L 11 KA 95/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 9/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 95/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 77/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten zu 5) wird als unzulässig verworfen. Auf die Berufungen der Beklagten zu 1)-4) und 6)-8) wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.03.2001 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1)-4) und 6)-8) in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Unterlassung der in Ziffer 7152 des Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (BMÄ) sowie der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) getroffenen Regelung, Auskunft, in welchem Umfang Vertragsärzte davon Gebrauch gemacht haben, sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht.

Die Klägerin betreibt ein Institut für biomedizinische Analytik und NMR Imaging. Seit Jahren ist bekannt, dass mit Hilfe des 13 C-Harnstoffes eine Helicobakter pylori Infektion nachgewiesen werden kann. Dazu ist es erforderlich, dass der Patient 75 mg 13 C-Harnstoff aufnimmt, der bei Anwesenheit von Helicobakter pylori zu Kohlendioxin verstoffwechselt wird. Die Markierung wird in Kohlendioxid wiedergefunden und gibt damit einen Nachweis für das Vorliegen einer Infektion. Die Klägerin entwickelte ein auf dieser Methode basierendes standardisiertes Testkit, für das sie am 14.08.1997 die Zulassung seitens der europäischen Arzneimittelkomission erhielt. Seit dem produziert und vertreibt die Klägerin das Testkit, das 13 C-Harnstoff zur Einnahme als Trinklösung, Atemprobenbehälter sowie Strohhalme zur Atemprobenentnahme enthält. Die Proben können an die Klägerin oder ein Labor zur Auswertung gesandt werden.

Das Nachweisverfahren mittels 13 C-Harnstoff war bereits vor 1997 bekannt. 13 C-Harnstoff lässt sich auch als Feinchemiekalie beziehen. Im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) wurde im Jahr 1997 die Durchführung des 13 C-Harnstoff-Atemtests, einschließlich Kosten, gemäß Ziffer 742 mit 400 Punkten bewertet (ohne Analyse nach Nummer 4130 EBM). Mit Wirkung zum 1.10.1998 wurde die Bewertung der EBM-Ziffer 742 auf 70 Punkte herabgesetzt. Für die Vergütung der Kosten bei der Durchführung des 13 C-Harnstoff-Atemtests wurde die Ziffer 7152 im Kapitel U des BMÄ/E-GO mit Wirkung vom 1.1.1999 eingeführt. Die Höhe der Kostenpauschale nach dieser Ziffer betrug DM 50.

Soweit Patienten gegenüber dem Vertragsarzt Beschwerden schildern, die als Symptome der Helicobakter Infektion angesehen werden können, bestehen mehrere diagnostische Möglichkeiten. Es kann eine Gastroskopie durchgeführt werden. Es besteht weiter die Möglichkeit einer Biopsie, mit der Material entnommen werden kann, um den Nachweis einer Infektion zu führen. Letztlich besteht die Möglichkeit, einen Atemtest durchzuführen. Dies erfolgt entweder durch die Benutzung des von der Klägerin vertriebenen Testkits oder durch den Bezug von 13 C-Harnstoff über Apotheken als Feinchemiekalie.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Durchführung des Atemtests mittels 13 C-Harnstoffs als Feinchemiekalie sei rechtswidrig, da der Ausnahmetatbestand gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) nicht gegeben sei. Denn dies setze voraus, dass in der Apotheke alle wesentlichen Herstellungsschritte erfolgten. Es sei dem Apotheker bereits nicht möglich, in der Apotheke selbst die entsprechende Anreicherung, also die Synthese, vorzunehmen. Darüber hinaus sei es dem Apotheker auch nicht möglich, eine Identitätsprüfung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 Apothekenbetriebsordnung (ApoBetrO) vorzunehmen, da dazu ein Massenspektrometer oder ein NMR-Spektroskop erforderlich sei, was Anschaffungskosten zwischen 250.000,00 DM und 500.000,00 DM verursache. Es sei keine Apotheke bekannt, die über ein derartiges Gerät verfüge. Soweit vom Vertragsarzt die Ziffer 7152 BMÄ/E-GO abgerechnet werde, sei die Leistung unter Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschrift erbracht. Die Existenz der Ziffer 7152 schaffe wegen des Verhältnisses der tatsächlichen Materialkosten und der nach dieser Ziffer erstatteten Kosten einen Anreiz, diesen Beschaffungsweg zu wählen. Darin sei ein Verstoß gegen §§ 1, 21 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zu sehen. Die Ziffer 7152 fordere somit die Vertragsärzte auf, 13 C-Harnstoff als Feinchemiekalie für die Durchführung des Atemtests zu benutzen. Dies führe faktisch zu einer Bezugssperre hinsichtlich des von der Klägerin vertriebenen Testkits. Es habe sich im großen Umfange ein missbräuchliches Zusammenwirken von Ärzten und Apotheken entwickelt. Mit dem Klageantrag zu 2. solle dies aufgedeckt werden. Der Klägerin sei dadurch ein erheblicher Schaden entstanden, den die Beklagten auszugleichen hätten.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Die Beklagten zu 1. bis 9. haben bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,- die nachfolgend im Einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltene Regelung:

"7152 Pauschalerstattung der Kosten bei Durchführung der Leistung nach Nr. 742 für den Bezug des 13-C-Harnstoffs gemäß den allgemeinen Bestimmungen A I. Teil A, 2 ... 50,00 DM" zu unterlassen.

2. Die Beklagten zu 1. bis 9. werden verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang seit dem 1.10.1998 Vertragsärzte von Ziffer 7152 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs Gebrauch gemacht haben und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses, das über das Maß der Inanspruchnahme der Ziffer 7152 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes Auskunft gibt.

3. Es wird festgestellt, daß die Beklagten zu 1. bis 9. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Inanspruchnahme der Ziffer 7152 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs entstanden ist und zukünftig entstehen wird.

Die Beklagten zu 1., 2. und 5. haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1. hat vorgetragen, der Gesetzgeber habe ein in Einzelfällen auftretendes Spannungsverhältnis zwischen den der Freiheit der Märkte und des Wettbewerbs dienenden Vorschriften des Kartell- und Wettbewerbsrechts und den die gesetzliche Krankenversicherung regelnden und ihrer Wirtschaftlichkeit gewährleistenden Vorschriften des Sozialgesetzbuches zu Gunsten des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung entschieden. Daraus ergebe sich, dass die Beklagten keine Unternehmen im Sinne des § 21 Abs. 1 GWB seien. Die Klägerin könne somit ihre Ansprüche weder auf diese noch auf andere Vorschriften des Kartell- oder Wettbewerbsrechts stützen. Mit Einführung der streitigen Ziffer sei auch nicht zu einer Bezugssperre hinsichtlich des von der Klägerin vertriebenen Testkits aufgerufen worden. Es sei vielmehr ein zweiter wirtschaftlicher Beschaffungsweg eröffnet worden. Apotheker könnten die vorgeschriebene Identitätsprüfung mit einem Infrarotspektroskopen durchführen, dessen Beschaffungspreis unter 15.000,00 DM liege. Massenspektrometer seien ebenfalls für einen Preis von ca. 20.000,00 DM zu erhalten. Die Ziffer 7152 sei geschaffen worden, weil der Arzt die EBM-Ziffer 742 in der Fassung bis zum 30.09.1998 bei Verordnung der Fertigarznei nicht habe abrechnen können, was dazu geführt hätte, dass letztlich seine Leistungen bei Verwendung der Fertigarznei unhonoriert geblieben wären. Da die Klägerin keinen Unterlassungsanspruch habe, stehe ihr auch kein Auskunfts- und/oder Schadensersatzanspruch zu.

Das Sozialgericht (SG) hat den Apotheker S L zum Sachverständigen ernannt. Der Sachverständige hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.11.2000 sein Gutachten mündlich erstattet. Hinsichtlich des Inhaltes wird auf die Sitzungsniederschrift vom 29.11.2000 verwiesen.

Mit Urteil vom 14.3.2001 hat das SG die Beklagten verurteilt, die Ziffer 7152 BMÄ/E-GO bis zum 30.9.2001 zu ändern; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen.

Dagegen haben die Klägerin sowie die Beklagten zu 1. bis 8. Berufung eingelegt; der Berufungsschriftsatz der Beigeladenen zu 5. ist nicht unterzeichnet.

Die Klägerin nimmt zur Begründung Bezug auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, aus dem allgemeinen Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG) ergebe sich ihr Anspruch auf Streichung der Ziffer 7152. Entgegen der Auffassung des SG könne bereits für den Bezug des 13 C-Harnstoffs durch den behandelnden Arzt im EBM (BMÄ/E-GO) keine Abrechnungsziffer geschaffen werden. Es sei nämlich zu berücksichtigen, dass das SGB V eine deutliche Differenzierung zwischen ärztlicher Behandlung und der Versorgung mit Arzneimitteln vornehme; die ärztlichen Leistungen seien ausdrücklich von der Arzneimittelversorgung zu trennen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot werde hinsichtlich der Arzneimittelversorgung durch die Arzneimittelrichtlinien gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V gewährleistet; es könne keineswegs durch den Bewertungsausschuss im EBM oder aber durch die Beklagten im BMÄ/E-GO konkretisiert werden. Selbst wenn man sich dieser Auffassung nicht anschlösse, dass die Aufnahme einer entsprechenden Leistungsziffer für den Bezug eines In-Vivo-Diagnostikums im EBM (BMÄ/E-GO) mangels der Einschlägigkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 87 Abs. 1 SGB V ausscheidet, so sei die Einführung der streitigen Ziffer gleichwohl rechtswidrig. Denn der 13 C-Harnstoff als Feinchemiekalie könne gemäß Ziffer 7152 nur unter Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften bezogen werden. Darüber hinaus ergäbe sich der streitige Anspruch der Klägerin auch aus dem deutschen sowie europäischen Kartellrecht und den Bestimmungen des Wettbewerbsrechts. Die im Bewertungsausschuss den EBM vereinbarenden Beklagten bzw. die den BMÄ und/oder die E-GO abschließenden Beklagten seien Unternehmensvereinigungen bzw. Unternehmen im Sinne dieser kartell- und wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen. Denn die Vertreter im Bewertungsausschuss seien gegenüber den sie entsendenden Beklagten weisungsabhängig. Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11.9.2002 (B 6 KA 34/01 R) könne ihrem Klagebegehren ebenfalls nicht entgegengehalten werden. Soweit das BSG darin verneine, dass der dortigen Klägerin Ansprüche aus deutschem (§ 20 GWB) oder europäischem Kartellrecht (Art. 81 Abs. 1 EGV i. V. m. §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB) zustünden, sei dies rechtsfehlerhaft. Im europäischen Kartellrecht sei allein der sogenannte funktionale Unternehmensbegriff maßgeblich. Danach seien Unternehmen im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EGV jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit sei im weitesten Sinne zu verstehen und umfasse jede selbständige Tätigkeit in der Erzeugung oder Verteilung wirtschaftlicher Güter oder gewerblicher Leistungen und gelte uneingeschränkt auch für die Tätigkeit öffentlicher Unternehmen. Eine hoheitliche Tätigkeit liege nur dann vor, wenn es sich bei dem EBM um eine auf gesetzlicher Grundlage erlassene einseitige hoheitliche Maßnahme handele. Dies sei nicht der Fall, da es sich um eine Vereinbarung, an der die maßgeblichen Nachfrager, die gesetzlichen Krankenkassen, beteiligt seien, handele und überdies die Vertreter im Bewertungsausschuss gegenüber den entsendenden Beklagten weisungsabhängig seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.3.2001 abzuändern und nach dem Antrag aus dem Schriftsatz vom 9.5.2001 Ziffern 1 - 3 zu erkennen,

hilfsweise gemäß dem Schriftsatz vom 24.2.2003 dem Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften die dort formulierten Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.3.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 2. trägt unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 11.9.2002 vor, dass nach dieser Rechtsprechung des BSG zwar von einer Zulässigkeit der Klage von Dritten gegenüber den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Beklagten zu 1. auszugehen sei. Die Ansprüche der Klägerin könnten jedoch nicht aus §§ 72 Abs. 2, 87 SGB V, aus § 20 GWB oder aus einer Verletzung von Grundrechten abgeleitet werden. Insofern könne das Begehren der Klägerin keinen Erfolg haben. Sie verweist weiterhin auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17.12.2002 (1 BvL 28/95 ff.) zu den Festbetragsregelungen. Sie entnimmt diesen Entscheidungen, dass Marktchancen, die die Klägerin hier geltend macht, keinen Grundrechtschutz genießen.

Die Beklagte zu 3. führt aus, es sei schon äußerst zweifelhaft, ob sich das Institut der Normenerlassklage überhaupt rechtsdogmatisch begründen lasse. Selbst wenn man von einer Zulässigkeit dieser Klage ausgehe, müsse doch gefordert werden, dass der jeweilige Kläger schlüssig eine Rechtsverletzung darlege. Dies sei der Klägerin nicht gelungen, da die streitige Ziffer objektiv keine berufsregelnde Tendenz habe und Art. 14 GG keinen grundrechtlich geschützten Abnahmeanspruch gewährleiste. Im Übrigen sei die Einführung der streitigen Ziffer auch rechtmäßig gewesen.

Die Beklagte zu 1. trägt vor, dass die Klägerin nicht von der Ziffer 7152 selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten betroffen sei. Ein Eingriff in den Schutzbereich der Grundrechte der Klägerin sei ebenfalls nicht ersichtlich, da die streitige Ziffer zwar wirtschaftliche Auswirkungen auf die Klägerin habe, aber keine Rechtspositionen begründe oder beseitige. Dies sei lediglich eine Frage des unternehmerischen Risikos, deshalb sei die Klage mangels unmittelbarer Grundrechtsbeeinträchtigung bereits unzulässig. Sie sei auch nicht begründet, da nach der ständigen Rechtsprechung des BSG den Vertragspartnern des EBM bei der autonomen Festlegung der Leistungen, ihres Inhaltes und ihrer Bewertung ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten zu 5) ist unzulässig. Denn der Berufungsschriftsatz ist nicht unterzeichnet und erfüllt somit nicht das Schriftformerfordernis gemäß § 151 Abs. 1 SGG. Das Erfordernis der Unterschrift soll gerade gewährleisten, dass es sich nicht um einen Entwurf handelt, sondern um eine Erklärung, die mit Wissen und Willen des Beteiligten dem Gericht zugeleitet worden ist (BSG NJW 2001, S. 2492).

Die Berufungen der Beklagten zu 1) - 4) und 6) - 8) sind zulässig und begründet; die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Regelung in Ziffer 7152 des Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (BMÄ) sowie der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO), Auskunftserteilung und/oder Feststellung einer Schadensersatzpflicht.

Die Unterlassungs-, Auskunftserteilungs- und Feststellungsklage der Klägerin ist zulässig. Die Klägerin begehrt eine Änderung des BMÄ bzw. der E-GO durch die Beklagten in der Weise, dass die Ziffer 7152 gestrichen wird, um in erhöhtem Maße eine Verordnung des von der Klägerin hergestellten Testskits zu erreichen. Die Umsetzung dieses Rechtsstandpunktes erfordert eine Änderung des BMÄ bzw. der E-GO. Für dieses Begehren der Klägerin steht die Leistungsklage zur Verfügung. Diese ist auch ansonsten zulässig, weil die Klägerin geltend machen kann, ohne die von ihr begehrte Änderung des BMÄ bzw. der E-GO in ihrer Betätigungsfähigkeit am Markt benachteiligt zu sein (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 35).

Die Klage der Klägerin ist jedoch in vollem Umfange unbegründet, da sie kein Recht auf die begehrte Unterlassung, Auskunftserteilung und/oder Feststellung hat. Die Regelung in Ziffer 7152 BMÄ/E-GO verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Aus den Vorschriften des § 72 Abs. 2 und § 87 SGB V kann die Klägerin für den von ihr erhobenen Anspruch nichts herleiten. Als Herstellerin des Testskits zählt sie nicht zu dem Kreis der Institutionen und Personen, deren Rechtspositionen in diesen Bestimmungen näher konkretisiert werden. Diese enthalten eine Verpflichtung der Vertragspartner zur Vereinbarung von Grundsätzen der vertragsärztlichen Versorgung. Die Normen richten sich allein an die Vertragspartner auf Bundesebene als Normadressaten und betreffen darüber hinaus die Rechtsphäre der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Personen und Institutionen, weil unter anderem Regelungen über deren Vergütung (§ 72 Abs. 2 SGB V) und die von ihnen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringenden Leistungen (§ 87 Abs. 2 SGB V) getroffen werden. Personen und Unternehmen wie die Klägerin, die nicht in das System der vertragsärztlichen Versorgung einbezogen sind, werden in §§ 72 Abs. 2, 87 Abs. 1 und 2 SGB V keine Rechtsposition eingeräumt, aus denen sich Ansprüche gegen die Beklagten auf Änderungen ergeben (BSG a. a. O.).

Soweit die Klägerin geltend macht, § 87 Abs. 2 SGB V gestatte den Beklagten schlechthin keine Regelung über Arzneimittel oder Medizinprodukte, weil es sich dabei nicht um "abrechnungsfähige Leistungen" handele und deshalb die Regelung in Ziffer 7152 unwirksam sei, trifft das nicht zu. Das streitige Testkit - ebenso wie Kontrastmittel - ist ungeachtet seiner rechtlichen Zuordnung nur in Zusammenhang mit ärztlichen Untersuchungen von Bedeutung. Es ist dafür unverzichtbar. Wegen dieses untrennbaren Zusammenhangs mit den entsprechenden internistischen Untersuchungen als "abrechnungsfähige Leistungen" bestehen keine rechtlichen Bedenken, das Regelungen über die Kostentragung für dieses Testkits im BMÄ bzw. der E-GO getroffen werden (BSG a. a. O.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, weil - wie die Klägerin behauptet - die Erbringung der abrechnungsfähigen Leistung (internistische Untersuchung) ohne Verwendung des von der Klägerin hergestellten Testkits nicht möglich ist, da 13 C-Harnstoff als Feinchemikalie nicht ohne Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Bestimmungen bezogen und verwendet werden kann. Einerseits steht schon nicht fest, ob 13 C-Harnstoff als Feinchemikalie nur unter Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften bezogen werden kann. Zwar haben die Zivilgerichte in einer Vielzahl - von der Klägerin vorgelegten - Entscheidungen des einstweiligen Rechtschutzes diese Rechtsansicht vertreten. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 09.03.1999 (3 C 32/98) ebenfalls die Auffassung vertreten, dass der Ausnahmetatbestand des § 21 Abs. 2 Nr. 1 Arzneimittelgesetz nur dann erfüllt ist, wenn alle wesentlichen Herstellungsschritte - also auch die Synthetisierung des Wirkstoffes - in der Apotheke stattfinden. Diese Entscheidung betraf allerdings nicht 13 C-Harnstoff, sondern ein völlig anderes Präparat. Insofern fehlt bereits eine höchstrichterliche Feststellung dazu, ob auch hinsichtlich des 13 C-Harnstoffes als Feinchemikalie ein Bezug nur unter Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften möglich ist. Denn die Ausnahmevorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG würde eingreifen, wenn hinsichtlich 13 C-Harnstoffes die Synthetisierung anders als bei dem Präparat, was der Entscheidung des BVerwG zu Grunde lag, nicht in der Apotheke stattfinden muss. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch das Sozialgericht steht fest, dass ein weiterer Herstellungsschritt, nämlich die Identitätsprüfung, unter Verwendung entsprechender Geräte durchaus in der Apotheke zumindest möglich ist.

Andererseits werden Rechte der Klägerin weder unmittelbar noch mittelbar durch die Regelung in Ziffer 7152 BMÄ/E-GO verletzt, selbst wenn man die o. g. Behauptung der Klägerin als zutreffend unterstellt. Eine Verletzung von möglicherweise der Klägerin zustehenden Rechten aus Artikel 12 und/oder 14 GG würde nämlich nur dann eintreten, wenn Dritte (Apotheker und Ärzte) kollusiv rechtswidrig zusammenwirken würden und unter Verstoß gegen arzneimittelrechtliche und sonstige Vorschriften 13 C-Harnstoff als Feinchemikalie zur Diagnostik verwenden würden. Insoweit besteht zwischen der Regelung in 7152 BMÄ/E-GO und einer möglichen Verletzung von Rechten der Klägerin kein irgendwie gearteter Zusammenhang, der der Klägerin, die nicht in das System der vertragsärztlichen Versorgung eingebezogen ist, eine Rechtsposition einräumt, aus denen sich Ansprüche gegen die Beklagten auf Änderung des BMÄ bzw. der E-GO ergeben.

Die Rüge einer Verletzung wettbewerbs- und/oder kartellrechtlicher Vorschriften greift nicht durch. Dabei lässt der Senat offen, ob entsprechend der Rechtsprechung des 3. Senates des BSG (BSGE 87, 95; BSGE 89, 24) die Anwendung dieser Rechtsvorschriften generell ausgeschlossen ist. Dazu bedarf es hier keiner abschließenden Klärung, weil - eine generelle Anwendbarkeit unterstellt - die Tätigkeit der Beklagten bei Erlass der Ziffer 7152 BMÄ/E-GO keine unternehmerische Tätigkeit darstellt. Körperschaften des öffentlichen Rechts wie die Beklagten können zwar den weiten Unternehmensbegriff erfüllen. Das setzt jedoch voraus, dass sie als Anbieter oder Nachfrager auf dem Markt eine selbstständige Tätigkeit bei der Erzeugung oder Verteilung von Waren oder gewerblichen Leistungen ausüben (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2001, KZR 5/00, NJW-RR 2002, 763). Mit der Vereinbarung der streitigen Ziffer entfalten die Beklagten indes keine unternehmerische Tätigkeit, weil sie insoweit nicht als Anbieter von Leistungen und als Nachfrager von Leistungen tätig werden. Sie legen auf gesetzlicher Grundlage die in der vertragsärztlichen Versorgung erbringbaren Leistungen und deren punktzahlmäßige Bewertung fest und üben damit keine selbstständige Tätigkeit bei der Verteilung von gewerblichen Leistungen aus (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 35).

Aus dem gleichen Grunde kann die Regelung über die Pauschalerstattung der Kosten bei Durchführung der Leistung nach Nr. 742 für den Bezug des 13 C-Harnstoffes nicht mit europäischem Wettbewerbsrecht in Konflikt geraten.

Denn bei der Vereinbarung des BMÄ bzw. der E-GO werden die Beklagten nicht unternehmerisch am Markt tätig, sondern als untergesetzliche Normgeber. In welchem Umfang ihnen die Befugnis zur Rechtssetzung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung übertragen werden darf, richtet sich allein nach nationalem Recht und hat keinen Bezug zum europäischem Wettbewerbsrecht (BSG a. a. O.).

Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass diese Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage angeschlossen hat, rechtsfehlerhaft sei. Denn die rechtssetzende Tätigkeit der Beklagten bei der Vereinbarung des BMÄ bzw. der E-GO ist nicht als wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Artikel 81 EGV anzusehen. Die entscheidende, der Anwendung des EG-Kartellrechts auf den Staat bzw. seine öffentlichen Unternehmen vorgelagerte Abgrenzungsfrage, welche staatlichen Aktivitäten als wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne von Artikel 81 EGV anzusehen und welche als Maßnahme der öffentlichen Verwaltung ausschließlich den sonstigen EG-Vorschriften unterliegen, ist hinsichtlich der mit der Verwaltung von Systemen der sozialen Sicherheit betrauten Einrichtungen durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) geklärt. Im Urteil vom 17.02.1993 (verbundene Rechtssachen C - 159/91 und C - 160/91; Slg. 1993, I - 637) hat der EUGH entschieden, dass der Begriff des Unternehmens nicht die mit der Verwaltung von Systemen der sozialen Sicherheit betrauten Einrichtungen erfasst. Die Beklagten sind aber Einrichtungen, deren primäre Aufgabe es ist, an der Verwaltung der sozialen Sicherung, nämlich der gesetzlichen Krankenversicherung, mitzuwirken.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat - wie oben dargelegt - keinen Anspruch auf Unterlassung, Auskunftserteilung und/oder Feststellung eines Schadensersatzanspruches, da die Regelung in Ziffer 7152 BMÄ/E-GO ihre Rechte nicht verletzt.

Der Senat brauchte auf den Hilfsantrag der Klägerin hin die Streitsache nicht dem EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Artikel 234 EGV vorlegen, da die im Hilfsantrag formulierten Fragen für die Entscheidung des Senates nicht rechtserheblich sind. Denn aufgrund der oben genannten Entscheidung des EuGH steht fest, dass die Beklagten als mit der Verwaltung von Systemen der sozialen Sicherung betraute Einrichtungen bei der Vereinbarung des BMÄ bzw. der E-GO keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben, somit keine Unternehmen im Sinne von Artikel 81 EGV sind und damit die Anwendbarkeit von Artikel 81 EGV ausgeschlossen ist.

Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß §§ 183 und 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2002.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 nicht vorliegen. Denn die wesentlichen Rechtsfragen sind vom BSG in seiner Entscheidung vom 11.09.2002 (B 6 KA 34/01 R - SozR 3-2500 § 87 Nr. 35) entschieden und damit geklärt worden
Rechtskraft
Aus
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