nicht vereinbart gewesen. Somit sei für die Laufzeit der geltenden Vereinbarung für das Jahr 2001 eine Vergütung dieser Berichte ausgeschlossen. Ein derartiger Vergütungsanspruch sei auch nicht aus anderen Bestimmungen herzuleiten. Die Regelung in § 4 Abs. 1 des Rahmenvertrages lasse nur den Schluss zu, Leistungsumfang könne lediglich das tatsächlich Geregelte sein. Eine Leistungserweiterung im Hinblick auf den Therapiebericht sei bislang nicht erfolgt.
Das Gericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.03.2003) und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Bei dem Therapiebericht handele es sich nicht um eine abrechnungsfähige Leistung. Die Parteien des Rahmenvertrages hätten sich für den hier bedeutsamen Zeitraum weder über die Pflicht, den Therapiebericht zu erstatten, noch über die Pflichten, den Bericht zu vergüten, geeinigt.
Zur Begründung der Berufung wiederholt der Kläger seine Auffassung. Die Regelung des Abschnitts VII.29.5. der HMR bestimme aufgrund des Rahmenvertrags unmittelbar den Umfang der Leistungspflicht des zugelassenen Leistungserbringers. Somit sei er auch zur Erstattung der Berichte nach Abschluss von Behandlungsserien an den verordnenden Vertragsarzt verpflichtet. Für die Erfüllung dieser Leistungspflicht habe ihm auch eine Gegenleistung i.S. einer Vergütung zuzustehen. Dass die Vertragspartner auf Landesebene für den hier streitigen Zeitraum keine vertragliche Regelung über eine Vergütung getroffen haben, könne nicht zu seinen Lasten gehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31.03.2003 abzuändern und die Beklagte zur Zahlung von 6,24 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins ab dem 01.10.2001 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig (§ 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG); vgl sinngemäß zB BSG, SozR 3-2500 § 132a SGB V Nr 3). Mit der echten Leistungsklage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Dies ist hier der Fall, auch wenn die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den nichtärztlichen Leistungserbringern durch Rahmenverträge nach § 125 SGB V seit dem 01.01.2000 öffentlich-rechtlicher Natur ist (vgl generell § 69 SGB V und hierzu BSG SozR 3-2500 § 69 SGB V Nr 1 = BSGE 89, 24 ff). In dem vertraglichen Bereich (§125 SGB V) ist es den Krankenkassen verwehrt, einseitig hoheitlich vorzugehen (vgl. BSG, Urteil vom 24.07.2003, Az: B 3 KR 31/02 R).
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 6,24 Euro. Er hat keinen Anspruch auf gesonderte Vergütung der mit Schreiben vom 03.09.2001 abgerechneten Unterrichtungen des verordnenden Vertragsarztes nach Abschluss von Behandlungsserien. Als Anspruchsgrundlage kommt § 8 (1) Rahmenvertrag iVm Anlagen 5a/5b vom 18.12.2000 in Betracht. Danach werden die "Leistungen nach diesem Vertrag [ ...] nach Anlagen 5a/5b vergütet. Die dort genannten Preise sind Höchstpreise". Rechtsgrundlage dieses Vertrags ist § 125 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Danach schließen (u.a.) die Landesverbände der Krankenkassen mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen Verträge mit [ ...] Verbänden der Leistungserbringer über die Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln sowie über die Preise und deren Abrechnung. Basis der Verträge ist die Festlegung des Leistungsumfangs im Bereich der Heilmittel durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr 6 iVm Abs 6 SGB V), der in Richtlinien gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V über die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten sowie über die Einführung neuer Heilmittel (§ 138 SGB V) entscheidet und dabei in besonderer Weise den Geboten der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung Rechnung zu tragen hat, §§ 12 Abs. 1 Satz 2; 70; 138 SGB V (vgl BSG, Urteil vom 24.07.03, aaO). Dementsprechend verkennt der Kläger nicht, dass er auf der Grundlage von § 4 (1) Rahmenvertrag zu Erstattung der Berichte verpflichtet war. Nach dieser Vertragsnorm richten sich "Art und Umfang der Leistungen im Sinne dieses Vertrags [ ...] nach der vertragsärztlichen Verordnung auf der Grundlage der Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinien in der jeweils geltenden Fassung sowie der Leistungsbeschreibung (Anlage 3); [ ...]". Ziffer 29.5. HMR sieht vor: "Der Therapeut ist gehalten, den verordnenden Vertragsarzt jeweils nach Abschluss einer Behandlungsserie schriftlich über das Ergebnis der Therapie zu unterrichten. Eine prognostische Einschätzung hinsichtlich der Erreichung des Therapieziels ist abzugeben, sofern er die Fortsetzung der Therapie für erforderlich hält". Mithin hatte der Kläger nach Abschluss der Behandlungsserie bei den beiden Versicherten den Vertragsarzt über das Ergebnis der Therapie zu unterrichten. Für ihn als Mitglied eines Berufsverbandes, der Partei des Rahmenvertrages nach § 125 SGG ist, gelten die im Rahmenvertrag getroffenen Regelungen normativ (BSG SozR 3-2500 § 125 SGB V Nr 6).
Einen Anspruch auf gesonderte Vergütung für diese Leistung sieht jedoch der Rahmenvertrag nicht vor. Schon nach seinem Wortlaut regelt § 8 (1) Rahmenvertrag i.V.m. den Anlagen 5a/5b die Vergütung der Leistungen ausdrücklich und abschließend "Vergütung" der Vertragsleistungen "nach den Anlagen 5a und 5b". In diesen Anlagen ist der Bericht nach Abschnitt VII.29.5. HMR als gesondert zu vergütende Position nicht aufgeführt. Das ist zu Recht auch zwischen den Beteiligten unstreitig.
Auch soweit es in Anlage 5b (Vereinbarung vom 18.12.2000, Geltung jedenfalls für das Jahr 2001) unter III. (krankengymnastische Leistungen) 2. heißt, "Leistungen, die nicht Bestandteil dieser Preisvereinbarung sind, können mit den jeweiligen Sätzen abgerechnet werden, die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Berufsverbänden der Krankengymnasten/Physiotherapeuten vereinbart sind", folgt daraus nichts anderes. Zwischen letzteren ist gerade kein abzurechnender Satz vereinbart worden. Vielmehr heißt es in der Protokollnotiz zur Ergänzungsvereinbarung über Höchstpreise für krankengymnastische Leistungen für die Zeit vom 01.07.2001 (Anlage 2a vom 26.09.2001 zum Vertrag vom 25.06.1991): "Für die Preisvereinbarung ab 01.08.2002 wird auch für die Position x 9701 (Mitteilung/Bericht an den Arzt/Übermittlungsgebühr) eine Vergütung unter Berücksichtigung der bis dahin auf Bundesebene geltenden Regelungen zu finden sein". Verwaltung und Gerichte haben sich aber wegen des vertraglichen Charakters solcher Gebührenordnungen in erster Linie an den Wortlaut der jeweils einschlägigen Bestimmungen zu halten (vgl zum Kassen(zahn)arztrecht BSGE 69, 166 ff, 167 = SozR 3-2500 § 87 SGB V Nr 2; SozR 3-2500 § 87 Nr 5; SozR 3-5535 Nr. 119 Nr 1; SozR 3-5533 Nr. 2449 Nr mwN), um die Regelungskompetenz der Vertragsparteien zu achten (vgl. dazu auch BSG SozR 3-2500 § 125 SGB V Nr 6; zum Parallelbereich der Sonderentgeltregelungen vgl. BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 und Urteil vom 23.01.2003, Az: B 3 KR 18/02 R, mwN). Ergänzend kann eine systematische Interpretation iS einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren Gebührenregelungen zur Klarstellung des Wortlauts der Leistungslegende erfolgen (vgl zum Vertragsrecht BSG SozR 3-5533 Nr. 2449 Nr 2 mwN; für Sonderentgelt-Kataloge BSG, aaO, mwN). Entstehungsgeschichtliche Auslegung (vgl. näher z.B. BSG SozR 3-5535 Nr. 119 Nr 1 S 6), ausdehnende Auslegung oder analoge Anwendung kommen grundsätzlich nicht in Betracht (vgl zu Parallelbereichen BSG SozR 3-5533 Nr 1460 Nr 1 S 2; SozR 3-5535 Nr 119 Nr 1 S 5; SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S. 4; SozR 3-553 Nr 2449 Nr 2; SozR 3-2500 § 125 SGB V Nr 6 S 21; SozR 3-5565 § 15 Nr 1, jeweils mwN). Auch die funktionsorientierte systematische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis als die Wortlautinterpretation. Schon nach der Gliederung des Rahmenvertrags befasst sich nur Abschnitt V - "Vergütung und Abrechnung der Leistungen" - mit der Vergütung. Hinzu kommt, dass die Vertragsparteien selbst im Vertrag eine Regelung für das Verfahren vorgesehen haben, zu einer Vertragsanpassung zu gelangen. Nach § 17 (2) Satz 1 des Vertrags kann er "zum Schluß eines Kalenderhalbjahres mit sechsmonatiger Frist [ ...] gekündigt werden". § 17 (3) Satz 1 des Vertrages sieht vor, dass die "Vereinbarung über Höchstpreise (Anlage 5a) [ ...] nach den darin getroffenen Regelungen unabhängig von diesem Vertrag gekündigt werden" kann. Nach Satz 2 von § 17 (3) Vertrag gelten "bis zu einer neuen Vereinbarung [ ...] die bisherigen Höchstpreise weiter". Führt die dynamische Verweisung von § 4 (1) Vertrag (vgl oben) zu einer Veränderung des Umfangs der Vertragsleistungen, verbleibt es mithin bei der bisherigen Vergütung, bis der Vertrag angepasst oder gekündigt wird, unabhängig davon, ob der Leistungsumfang vergrößert oder verkleinert worden ist. Von einer Lückenhaftigkeit des in sich ausgewogenen Vertrags kann danach keine Rede sein. Vielmehr zeigt auch die Systematik, dass Berichte nach VII 29.5. der HMR nicht gesondert zu vergüten sind, sondern mit der Hauptleistungsvergütung abgegolten werden, solange die vertraglichen Grundlagen nicht geändert worden sind. Aufgrund der umfassenden abschließenden vertraglichen Regelung verbleibt für gesetzliche Ansprüche, etwa aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht entsprechend den Vorschriften des BGB (§ 69 Satz 3 SGB V) kein Raum. Insbesondere bedarf keiner näheren Betrachtung, ob von einer Leistungs- (§ 812 Abs 1 Satz 1 1. Halbsatz BGB) oder Eingriffskondiktion - (so für den vertragslosen Zustand LSG NRW, Urteil vom 25.09.03, Az: L 5 KR 231/02) oder einem anderen Fall der Kondiktion auszugehen wäre.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG aF, da das Verfahren vor dem 02.01.2002 rechtshängig geworden ist. § 197 a SGG, der durch das 6. SGG - Änderungsgesetz - ÄndG) vom 17. 08.2001 (BGBl I, 2141) eingefügt worden ist und statt der Anwendung der §§ 184 bis 195 ff SGG nF die Kostenvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung vorsieht, wenn - wie hier - keine Personen iS von § 183 SGG nF beteiligt sind, ist erst auf nach dem 01.01.2002 rechtshängig gewordene Verfahren anzuwenden, wie aus Art 17 Abs 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG abzuleiten ist. Diese Übergangsvorschrift betrifft zwar ausdrücklich nur die Frage der Gerichtsgebühren; sie muss aber sinngemäß auch für die außergerichtliche Kostenerstattung angewendet werden, um angesichts des mit der Neuregelung verbundenen Systemwechsels den erforderlichen Vertrauensschutz zu gewährleisten (vgl. BSG, Urteil vom 24.09.02, SozR 3-2500 § 132a SGB V Nr. 3 mwN).
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