L 12 B 93/04 AL ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 23 AL 181/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 B 93/04 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.06.2004 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auf 4.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf, durch den im Wege der einstweiligen Anordnung festgestellt worden, dass bis zur Entscheidung der Hauptsache die Antragsgegnerin von der Dienstleistungsfreiheit der polnischer Arbeitnehmer auszugehen hat, die von der Antragstellerin im Rahmen der Durchführung von drei im einzelnen näher bezeichneten Werkverträgen beschäftigt werden.

Die Antragstellerstellin ist ein polnisches Unternehmen mit Sitz in K (Polen), das eine Zweigniederlassung in Deutschland, eingetragen im Handelsregister M, besitzt. Die Antragstellerin ist im Rahmen der zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Republik Polen geschlossenen Regierungsvereinbarung zur Ausführung von Werkverträgen im Bundesgebiet mit ihren entsandten Arbeitnehmern tätig.

Am 19.02.2004 schloss die Antragstellerin mit der X AG einen Werkvertrag, der die Vorbereitung zur Verfüllung der Schächte H und H der Bergwerke B zum Gegenstand hat (Werkvertrag zu 1.). Am 30.03.2004 schloss sie einen Werkvertrag mit der T, der die Auffahrung von 2.390 m Flözstrecke BP/E 464/3310 im Flöz G im Bergwerk A in M beinhaltet (Werkvertrag zu 2.). Am 04.02.2004 wurde ein weiterer Werkvertrag mit der T über die Auffahrung von 2.600 m Flözstrecke im Bereich Flöz R BP 3311 auf dem Berwerk O im H geschlossen (Werkvertrag zu 3.).

Die Antragstellerin ist im wesentlichen der Auffassung, dass aufgrund des Beitritts der Republik Polen zur Europäischen Union (EU) zum 01.05.2004 polnische Arbeitnehmer im Rahmen der Werkverträge beschäftigt werden dürfen, ohne dass für sie eine Arbeitserlaubnis erforderlich ist.

Die Antragsgegnerin meint, dass die geplanten Arbeiten nicht unter den Wirtschaftsbereich fallen, in welchem ab 01.05.2004 Unternehmen aus den neuen EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit Werkverträge ohne ihre Beteiligung und ohne Arbeitserlaubnisse durchführen könnten. Dies ergebe sich daraus, dass die grundsätzlich geltende Freizügigkeit und die für Unternehmen geltende Dienstleistungsfreiheit im Verhältnis zwischen der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland für den Bereich der Bauwirtschaft noch eingeschränkt sei. Bei dem von der Antragstellerin nach den Werkverträgen zu verrichteten Tätigkeiten handele es sich um reine bzw. überwiegende Bautätigkeiten.

Die Antragstellerin hat am 03.05.2004 vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben (Az.: S 23 AL 182/04) mit der sie u.a. die Feststellung begehrt, dass die Durchführung und Beschäftigung von Mitarbeitern der Antragstellerin im Rahmen der Werkverträge zu 1 bis 3 keine Erlaubnispflicht gem. § 284 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) unterliege.

Am gleichen Tag hat die Antragstellerin vor dem SG Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Auf die Antragschrift vom 03.05.2004 (Bl. 1 ff der Gerichtsakte) wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 08.06.2004 hat das SG festgestellt, dass bis zur Entscheidung der Hauptsache die Antragsgegnerin von der Dienstleistungsfreiheit der polnischen Arbeitnehmer auszugehen hat, die von der Antragsteller zur Durchführung der Werkverträge zu 1. bis 3. beschäftigt werden. Den Erlass einer weitergehenden einstweiligen Anordnung hat es abgelehnt.

Zur Begründung hat das SG im wesentlichen augeführt: Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Hinblick auf den vereinbarten Beginn der Werkvertragsarbeiten sei zu bejahen. Die Hauptsache biete bei der gebotenen summarischen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit Aussicht auf Erfolg. Die in den einzelnen Werkverträgen genannten Tätigkeitsbereiche seien nicht unter die Tätigkeiten zu subsumieren, die noch nicht uneingeschränkt unter die Dienstleistungsfreiheit in Deutschland fielen.

Im Rahmen der Abwägung, ob der Antragstellerin Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung zu gewähren ist, seien Belange der Öffentlichkeit und der Antragstellerin zu berücksichtigen. Die Anforderungen an den Anordnungsgrund seien allerdings geringer, wenn der Erfolg in der Hauptsache wahrscheinlich ist. Da ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad der Erfolgsaussicht bejaht werde, sei den Interessen der Antragstellerin der Vorzug einzuräumen. Bei Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache könne sie allein durch Zeitablauf effektiven Rechtsschutz nicht erlangen. Es sei deswegen auch in Kauf zu nehmen, dass durch die einstweilige Anordnung das Hauptsacheverfahren jedenfalls teilweise vorweggenommen werde.

Gegen diese ihr am 11.06.2004 zugestellte Entscheidung hat die Antragsgegnerin am 16.06.2004 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hält sie an ihrer bisher vertretenen Rechtsauffassung fest, dass Dienstleistungsfreiheit im Bausektor noch nicht bestehe und deshalb die von der Antragstellerin beschäftigten polnischen Werkvertragsarbeitnehmer weiterhin eine Arbeitserlaubnis benötigten. Ferner weist sie darauf hin, dass der Antragstellerin für alle 3 Werkverträge Bescheide über die Zusicherung von Arbeitserlaubnissen zur Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer im Rahmen der Werkverträge erteilt worden seien. Die Bescheide enthielten den Hinweis, dass die Zusicherung nur im Rahmen des zugeteilten Kontingentes gelte. Im übrigen seien jeweils Laufzeitgebühren festgesetzt worden.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.06.2004 aufzuheben und den Antrag abzuweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Gegenstände der Werkverträge seien dem Bergbau zuzurechnen. Soweit die Antragsgegnerin für die beschäftigten Arbeitnehmer Arbeitserlaubnisse verlange, verstoße dies gegen geltendes Gemeinschaftsrecht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die von Seiten der Antragstellerin vorgelegten umfangreichen Anlagen, sowie auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen. Diese Akten haben bei der Beschlussfassung durch den Senat vorgelegen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet.

Die vom SG im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) getroffene Feststellung ist rechtmäßig.

Der Senat nimmt zur Begründung zunächst Bezug auf die angefochtene Entscheidung, der er sich nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Im Beschwerdeverfahren haben sich keine Gesichtspunkte gezeigt, die zu einer anderen Entscheidung Anlass geben könnten.

Mit dem SG ist der Senat nach summarischer Prüfung der Auffassung, dass die in den Werkverträgen beschriebenen Tätigkeiten eher dem Wirtschaftszweig Bergbau als dem des Baugewerbes zuzurechnen sind. Soweit ersichtlich, wird auch von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt, dass für diesen Fall die beschäftigten polnischen Werkvertragsarbeitnehmer keine Arbeitserlaubnis benötigen, weil sie Freizügigkeit genießen. Daher bedarf es keiner weiteren Ausführungen zur Rechtsalge in diesem Punkt.

Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht dadurch entfallen, dass die Antragsgegnerin für alle 3 Werkverträge Zusicherungsbescheide erteilt hat.

Zwar wird man es noch als zumutbar ansehen können, dass Arbeitserlaubnisse bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens beantragt werden, wenn diese bereits zugesichert sind. Allerdings wertet der Senat die von der Antragstellerin aufgezeigten Probleme bei der Durchführung von Zusatzaufträgen bzw. Nachträgen als so erheblich, dass er insgesamt im Rahmen der Abwägung den Interessen der Antragstellerin höheres Gewicht beimisst als den Interessen der Öffentlichkeit.

Die Kostentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der festgesetzte Streitwert ergibt sich aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 25 Abs. 2 Satz 1 und 2, 14, 13 Abs. 1 Satz 2 Gerichtskostengesetz in der bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung. Diese Fassung ist gem. § 72 Nr. 1 Gerichtskostengesetz weiter anwendbar, weil das Verfahren vor dem 01.07.2004 anhängig geworden ist und auch das Rechtsmittel vor dem 01.07.2004 eingelegt wurde.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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