L 12 AL 64/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 35 AL 366/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 64/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.02.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 27.07.2002 im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches.

Die am 00.00.1972 geborene Klägerin hat bis zum 31.07.1997 als Kinderpflegerin versicherungspflichtig gearbeitet. Ab 01.08.1997 wurde ihr Arbeitslosengeld zuerkannt, welches sie bis 13.09.1998 bezog. Ab 14.09.1998 wurde ihr Unterhaltsgeld für eine Umschulungsmaßnahme zu Ergo-Therapeutin zuerkannt. Nach Bestehen der Prüfung wurde ihr ab 22.03.2002 Anschlussunterhaltsgeld zugebilligt, welches sie maximal bis 21.06.2002 hätte beziehen können. Vor dessen Ablauf wurde die Klägerin von der Beklagten mit Schreiben vom 23.05.2002 angeschrieben und ihr ein Antrag auf Arbeitslosenhilfe zugesandt. Sie wurde gebeten, für die Prüfung, ob und in welcher Höhe ihr im Anschluss an das Anschlussunterhaltsgeld Arbeitslosenhilfe zustehe, den beigefügten Arbeitslosenhilfeantrag vollständig auszufüllen. Diesen Antrag hat die Klägerin dann wohl gestellt, wobei sich ein konkreter Eingang bei der Beklagten nicht feststellen lässt. Mit Bescheid vom 10.06.2002 wurde der Antrag auf Arbeitslosenhilfe dann von der Beklagten abgelehnt mit der Begründung, die Klägerin habe innerhalb des letzten Jahres vor der Arbeitslosmeldung kein Arbeitslosengeld bezogen und somit keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Vom 19.06.2002 bis 26.07.2002 hat die Klägerin als Kinderpflegerin versicherungspflichtig gearbeitet. Hiervon erfuhr die Beklagte nichts. Nach der Beendigung der Tätigkeit meldete sich die Klägerin auch nicht bei der Beklagten erneut arbeitslos.

Gegen den Bescheid vom 10.06.2002 hat die Klägerin mit Schreiben vom 17.06.2002 Widerspruch erhoben und diesen mit Schreiben vom 05.09.2002 begründet. Sie hat ausgeführt, die Vorfrist betrage in ihrem Falle 4 Jahre, da sie eine Weiterbildung im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III gemacht habe, außerdem hätte sie im September 2001 nicht zur Verlängerung der Maßnahme gedrängt werden dürfen, sie hätte in Richtung Arbeitslosenhilfe beraten werden müssen. Mit Änderungsbescheid vom 24.09.2002 lehnte die Beklagte nunmehr den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab, weil die Klägerin ab dem 19.06.2002 eine Arbeit aufgenommen habe. Der weitergehende Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2002 zurückgewiesen.

Am 13.12.2002 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht in Dortmund Klage erhoben und vorgetragen, sich nach ihrer Beschäftigung mit dem Ende 26.07.2002 nicht erneut arbeitslos gemeldet zu haben, weil das Arbeitsamt ihr mit Bescheid vom 10.06.2002 mitgeteilt habe, dass sie keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe habe. Deshalb habe sie am 27.07.2002 keinen Antrag auf Arbeitslosenhilfe gestellt.

Ein Antrag der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe findet sich in den Akten der Beklagten mit Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 07.11.2002. Ein Antrag der Klägerin selbst auf Arbeitslosenhilfe datiert vom 30.01.2003.

Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.06.2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24.09.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2002 zu verurteilen, ihr Arbeitslosenhilfe ab 27.07.2002 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten.

Mit Urteil vom 18.02.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen. Soweit die Klägerin meine, die Beklagte habe sie aufgrund des Bescheides vom 10.06.2002 falsch informiert, sei darauf hinzuweisen, dass eine unterlassene Arbeitslosenhilfeantragstellung nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden könne. Auf den genauen Wortlaut der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 02.03.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.03.2004 eingegangene Berufung der Klägerin. Sie trägt vor: Sie habe durch den Bescheid vom 10.06.2002 eine Fehlinformation erhalten, die sie dazu bewogen habe, nach dem 26.07.2002 keinen erneuten Antrag auf Arbeitslosenhilfe zu stellen, da sie davon ausgegangen sei, dieser Antrag könne keinen Erfolg haben. Hätte man sie zutreffend aufgeklärt, wäre ein Arbeitslosenhilfeantrag in der Zeit vom 27.07.2002 bis max. 12.09.2002 noch aussichtsreich gewesen. Sie sei bedürftig gewesen und habe in der Vorfrist auch Arbeitslosengeld bezogen. Die normale Vorfrist von einem Jahr nach § 192 Abs. 1 Satz 1 SGB III verlängere sich gem. § 192 Abs. 1 Satz 3 SGB III um 3 Jahre, da ein Sonderfall nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III vorgelegen habe. Sie habe sich bei ihrer Umschulung in einer Maßnahme gem. dieser Vorschrift befunden. Dann aber hätte sie bis 12.09.2002 noch Arbeitslosenhilfe beantragen können und einen entsprechenden Anspruch gehabt, da der letzte Arbeitslosengeldbezug am 13.09.1998 gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.02.2004 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass eine fehlende Arbeitslosmeldung nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs korrigiert werden könne. Darauf komme es aber letztlich auch nicht an. Die Vorfrist von einem Jahr verlängere sich nach § 192 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III um maximal 2 Jahre auf 3 Jahre und sei damit jedenfalls am 13.09.2001 abgelaufen gewesen. Die Klägerin berufe sich zu Unrecht auf die Regelung des § 192 Satz 3 SGB III. Danach verlängere sich die Vorfrist statt um 2 Jahre um 3 Jahre in den Fällen des § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III. Diese Regelung greife jedoch im vorliegenden Fall nicht ein. Nach § 425 SGB III seien auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende dieser Leistung oder der Maßnahme die Vorschrift in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag, wie im vorliegenden Fall, der Anspruch entstanden, die Leistungen zu erkannt und die Maßnahme begonnen worden sei. Danach finde im vorliegenden Falle die Sonderregelung des § 92 Abs. 2 SGB III keine Anwendung. Ferner sei auf § 434 d Abs. 1 SGB III hinzuweisen. § 92 Abs. 2 Satz 2 in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung werde erst für Maßnahmen wirksam, die ab 01.01.2005 beginnen. Da die Klägerin somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Verlängerung der Vorfrist für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe auf 4 Jahre erreichen könne, komme es auf die Frage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht an.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten mit der Kundennummer 000 Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin keine Arbeitslosenhilfe ab 27.07.2002 zu zahlen ist.

Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat nach § 190 SGB III neben anderen Voraussetzungen nur, wer in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen hat. Die Vorfrist beträgt nach § 192 Satz 1 SGB III 1 Jahr. Die Klägerin hat zuletzt am 13.09.1998 Arbeitslosengeld bezogen. Die Vorfrist von einem Jahr wäre somit selbst bei einer Antragstellung am 27.07.2002 nicht gewahrt.

Die Klägerin hat jedoch vom 14.09.1998 bis 21.03.2002 Unterhaltsgeld bezogen. Durch diesen Unterhaltsgeldbezug verlängert sich die Vorfrist nach § 192 Satz 2 Nr. 4 SGB III um max. 2 Jahre auf 3 Jahre. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe kann hiernach nur bestehen, wenn der Antrag auf Arbeitslosenhilfe spätestens bis zum 12.09.2001 gestellt worden wäre. Hier aber geht es um eine frühest mögliche Antragstellung am 27.07.2002. Eine Verlängerung der Vorfrist um 3 Jahre auf 4 Jahre gem. § 192 Satz 3 SGB III scheidet aus. Ein Sonderfall des § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III liegt nämlich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. Zwar ist § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III zum 01.01.2002 in Kraft getreten, er wirkt sich jedoch nach § 434 d Abs. 1 SGB III erst für Maßnahmen aus, die ab dem 01.01.2005 beginnen. Die Maßnahme der Klägerin hat aber bereits am 14.09.1998 begonnen.

Der Vortrag der Klägerin zum sozialrechtlichen Herstellungsanpruch ist somit nicht von rechtlicher Bedeutung. Selbst wenn man unterstellt, die Beklagte habe die Klägerin mit dem Bescheid vom 10.06.2002 fehlerhaft informiert, so wären jedenfalls am 10.06.2002 jegliche Fristen für einen möglichen Arbeitslosenhilfeanspruch abgelaufen gewesen.

Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass ein Anspruch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs selbst nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht begründet wäre. Wenn man einmal in dem Bescheid vom 10.06.2002 eine Fehlinformation sehen würde, so wäre diese jedenfalls nicht kausal für einen Schaden der Klägerin geworden. Die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 10.06.2002 Widerspruch eingelegt und selbst darauf hingewiesen, dass sie die dort vertretene Auffassung nicht teile, weil über § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III eine vierjährige Vorfrist gelte. Dann aber ist es nicht nachvollziehbar, weshalb sie dann nicht nach Ablauf ihres Arbeitsverhältnisses am 27.07.2002 Arbeitslosenhilfe beantragt hat, da sie ja gerade die Auffassung der Beklagten für unzutreffend gehalten hat. Die ihrer Meinung nach unzutreffende Information der Beklagten kann somit nicht kausal für das Unterlassen des Arbeitslosenhilfeantrages gewesen sein.

Klage und Berufung konnten somit im Ergebnis keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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