L 13 RA 21/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 10 RA 24/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 RA 21/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 29/04 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die dem Kläger bewilligte Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU-Rente) wegen eines Hinzuverdienstes ab dem 01. Januar 2001 teilweise entzogen werden kann.

Der am 00.00.1948 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist gelernter Betriebswirt und seit dem 01.10.1988 bei der Fa. H (Duisburger Gemeinnützige Baugesellschaft AG) beschäftigt. Der Arbeitgeber ist Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes und wendet auf die Beschäftigungs- verhältnisse den BAT an. Das Bruttogehalt des Klägers betrug in der Zeit von Januar bis August 2001 4.783,50 DM; von September bis Oktober 2001 4.897,98 DM; von November bis Dezember 2001 4.802,65 DM; von Januar bis Dezember 2002 2.455,54 Euro; von Januar bis Dezember 2003 2.514,31 Euro; von Januar bis April 2004 2.539,39 Euro und im Mai 2004 2.564,72 Euro.

Der Kläger ist seit dem 01.10.1988 berufsunfähig (bu) und bezieht seit dem 01.01.1990 eine ihm mit Bescheid vom 06.06.1990 bewilligte BU-Rente. Im Jahr 1987 hat er 167,53 Werteinheiten aus Beitragszeiten nach dem AVG erlangt; beitragsfreie Zeiten wurden nicht zurückgelegt.

Im Mai 2000 bat die Beklagte ihn im Rahmen einer Nachprüfung der weiteren Rentenberechtigung um die Beantwortung verschiedener Fragen, u. a. zu seinem Gehalt aus der ausgeübten Beschäftigung. Mit einem Schreiben vom 20.10.2000 wies sie ihn auf die seit dem 01.01.2001 geltenden Hinzuverdienstgrenzen für eine BU-Rente hin.

Der Kläger teilte mit, er arbeite seit dem 01.01.1991 vollschichtig als Bürohilfskraft. Als solcher beziehe er ein monatliches Grundgehalt von 3.128,- DM zuzüglich eines Zuschlages (Ortszuschlag, Verheirateten- und Kinderzuschlag) von monatlich DM 1.355,-. Sein Arbeitgeber, die Fa. H, bestätigte dies. Unter dem 08.10.2000 teilte der Kläger der Beklagten mit, er beziehe Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von monatlich 4914,70 DM.

Mit Bescheid vom 30.10.2000 berechnete die Beklagte die BU-Rente des Klägers ab dem 01.01.2001 neu und zahlte ihm nur noch monatlich 930,70 DM (bei einer monatlichen Bruttorente von 1.009,43 DM), nachdem der Kläger zuvor zuletzt eine monatliche Bruttorente in Höhe von 1.514,14 DM bei einem monatlichen Zahlbetrag von 1.396,04 DM erhalten hatte. Als Grund für die Neuberechnung führte sie an, der Hinzuverdienst habe sich geändert.

Den hiergegen am 09.11.2000 eingelegten Widerspruch des Klägers, zu dessen Begründung dieser ausführte, sein Hinzuverdienst habe sich seit Bewilligung der BU-Rente im Jahr 1990 nicht geändert, wies die Beklagte mit Bescheid vom 07.02.2001 zurück: Aufgrund von § 313 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der Fassung des Rentenreform- gesetzes 1999 vom 16.12.1997 in Verbindung mit dem Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 10.12.1998 würden ab dem 01.01.2001 auch bei BU-Renten bzw. Renten wegen Erwerbs- unfähigkeit (EU), die vor dem 01.01.1996 begonnen hätten, Hinzuverdienstgrenzen beachtet. Der Kläger beziehe ausweislich seiner Selbstauskunft vom 08.10.2000 ab Januar 2001 ein monatliches Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von DM 4.914,70. Um eine BU-Rente in voller Höhe zu erhalten, dürfe eine Hinzuver- dienstgrenze von monatlich 4.272,77 DM nicht überschritten werden. Die Hinzuverdienstgrenze für eine 2/3-Rente betrage monatlich 5.697,03 DM. Unter Berücksichtigung dieser Grenzen sei die BU-Rente des Klägers als 2/3-Rente zu zahlen.

Hiergegen hat der Kläger am 07.03.2001 Klage zum Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausgeführt hat, § 313 SGB VI sei nichtig, soweit nicht darauf Rücksicht genommen werde, dass die Höhe des anrechenbaren Einkommens davon abhänge, dass ein Arbeitnehmer verheiratet sei und Kinder habe. Sein Einkommen enthalte familienbezogene Lohnbestandteile, den Ortszuschlag der Stufe III in Höhe von 1.382,67 DM. Nur aufgrund dieses erhöhten Ortszuschlages liege sein Einkommen über der Hinzuverdienstgrenze von 4.272,77 DM. Hingegen erhalte ein lediger Arbeitnehmer ohne Kinder lediglich einen Ortszuschlag der Stufe I in Höhe von 865,25 DM, so dass dieser bei gleichem Grundeinkommen, gleichen Tarifzulagen und gleichen vermögenswirksamen Leistungen über ein Gesamteinkommen von 4266,00 DM verfüge und damit unter der Hinzuverdienstgrenze liege. Im wirtschaftlichen Gesamtergebnis verfüge er, der Kläger, über das gleiche Gesamteinkommen wie ein unver- heirateter und kinderloser Arbeitnehmer, weil der höhere Ortszuschlag durch die Kürzung der BU-Rente in vollem Umfang kompensiert werde. Dies verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Für eine Gleichbehandlung mit kinderlosen Ledigen sei ein sachlich zu rechtfertigender Grund nicht ersichtlich.

Das SG hat mit Urteil vom 23.01.2003 die Klage abgewiesen: Die Beklagte habe den Bescheid vom 06.06.1990 mit den angegriffenen Bescheiden zu Recht nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) aufgehoben. Die Teilaufhebung sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil eine nach § 24 Abs. 1 SGB X grundsätzlich notwendige Anhörung vor Erteilung des Aufhebungsbescheides unterblieben sei. Von der Anhörung könne zum einen nach § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X abgesehen werden, wenn von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einer Erklärung gemacht habe, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werde. Die Beklagte habe insofern ihrer Entscheidung die schriftliche Erklärung des Klägers vom 08.10.2000, er verfüge über einen Einkommen aus nichtselbst- ständiger Arbeit in Höhe von 4.914,70 DM, zugrunde gelegt. Im übrigen sei die Anhörung auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X wirksam nachgeholt worden. Die seit dem 01.01.2001 geltende Regelung des § 313 Abs. 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2000, wonach auch für sog. Bestandsrentner Hinzuverdienstgrenzen bestünden und bei Überschreiten dieser Grenzen eine BU-Rente ganz oder teilweise nicht geleistet werde, stelle eine wesentliche Veränderung der rechtlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X dar. Da der Hinzuverdienst des Klägers das 52,5-fache des aktuellen Rentenwertes verviel- fältigt mit den Entgeltpunkten (EP) des letzten Kalenderjahres, d. h. einen Betrag von 4.272,77 DM übersteige, bestehe seit dem 01.01.2001 ein Anspruch auf BU-Rente nur noch in Höhe von zwei Dritteln. Der Kläger verfüge nach seinen Angaben über ein monatliches Einkommen in Höhe von 4.783,50 DM. Der hierin enthaltene Ortszuschlag in Höhe von 1.382,67 DM sei in vollem Umfang zu berücksichtigen, weil es sich insoweit um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) handele. Danach seien Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Sowohl der Ortszuschlag als auch der kindbezogene Teil des Ortszuschlages stellten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV dar (Bezugnahme auf BSG in SozR 3-2200 § 180 RVO Nr. 7). Die gesetzlichen Regelungen der §§ 313, 96 a SGB VI seien auch mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar, so dass keine Veranlassung bestehe, den Rechtsstreit gem. Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Insbesondere sei kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG erkennbar. Durch die gesetzliche Hinzuverdienstregelung werde der Kläger als Verheirateter und Vater von zwei Kindern nicht anders behandelt als ein lediger bzw. kinderloser Versicherter. Die Vorschriften über die Anrechnung von Hinzuverdienst knüpften nicht an die Ehe und die Familie an und träfen keine nachteiligen Regelung für Verheiratete und Eltern. Letztlich mache der Kläger auch keine Ungleichbehandlung durch die gesetzliche Hinzuverdienstregelung und keinen Eingriff in Art. 6 Abs. 1 GG geltend. Er nehme für sich in Anspruch, dass sich ein geldwerter Vorteil, der ihm tarifvertraglich in Gestalt des kindbezogenen Anteiles des Ortzuschlages eingeräumt worden sei, weitergehend im Sinne einer Perpetuierung auswirken und bei der Einkommensanrechnung im Rahmen der Hinzuverdienstregelung außer Betracht bleiben solle. Ein solcher Anspruch sei jedoch nicht aus Art. 6 Abs. 1 GG herleitbar. Das frühere BU-Rentenrecht bzw. das heutige Recht der Renten wegen Erwerbsminderung kenne keine Familienkomponente und knüpfe in keiner Weise an den Familienstand an. Durch die gesetzliche Neuregelung des Hinzuverdienstes solle lediglich der Lohnersatzcharakter der BU-Rente in den Vordergrund gestellt werden (Bezugnahme auf BT-Drucks. 12/8490, S. 54 ff. und 13/2590).

Der Kläger hat gegen das ihm am 05.03.2003 zugestellte Urteil am 21.03.2003 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Er weist insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverfassungs- gerichts vom 03.04.2001 (1 BVR 1629/94 in BVerfGE 103,242 ff.) hin. Mit den dort aufgestellten Grundsätzen sei es unvereinbar, wenn der Gesetzgeber sich an familienbezogenen Lohnbestand- teilen vergreife, indem er diese durch vorgeschriebene Anrechnungsmethoden in der Rentenversicherung entwerte. Des Weiteren hat der Kläger auf ein Urteil des BSG vom 30.07.2003 (B 12 KR 16/02 R - in SozR 4 - 2500 § 10 Nr. 3) hingewiesen. Danach dürfe die Berücksichtigung von familienbezogenen Lohnbestandteilen nicht zu Nachteilen in der Sozialversicherung führen. Unter Berücksichtigung der hier zum Ausdruck kommenden Grundsätze müsse der Entgeltbegriff des § 14 SGB IV ver- fassungskonform ausgelegt werden, indem die ihm gezahlten Ortszuschläge "Verheirateter" und "Kinder" nicht als Entgelt zu berücksichtigen seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23. Januar 2003 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 30.10.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2001 zu verurteilen, ihm für die Zeiten vom 01.01. bis 31.08.2001 und 01.07. bis 31.12.2002 ungekürzte Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Auskünfte der Fa. H zum Bruttogehalt eines ledigen Arbeitnehmers mit gleichem Grundgehalt, gleichen Zulagen und gleichem Lebensalter wie der Kläger in der Zeit von Januar 2001 bis Mai 2004 eingeholt. Danach lagen die Bruttogehälter dieses fiktiven Vergleichsarbeitnehmers in der Zeit von Januar bis August 2001 bei 4.266,08 DM; im September bis Dezember 2001 bei 4.368,16 DM; im Januar bis Dezember 2002 bei 2.233,40 Euro; im Januar bis Dezember 2003 bei 2.286,84 Euro, im Januar bis April 2004 bei 2.309,64 und im Mai 2004 bei 2.332,67 Euro.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen; diese Akten haben vorgelegen und waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf teilweise Aufhebung der angegriffenen Bescheide und Zahlung der ungekürzten BU-Rente für die noch streitigen Zeiten vom 01.01.2001 bis 31.08.2001 und vom 01.07.2002 bis 31.12.2002. Die angegriffenen Bescheide sind im Ergebnis in vollem Umfang rechtmäßig.

Sie sind nicht bereits wegen Verletzung der gebotenen Anhörung rechtswidrig. Auch entsprechen sie den Vorgaben der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Sozialgerichtsgesetz (SGG) jeweils auf die zutreffenden Ausführungen des angegriffenen Urteils Bezug.

Rechtsgrundlage für die sich der Aufhebung anschließenden Feststellungen des teilweisen Untergangs der monatlichen Zahlungsansprüche des Klägers auf BU-Rente ist § 313 SGB VI. Die angegriffenen Bescheide entsprechen auch insoweit den gesetzlichen Voraussetzungen. Nach § 313 Abs. 2 SGB VI wird eine BU-Rente abhängig vom erzielten Hinzuverdienst in voller Höhe, in Höhe von 2/3 oder in Höhe von 1/3 geleistet. Nach Abs. 3 Nr. 2 beträgt die Hinzuverdienstgrenze bei einer BU-Rente in voller Höhe das 52,5-fache, in Höhe von 2/3 das 70-fach und in Höhe von 1/3 das 87,5-fach des aktuellen Rentenwertes (§ 68), vervielfältigt mit den EP (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 - 3) des letzten Kalenderjahres vor Eintritt der BU, mindestens jedoch mit 0,5 EP. Der Kläger hat auch in den jetzt noch streitigen Zeiträumen einen Hinzuverdienst erzielt, der eine der Hinzuverdienst- grenzen des § 313 Abs. 3 Nr. 2 c) SGB VI überschritt.

Zwar verlangt die Feststellung des Überschreitens einer bestimmten Hinzuverdienstgrenze nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 06.03.2003, B 4 RA 8/02 R und B 4 RA 35/02 R - SozR 4 - 2600 § 313 Nr. 1 u. 2) eine monatliche Gegenüberstellung des für den jeweiligen Monat erzielten Hinzuverdienstes mit den in § 313 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI ausgestalteten drei Gruppen von individuellen Hinzuverdienstgrenzen. Die Beklagte hat jedoch vorliegend nur im Rahmen einer Prognose, der die Angaben des Klägers zugrunde lagen, seinen zukünftigen Hinzuverdienst festgestellt und auf dieser Grundlage die monatlichen Zahlungsansprüche herabgesetzt. Für eine solche Vorgehensweise gibt die gesetzliche Regelung zwar keine Ermächtigung. Die Rechtswidrigkeit des Eingriffs im Zeitpunkt seines Erlasses führt (BSG a.a.o.) nicht notwendig zur Aufhebung der angegriffenen Bescheide im begehrten Umfang. Für die gerichtliche Entscheidung über die Anfechtungsklage kommt es vielmehr auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses der letzten Tatsacheninstanz, mithin im Zeitpunkt des Verhandlungstermins vor dem erkennenden Senat vom 24.05.2004 an. Mithin ist zu prüfen, welchen Hinzuverdienst der Kläger in den streitigen Zeiträumen erzielte. Dieser ist jeweils Monat für Monat den ebenfalls zu ermittelnden individuellen Hinzuverdienstgrenzen gegenüberzustellen. Die insofern vom Senat getroffenen Feststellungen bestätigen die von der Beklagten getroffene Entscheidung im Ergebnis.

Die Beklagte hat den Rangstellenwert des Klägers aus dem letzten Kalenderjahr vor Eintritt des Versicherungsfalles der BU, dem Kalenderjahr 1987, zutreffend festgesetzt. Der Kläger hatte 167,53 Werteinheiten aus Beitragszeiten und keine beitragsfreien Zeiten nach dem AVG erlangt. Dieser Betrag ist durch 100 zu teilen. Der Quotient ergibt die EP. Beim Kläger ist damit von 1,6735 EP auszugehen. Diesen Wert hat die Beklagte den angegriffenen Bescheiden zugrundegelegt.

Die aktuellen Rentenwerte betrugen in der Zeit vom 01.01. bis 30.06.2001 48,58, in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.2001 49,51, in der Zeit vom 01.01. bis 30.06.2002 25,3146, in der Zeit vom 01.07.2002 bis 30.06.2003 25,86 und vom 01.07.2003 bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, dem Mai 2004, 26,13.

Damit ergibt sich folgende Gegenüberstellung:

Zeitraum: 01.01. - 30.06.2001

Hinzuverdienst des Klägers: 4.783,50 DM
Hinzuverdienstdrenze für eine volle BU-Rente: 4.272,77 DM
Hinzuverdienstgrenze für eine 2/3 BU-Rente: 5.697,03 DM
Hinzuverdienstgrenze für Eine 1/3 BU-Rente: 7.121,28 DM

Zeitraum: 01.07. - 31.08.2001

Hinzuverdienst des Klägers: 4.783,50 DM
Hinzuverdienstdrenze für eine volle BU-Rente: 4.354,57 DM
Hinzuverdienstgrenze für eine 2/3 BU-Rente: 5.806,09 DM
Hinzuverdienstgrenze für Eine 1/3 BU-Rente: 7.257,61 DM

Zeitraum: 01.07. - 31.12.2002

Hinzuverdienst des Klägers: 2.455,54 EURO
Hinzuverdienstdrenze für eine volle BU-Rente: 2.274,47 EURO
Hinzuverdienstgrenze für eine 2/3 BU-Rente: 3.032,63 EURO
Hinzuverdienstgrenze für Eine 1/3 BU-Rente: 3.790,79 EURO

Der Kläger hat dementsprechend in jedem Monat der streitigen Zeiträume die Hinzuverdienstgrenze für eine BU-Rente in vollem Umfang überschritten, nicht jedoch die Hinzuverdienstgrenzen für eine BU-Rente in Höhe von 2/3 oder in Höhe von 1/3.

Die angegriffenen Bescheide der Beklagten erweisen sich somit in vollem Umfang als rechtmäßig.

Die insofern der Kürzung zugrunde liegenden Regelungen bezüglich der Hinzuverdienstgrenzen bei BU-Renten sind verfassungsgemäß. Insofern kommt weder eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG in Betracht, noch sieht der Senat sich veranlasst, die geltenden Vorschriften, insbesondere den der Entgeltermittlung zugrunde liegenden § 14 SGB IV für die Ermittlung der Hinzuverdienstgrenzen in dem vom Kläger gewünschten Sinn auszulegen.

Ein Verstoß gegen die Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 iVm mit Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Insoweit schließt sich der Senat den umfassenden Ausführungen des BSG in den Urteilen vom 06.03.2003 (a.a.0.) an.

Auch der vom Kläger gerügte Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 iVm Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angegriffenen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Auch die Rechtsprechung des 12. Senats des BSG, wie sie im Urteil vom 29.07.2003 (a.a.0.) zum Ausdruck kommt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Das BSG geht zunächst auch in dieser Entscheidung davon aus, dass das nach den Vorschriften des SGB IV zu bestimmende Entgelt bzw. Einkommen grundsätzlich die Familienzuschläge des öffentlichen Dienstes umfasst. Im Rahmen der vom BSG zu prüfenden Vorschrift des § 10 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) legt das BSG jedoch sodann nicht diesen Einkünfte- bzw. Einkommensbegriff, sondern vielmehr ein "familienversicherungsrechtlich modifiziertes regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen" zugrunde. Die Gesichtspunkte, die für eine verfassungskonforme Auslegung dieser Vorschrift des Krankenversicherungsrechts sprechen, treffen sind mit der vorliegend zu entscheidenden Fall- gestaltung der Hinzuverdienstgrenzen für BU-Rentner nicht vergleichbar.

Insofern bestimmt § 10 Abs. 3 SGB V, dass Kinder nicht in der Familienversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebensgefährte des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist. Die im Rahmen des § 10 SGB V geregelte beitragsfreie Familienver- sicherung von Kindern des Mitglieds einer gesetzlichen Krankenkasse ist, wie das BSG im genannten Urteil selbst ausführt, eine besondere Maßnahme des sozialen Ausgleichs zur Entlastung der Familien. Die Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 10 Abs. 3 SGB V stellt im Übrigen gemeinsam mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einen einheitlichen Maßstab dar, den das System insgesamt zur typisierenden Umschreibung sozialer Schutz- bedürftigkeit zugrunde legt. Dies macht es nach der Recht- sprechung des BSG im Urteil vom 29.07.2003 (B 12 KR 16/02 R) erforderlich, Leistungen, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, generell unberücksichtigt zu lassen. Nun stellt der Familienzuschlag nach den §§ 39 ff. des Bundesbesoldungsgesetzes eine solche Leistung mit spezifischer familienpolitischer Zielrichtung dar. Er hat eine soziale Ausgleichsfunktion, die in typisierender Weise dem unterschiedlichen Alimentationsbedarf eines Besoldungs- empfängers je nach Familienstand und Zahl der Kinder Rechnung tragen soll. Damit gebietet zur Überzeugung des BSG eine verfassungskonforme Auslegung des § 10 Abs. 3 SGB V, derartige Zuschläge im Rahmen der Familienversicherung einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Es bereits fraglich, ob die sog. Ortszuschläge die den Angestellten und Arbeitern des öffentlichen Dienstes gezahlt werden, überhaupt mit dem Familienzuschlag gleichgestellt werden können. Insofern führt das BSG im genannten Urteil aus: "Mit dieser Verwendungs- bestimmung unterscheidet sich der Familienzuschlag funktional von dem als Leistungsentgelt gewährten Grundgehalt ein- schließlich des früheren Ortszuschlages".

Jedenfalls gibt es keine Veranlassung, auch § 313 SGB VI (ggf. iVm § 96a SGB VI) in gleicher Weise auszulegen. Die gesetz- lichen Regelungen zu den Hinzuverdienstgrenzen für BU- und EU-Rentner haben, wie bereits das SG zu Recht festgestellt hat, keinerlei soziale Ausgleichsfunktion zwischen verheirateten Versicherten mit Kindern und ledigen, kinderlosen Versicherten. Zweck der BU-Rente ist es, bei dauerhaftem Verlust eines versicherungspflichtig betätigten beruflichen Leistungs- vermögens, das auf gesundheitlichen Einschränkungen beruht, die sich daraus ergebenden Nachteile für das Einkommensniveau des Versicherten und seine Alterssicherung zumindest teilweise auszugleichen (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 06.03.2003, B 4 RA 35/02 R). Sicherungsziel der BU-Rente ist der Nachteils- ausgleich in Höhe von 2/3 der Vollversicherung. Sie ist daher auf Hinzuverdienst angelegt. Dieser kann allerdings in der Regel nur in einer unterhalbschichtigen Beschäftigung oder vollschichtig in einem nach seiner Qualität unzumutbaren Verweisungsberuf erzielt werden, andernfalls wäre schon kein Versicherungsfall der BU eingetreten. Die Hinzuverdienstgrenzen dienen der Verhinderung einer Übersicherung, welche vorliegen kann, wenn diese Vollversicherung (Brutto) wesentlich überschritten wird, weil der Versicherte aus Hinzuverdienst und BU-Rente ein Einkommen hat, das wesentlich mehr als das 1,5-fache des vollen Wertes des Rechts auf BU-Rente beträgt. Eine irgendwie geartete soziale Ausgleichsfunktion zur Entlastung von Familien insbesondere mit Kindern ist somit weder mit der BU-Rente noch den hierzu ergangenen Hinzuverdienstregelungen verbunden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen, weil die Rechtssache trotz der bereits zu den Hinzuverdienstregelungen ergangenen Entscheidungen des BSG im Hinblick auf den gerügten Verstoß gegen Art. 6 GG grund- sätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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