Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AL 26/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 102/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 174/03
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.03.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1952 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben von Beruf Werbekaufmann (Schriftsetzer und Industriekaufmann). Zuletzt bezog er von der Beklagten im Anschluss an eine Beschäftigung als "Creativ Direktor" bis zum 07.06.1996 Arbeitslosengeld. Dieser Anspruch war damit erschöpft. Anschließend verrichtete der Kläger nach seinen Angaben nichtversicherungspflichtige Aushilfstätigkeiten. Vom 9/97 bis 17.02.1998 war er als Freiberufler tätig. Ein Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe vom 18.02.1998 wurde von der Beklagten bindend abgelehnt mit der Begründung, dass der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfülle.
Am 05.07.1999 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Bereits am 01.09.1999 begann er eine Fortbildungsmaßnahme.
In seinem Arbeitslosengeldantrag gab er an, zwischen dem 01.04.1998 und dem 30.06.1999 als Geschäftsführer der Firma Y X-GmbH (im folgenden GmbH) tätig gewesen zu sein.
Gesellschafter der GmbH waren die Eheleute S und I O, die am Stammkapital der GmbH in Höhe von insgesamt 50.000,00 DM einen Anteil in Höhe von 30.000,00 DM bzw. 10.000,00 DM hielten. Der Kläger selbst war mit einem Anteil in Höhe von 10.000,00 DM beteiligt. Die GmbH hatte zunächst ihren Sitz in M, nach einem Gesellschafterbeschluss vom 01.09.1998 wurde der Sitz nach T verlegt an die Wohnadresse des Klägers. Im Übrigen erfolgte durch den gleichen Beschluss eine unklare Änderung der Regelung zum Stammkapital, wonach keine Aufteilung auf verschiednen Gesellschafter mehr vorgenommen wurde.
In M hatte die GmbH von der O GmbH (einem Repro-Betrieb, der durch die Eheleute O - I O als Gesellschafterin und S O als Geschäftsführer - geleitet wurde) aufgrund eines Untermietvertrages vom 01.04.1998 einen Gewerberaum (30 qm) angemietet. Die Eheleute O sind Anfang Juni 1998 nach Spanien umgezogen, haben dort eine Werbeagentur gekauft und haben ihren Betrieb in M eingestellt. In T war die Wohnanschrift des Klägers auch Betriebssitz. Parallel mit einem Umzug des Klägers innerhalb von T erfolgte eine weitere Verlegung der Betriebsstätte.
Der Tätigkeit des Klägers für die GmbH lag ein Geschäftsführervertrag vom 01.04.1998 zugrunde. Darin war u.a. geregelt, dass der Kläger für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt in Höhe von 54.000,00 DM Brutto in 12 gleichen Monatsraten erhalten sollte. Es war weiter geregelt, dass dem Kläger die Bezüge für den Fall einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit auf die Dauer von 6 Monaten weiter gezahlt werden (unter Abzug des Betrages, der dem von der Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspreche). Der dem Kläger zustehende Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen war vom Kläger mit der Gesellschaft abzustimmen. Eine Regelung zur Arbeitszeit enthielt der Vertrag nicht.
Am 31.7.1998 gewährte der Kläger der GmbH ein privates Darlehn in Höhe von 40.000 DM.
Die Betriebstätigkeit der GmbH wurde nach Angaben des Klägers am 01.07.1999 eingestellt. Über das Vermögen der GmbH wurde auf den Insolvenzantrag des Klägers als Geschäftsführer durch Beschluss des Amtsgerichtes Wuppertal vom 08.11.1999 (Aktenzeichen 145 IN 214/99) das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach den Angaben des Klägers im Insolvenzverfahren war er der einzige Beschäftigte der GmbH. Es bestünden für 1998 noch Gehaltsrückstände in Höhe von 19.041,54 DM. Auch für die Monate April bis Juni 1999 sei Gehalt nicht gezahlt worden sein. Für den letztgenannten Zeitraum beanspruche der Kläger Insolvenzgeld. Dieser Anspruch sei Gegenstand eines zur Zeit ruhenden weiteren Klageverfahrens beim SG Düsseldorf - Az S 3 (13) Al 35/00 -. Sozialversicherungsbeiträge wurden allerdings bis einschließlich Mai 1999 gezahlt.
Mit Bescheid vom 07.09.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.1999 als unbegründet zurück, weil der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Er sei nicht in den letzten 3 Jahren vor dem 05.07.1999 mindestens 12 Monate einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen. Die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer für die GmbH sei keine Arbeitnehmertätigkeit gewesen.
Dagegen hat der Kläger am 25.01.2000 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass er als Geschäftsführer der GmbH versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Es sei unerheblich, ob ein Direktionsrecht tatsächlich ausgeübt werde. Entscheidend sei lediglich, dass das Direktionsrecht bestehe und die weisungsbefugten Gesellschafter von diesem auch Gebrauch machen konnten. Bevor die Eheleute O nach Spanien umgezogen seien, hätten diese rege von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht. Nach dem Umzug nach Spanien sei das Direktionsrecht in der tatsächlichen Ausübung auf wesentliche Unternehmensgegenstände beschränkt gewesen. Die Eheleute O hätten mit ihm eine erhebliche Anzahl von Telefonaten von und nach Spanien geführt. Zudem habe er dem Steuerberater der Eheleute O monatlich Bericht über den wirtschaftlichen Fortlauf der GmbH leisten müssen. Dies sei insbesondere durch die Übersendung der so genannten betriebswirtschaftlichen Auswertungen geschehen. Nachdem die GmbH nach T verlegt worden sei, habe er sich eine neue Steuerberaterin gesucht, die wegen der geschäftlichen Belange der GmbH Kontakt mit dem ehemaligen Steuerberater der Eheleute O gehabt hätte. Alleine hieraus ergebe sich schon, dass ihn die Eheleute O als Gesellschafter ständig kontrolliert und ihr Direktionsrecht ausgeübt habe. Ein weiterer Hinweis lasse sich auch daraus entnehmen, dass die Eheleute O der Mitarbeiterin der GmbH, Frau L T angeboten hätten, ihren Gesellschaftsanteil zu übernehmen und selbst mit der GmbH selbständig tätig zu sein. Frau T sei im Mai oder Juni 1998 von der GmbH als freie Mitarbeiterin eingestellt worden und habe dort bis einschließlich Januar 1999 gearbeitet. Sie sei jedoch als so genannte freie Mitarbeiterin und nicht als versicherungspflichtige Beschäftigte tätig geworden. Die GmbH habe ein Darlehen von ihm in Höhe von 40.000,00 DM aufgenommen, um die laufenden Kosten einschließlich seines Gehaltes zu decken. Er selbst habe dieses Darlehen von seiner Tante in Höhe von insgesamt 50.000,00 DM mit einem Zinssatz von 4 % aufgenommen. Seine Tante habe die 50.000,00 DM auf das Geschäftskonto der GmbH eingezahlt, wovon er wieder 10.000,00 DM zum Eigenverbrauch abgehoben habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.1999 zu verurteilen, ihm ab dem 05.07.1999 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren, hilfsweise, Frau T zu der Frage zu vernehmen, ob der Kläger bei der Y GmbH versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf ihre Bescheide berufen und ergänzend vorgetragen, dass der Kläger noch im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilungen angegeben habe, dass das Weisungsrecht der GmbH in der Praxis nicht tatsächlich laufend ausgeübt worden sei. Es müsse weiter davon ausgegangen werden, dass der Kläger im Wesentlichen eigenständig die GmbH geführt habe. Darauf deute auch die Verlegung des Firmensitzes in die Wohnung des Klägers hin.
Das SG hat im Wege der Rechtshilfe über die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers Beweis erhoben durch Vernehmung von S O und I O als Zeugen. Beide haben ausgesagt, dem Kläger nie Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeitsausübung erteilt zu haben. Auf die Geschäftsführung hätten sie keinen Einfluss genommen. Auch von einer Darlehnsaufnahme sei ihnen nichts bekannt. Auf die Protokolle vom 20.09.2002 (Bl. 125 ff der Gerichtsakte) wird wegen der weiteren Einzelheiten der Aussagen Bezug genommen.
Hierzu hat der Kläger vorgebracht, dass Sinn und Zweck der Gründung der GmbH gewesen sei, der von den Zeugen O betriebenen Repro-Anstalt eine Werbeagentur vorzuschalten. Letztlich sei die Gründung der GmbH und seine Einstellung nur unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, dass er als Werbefachmann Aufträge für den Betrieb der Zeugen O habe heranschaffen sollen. Letztlich sei seine Tätigkeit ein "outgesourcter" Betrieb, der eigentlich auch ein selbständiger Betriebsteil des Betriebes der Zeugen O hätte sein können.
Mit Urteil vom 27.03.2003, auf das Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide und das Ergebnis der Beweisaufnahme gestützt. Die Vernehmung der Frau T hielt das SG nicht für geboten.
Das Urteil ist dem Kläger am 14.04.2003 zugestellt worden. Am 14.05.2003 hat er dagegen Berufung eingelegt, die er im Wesentlich wie folgt begründet: Er sei jederzeit von den Geschäftsherren, nämlich den Gesellschaftern Eheleute O vollständig abhängig gewesen. Wenn er nicht abhängig beschäftigt gewesen wäre, wäre der Abschluss eines Geschäftsführervertrages nicht erforderlich gewesen, da ein Vertrag den wirtschaftlich stärker gefährdeten Vertragspartner durch Dokumentation und Festlegung der Vertragspflichten binden solle. Es sei auch durchaus üblich, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern Gehaltsansprüche stunden oder Darlehn gewährten, um eine Insolvenz oder Betriebsstillegung zu vermeiden. Er sei als Werbespezialist eingestellt worden. Auch besonders kreative und besonders erfahrene Arbeitnehmer seien von der Arbeitnehmereigenschaft nicht befreit, weil sie als einzige im Betrieb über entsprechende Kenntnisse verfügten. Der Prinzipal verfüge nicht stets über überlegenes Wissen gegenüber seinen Mitarbeitern. Der Unternehmer wolle nicht nur seine eigene Leistung durch Arbeitnehmer typischerweise vervielfältigen, sondern gerade bei ihm nicht vorhandenes Wissen durch Einstellung von Arbeitnehmern einkaufen. Die Eheleute O hätten ein ureigenstes Interesse an dem Bestand der GmbH gehabt, da die dringend notwendigen und nicht vorhandenen Anzeigenkunden des neu erworbenen Verlags durch die GmbH geworben werden sollten. Er habe gehofft, über diese Verbindung seinen Arbeitsplatz erhalten zu können. Es müsse vorliegend sicher feststehen, dass er als Unternehmer tätig geworden sei und nicht lediglich als Geschäftsführer. Denn erst wenn dies sicher feststehe, könne aufgrund der Rechtsprechung des BSG davon ausgegangen werden, dass er trotz Minderheitengesellschafterstellung Einfluss auf die Geschicke der GmbH gehabt habe und dementsprechend Unternehmer gewesen sei. Dagegen spreche aber, dass er seinen Minderheitengesellschafteranteil deshalb behalten habe, um über den geschäftlichen Erfolg der GmbH quasi am Unternehmenserfolg beteiligt zu sein. Dies sei Motivationsmittel der Hauptgesellschafter - Eheleute O -, die wegen ihrer Gesellschafterversammlungsmehrheit natürlich auch den Gewinn und die Verwendung des Gewinns der GmbH jederzeit bestimmen konnten. Hierauf habe er als Minderheitsgesellschafter naturgemäß keinen Einfluss gehabt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.03.2003 zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, dass die O GmbH bereits im Juli 1998 liquidiert worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei über den Fortbestand der GmbH entschieden worden. Wenn der Kläger eben zu dieser Zeit bereits wegen eines Liquiditätsproblems ein Darlehen i.H.v. 40.000,- DM vergebe und die Firma danach weitergeführt werde, so könne der Kläger mit seinem Vortrag kaum überzeugen.
In einem Erörterungstermin ist der Kläger nochmals ausführlich befragt und Frau T als Zeugin gehört worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 21.1.2004 (Bl. 187 ff der Gerichtakte) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und der in Kopie vorliegenden Insolvenzakte des Amtsgerichts Wuppertal Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Zwar geht es nur um einen Anspruch auf Alg für die Zeit vom 05.07.1999 bis 31.08.1999, denn der Kläger war ab 01.09.1999 wegen einer Weiterbildung nicht mehr arbeitslos. Die Berufungssumme von 500 Euro wird bei dem behaupteten Verdienst von 4.500 DM monatlich trotz der Beschränkung des Leistungsanspruchs auf knapp zwei Monate überschritten.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist die Berufung jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn es besteht kein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ab 05.07.1998.
Voraussetzung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist ua, dass die Anwartschaftszeit erfüllt ist (§ 117 Abs. 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozilagesetzbuch -SGB III -). Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist von in der Regel drei Jahren mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§§ 123 S. 1 Nr. 1, § 124 Abs. 1 SGB III - Fassung bis zum 31.12.2003). Die Ausnahmeregelungen für Wehr- oder Zivildienstleistende und Saisonarbeitnehmer greifen hier ersichtlich nicht ein.
Diese Anwartschaftszeit hat der Kläger nicht erfüllt. Innerhalb der Rahmenfrist vom 05.07.1996 bis 04.07.1999 hat er nicht mindestens 360 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen Personen, die als Beschäftigte versicherungspflichtig sind, dh gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 SGB III). Ob dies der Fall ist, kann anhand von § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) beurteilt werden. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitorganisation des Weisungsgebers.
Vor Beginn seiner Tätigkeit als Alleingeschäftsführer der GmbH am 01.04.1998 war der Kläger innerhalb der Rahmenfrist nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Auch diese Geschäftsführertätigkeit kann, selbst wenn man die Angaben des Klägers zugrunde legt, spätestens seit Juni 1998 - nach dem Unzug der Mitgesellschafter nach Spanien - ,nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung angesehen werden. Der Kläger war zwar nur Minderheitsgesellschafter der GmbH, was zur Folge hat, dass eine abhängige Beschäftigung nicht bereits aus Rechtgründen - wie beim Mehrheitsgesellschafter - ausgeschlossen ist (vgl Schlegel in Hennig, SGB III § 25 Rz 95). Hinzukommt, dass bei Alleingeschäftsführern das Weisungsrecht bzgl Art, Ort und Zeit der Arbeit nur eine untergeordnete Rolle spielt, weil es bei solchen "Diensten höherer Art" nicht besonders ausgeprägt sein muss (vgl Schlegel aaO, § 25 Rz 55, 60 ff., mwN). Gleichwohl muss aber im Falle einer abhängigen Beschäftigung noch eine gewisse Fremdbestimmtheit der Beschäftigung verbleiben. Es muss zumindest der Geschäfts- und Betriebszweck fremdbestimmt bleiben, d.h. sich in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung bewegen, was in der Regel dadurch geschieht, dass das Arbeitsziel und die Mittel zu seiner Bewältigung vorgegeben werden (Schlegel aaO, § 25 Rz 61 f.).
Bei einem Minderheitsgesellschafter einer GmbH muss deshalb anhand der Umstände des Einzelfalles geprüft werden, ob die rechtliche Abhängigkeit des Geschäftsführers von Weisungen der Gesellschafterversammlung durch den ihm tatsächlich eingeräumten Einfluss aufgehoben ist. Dies ist etwa der Fall, wenn er kraft Fachkunde und Erfahrung und von der Gesellschafterversammlung sowie der übrigen Geschäftsführung geduldet in der GmbH "das Sagen hat" oder er aufgrund von Fachkunde und Erfahrung "Kopf und Seele" des Unternehmens ist (Schlegel aaO, § 25 Rz 95 mwN zur Rechtsprechung). Von Bedeutung im Rahmen der Abwägung ist auch, ob er eigenes Kapital, ggf auch Arbeit, mit dem Risiko des Verlustes (unentgeltliche Arbeit) einsetzt und damit das Unternehmerrisiko selbst zumindest mit trägt (Schlegel aaO, § 25 Rz 63).
Den Anforderungen für eine abhängige Beschäftigung wird die Tätigkeit des Klägers jedenfalls ab Juni 1998 nicht mehr gerecht. Durch den Umzug der Mitgesellschafter und insbesondere durch die Liquidation deren Firma mit der Aufgabe der eigenen Geschäfträume, bewegte sich die Tätigkeit des Klägers nicht mehr in einer von Dritter Seite vorgegebenen Ordnung: Der ursprüngliche Geschäfts- und Betriebszweck der GmbH, nämlich - so der Kläger - für die Firma O Kunden zu werben, entfiel. Die "Planung", auch der neuen Firma der Mitgesellschafter in Spanien zuzuarbeiten, war lediglich eine Option, die offensichtlich nie in die Tat umgesetzt werden konnte. Entsprechende Arbeiten, die von der früheren Firma der Mitgesellschafter hätten durchgeführt werden können, wurden nach den glaubhaften Angaben der Zeugin T von anderen Firmen durchgeführt.
Es gab nach dem Umzug der Mitgesellschafter auch keine vorgegebene Ordnung mehr in Form von bestimmten Betriebsräumen. Dies kann daraus geschlossen werden, dass der Kläger ohne weiteres die Betriebsräume - entsprechend seinen persönlichen Bedürfnissen - zweimal wechselte und die GmbH an seinem Wohnort weiter betrieb.
Berücksichtigt man daneben, dass eine Korrespondenz mit den Mitgesellschaftern nach den Angaben des Klägers und der Zeugin nur noch telefonisch stattgefunden hat und sich auf die Entgegennahme von Informationen durch die Mitgesellschafter beschränkte - weiters konnte konkret weder vom Kläger noch von der Zeugin angegeben werden - ist daraus zu folgern, dass allein der Kläger das Sagen hatte, er der Kopf der Firma war.
Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht auch, dass das vom Kläger zu tragende Risiko im Zusammenhang mit dem wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg der GmbH bei weitem das von den Mitgesellschaftern noch zu tragende Risiko überstieg: Während den Mitgesellschafter allein der Verlust ihrer Einlage in Höhe von insgesamt 40.000 DM drohte, musste der Kläger neben dem Verlust der Stammeinlage in Höhe von 10.000 DM auch mit dem Verlust des Darlehns in Höhe von 40.000 DM rechnen. Hinzu kommt die ausstehende Vergütung für mehrere Monate sowie der Umstand, dass der Kläger nach einer gescheiterten Selbständigkeit das Überleben der Firma mit seiner eigenen beruflichen Existenz zumindest verbunden hat. Ob die Mehrheitsgesellschafter allein über die Verteilung von Gewinn hätten entscheiden können, wie der Kläger vorbringt, kann dahinstehen, da offensichtlich kein Gewinn gemacht wurde.
Dem Geschäftsführervertrag des Klägers kommt vor diesem Hintergrund, ungeachtet seiner Regelungen im Einzelnen, keine besondere Bedeutung mehr zu. Anzumerken bleibt allerdings, dass eine für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in Form einen Arbeitsverhältnisses wesentliche Bestimmung in dem Vertrag fehlt, nämlich die Regelung der Arbeitszeit.
Die Übrigen vom Kläger vorgebrachten Einwendungen bezüglich bestimmter Handlungsweisen (zB Darlehnhingabe, Branchenkenntnisse) bewegen sich teilweise im Bereich der Spekulation. Gewisse Indizien deuten sogar daraufhin, dass der Kläger bewusst bemüht war, den Schein einer abhängigen Beschäftigung zu wahren, um mögliche Ansprüche zu wahren. Zu nennen sind die fast durchgehende Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen trotz ausbleibender Vergütung und die Aufrechterhaltung der GmbH für fast genau ein Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Eintragung (16.6.1998). Aus dem Bericht der Insolvenzverwalterin im Insolvenzverfahren lassen sich nämlich keinerlei Umsätze seit März 1999 entnehmen. Die offenen Werklohnforderungen, die überhaupt erst zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führten, datierten vom 20.11.1998 und 18.01.1999. Warum bei diesem Sachverhalt erst im Juni 1999 der Insolvenzantrag gestellt wurde, ist betriebswirtschaftlich kaum nachvollziehbar. Fraglich erscheint auch, ob der Betrieb tatsächlich erst im Juli 1999 eingestellt wurde.
Eine erneute Vernehmung der Zeugen O ist entbehrlich, weil es auf die Angaben der Zeugen nicht entscheidungserheblich ankommt. Von daher sind auch die Einwendungen des Klägers gegen die im Wege der Rechtshilfe durchgeführte Zeugenvernehmung ohne Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1952 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben von Beruf Werbekaufmann (Schriftsetzer und Industriekaufmann). Zuletzt bezog er von der Beklagten im Anschluss an eine Beschäftigung als "Creativ Direktor" bis zum 07.06.1996 Arbeitslosengeld. Dieser Anspruch war damit erschöpft. Anschließend verrichtete der Kläger nach seinen Angaben nichtversicherungspflichtige Aushilfstätigkeiten. Vom 9/97 bis 17.02.1998 war er als Freiberufler tätig. Ein Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe vom 18.02.1998 wurde von der Beklagten bindend abgelehnt mit der Begründung, dass der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfülle.
Am 05.07.1999 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Bereits am 01.09.1999 begann er eine Fortbildungsmaßnahme.
In seinem Arbeitslosengeldantrag gab er an, zwischen dem 01.04.1998 und dem 30.06.1999 als Geschäftsführer der Firma Y X-GmbH (im folgenden GmbH) tätig gewesen zu sein.
Gesellschafter der GmbH waren die Eheleute S und I O, die am Stammkapital der GmbH in Höhe von insgesamt 50.000,00 DM einen Anteil in Höhe von 30.000,00 DM bzw. 10.000,00 DM hielten. Der Kläger selbst war mit einem Anteil in Höhe von 10.000,00 DM beteiligt. Die GmbH hatte zunächst ihren Sitz in M, nach einem Gesellschafterbeschluss vom 01.09.1998 wurde der Sitz nach T verlegt an die Wohnadresse des Klägers. Im Übrigen erfolgte durch den gleichen Beschluss eine unklare Änderung der Regelung zum Stammkapital, wonach keine Aufteilung auf verschiednen Gesellschafter mehr vorgenommen wurde.
In M hatte die GmbH von der O GmbH (einem Repro-Betrieb, der durch die Eheleute O - I O als Gesellschafterin und S O als Geschäftsführer - geleitet wurde) aufgrund eines Untermietvertrages vom 01.04.1998 einen Gewerberaum (30 qm) angemietet. Die Eheleute O sind Anfang Juni 1998 nach Spanien umgezogen, haben dort eine Werbeagentur gekauft und haben ihren Betrieb in M eingestellt. In T war die Wohnanschrift des Klägers auch Betriebssitz. Parallel mit einem Umzug des Klägers innerhalb von T erfolgte eine weitere Verlegung der Betriebsstätte.
Der Tätigkeit des Klägers für die GmbH lag ein Geschäftsführervertrag vom 01.04.1998 zugrunde. Darin war u.a. geregelt, dass der Kläger für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt in Höhe von 54.000,00 DM Brutto in 12 gleichen Monatsraten erhalten sollte. Es war weiter geregelt, dass dem Kläger die Bezüge für den Fall einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit auf die Dauer von 6 Monaten weiter gezahlt werden (unter Abzug des Betrages, der dem von der Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspreche). Der dem Kläger zustehende Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen war vom Kläger mit der Gesellschaft abzustimmen. Eine Regelung zur Arbeitszeit enthielt der Vertrag nicht.
Am 31.7.1998 gewährte der Kläger der GmbH ein privates Darlehn in Höhe von 40.000 DM.
Die Betriebstätigkeit der GmbH wurde nach Angaben des Klägers am 01.07.1999 eingestellt. Über das Vermögen der GmbH wurde auf den Insolvenzantrag des Klägers als Geschäftsführer durch Beschluss des Amtsgerichtes Wuppertal vom 08.11.1999 (Aktenzeichen 145 IN 214/99) das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach den Angaben des Klägers im Insolvenzverfahren war er der einzige Beschäftigte der GmbH. Es bestünden für 1998 noch Gehaltsrückstände in Höhe von 19.041,54 DM. Auch für die Monate April bis Juni 1999 sei Gehalt nicht gezahlt worden sein. Für den letztgenannten Zeitraum beanspruche der Kläger Insolvenzgeld. Dieser Anspruch sei Gegenstand eines zur Zeit ruhenden weiteren Klageverfahrens beim SG Düsseldorf - Az S 3 (13) Al 35/00 -. Sozialversicherungsbeiträge wurden allerdings bis einschließlich Mai 1999 gezahlt.
Mit Bescheid vom 07.09.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.1999 als unbegründet zurück, weil der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Er sei nicht in den letzten 3 Jahren vor dem 05.07.1999 mindestens 12 Monate einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen. Die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer für die GmbH sei keine Arbeitnehmertätigkeit gewesen.
Dagegen hat der Kläger am 25.01.2000 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgebracht, dass er als Geschäftsführer der GmbH versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Es sei unerheblich, ob ein Direktionsrecht tatsächlich ausgeübt werde. Entscheidend sei lediglich, dass das Direktionsrecht bestehe und die weisungsbefugten Gesellschafter von diesem auch Gebrauch machen konnten. Bevor die Eheleute O nach Spanien umgezogen seien, hätten diese rege von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht. Nach dem Umzug nach Spanien sei das Direktionsrecht in der tatsächlichen Ausübung auf wesentliche Unternehmensgegenstände beschränkt gewesen. Die Eheleute O hätten mit ihm eine erhebliche Anzahl von Telefonaten von und nach Spanien geführt. Zudem habe er dem Steuerberater der Eheleute O monatlich Bericht über den wirtschaftlichen Fortlauf der GmbH leisten müssen. Dies sei insbesondere durch die Übersendung der so genannten betriebswirtschaftlichen Auswertungen geschehen. Nachdem die GmbH nach T verlegt worden sei, habe er sich eine neue Steuerberaterin gesucht, die wegen der geschäftlichen Belange der GmbH Kontakt mit dem ehemaligen Steuerberater der Eheleute O gehabt hätte. Alleine hieraus ergebe sich schon, dass ihn die Eheleute O als Gesellschafter ständig kontrolliert und ihr Direktionsrecht ausgeübt habe. Ein weiterer Hinweis lasse sich auch daraus entnehmen, dass die Eheleute O der Mitarbeiterin der GmbH, Frau L T angeboten hätten, ihren Gesellschaftsanteil zu übernehmen und selbst mit der GmbH selbständig tätig zu sein. Frau T sei im Mai oder Juni 1998 von der GmbH als freie Mitarbeiterin eingestellt worden und habe dort bis einschließlich Januar 1999 gearbeitet. Sie sei jedoch als so genannte freie Mitarbeiterin und nicht als versicherungspflichtige Beschäftigte tätig geworden. Die GmbH habe ein Darlehen von ihm in Höhe von 40.000,00 DM aufgenommen, um die laufenden Kosten einschließlich seines Gehaltes zu decken. Er selbst habe dieses Darlehen von seiner Tante in Höhe von insgesamt 50.000,00 DM mit einem Zinssatz von 4 % aufgenommen. Seine Tante habe die 50.000,00 DM auf das Geschäftskonto der GmbH eingezahlt, wovon er wieder 10.000,00 DM zum Eigenverbrauch abgehoben habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.1999 zu verurteilen, ihm ab dem 05.07.1999 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren, hilfsweise, Frau T zu der Frage zu vernehmen, ob der Kläger bei der Y GmbH versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf ihre Bescheide berufen und ergänzend vorgetragen, dass der Kläger noch im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilungen angegeben habe, dass das Weisungsrecht der GmbH in der Praxis nicht tatsächlich laufend ausgeübt worden sei. Es müsse weiter davon ausgegangen werden, dass der Kläger im Wesentlichen eigenständig die GmbH geführt habe. Darauf deute auch die Verlegung des Firmensitzes in die Wohnung des Klägers hin.
Das SG hat im Wege der Rechtshilfe über die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers Beweis erhoben durch Vernehmung von S O und I O als Zeugen. Beide haben ausgesagt, dem Kläger nie Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeitsausübung erteilt zu haben. Auf die Geschäftsführung hätten sie keinen Einfluss genommen. Auch von einer Darlehnsaufnahme sei ihnen nichts bekannt. Auf die Protokolle vom 20.09.2002 (Bl. 125 ff der Gerichtsakte) wird wegen der weiteren Einzelheiten der Aussagen Bezug genommen.
Hierzu hat der Kläger vorgebracht, dass Sinn und Zweck der Gründung der GmbH gewesen sei, der von den Zeugen O betriebenen Repro-Anstalt eine Werbeagentur vorzuschalten. Letztlich sei die Gründung der GmbH und seine Einstellung nur unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, dass er als Werbefachmann Aufträge für den Betrieb der Zeugen O habe heranschaffen sollen. Letztlich sei seine Tätigkeit ein "outgesourcter" Betrieb, der eigentlich auch ein selbständiger Betriebsteil des Betriebes der Zeugen O hätte sein können.
Mit Urteil vom 27.03.2003, auf das Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide und das Ergebnis der Beweisaufnahme gestützt. Die Vernehmung der Frau T hielt das SG nicht für geboten.
Das Urteil ist dem Kläger am 14.04.2003 zugestellt worden. Am 14.05.2003 hat er dagegen Berufung eingelegt, die er im Wesentlich wie folgt begründet: Er sei jederzeit von den Geschäftsherren, nämlich den Gesellschaftern Eheleute O vollständig abhängig gewesen. Wenn er nicht abhängig beschäftigt gewesen wäre, wäre der Abschluss eines Geschäftsführervertrages nicht erforderlich gewesen, da ein Vertrag den wirtschaftlich stärker gefährdeten Vertragspartner durch Dokumentation und Festlegung der Vertragspflichten binden solle. Es sei auch durchaus üblich, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern Gehaltsansprüche stunden oder Darlehn gewährten, um eine Insolvenz oder Betriebsstillegung zu vermeiden. Er sei als Werbespezialist eingestellt worden. Auch besonders kreative und besonders erfahrene Arbeitnehmer seien von der Arbeitnehmereigenschaft nicht befreit, weil sie als einzige im Betrieb über entsprechende Kenntnisse verfügten. Der Prinzipal verfüge nicht stets über überlegenes Wissen gegenüber seinen Mitarbeitern. Der Unternehmer wolle nicht nur seine eigene Leistung durch Arbeitnehmer typischerweise vervielfältigen, sondern gerade bei ihm nicht vorhandenes Wissen durch Einstellung von Arbeitnehmern einkaufen. Die Eheleute O hätten ein ureigenstes Interesse an dem Bestand der GmbH gehabt, da die dringend notwendigen und nicht vorhandenen Anzeigenkunden des neu erworbenen Verlags durch die GmbH geworben werden sollten. Er habe gehofft, über diese Verbindung seinen Arbeitsplatz erhalten zu können. Es müsse vorliegend sicher feststehen, dass er als Unternehmer tätig geworden sei und nicht lediglich als Geschäftsführer. Denn erst wenn dies sicher feststehe, könne aufgrund der Rechtsprechung des BSG davon ausgegangen werden, dass er trotz Minderheitengesellschafterstellung Einfluss auf die Geschicke der GmbH gehabt habe und dementsprechend Unternehmer gewesen sei. Dagegen spreche aber, dass er seinen Minderheitengesellschafteranteil deshalb behalten habe, um über den geschäftlichen Erfolg der GmbH quasi am Unternehmenserfolg beteiligt zu sein. Dies sei Motivationsmittel der Hauptgesellschafter - Eheleute O -, die wegen ihrer Gesellschafterversammlungsmehrheit natürlich auch den Gewinn und die Verwendung des Gewinns der GmbH jederzeit bestimmen konnten. Hierauf habe er als Minderheitsgesellschafter naturgemäß keinen Einfluss gehabt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.03.2003 zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, dass die O GmbH bereits im Juli 1998 liquidiert worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei über den Fortbestand der GmbH entschieden worden. Wenn der Kläger eben zu dieser Zeit bereits wegen eines Liquiditätsproblems ein Darlehen i.H.v. 40.000,- DM vergebe und die Firma danach weitergeführt werde, so könne der Kläger mit seinem Vortrag kaum überzeugen.
In einem Erörterungstermin ist der Kläger nochmals ausführlich befragt und Frau T als Zeugin gehört worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 21.1.2004 (Bl. 187 ff der Gerichtakte) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und der in Kopie vorliegenden Insolvenzakte des Amtsgerichts Wuppertal Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Zwar geht es nur um einen Anspruch auf Alg für die Zeit vom 05.07.1999 bis 31.08.1999, denn der Kläger war ab 01.09.1999 wegen einer Weiterbildung nicht mehr arbeitslos. Die Berufungssumme von 500 Euro wird bei dem behaupteten Verdienst von 4.500 DM monatlich trotz der Beschränkung des Leistungsanspruchs auf knapp zwei Monate überschritten.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist die Berufung jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn es besteht kein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ab 05.07.1998.
Voraussetzung eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist ua, dass die Anwartschaftszeit erfüllt ist (§ 117 Abs. 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozilagesetzbuch -SGB III -). Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist von in der Regel drei Jahren mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§§ 123 S. 1 Nr. 1, § 124 Abs. 1 SGB III - Fassung bis zum 31.12.2003). Die Ausnahmeregelungen für Wehr- oder Zivildienstleistende und Saisonarbeitnehmer greifen hier ersichtlich nicht ein.
Diese Anwartschaftszeit hat der Kläger nicht erfüllt. Innerhalb der Rahmenfrist vom 05.07.1996 bis 04.07.1999 hat er nicht mindestens 360 Tage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen Personen, die als Beschäftigte versicherungspflichtig sind, dh gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 SGB III). Ob dies der Fall ist, kann anhand von § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) beurteilt werden. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitorganisation des Weisungsgebers.
Vor Beginn seiner Tätigkeit als Alleingeschäftsführer der GmbH am 01.04.1998 war der Kläger innerhalb der Rahmenfrist nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Auch diese Geschäftsführertätigkeit kann, selbst wenn man die Angaben des Klägers zugrunde legt, spätestens seit Juni 1998 - nach dem Unzug der Mitgesellschafter nach Spanien - ,nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung angesehen werden. Der Kläger war zwar nur Minderheitsgesellschafter der GmbH, was zur Folge hat, dass eine abhängige Beschäftigung nicht bereits aus Rechtgründen - wie beim Mehrheitsgesellschafter - ausgeschlossen ist (vgl Schlegel in Hennig, SGB III § 25 Rz 95). Hinzukommt, dass bei Alleingeschäftsführern das Weisungsrecht bzgl Art, Ort und Zeit der Arbeit nur eine untergeordnete Rolle spielt, weil es bei solchen "Diensten höherer Art" nicht besonders ausgeprägt sein muss (vgl Schlegel aaO, § 25 Rz 55, 60 ff., mwN). Gleichwohl muss aber im Falle einer abhängigen Beschäftigung noch eine gewisse Fremdbestimmtheit der Beschäftigung verbleiben. Es muss zumindest der Geschäfts- und Betriebszweck fremdbestimmt bleiben, d.h. sich in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung bewegen, was in der Regel dadurch geschieht, dass das Arbeitsziel und die Mittel zu seiner Bewältigung vorgegeben werden (Schlegel aaO, § 25 Rz 61 f.).
Bei einem Minderheitsgesellschafter einer GmbH muss deshalb anhand der Umstände des Einzelfalles geprüft werden, ob die rechtliche Abhängigkeit des Geschäftsführers von Weisungen der Gesellschafterversammlung durch den ihm tatsächlich eingeräumten Einfluss aufgehoben ist. Dies ist etwa der Fall, wenn er kraft Fachkunde und Erfahrung und von der Gesellschafterversammlung sowie der übrigen Geschäftsführung geduldet in der GmbH "das Sagen hat" oder er aufgrund von Fachkunde und Erfahrung "Kopf und Seele" des Unternehmens ist (Schlegel aaO, § 25 Rz 95 mwN zur Rechtsprechung). Von Bedeutung im Rahmen der Abwägung ist auch, ob er eigenes Kapital, ggf auch Arbeit, mit dem Risiko des Verlustes (unentgeltliche Arbeit) einsetzt und damit das Unternehmerrisiko selbst zumindest mit trägt (Schlegel aaO, § 25 Rz 63).
Den Anforderungen für eine abhängige Beschäftigung wird die Tätigkeit des Klägers jedenfalls ab Juni 1998 nicht mehr gerecht. Durch den Umzug der Mitgesellschafter und insbesondere durch die Liquidation deren Firma mit der Aufgabe der eigenen Geschäfträume, bewegte sich die Tätigkeit des Klägers nicht mehr in einer von Dritter Seite vorgegebenen Ordnung: Der ursprüngliche Geschäfts- und Betriebszweck der GmbH, nämlich - so der Kläger - für die Firma O Kunden zu werben, entfiel. Die "Planung", auch der neuen Firma der Mitgesellschafter in Spanien zuzuarbeiten, war lediglich eine Option, die offensichtlich nie in die Tat umgesetzt werden konnte. Entsprechende Arbeiten, die von der früheren Firma der Mitgesellschafter hätten durchgeführt werden können, wurden nach den glaubhaften Angaben der Zeugin T von anderen Firmen durchgeführt.
Es gab nach dem Umzug der Mitgesellschafter auch keine vorgegebene Ordnung mehr in Form von bestimmten Betriebsräumen. Dies kann daraus geschlossen werden, dass der Kläger ohne weiteres die Betriebsräume - entsprechend seinen persönlichen Bedürfnissen - zweimal wechselte und die GmbH an seinem Wohnort weiter betrieb.
Berücksichtigt man daneben, dass eine Korrespondenz mit den Mitgesellschaftern nach den Angaben des Klägers und der Zeugin nur noch telefonisch stattgefunden hat und sich auf die Entgegennahme von Informationen durch die Mitgesellschafter beschränkte - weiters konnte konkret weder vom Kläger noch von der Zeugin angegeben werden - ist daraus zu folgern, dass allein der Kläger das Sagen hatte, er der Kopf der Firma war.
Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht auch, dass das vom Kläger zu tragende Risiko im Zusammenhang mit dem wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg der GmbH bei weitem das von den Mitgesellschaftern noch zu tragende Risiko überstieg: Während den Mitgesellschafter allein der Verlust ihrer Einlage in Höhe von insgesamt 40.000 DM drohte, musste der Kläger neben dem Verlust der Stammeinlage in Höhe von 10.000 DM auch mit dem Verlust des Darlehns in Höhe von 40.000 DM rechnen. Hinzu kommt die ausstehende Vergütung für mehrere Monate sowie der Umstand, dass der Kläger nach einer gescheiterten Selbständigkeit das Überleben der Firma mit seiner eigenen beruflichen Existenz zumindest verbunden hat. Ob die Mehrheitsgesellschafter allein über die Verteilung von Gewinn hätten entscheiden können, wie der Kläger vorbringt, kann dahinstehen, da offensichtlich kein Gewinn gemacht wurde.
Dem Geschäftsführervertrag des Klägers kommt vor diesem Hintergrund, ungeachtet seiner Regelungen im Einzelnen, keine besondere Bedeutung mehr zu. Anzumerken bleibt allerdings, dass eine für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis in Form einen Arbeitsverhältnisses wesentliche Bestimmung in dem Vertrag fehlt, nämlich die Regelung der Arbeitszeit.
Die Übrigen vom Kläger vorgebrachten Einwendungen bezüglich bestimmter Handlungsweisen (zB Darlehnhingabe, Branchenkenntnisse) bewegen sich teilweise im Bereich der Spekulation. Gewisse Indizien deuten sogar daraufhin, dass der Kläger bewusst bemüht war, den Schein einer abhängigen Beschäftigung zu wahren, um mögliche Ansprüche zu wahren. Zu nennen sind die fast durchgehende Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen trotz ausbleibender Vergütung und die Aufrechterhaltung der GmbH für fast genau ein Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Eintragung (16.6.1998). Aus dem Bericht der Insolvenzverwalterin im Insolvenzverfahren lassen sich nämlich keinerlei Umsätze seit März 1999 entnehmen. Die offenen Werklohnforderungen, die überhaupt erst zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führten, datierten vom 20.11.1998 und 18.01.1999. Warum bei diesem Sachverhalt erst im Juni 1999 der Insolvenzantrag gestellt wurde, ist betriebswirtschaftlich kaum nachvollziehbar. Fraglich erscheint auch, ob der Betrieb tatsächlich erst im Juli 1999 eingestellt wurde.
Eine erneute Vernehmung der Zeugen O ist entbehrlich, weil es auf die Angaben der Zeugen nicht entscheidungserheblich ankommt. Von daher sind auch die Einwendungen des Klägers gegen die im Wege der Rechtshilfe durchgeführte Zeugenvernehmung ohne Bedeutung.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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