Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 17 AL 160/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 129/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10.04.2003 - S 17 AL 160/01 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Duisburg zurückverwiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger hat insgesamt 13 Klagen bei dem Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben.
Im vorliegenden Verfahren begehrt er Arbeitslosenhilfe ab dem 27.11.1999 bis 05.11.2000.
Der Kläger bezog bis 19.08.1999 Arbeitslosengeld und im Anschluss hieran Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.170 DM. Vom 08.11.1999 bis 26.11.1999 stand er in einem Beschäftigungsverhältnis als Berater in einem Bewerbungszentrum des Instituts für Maßnahmen zur Förderung der beruflichen und sozialen Eingliederung e. V. (IMBSE) in N. Am 27.11.1999 meldete er sich erneut arbeitslos und beantragte die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe. Die Tätigkeit im Bewerbungszentrum übte er ab 29.11.1999 bis 06.12.1999 lediglich in geringfügigem Umfang von 12 Wochenstunden aus. Vom 06.12. bis 10.12.1999 betrug die Dauer der Tätigkeit dagegen 24 Stunden.
Den Fortzahlungsantrag auf Arbeitslosenhilfe vom 27.11.1999 reichte der Kläger erst am 06.11.2000 an die Beklagte zurück. Zwischenzeitlich war der Kläger, der als ordentlicher Student an der D-Universität zu L im Studium der Rechtswissenschaft (38. Semester) eingeschrieben war, zum Sommersemester 2000 exmatrikuliert worden. Am 06.11.2000 gab er im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten folgende "wahrheitsgemäße Erklärung" ab: "In der Zeit vom 27.11.999 bis heute habe ich durch Unterkunft und Verpflegung auf Darlehnsbasis von meinen Eltern gelebt, durch die Auszahlung der Entgelte für die vorherige nichtselbständige Tätigkeit durch die Auszahlung der Entgelte für die freiberufliche Tätigkeit (Tätigkeit wurde in 12/99 verrichtet, Auszahlung erfolgte jedoch erst im März 2000), durch kleinere Sach- und Geldgeschenke meiner Tante (im Werte von ca. 300,00 DM über den gesamten Zeitraum), durch Schulden machen, insbesondere bei Verkehrsgesellschaften, Postbank und verschiedenen Lieferanten und durch den Kredit bei Herrn I (s. Anlage Lebensversicherung, deswegen ab Mai 2000 an Herrn I. abgetreten)."
Auf entsprechende Aufforderungen durch die Beklagte reichte der Kläger mit Schreiben vom 30.11.2000 eine von seinen Eltern H L und V L unterschriebene Erklärung folgenden Wortlauts ein: "In der Zeit vom 27. November 1999 bis heute hat unser Sohn H1 L bis auf die Ihnen bereits bekannten Einnahmen und Einkünfte von dritter Seite (Arbeitsentgeltzahlung im Dezember 1999 und Honorarzahlung für Dezember 1999 im März 2000 sowie Kreditaufnahme Mitte 2000) ansonsten ausschließlich durch Naturalunterhalt in Form von Unterkunft und Verpflegung sowie nach der von uns unterstützten Einreichung der Antragsunterlagen am 06. November 2000 auch durch ein geringfügiges Taschengeld zum Beispiel für notwendige Busfahrten gelebt. Aus der uns bekannten Lebensweise unseres Sohnes H1 L ergibt sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass er in dem fraglichen Zeitraum größere Ausgaben getätigt hätte, die auf andere Geldquellen hindeuten könnten.
Den oben angegebenen Naturalunterhalt und auch das Taschengeld haben wir auf Grund unserer eigenen Einkommens- und Gesundheitssituation nur darlehnsweise unserem Sohn H1 L gewährt. Soweit wir auch in der Zukunft Unterhalt einschließlich etwaigem Taschengeld unserem Sohn H1 L gewähren sollten, kann dies deshalb ebenfalls nur auf Darlehnsbasis erfolgen. Wir hoffen, mit dieser Bestätigung dazu beizutragen, dass unser Sohn H1 L die ihm zustehende Arbeitslosenhilfe schnellstens bewilligt bekommt und damit in die Lage versetzt wird, seinen bereits mehrfach angemahnten Beitrag zu den uns entstandenen Haushaltungskosten an uns zu leisten."
Mit Schreiben vom 18.01.2001 forderte die Beklagte den Kläger unter anderem auf, eine Bescheinigung einer Eltern, in welcher Höhe ihm Geld/Naturalleistungen auf Darlehnsbasis gewährt worden seien, vorzulegen. Trotz weiterer mehrfacher, auch im Rahmen von persönlichen Vorsprachen des Klägers erneuerte Aufforderungen, eine entsprechende ergänzende Erklärung der Eltern bezüglich des gewährten Darlehns vorzulegen, kam der Kläger dem nicht nach.
Mit Bescheid vom 23.01.2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab dem 06.11.2000 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.140,00 DM. Hiergegen legte der Kläger am 23.02.2001 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2001 als unbegründet zurückwies.
Mit Bescheid vom 26.06.2001 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 27.11. bis 05.11.2000 ab. Den hiergegen vom Kläger am 26.07.2001 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2001 als unbegründet zurück. Der Kläger sei im streitigen Zeitraum nicht bedürftig gewesen. Es sei anzunehmen, dass er seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestritten habe und dies lasse nach § 10 der Arbeitslosenhilfeverordnung den Schluss zu, dass er nicht oder nur teilweise bedürftig gewesen sei. Der Kläger habe trotz entsprechender Anfragen die späte Rückgabe des Antrags nicht begründet.
Am 18.10.2001 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, sein Lebensunterhalt sei von seinen Eltern darlehnsweise in Form von Naturalleistungen und kleineren Geldgeschenken sichergestellt worden. Des weiteren habe er von seiner Tante einen kleineren Barbetrag in Höhe von 300,00 DM erhalten sowie Schulden bei verschiedenen Stellen gemacht und einen Kredit von einem Herrn I aufgenommen, an den er deswegen seine Lebensversicherung abgetreten habe. Nachweise für seinen Vortrag hat der Kläger auch im Klageverfahren nicht vorgelegt. Auf die Klageerwiderung der Beklagten, in der seitens der Beklagten angeregt worden ist, die entsprechenden Nachweise doch vorzulegen, hat sich der Kläger trotz mehrfacher (viermaliger) Aufforderung durch das Gericht nicht geäußert.
Das SG hat in den 13 anhängigen Streitsachen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 10.04.2003 anberaumt. Der Kläger ist am 27.03.2003 zu dem Termin geladen worden. Sein persönliches Erscheinen ist in allen Streitsachen angeordnet worden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 04.04.2003, den er am Abend des 09.04.2003 in den Briefkasten des Sozialgerichts Duisburg eingeworfen hat, ausdrücklich die Verlegung des Termins beantragt. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, er sei wegen der Teilnahme an einer Mitgliederversammlung des Fördervereins gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit e.V, die in Hannover stattfinde, verhindert. Mit diesem Schriftsatz hat er Kläger u.a. eine Kopie der Einladung vom 12.03.2003, seine Rückantwort sowie eine am 20.03.2003 ausgestellte Fahrkarte nach Hannover vorgelegt.
Eine Entscheidung über diesen Verlegungsantrag ist nicht aktenkundig. Jedenfalls aber hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben am Morgen des Verhandlungstages mit der Geschäftsstelle des SG telefoniert. Ihm sei mitgeteilt worden, dass die Anordnung seines persönlichen Erscheinens aufgehoben worden sei, der Termin jedoch stattfinde.
Das SG ist von dem schriftlich gestellten Antrag des Klägers ausgegangen,
das beklagte Arbeitsamt X dazu zu verurteilen, dem Kläger wie ursprünglich beantragt, Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 27. November 1999 bis 18. August 2001 unter Einschluss des Zeitraums vom 06. November 2000 bis 18. August 2001, für den bereits Arbeitslosenhilfe bewilligt wurde, zu bewilligen, und zwar:
a) für die Zeit vom 30. November 1999 bis 17. Dezember 1999 vorläufig unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach Maßgabe weiterer Rechts- und Sachverhaltsaufklärungen hinsichtlich der Anrechnung von Nebeneinkommen und der Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Zeiten von gegebenenfalls nicht mehr nur geringfügiger selbständiger Arbeit in der Zeit vom 6. Dezember 1999 bis 10. Dezember 1999
und
b) im Übrigen insbesondere ab 18. Dezember 1999 endgültig.
Ferner hat der Kläger schriftsätzlich beantragt für die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe sowie für das Verfahren zur Bewilligung der Arbeitslosenhilfe
a) die Dynamisierungen wegen Verstoßes gegen die grundgesetzliche Eigentumsgarantie und das Sozialstaatsangebot ohne den dreiprozentigen Abschlag seit dem Ende des letzten Arbeitsangebots zu berechnen.
b) die Einmalzahlungen beim Bemessungsentgelt auf Grund des Gleichbehandlungsangebots nach vorheriger Auskunft und Beratung über die hierbei vom Kläger zu erbringende Mitwirkung zu berücksichtigen,
c) die Berücksichtigung von Vermögen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz, gegen die grundsetzliche Eigentumsgarantie und gegen das Sozialstaatsangebot zu unterlassen,
d) die Bindung der gewährten Arbeitslosenhilfe an die Vorschrift des § 120 Abs. 2 SGB III wegen Verstoßes gegen Artikel 2 und Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes aufzuheben,
e) die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, zur Pflegeversicherung und zur Rentenversicherung an dem Bemessungsentgelt auszurichten und nicht an der tatsächlich gezahlten Arbeitslosenhilfe beziehungsweise an 58 % des der Bemessung zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts sowie die Tragung der Beiträge dem für beschäftigte Arbeitnehmer geltenden Verfahren wieder anzugleichen und zu diesem Zweck das Leistungsentgelt und den Leistungssatz entsprechend zu erhöhen - wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Sozialstaatsgebot -,
f) Pauschalierungen und Rundungen bei sämtlichen Zwischenrechnungen zur Ermittlung des tatsächlichen Leistungsbetrages ausschließlich zu Lasten des Leistungsempfängers auf Grund der Einhaltung der Rechtsstaatsprinzipien zu unterlassen,
g) Aufwendungen des Leistungsempfängers zur Erlangung und zum Erhalt der Leistung, die nicht nur, aber auch durch unwirtschaftliche und bzw. oder unverhältnismäßige Maßnahmen des Arbeitsamtes entstanden sind oder noch entstehen, aus Gründen der rechtsstaatlich gebotenen Gewährleistung des Eigentums entweder zu erstatten oder aus Gründen der Gleichbehandlung im Rahmen der einkommenssteuerrechtlichen Berechnungen wie Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu berücksichtigen beziehungsweise berücksichtigen zu lassen - namentlich auch unter dem Aspekt des Progressionsvorbehalts, also wegen der nur bedingten Steuerfreiheit von Transferleistungen an Arbeitslose -,
h) unwirtschaftliche und unverhältnismäßige Sachverhaltsermittlungen im Rahmen der Bedürftigkeitsprfüungen zu unterlassen, beziehungsweise - soweit nicht bereits geschehen - wieder rückgängig zu machen.
Außerdem, dass das beklagte Arbeitsamt X dem Kläger die im Widerspruchsverfahren und ihm Rahmen dieses Rechtsstreits gegebenenfalls entstandenen notwendigen Aufwendungen erstattet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat am 10.04.2003 alle 13 Streitsachen in Abwesenheit des Kläger verhandelt und sämtliche Klagen - die vorliegende eingeschlossen - abgewiesen. Wegen des genauen Inhalts der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 60 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen. Ausführungen dazu, warum dem Verlegungsantrag nicht stattgegeben worden ist, enthält das Urteil nicht.
Gegen alle Urteile vom 10.04.2003 hat der Kläger fristgemäß Berufung eingelegt. Drei der Verfahren sind zwischenzeitlich erledigt, eines davon durch Zurückverweisung durch den Berichterstatter nach § 155 Abs. 3 und 4 SGG.
Der Kläger rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs. Er hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darüber hinaus den Vertreter der Beklagten wegen Befangenheit abgelehnt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10.04.2003 aufzuheben und den Rechtstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Duisburg, und zwar an eine andere Kammer, zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist im wesentlichen der Auffassung, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Der Kläger habe seinen Verlegungsantrag vor dem SG zu spät gestellt und deshalb dazu beigetragen, dass die Verhandlung ohne ihn stattgefunden habe. Im Übrigen habe kein erheblicher Grund für eine Vertagung vorgelegen. Eine fehlende Dokumentation der Entscheidung des SG in den Akten stelle noch keine Verletzung rechtlichen Gehörs dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache trotz des "Befangenheitsantrags" des Klägers gegenüber dem Beklagtenvertreter verhandeln und entscheiden, denn diesem Antrag kommt keine Bedeutung zu. Nach § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist im Gerichtsverfahren nur die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen möglich. Der Beklagtenvertreter ist, wie die Bezeichnung deutlich zum Ausdruck bringt, keine Gerichtsperson.
Die zulässige Berufung ist im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung begründet.
Das Landessozialgericht kann nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt hier vor, denn das SG hat in Abwesendheit des Klägers verhandelt sowie entschieden und dadurch den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§§ 62, 124 Abs. 1 SGG) verletzt.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird im sozialgerichtlichen Verfahren insbesondere durch den Grundsatz der mündlichen Verhandlung gewährleistet. Die Beteiligten haben einen Anspruch darauf, an der mündlichen Verhandlung teilnehmen zu dürfen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr. 33; BSG, Urteil vom 28.05.2003 - B 3 KR 33/02 R -). Deshalb ist es zur Gewährleistung dieses Anspruchs erforderlich, dass über einen Antrag auf Terminsverlegung rechtzeitig entschieden wird, selbst wenn der Antrag erst am Terminstage gestellt wird (vgl BSG, Urteil vom 28.05.2003 - B 3 KR 33/02 R -). Um dies zu ermöglichen, hat die Gerichtsorganisation sicherzustellen, dass eine zeitgerechte interne Weiterleitung des Antrags erfolgt (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr. 33). Macht der Antragsteller erhebliche Gründe für die Verlegung geltend, besteht ein Anspruch auf Terminsverlegung (§ 202 SGG iVm § 227 Zivilprozessordnung - ZPO -; vgl dazu Meyer-Ladewig, § 110 SGG Rz. 4 b ff. mwN).
Der Kläger ist vorliegend am 27.03.2003 zum Verhandlungstermin am 10.04.2003 geladen worden. Mit Schriftsatz vom "04.04.2003", den er - nach Fertigstellung am 09.04.2003 - am Abend des 09.04.2003 in den Briefkasten des Sozialgerichts Duisburg eingeworfen hat, hat er ausdrücklich die Verlegung des Termins beantragt, da er wegen der Teilnahme an einer Mitgliederversammlung des Fördervereins gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit e.V. verhindert sei. Eine Entscheidung über diesen Antrag ist nicht aktenkundig. Auch das Urteil des SG enthält keine Hinweis darauf, warum dem Antrag nicht stattgeben worden ist. Bereits diese Vorgehensweise stellt nach Auffassung des Senats einen Verfahrensmangel dar, denn der Kläger ist letztlich gehindert worden, sein Verhalten an einer Entscheidung des für ihn zuständigen gesetzlichen Richters über seinen Antrag zu orientieren und möglicherweise den Termin doch noch wahrzunehmen (so auch BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich nichts anderes aus den Angaben des Klägers in den Erörterungsterminen am 15.10.2003 oder im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Denn der Kläger hat wohl lediglich mit einer Mitarbeiterin der Geschäftsstelle telefoniert. Dadurch waren Missverständnisse nicht ausgeschlossen. Ob er von einer vorhergehenden Entscheidung des zuständigen Richters ausgehen konnte, bleibt offen, zumal eine solche - wie bereits dargelegt - auch nicht aktenkundig ist.
Der Senat geht des Weiteren davon aus, dass die vom Kläger vorgetragenen Gründe für die Verlegung als "erhebliche Gründe" im Sinne des § 227 ZPO anzusehen sind mit der Folge, dass dem Verlegungsantrag des Klägers hätte entsprochen werden müssen. Denn die Teilnahme des Klägers an der von ihm bezeichneten Veranstaltung unterfällt der grundrechtlichen Gewährleistung des Art. 9 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und möglicherweise auch der des Art. 9 Abs. 3 GG, also der Vereinsfreiheit und der Koalitionsfreiheit. Diese Grundrechte schützen nach allgemeiner Meinung nicht nur die Vereine und Koalitionen an sich, sondern auch die Betätigung ihrer Mitglieder. Ob dies in allen Fällen der Kollision mit Gerichtsterminen zu einem Anspruch auf Aufhebung führen muss, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls in dem hier vorliegenden Einzelfall gilt dies, denn die Einladung des Klägers zu der Versammlung erfolgte vor der Ladung zu dem Gerichtstermin. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinen unwiderlegbaren Angaben sorgfältig geprüft hat, ob seine Teilnahme an der Versammlung erforderlich scheint. Die von ihm angegebenen Gründe für seine Teilnahme sind nachvollziehbar, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die Fahrkarte dem Kläger von seiner Gewerkschaft ver.di bereits vor der Ladung zur Verfügung gestellt worden ist. Vorliegend kann daher nichts anderes gelten als in den Fällen, in denen religiöse Gründe der Teilnahme an einem Gerichtstermin entgegenstehen, die im allgemeinen auch als erheblich iSd § 227 ZPO angesehen werden (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 24. Auflage 2004, § 227 Rz. 6; Hartmann in Baumbach, ZPO, 62. Auflage 2004, § 227 ZPO Rz. 19).
Die Entscheidung, ob ein Urteil aufgehoben und zurückverwiesen wird, steht im Ermessen des Berufungsgerichts. Vorliegend hält der Senat die Aufhebung und Zurückverweisung für sachgerecht. Der hier verletzte Anspruch auf rechtliches Gehör zählt zu den elementaren Verfahrensgrundsätzen, die durch Art 103 GG sogar verfassungsrechtlich gewährleistet sind, so dass ein ganz erheblicher Verfahrensfehler vorliegt. Gesteigert wird dies noch dadurch, dass das SG am gleichen Tage insgesamt 13 Klagen des Klägers verfahrensfehlerhaft abgewiesen hat (vgl auch Frehse in Jansen, Sozialgerichtsgesetz § 159 Rz. 2, der bei unzulänglich durchgeführten Verfahren jede "Großzügigkeit" für verfehlt hält). Durch die einheitliche Zurückverweisung aller in der Berufungsinstanz noch anhängigen Verfahren bleibt - ohne dass der Kläger eine Tatsacheninstanz verliert - die Möglichkeit bestehen, alle Streitverfahren im Zusammenhang mit dem Kläger zu erörtern, mit ihm das jeweilige Klagebegehren im Einzelnen näher zu bestimmen und ggf den Sachverhalt weiter aufzuklären.
Der Senat hält allerdings die Zurückverweisung an eine andere Kammer des SG nicht für geboten. Entgegen der Auffassung des Klägers ist aus einer Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens durch den Kammervorsitzenden des SG nicht zu schließen, dass kein Wert mehr auf seinen Vortrag gelegt werde.
Die Kostenentscheidung auch für das Berufungsverfahren bleibt der erneuten Entscheidung durch das Sozialgericht vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger hat insgesamt 13 Klagen bei dem Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben.
Im vorliegenden Verfahren begehrt er Arbeitslosenhilfe ab dem 27.11.1999 bis 05.11.2000.
Der Kläger bezog bis 19.08.1999 Arbeitslosengeld und im Anschluss hieran Arbeitslosenhilfe nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.170 DM. Vom 08.11.1999 bis 26.11.1999 stand er in einem Beschäftigungsverhältnis als Berater in einem Bewerbungszentrum des Instituts für Maßnahmen zur Förderung der beruflichen und sozialen Eingliederung e. V. (IMBSE) in N. Am 27.11.1999 meldete er sich erneut arbeitslos und beantragte die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe. Die Tätigkeit im Bewerbungszentrum übte er ab 29.11.1999 bis 06.12.1999 lediglich in geringfügigem Umfang von 12 Wochenstunden aus. Vom 06.12. bis 10.12.1999 betrug die Dauer der Tätigkeit dagegen 24 Stunden.
Den Fortzahlungsantrag auf Arbeitslosenhilfe vom 27.11.1999 reichte der Kläger erst am 06.11.2000 an die Beklagte zurück. Zwischenzeitlich war der Kläger, der als ordentlicher Student an der D-Universität zu L im Studium der Rechtswissenschaft (38. Semester) eingeschrieben war, zum Sommersemester 2000 exmatrikuliert worden. Am 06.11.2000 gab er im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten folgende "wahrheitsgemäße Erklärung" ab: "In der Zeit vom 27.11.999 bis heute habe ich durch Unterkunft und Verpflegung auf Darlehnsbasis von meinen Eltern gelebt, durch die Auszahlung der Entgelte für die vorherige nichtselbständige Tätigkeit durch die Auszahlung der Entgelte für die freiberufliche Tätigkeit (Tätigkeit wurde in 12/99 verrichtet, Auszahlung erfolgte jedoch erst im März 2000), durch kleinere Sach- und Geldgeschenke meiner Tante (im Werte von ca. 300,00 DM über den gesamten Zeitraum), durch Schulden machen, insbesondere bei Verkehrsgesellschaften, Postbank und verschiedenen Lieferanten und durch den Kredit bei Herrn I (s. Anlage Lebensversicherung, deswegen ab Mai 2000 an Herrn I. abgetreten)."
Auf entsprechende Aufforderungen durch die Beklagte reichte der Kläger mit Schreiben vom 30.11.2000 eine von seinen Eltern H L und V L unterschriebene Erklärung folgenden Wortlauts ein: "In der Zeit vom 27. November 1999 bis heute hat unser Sohn H1 L bis auf die Ihnen bereits bekannten Einnahmen und Einkünfte von dritter Seite (Arbeitsentgeltzahlung im Dezember 1999 und Honorarzahlung für Dezember 1999 im März 2000 sowie Kreditaufnahme Mitte 2000) ansonsten ausschließlich durch Naturalunterhalt in Form von Unterkunft und Verpflegung sowie nach der von uns unterstützten Einreichung der Antragsunterlagen am 06. November 2000 auch durch ein geringfügiges Taschengeld zum Beispiel für notwendige Busfahrten gelebt. Aus der uns bekannten Lebensweise unseres Sohnes H1 L ergibt sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass er in dem fraglichen Zeitraum größere Ausgaben getätigt hätte, die auf andere Geldquellen hindeuten könnten.
Den oben angegebenen Naturalunterhalt und auch das Taschengeld haben wir auf Grund unserer eigenen Einkommens- und Gesundheitssituation nur darlehnsweise unserem Sohn H1 L gewährt. Soweit wir auch in der Zukunft Unterhalt einschließlich etwaigem Taschengeld unserem Sohn H1 L gewähren sollten, kann dies deshalb ebenfalls nur auf Darlehnsbasis erfolgen. Wir hoffen, mit dieser Bestätigung dazu beizutragen, dass unser Sohn H1 L die ihm zustehende Arbeitslosenhilfe schnellstens bewilligt bekommt und damit in die Lage versetzt wird, seinen bereits mehrfach angemahnten Beitrag zu den uns entstandenen Haushaltungskosten an uns zu leisten."
Mit Schreiben vom 18.01.2001 forderte die Beklagte den Kläger unter anderem auf, eine Bescheinigung einer Eltern, in welcher Höhe ihm Geld/Naturalleistungen auf Darlehnsbasis gewährt worden seien, vorzulegen. Trotz weiterer mehrfacher, auch im Rahmen von persönlichen Vorsprachen des Klägers erneuerte Aufforderungen, eine entsprechende ergänzende Erklärung der Eltern bezüglich des gewährten Darlehns vorzulegen, kam der Kläger dem nicht nach.
Mit Bescheid vom 23.01.2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab dem 06.11.2000 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.140,00 DM. Hiergegen legte der Kläger am 23.02.2001 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2001 als unbegründet zurückwies.
Mit Bescheid vom 26.06.2001 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 27.11. bis 05.11.2000 ab. Den hiergegen vom Kläger am 26.07.2001 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2001 als unbegründet zurück. Der Kläger sei im streitigen Zeitraum nicht bedürftig gewesen. Es sei anzunehmen, dass er seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestritten habe und dies lasse nach § 10 der Arbeitslosenhilfeverordnung den Schluss zu, dass er nicht oder nur teilweise bedürftig gewesen sei. Der Kläger habe trotz entsprechender Anfragen die späte Rückgabe des Antrags nicht begründet.
Am 18.10.2001 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, sein Lebensunterhalt sei von seinen Eltern darlehnsweise in Form von Naturalleistungen und kleineren Geldgeschenken sichergestellt worden. Des weiteren habe er von seiner Tante einen kleineren Barbetrag in Höhe von 300,00 DM erhalten sowie Schulden bei verschiedenen Stellen gemacht und einen Kredit von einem Herrn I aufgenommen, an den er deswegen seine Lebensversicherung abgetreten habe. Nachweise für seinen Vortrag hat der Kläger auch im Klageverfahren nicht vorgelegt. Auf die Klageerwiderung der Beklagten, in der seitens der Beklagten angeregt worden ist, die entsprechenden Nachweise doch vorzulegen, hat sich der Kläger trotz mehrfacher (viermaliger) Aufforderung durch das Gericht nicht geäußert.
Das SG hat in den 13 anhängigen Streitsachen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 10.04.2003 anberaumt. Der Kläger ist am 27.03.2003 zu dem Termin geladen worden. Sein persönliches Erscheinen ist in allen Streitsachen angeordnet worden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 04.04.2003, den er am Abend des 09.04.2003 in den Briefkasten des Sozialgerichts Duisburg eingeworfen hat, ausdrücklich die Verlegung des Termins beantragt. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, er sei wegen der Teilnahme an einer Mitgliederversammlung des Fördervereins gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit e.V, die in Hannover stattfinde, verhindert. Mit diesem Schriftsatz hat er Kläger u.a. eine Kopie der Einladung vom 12.03.2003, seine Rückantwort sowie eine am 20.03.2003 ausgestellte Fahrkarte nach Hannover vorgelegt.
Eine Entscheidung über diesen Verlegungsantrag ist nicht aktenkundig. Jedenfalls aber hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben am Morgen des Verhandlungstages mit der Geschäftsstelle des SG telefoniert. Ihm sei mitgeteilt worden, dass die Anordnung seines persönlichen Erscheinens aufgehoben worden sei, der Termin jedoch stattfinde.
Das SG ist von dem schriftlich gestellten Antrag des Klägers ausgegangen,
das beklagte Arbeitsamt X dazu zu verurteilen, dem Kläger wie ursprünglich beantragt, Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 27. November 1999 bis 18. August 2001 unter Einschluss des Zeitraums vom 06. November 2000 bis 18. August 2001, für den bereits Arbeitslosenhilfe bewilligt wurde, zu bewilligen, und zwar:
a) für die Zeit vom 30. November 1999 bis 17. Dezember 1999 vorläufig unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach Maßgabe weiterer Rechts- und Sachverhaltsaufklärungen hinsichtlich der Anrechnung von Nebeneinkommen und der Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Zeiten von gegebenenfalls nicht mehr nur geringfügiger selbständiger Arbeit in der Zeit vom 6. Dezember 1999 bis 10. Dezember 1999
und
b) im Übrigen insbesondere ab 18. Dezember 1999 endgültig.
Ferner hat der Kläger schriftsätzlich beantragt für die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe sowie für das Verfahren zur Bewilligung der Arbeitslosenhilfe
a) die Dynamisierungen wegen Verstoßes gegen die grundgesetzliche Eigentumsgarantie und das Sozialstaatsangebot ohne den dreiprozentigen Abschlag seit dem Ende des letzten Arbeitsangebots zu berechnen.
b) die Einmalzahlungen beim Bemessungsentgelt auf Grund des Gleichbehandlungsangebots nach vorheriger Auskunft und Beratung über die hierbei vom Kläger zu erbringende Mitwirkung zu berücksichtigen,
c) die Berücksichtigung von Vermögen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz, gegen die grundsetzliche Eigentumsgarantie und gegen das Sozialstaatsangebot zu unterlassen,
d) die Bindung der gewährten Arbeitslosenhilfe an die Vorschrift des § 120 Abs. 2 SGB III wegen Verstoßes gegen Artikel 2 und Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes aufzuheben,
e) die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, zur Pflegeversicherung und zur Rentenversicherung an dem Bemessungsentgelt auszurichten und nicht an der tatsächlich gezahlten Arbeitslosenhilfe beziehungsweise an 58 % des der Bemessung zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts sowie die Tragung der Beiträge dem für beschäftigte Arbeitnehmer geltenden Verfahren wieder anzugleichen und zu diesem Zweck das Leistungsentgelt und den Leistungssatz entsprechend zu erhöhen - wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Sozialstaatsgebot -,
f) Pauschalierungen und Rundungen bei sämtlichen Zwischenrechnungen zur Ermittlung des tatsächlichen Leistungsbetrages ausschließlich zu Lasten des Leistungsempfängers auf Grund der Einhaltung der Rechtsstaatsprinzipien zu unterlassen,
g) Aufwendungen des Leistungsempfängers zur Erlangung und zum Erhalt der Leistung, die nicht nur, aber auch durch unwirtschaftliche und bzw. oder unverhältnismäßige Maßnahmen des Arbeitsamtes entstanden sind oder noch entstehen, aus Gründen der rechtsstaatlich gebotenen Gewährleistung des Eigentums entweder zu erstatten oder aus Gründen der Gleichbehandlung im Rahmen der einkommenssteuerrechtlichen Berechnungen wie Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu berücksichtigen beziehungsweise berücksichtigen zu lassen - namentlich auch unter dem Aspekt des Progressionsvorbehalts, also wegen der nur bedingten Steuerfreiheit von Transferleistungen an Arbeitslose -,
h) unwirtschaftliche und unverhältnismäßige Sachverhaltsermittlungen im Rahmen der Bedürftigkeitsprfüungen zu unterlassen, beziehungsweise - soweit nicht bereits geschehen - wieder rückgängig zu machen.
Außerdem, dass das beklagte Arbeitsamt X dem Kläger die im Widerspruchsverfahren und ihm Rahmen dieses Rechtsstreits gegebenenfalls entstandenen notwendigen Aufwendungen erstattet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat am 10.04.2003 alle 13 Streitsachen in Abwesenheit des Kläger verhandelt und sämtliche Klagen - die vorliegende eingeschlossen - abgewiesen. Wegen des genauen Inhalts der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 60 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen. Ausführungen dazu, warum dem Verlegungsantrag nicht stattgegeben worden ist, enthält das Urteil nicht.
Gegen alle Urteile vom 10.04.2003 hat der Kläger fristgemäß Berufung eingelegt. Drei der Verfahren sind zwischenzeitlich erledigt, eines davon durch Zurückverweisung durch den Berichterstatter nach § 155 Abs. 3 und 4 SGG.
Der Kläger rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs. Er hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darüber hinaus den Vertreter der Beklagten wegen Befangenheit abgelehnt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10.04.2003 aufzuheben und den Rechtstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Duisburg, und zwar an eine andere Kammer, zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist im wesentlichen der Auffassung, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Der Kläger habe seinen Verlegungsantrag vor dem SG zu spät gestellt und deshalb dazu beigetragen, dass die Verhandlung ohne ihn stattgefunden habe. Im Übrigen habe kein erheblicher Grund für eine Vertagung vorgelegen. Eine fehlende Dokumentation der Entscheidung des SG in den Akten stelle noch keine Verletzung rechtlichen Gehörs dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache trotz des "Befangenheitsantrags" des Klägers gegenüber dem Beklagtenvertreter verhandeln und entscheiden, denn diesem Antrag kommt keine Bedeutung zu. Nach § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist im Gerichtsverfahren nur die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen möglich. Der Beklagtenvertreter ist, wie die Bezeichnung deutlich zum Ausdruck bringt, keine Gerichtsperson.
Die zulässige Berufung ist im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung begründet.
Das Landessozialgericht kann nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel liegt hier vor, denn das SG hat in Abwesendheit des Klägers verhandelt sowie entschieden und dadurch den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§§ 62, 124 Abs. 1 SGG) verletzt.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird im sozialgerichtlichen Verfahren insbesondere durch den Grundsatz der mündlichen Verhandlung gewährleistet. Die Beteiligten haben einen Anspruch darauf, an der mündlichen Verhandlung teilnehmen zu dürfen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr. 33; BSG, Urteil vom 28.05.2003 - B 3 KR 33/02 R -). Deshalb ist es zur Gewährleistung dieses Anspruchs erforderlich, dass über einen Antrag auf Terminsverlegung rechtzeitig entschieden wird, selbst wenn der Antrag erst am Terminstage gestellt wird (vgl BSG, Urteil vom 28.05.2003 - B 3 KR 33/02 R -). Um dies zu ermöglichen, hat die Gerichtsorganisation sicherzustellen, dass eine zeitgerechte interne Weiterleitung des Antrags erfolgt (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr. 33). Macht der Antragsteller erhebliche Gründe für die Verlegung geltend, besteht ein Anspruch auf Terminsverlegung (§ 202 SGG iVm § 227 Zivilprozessordnung - ZPO -; vgl dazu Meyer-Ladewig, § 110 SGG Rz. 4 b ff. mwN).
Der Kläger ist vorliegend am 27.03.2003 zum Verhandlungstermin am 10.04.2003 geladen worden. Mit Schriftsatz vom "04.04.2003", den er - nach Fertigstellung am 09.04.2003 - am Abend des 09.04.2003 in den Briefkasten des Sozialgerichts Duisburg eingeworfen hat, hat er ausdrücklich die Verlegung des Termins beantragt, da er wegen der Teilnahme an einer Mitgliederversammlung des Fördervereins gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit e.V. verhindert sei. Eine Entscheidung über diesen Antrag ist nicht aktenkundig. Auch das Urteil des SG enthält keine Hinweis darauf, warum dem Antrag nicht stattgeben worden ist. Bereits diese Vorgehensweise stellt nach Auffassung des Senats einen Verfahrensmangel dar, denn der Kläger ist letztlich gehindert worden, sein Verhalten an einer Entscheidung des für ihn zuständigen gesetzlichen Richters über seinen Antrag zu orientieren und möglicherweise den Termin doch noch wahrzunehmen (so auch BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich nichts anderes aus den Angaben des Klägers in den Erörterungsterminen am 15.10.2003 oder im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Denn der Kläger hat wohl lediglich mit einer Mitarbeiterin der Geschäftsstelle telefoniert. Dadurch waren Missverständnisse nicht ausgeschlossen. Ob er von einer vorhergehenden Entscheidung des zuständigen Richters ausgehen konnte, bleibt offen, zumal eine solche - wie bereits dargelegt - auch nicht aktenkundig ist.
Der Senat geht des Weiteren davon aus, dass die vom Kläger vorgetragenen Gründe für die Verlegung als "erhebliche Gründe" im Sinne des § 227 ZPO anzusehen sind mit der Folge, dass dem Verlegungsantrag des Klägers hätte entsprochen werden müssen. Denn die Teilnahme des Klägers an der von ihm bezeichneten Veranstaltung unterfällt der grundrechtlichen Gewährleistung des Art. 9 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und möglicherweise auch der des Art. 9 Abs. 3 GG, also der Vereinsfreiheit und der Koalitionsfreiheit. Diese Grundrechte schützen nach allgemeiner Meinung nicht nur die Vereine und Koalitionen an sich, sondern auch die Betätigung ihrer Mitglieder. Ob dies in allen Fällen der Kollision mit Gerichtsterminen zu einem Anspruch auf Aufhebung führen muss, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls in dem hier vorliegenden Einzelfall gilt dies, denn die Einladung des Klägers zu der Versammlung erfolgte vor der Ladung zu dem Gerichtstermin. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinen unwiderlegbaren Angaben sorgfältig geprüft hat, ob seine Teilnahme an der Versammlung erforderlich scheint. Die von ihm angegebenen Gründe für seine Teilnahme sind nachvollziehbar, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass die Fahrkarte dem Kläger von seiner Gewerkschaft ver.di bereits vor der Ladung zur Verfügung gestellt worden ist. Vorliegend kann daher nichts anderes gelten als in den Fällen, in denen religiöse Gründe der Teilnahme an einem Gerichtstermin entgegenstehen, die im allgemeinen auch als erheblich iSd § 227 ZPO angesehen werden (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 24. Auflage 2004, § 227 Rz. 6; Hartmann in Baumbach, ZPO, 62. Auflage 2004, § 227 ZPO Rz. 19).
Die Entscheidung, ob ein Urteil aufgehoben und zurückverwiesen wird, steht im Ermessen des Berufungsgerichts. Vorliegend hält der Senat die Aufhebung und Zurückverweisung für sachgerecht. Der hier verletzte Anspruch auf rechtliches Gehör zählt zu den elementaren Verfahrensgrundsätzen, die durch Art 103 GG sogar verfassungsrechtlich gewährleistet sind, so dass ein ganz erheblicher Verfahrensfehler vorliegt. Gesteigert wird dies noch dadurch, dass das SG am gleichen Tage insgesamt 13 Klagen des Klägers verfahrensfehlerhaft abgewiesen hat (vgl auch Frehse in Jansen, Sozialgerichtsgesetz § 159 Rz. 2, der bei unzulänglich durchgeführten Verfahren jede "Großzügigkeit" für verfehlt hält). Durch die einheitliche Zurückverweisung aller in der Berufungsinstanz noch anhängigen Verfahren bleibt - ohne dass der Kläger eine Tatsacheninstanz verliert - die Möglichkeit bestehen, alle Streitverfahren im Zusammenhang mit dem Kläger zu erörtern, mit ihm das jeweilige Klagebegehren im Einzelnen näher zu bestimmen und ggf den Sachverhalt weiter aufzuklären.
Der Senat hält allerdings die Zurückverweisung an eine andere Kammer des SG nicht für geboten. Entgegen der Auffassung des Klägers ist aus einer Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens durch den Kammervorsitzenden des SG nicht zu schließen, dass kein Wert mehr auf seinen Vortrag gelegt werde.
Die Kostenentscheidung auch für das Berufungsverfahren bleibt der erneuten Entscheidung durch das Sozialgericht vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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