L 2 KN 96/97 U

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 2 BU 2/94
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 96/97 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10. September 1997 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten) sowie die Zahlung einer Verletztenrente für den Zeitraum vom 24. August 1992 bis zum 27. April 1993.

Der im September 1959 geborene Kläger ist seit September 1980 als Schlosser unter Tage im Bergwerk O in O tätig. Seit Mai 1981 ist er in sogenannten "Dieselkatzenräumen" (Werkstätten für die Instandhaltung und Reparatur von Einschienenhängebahnen, sogenannten "Dieselkatzen") mit der Wartung und Instandsetzung von "Dieselkatzen" befasst. Hierbei erlitt er am 27. April 1992 ein Kniegelenkstrauma, als er beim Aussteigen aus einer "Dieselkatze" mit dem Fuß in ein Loch trat und sich hierbei das rechte Knie verdrehte. Im K-Krankenhaus S wurde die Diagnose Kniedistorsion rechts mit Verdacht auf Innenmeniskusläsion gestellt (Durchgangsarztbericht des Chefarztes Prof. Dr. I vom 29. April 1992). Im gleichen Krankenhaus wurde Mitte Mai 1992 u. a. eine Innenmeniskusentfernung rechts durchgeführt. Die histologische Untersuchung zeigte Meniskusanteile mit schweren degenerativen Veränderungen, mukoiden Verschleimungen, ausgeprägten randständigen Ausfaserungen sowie einer chronischen Begleitssynovitis mit Stromafibrose (Behandlungsbericht des Prof. Dr. I vom 10. Juni 1992). Die Beklagte lehnte es unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. L aus C ab, die verbliebenen Funktionsstörungen im rechten Kniegelenk als Folgen eines Arbeitsunfalles anzuerkennen, da sie durch das Ereignis vom 27. April 1992 nicht wesentlich verursacht worden seien. Es handle sich bei diesem Ereignis lediglich um eine Gelegenheitsursache bei vorbestehender Meniskusdegeneration (Bestandskräftiger Bescheid vom 27. Juli 1993). Über einen im Dezember 1995 gestellten Antrag auf Überprüfung der Richtigkeit dieses Bescheides hat die Beklagte bisher noch nicht befunden.

Bereits im Mai 1992 erfolgte auch eine BK-Anzeige durch Prof. Dr. I. Der Kläger trug dazu vor, er habe auf Bühnen und unter Maschinen Reparatur- und Wartungsarbeiten in Zwangshaltung verrichtet, allein zwei Jahre in einem Revier bei 16 Gon. Auch habe er während der Schicht ständig über Schotter und Gleise laufen müssen. Die Beklagte lehnte nach Einschaltung ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) die Anerkennung des Knieschadens als Folge einer BK Nr. 2102 ebenfalls ab, da der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit keiner überdurchschnittlichen Belastung der Kniegelenke ausgesetzt gewesen sei. Während eines wesentlichen Teils der täglichen Arbeitszeit seien seine Kniegelenke nicht stärker als normal belastet gewesen. Damit seien die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Meniskuserkrankung nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKVO nicht erfüllt. Diese komme nämlich erst nach mehrjähriger, mindestens über einen Zeitraum von zwei Jahren andauernden überdurchschnittlich die Kniegelenke belastender Tätigkeit von täglich mindestens zwei Stunden kniender oder hockender Dauerzwangshaltung in Betracht (Bescheid vom 20. August 1993; Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 1993).

Mit seiner am 04. Januar 1994 eingegangenen Klage hat der Kläger weiter begehrt, seinen Meniskusschaden als Folge einer BK 2102 anzuerkennen und ihm Verletztenrente zu gewähren. Er habe von 1981 bis 1992 insgesamt neun "Dieselkatzenräume" mit aufgebaut. Zuletzt sei er in einer Werkstatt auf der Bauhöhe 0338 tätig gewesen, die auf einem abschüssigen Berg mit einer Neigung von 18 Gon gelegen habe. Im übrigen habe er ständig - nicht nur auf der Bauhöhe 0338 - von Behelfsbühnen aus gearbeitet und hierbei die Kniegelenke belastende Tätigkeiten verrichtet.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.08.1993 und des Widerspruchsbescheides vom 22.12.1993 zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 - Meniskusschaden am rechten Knie - anzuerkennen und ihm deswegen für die Zeit vom 24.08.1992 bis 27.04.1993 Rente nach einer MdE von 20 % zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Entscheidung unter Bezugnahme auf mehrere Stellungnahmen ihres TAD sowie eine Stellungnahme des Dr. L im Ergebnis für zutreffend gehalten. Zwar liege beim Kläger eine primäre Meniskusdegeneration im Sinne der BK Nr. 2102 vor, indes seien die beruflichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Berufskrankheit nicht erfüllt. Die Tätigkeit auf der Bauhöhe 0338 sei zwar mit einer überdurchschnittlichen Belastung der Kniegelenke einhergegangen, da dort die Schlosserarbeiten an "Dieselkatzen" im wesentlichen von Behelfsbühnen aus verrichtet worden seien. Dort sei der Kläger allerdings nur für 25 Schichten (etwa zwei Monate lang) eingesetzt gewesen, so dass es an einer mehrjährigen Belastung fehle. Im übrigen erfolgten Reparaturarbeiten an "Dieselkatzen" - Arbeiten an Laufrollen und Antriebsfedern - in der Regel im Stehen; knieende Arbeiten bei "Dieselkatzenreparaturen" seien selten. Gelegentliches Hocken und Knien erfülle aber nicht den Tatbestand einer Dauerzwangshaltung.

Das Sozialgericht (SG) hat den stellvertretenden Reviersteiger B, der seit 1986 im Bergwerk O für den Bereich "Dieselkatzen" verantwortlich war, zu Art und Umfang der Tätigkeit des Klägers als Zeugen vernommen. Dieser hat ausgesagt, die Tätigkeit des Klägers erfolge in wechselnder Körperhaltung und sei - bei Reparaturen an Laufrollen und Antriebsrädern - auch im Hocken oder Knien zu verrichten. Der anschließend als Sachverständiger befragte Prof. Dr. T aus F hat gemeint, die beim Kläger nach der Operation von Mai 1992 verbliebenen Schäden des rechten Kniegelenkes seien als Folgen einer BK Nr. 2102 anzuerkennen und für den Zeitraum vom 24. August 1992 bis zum 27. April 1993 nach einem Grad der MdE um 20 v. H. zu entschädigen (Gutachten vom 18. März 1997 mit Zusatzgutachten des Pathologen Prof. Dr. P aus E vom 03. Januar 1997, demzufolge Art und Umfang der degenerativen Texturveränderungen im rechten Meniskus vom morphologischem Aspekt als Berufskrankheit nach Nr. 2102 zu werten sind).

Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und gemeint, die Aussage des Zeugen B bestätige, dass der Kläger durchaus einer Kniebelastung ausgesetzt gewesen sei, die deutlich höher als bei der übrigen Bevölkerung gelegen habe, und die durchaus geeignet gewesen sei, zu einer übermäßigen Belastung des Meniskusgewebes beizutragen (Urteil vom 10. September 1997, der Beklagten am 06. Oktober 1997 zugestellt).

Die Beklagte hat sich mit ihrer am 24. Oktober 1997 eingegangenen Berufung gegen dieses Urteil gewandt, weil entgegen der Auffassung des SG die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung des Meniskusschadens als Berufskrankheit nicht erfüllt seien. Es seien maximal für eine Stunde pro Schicht Arbeiten auf unebenem Untergrund vorgenommen worden, die überdies nicht überdurchschnittlich kniebelastend gewesen seien. Die Aussage des Zeugen B stehe dem nicht entgegen, weil dieser keine Aussage über den quantitativen Umfang der kniebelastenden Tätigkeit habe machen können. Planmäßige Wartungsarbeiten, die auf "Dieselkatzen" kniend durchzuführen seien, gebe es nicht. Zum zweitinstanzlichen Beweisergebnis hat sie gemeint, es könne allenfalls von einer Meniskusbelastung von weniger als einer halben Stunde pro Schicht ausgegangen werden, die nicht als überdurchschnittlich anzusehen sei. Nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Bergwerks O vom Mai 1998 könne im übrigen hinsichtlich der Tätigkeit auf der Bauhöhe 0338 lediglich von zwei - und nicht, wie ursprünglich angenommen, von 25 - Schichten ausgegangen werden. Damit seien die zeitlichen Vorgaben, von denen Prof. Dr. T ausgegangen sei, widerlegt, so dass dessen Einschätzung schon deshalb nicht zutreffe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10. September 1997 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Für den Kläger ist im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen. Der Kläger ist durch Postzustellungsurkunde am 25. Mai 2000 von dem Termin mit dem Hinweis benachrichtigt worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die abweichende Beurteilung des TAD sei unzutreffend, weil dieser von idealen Verhältnissen ausgehe, die es nicht gebe. Er habe im "Dieselkatzenschuppen" auf der Bauhöhe 0338 nicht lediglich zwei Monate, sondern etwa ein Jahr lang gearbeitet. Die Einrichtung dieser Werkstatt habe etwa anderthalb Monate gedauert, danach sei er bis zu dem Ereignis im April 1992 dort tätig gewesen. Er habe die schweren "Dieselkatzen" der Firma T gewartet und dabei etwa ein Viertel der Schicht im Knien gearbeitet.

Der Senat hat im Rahmen eines Erörterungs- und Beweisaufnahmetermins im Bergwerk O im April 1998 erneut den Zeugen B und zusätzlich den dort tätigen Ingenieur L zu Art und Umfang der Tätigkeit eines "Dieselkatzenschlossers" - insbesondere hinsichtlich der damit verbundenen knienden Verrichtungen - als Zeugen vernommen. Der anschließend als Sachverständiger befragte Assessor des Bergfaches Lehmann hat zusammenfassend gemeint, der Kläger habe kurzfristige Tätigkeiten in mit Hocken oder Knien verbundener Zwangshaltung bei gleichzeitiger Kraftaufwendung sowie vereinzelten Bewegungsbeanspruchungen mit möglichen Knick - und Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage mit einem durchschnittlichen Zeitanteil von etwa 24 Minuten pro Schicht verrichtet (Gutachten vom 31. Januar 1999). Prof. Dr. C, Chefarzt i. R. der chirurgischen Abteilung des Evangelischen Krankenhauses I, hat - als Sachverständiger befragt - gemeint, es sei klar zu sagen, dass vom Kläger die beruflichen Voraussetzungen für die Anerkennung des rechtsseitigen Meniskusschadens als BK Nr. 2102 nicht erfüllt seien. Eine mehrjährig andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit liege nicht vor. Eine ausreichende Meniskusgefährdung lasse sich nicht im entferntesten begründen (Gutachten vom 21. Februar 2000).

Wegen der Darstellung der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Obwohl für den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, kann der Senat aufgrund - einseitiger - mündlicher Verhandlung entscheiden, da der Kläger vom Termin ordnungsgemäß mit einem entsprechenden Hinweis benachrichtigt worden ist.

Die Berufung ist zulässig. Wenn auch laufende Leistungen für einen Zeitraum von weniger als einem Jahr im Streit sind, so übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes im Hinblick auf die Höhe der monatlichen Verletztenrente doch den Betrag von 1000 DM, § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung ist auch begründet.

Entgegen der Auffassung des SG besteht kein Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente für den streitigen Zeitraum. Vielmehr ist der Kläger durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert, weil sie nicht rechtswidrig sind, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat die Rentenzahlung zu Recht abgelehnt.

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich auch nach Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 01. Januar 1997 noch nach den bis dahin geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil das neue Recht erst für Versicherungsfälle Anwendung findet, die - anders als hier - nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten sind, Art. 36 UEVG, § 212 SGB VII. Danach wird Verletztenrente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung gewährt, wenn und solange infolge eines Arbeitsunfalls (als solcher gilt auch eine Berufskrankheit) die Erwerbsfähigkeit um mindestens ein Fünftel (20 v. H.) gemindert ist, §§ 581 Abs. 1 Nr. 2, 548, 551 Abs. 1 Satz 1 RVO.

Die Anerkennung von Folgen einer BK Nr. 2102 nach den vorgenannten Vorschriften setzt voraus, dass der Kläger im Rahmen seiner bei der Beklagten versicherten beruflichen Tätigkeit mehrjährig andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten ausgesetzt war, in deren Folge ein Meniskusschaden eingetreten ist. Die erforderlichen berufsspezifischen Belastungen (die schädigende Einwirkungen) sowie der Meniskusschaden müssen nachgewiesen sein, das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit feststehen. Der ursächliche Zusammenhang zwischen den schädigenden Einwirkungen und dem als Berufskrankheit geltend gemachten Meniskusschaden (Meniskopathie) muss - nur - wahrscheinlich sein, das heißt es muss deutlich mehr für als gegen einen solchen Zusammenhang sprechen (BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr. 38; vgl. dazu allgemein: Brackmann/Krasney, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, SGB VII, 12. Auflage § 9 Rdnrn. 22, 23 m. w. N.).

Zwar liegt beim Kläger, wie sich aus den Ausführungen von Prof. P entnehmen lässt und was auch die Beklagte unter Bezugnahme auf die Stellungnahme von Dr. L einräumt, eine durch den histologischen Befund gesicherte primäre Meniskopathie, also eine sog. Listenkrankheit i. S. der Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKVO in der hier maßgeblichen Fassung vom 22. März 1988 (BGBl. I S. 400), vor, die grundsätzlich als Berufskrankheit anerkannt werden kann. Indes fehlt es an berufsbedingten schädigenden Einwirkungen in einem Ausmaß, wie sie für die Anerkennung einer solchen Berufskrankheit unerlässliche Voraussetzung sind, vgl. das Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK 2102 (Bekanntmachung des BMA vom 11.10.1989, Bundesarbeitsblatt 2/1990). Der Anspruch des Klägers scheitert bereits daran, dass eine mehrjährige kniebelastende Tätigkeit im für die Anerkennung erforderlichen Umfange nicht festgestellt werden kann. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus den Aussagen der Zeugen B und L sowie aus den Beurteilungen der Sachverständigen M und Prof. Dr. C.

Dabei geht der Senat aufgrund der Aussagen der Zeugen B und L davon aus, dass der Kläger als "Dieselkatzenschlosser" bei der Wartung und Instandhaltung der "Dieselkatzen" bis 1992 folgende Tätigkeiten im Knien, Hocken oder in Zwangshaltung verrichtet hat: Bei der Sichtkontrolle der Bodenbleche von Dieselkatzen eine kniende und/oder hockende Tätigkeit von jeweils etwa 10 bis 20 Sekunden; beim Ölwechsel, der einmal pro Jahr pro "Dieselkatze" erforderlich war, eine solche von etwa zwei Minuten und bei den Arbeiten an Bodenblechen von "Dieselkatzen" (die äußerst selten vorkommen) eine kniende und hockende Tätigkeit in einem relativ geringen Umfang, der im Einzelnen nicht näher zu quantifizieren ist. Beim Auswechseln der Reibräder, das in der Regel im Stehen erfolgte, waren zusätzlich manchmal knieende Tätigkeiten erforderlich. Das Auswechseln der Laufräder erfolgte in der Regel im Stehen, wobei das Einhängen des Zughubes mit gelegentlichem Knien von zwei bis drei Minuten verbunden ist. Das Auswechseln von Reib- und Laufrädern erfolgte etwa fünfmal pro Jahr pro "Dieselkatze". Daneben ist das Arbeiten an Dieselkatzen außerhalb des "Dieselkatzenraumes" zu berücksichtigen, das regelmäßig zwar nicht im Hocken oder Knien erfolgte, aber wegen des Gehens zum Arbeitsort auf unebenem Untergrund durchaus kniebelastend war. Schließlich waren bei Reparaturen von "Dieselkatzen" ebenfalls gelegentlich Zwangshaltungen einzunehmen. Der Senat geht des weiteren davon aus, dass der Kläger den "Dieselkatzenraum" auf der Bauhöhe 0338 mit eingerichtet hat und bis April 1992 dort etwa ein Jahr gearbeitet hat. Ob er entsprechend der im Berufungsverfahren erteilten Auskunft des Bergwerks O an diesem Betriebspunkt nur zwei Schichten oder - wie die Beklagte zunächst angenommen hatte - 25 Schichten verfahren hat, ist für die abschließende Beurteilung ohne Bedeutung. Die weitergehende Behauptung des Klägers, er habe ständig kniebelastend von Behelfsbühnen aus gearbeitet, hat dagegen keine Bestätigung gefunden.

Dieser Sachverhalt lässt lediglich den Schluss zu, dass die langjährige Tätigkeit des Klägers als "Dieselkatzenschlosser" unter Tage allenfalls gelegentlich, mit die Kniegelenke über das durchschnittliche Maß belastenden Tätigkeiten verbunden war. Dies folgt aus den Ausführungen des Sachverständigen M, der die Tätigkeit des Klägers unter Berücksichtigung aller aktenkundigen Unterlagen, insbesondere der Aussagen der Zeugen B und L sowie der eigenen Angaben des Klägers analysiert und ausgewertet hat. Danach besteht die Tätigkeit eines "Dieselkatzenschlossers" - bei Bildung von Durchschnittswerten - im Werkstattbereich aus sechs Minuten, bei der Befahrung zu Fuß aus neun Minuten und bei Reparaturen an Havariestellen in Transportstrecken aus neun Minuten überdurchschnittlich kniebelastender Tätigkeit pro Schicht (jeweils zugunsten des Klägers angenommene Obergrenzen). Damit ergibt sich als mögliche Obergrenze für schädigende Einwirkungen ein Gesamtanteil von bis zu 24 Minuten pro Schicht. Ein solches Ausmaß überdurchschnittlich die Kniegelenke belastende beruflich Einwirkungen genügt aber nicht, berufsbedingte schädigende Einwirkungen zu beweisen, die eine - in Abweichung zur Normalbevölkerung - erhöhte Gefahr des Auftritts chronischer Meniskusschäden begründen. Die im Merkblatt zur BK Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKVO beschriebenen und vom Sachverständigen Prof. Dr. C als zutreffend und allgemeiner ärztlicher Erfahrung entsprechend bezeichneten Voraussetzungen liegen danach nicht vor.

Innerer Grund für die Anerkennung eines Meniskusschadens als Berufskrankheit ist nämlich, dass besondere berufsbedingte Einwirkungen vorliegen müssen, denen bestimmte Personengruppen durch ihre berufliche Belastung in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Denn nur in einem solchen Falle kann die - erforderliche - Abgrenzung zu auf normalen, anlagebedingten oder auf sonstigen - berufsfremden - Einwirkungen beruhendem Meniskusverschleiß mit der erforderlichen Sicherheit vorgenommen werden. Dies erfordert - wie der Sachverständige Prof. Dr. C im einzelnen ausführt - eine Meniskusgefährdung durch Knien oder Hocken unter Kraftanwendung oder in sonstiger Zwangshaltung oder durch dynamische Überbeanspruchung für einen nicht unwesentlichen Teil der Schicht in bestimmter Regelmäßigkeit, das heißt möglichst zeitlich zusammenhängend über mindestens zwei Jahre. Entgegen der Behauptung des Klägers ist eine solche regelmäßige Beanspruchung der Kniegelenke nicht feststellbar. Für die Annahme einer ausreichenden kniebelastenden Tätigkeit bei Bergleuten unter Tage ist es laut Prof. Dr. C im Regelfalle erforderlich, dass diese wenigstens zwei Jahre in Streben, in denen sie nicht stehen konnten, oder in Streben bzw. Strecken mit Einfällen von mindestens 20 Gon regelmäßig gearbeitet haben, weil erst dann anzunehmen ist, dass sie wenigstens über ein Drittel der Schicht eine kniende bzw. hockende Zwangshaltung eingenommen haben. Zeitlich geringere Belastungen pro Schicht geben, wie der Sachverständige einleuchtend ausgeführt hat, den Menisken wieder und mehr Zeit, sich zu erholen und sind damit weniger oder überhaupt nicht mehr gefährdend. Welchen genauen zeitlichen Anteil der Schicht die kniestrapazierende Tätigkeit einnehmen muß, um als überschwellig gelten zu können, braucht nicht entschieden zu werden. Mit bestenfalls 24 Minuten ist hier die kritische Grenze, die Prof. Dr. C grundsätzlich bei einem Drittel der Schicht annimmt, so deutlich unterschritten, dass eine relevante Gefährdung ausgeschlossen ist. An dieser Beurteilung ändert auch nichts, dass der Kläger die belastende Tätigkeit hier über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre, nämlich für etwa 11 bis 12 Jahre, versehen hatte. Denn eine niedrigere Tagesbelastungsdosis kann bei Bergleuten unter Tage allenfalls dann ausgeglichen werden, wenn die Expositionsdauer bei Bergarbeitern, die ausschließlich in der Strecke und den flach gelagerten Streben arbeiten, mindestens 20 Jahre beträgt (Gutachten Prof. Dr. C Seite 16 f). Auch das ist beim Kläger nicht der Fall.

Dieses Ergebnis wird durch eine weitere Überlegung bestätigt. Wie Prof. Dr. C unter zutreffender Analyse der berufskundlichen Ermittlungen herausgestellt hat, war der Kläger zwar formal als Bergmann eingesetzt. Er war dabei aber nicht mit solchen Arbeiten befaßt oder solchen Arbeitsbedingungen ausgesetzt, die den Verordnungsgeber veranlaßt habe, die Meniskopathie von Bergleuten in den Kreis der Berufskrankheiten aufzunehmen (erstmals durch die 5. BKVO vom 26.07.1952). Seine Tätigkeit entsprach hinsichtlich der Kniebelastung auch nicht der Arbeit etwa eines Ofenmaurers, Fliesen- oder Parkettlegers, eines Rangierarbeiters oder der in einem der anderen Berufe, die den Verordnungsgeber zur Erweiterung des Versicherungsschutzes durch die hier umstrittene BK Nr. 2102 in der Fassung vom 22. März 1988 bewogen haben (vgl. Merkblatt zur BK 2102 und Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2102 Rdnr. 3). Sie ist vielmehr vergleichbar mit der Tätigkeit eines KFZ-Mechanikers oder Motorenschlossers, die nicht zu den genannten "Leitberufen" für die BK gehört, weil sie typischerweise nicht mit einer relevanten Belastung einhergeht. Auch darin ist Prof. Dr. C zuzustimmen.

Fehlt es somit schon am Nachweis geeigneter schädigender Einwirkungen, die generell den Schluss auf eine berufsbedingte Verursachung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zulassen, kommt eine konkrete Kausalitätsprüfung zwischen den nachgewiesenen - geringeren - schädigenden Einwirkungen und dem nachgewiesenem Meniskusschaden nicht mehr in Betracht. Deshalb ist für die Entscheidung ohne Bedeutung, ob zugunsten des Klägers wegen seiner langjährigen Tätigkeit unter Tage ein Anscheinsbeweis in Betracht kommt (vgl. dazu BSG Urteil vom 12. Februar 1998, Az.: B 8 KN 3/96 U R) und ob er alpinen Skisport betrieben hat, der ggf. zu dem bei ihm vorliegenden Meniskusschaden beigetragen haben könnte.

Der Kläger kann sich schließlich für seinen Anspruch auch nicht auf das Gutachten von Prof. T stützen. Dieser Sachverständige meint offenbar, weil keine anderen Ursachen erkennbar seien, müsse der Knieschaden auf die berufliche Belastung zurückgeführt werden. Zu der - logisch vorrangigen - Feststellung, ob die beruflichen Belastungen überhaupt das erforderliche Ausmaß erreicht haben, fehlt es an überzeugenden Ausführungen, warum von einem solchen Sachverhalt ausgegangen werden kann. Seine Meinung, der vom SG im Termin vom 29. November 1995 geäußerten dahingehenden Auffassung sei zuzustimmen, ist durch die eingehenden Ausführungen der Sachverständigen M und Prof. Dr. C widerlegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs. 2 SGG. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil für die Entscheidung die konkreten Umstände des Einzelfalles maßgeblich sind, § 160 Abs. 1 Ziffer 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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