L 18 KN 54/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KN 313/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 KN 54/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.03.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der im Jahre 1964 geborene Kläger nahm 1981 seine Tätigkeit im deutschen Steinkohle-Bergbau auf und war zunächst als Jungbergmann tätig. Später absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung zum Berg- und Maschinenmann und war danach als Hauer im Streckenausbau/Transport, in der Aus- und Vorrichtung, für Erweiterungsarbeiten und in der Gewinnung sowie als Strebhauer und später als Bandwärter, Maschinenhauer, Bandaufseher, Lokomotivfahrer 3 und zuletzt als Transportarbeiter 3 beschäftigt. Seit dem 23.11. 2000 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Er ist zum 31.3.2001 vom Bergbau abgekehrt und seitdem arbeitslos.

Der Kläger beantragte am 21.9.2000 bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte ließ ihn von Dr. T, Sozialmedizinischer Dienst (SMD) Recklinghausen untersuchen. Als Ergebnis seiner Untersuchung stellte Dr. T fest, das Leistungsvermögen des Klägers sei vorrangig durch ein Erschöpfungssyndrom mit Somatisierungsstörungen und ein cervikolumbales Schmerzsyndrom mit Hinweisen auf eine Nervenwurzelreizsymptomatik S 1 links herabgesetzt. Der Kläger könne nur noch körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig verrichten.

Gestützt auf diese arbeitsmedizinischen Feststellungen lehnte die Beklagte eine Rentengewährung mit Bescheid vom 13.3.2001 ab und führte begründend aus, der Kläger sei nicht berufsunfähig, da er u.a. noch die ihm zumutbare Tätigkeit als Lampenwärter verrichten könne. Auch sei er nicht erwerbsunfähig.

Mit seinem Widerspruch erhob der Kläger Einwände gegen das Gutachten von Dr. T und machte im wesentlichen geltend, Befunde über den auftretenden Schwindel und die Bewusstseinsstörungen seien nicht aktenkundig. Sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert, was seine behandelnden Ärzte Dr. T1 (Orthopäde) und Dr. L (Neurologe/Psychiater) bestätigen könnten.

Die Beklagte fragte daraufhin bei Dres. T1 und L an, ob sie der Leistungsbeurteilung in dem Gutachten Dr. T zustimmten. Dr. T1 beantwortete die Anfrage nicht. Dr. L teilte unter dem 17.7.2001 mit, dass er hinsichtlich des vorgelegten Gutachtens keine abweichende Meinung vertrete. Er habe bei dem Kläger ein HWS- und LWS-Syndrom diagnostiziert. Eine psychogene Überlagerung sei zweifelsfrei vorhanden und werde in dem Gutachten auch berücksichtigt.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2001 zurück.

Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht hat der Kläger sein Rentenbegehren weiter verfolgt und zur Begründung auf das Attest seines Hausarztes X vom 4.3.2002 verwiesen. Der Arzt hat darin ein Erschöpfungssyndrom, Synkopen unklarer Genese, einen psychosomatischen Beschwerdekomplex, einen depressiven Verstimmungszustand und ein HWS-/ LWS-Syndrom mitgeteilt. Im Vordergrund des Beschwerdebildes stünden Klagen über Schmerzen im Bereich der HWS und LWS. Der Kläger hat das Attest vom 4.3.2002 zu den Gerichtsakten gereicht. Auf den weitergehenden Inhalt des Attestes wird Bezug genommen.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben und zunächst Befundberichte von Dr. N, Arzt für Neurologie und Psychiatrie und des Allgemeinmediziners X eingeholt. Dr. N hat eine einmalige Behandlung des Klägers und die Diagnosen eines Cervical-Cephal-Syndroms und Somatisierungsstörungen mitgeteilt. Herr X hat in seinem Bericht die bereits bekannten Diagnosen und eine zunehmende depressive Entwicklung mitgeteilt. Die Veränderungen des Gesundheitszustandes seien Mitte 2001 eingetreten.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.3.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2001 zu verurteilen, bei ihm ab 21.9.2000 einen Zustand von Erwerbsunfähigkeit anzunehmen und ihm Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 28.3.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und begründend ausgeführt, der Kläger sei bis zum Zeitpunkt seiner Abkehr vom Bergbau am 31.3.2001 auf die Tätigkeit des Lampenwärters verweisbar.

Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung erhoben. Begründend trägt er vor, er sei erwerbsunfähig. Eine entsprechende ärztliche Bescheinigung habe er bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Gelsenkirchen vom 28.3.2003 zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Der Senat hat den Arzt für Neurologie und Psychiatrie U T2 antragsgemäß mit einer Begutachtung des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 27.8.2003 neben dem bekannten Wirbelsäulenleiden eine rezidivierende depressive Störung, derzeitig schwere depressive Episode mit präpsychotischen Symptomen und eine histrionische Persönlichkeitsakzentuierung mit konversionsneurotischem Ausdrucksverhalten diagnostiziert. Der Kläger sei aufgrund des schweren psychiatrischen Krankheitsbildes derzeitig nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Es bestehe ein aufgehobenes Leistungsvermögen. Eine Arbeitsaufnahme würde zu einer psychischen Dekompensation führen. Dieser Zustand bestehe seit Rentenantragstellung im September 2000.

Die Beklagte hat Einwände gegen das Sachverständigengutachten von Herrn T2 erhoben und insbesondere geltend gemacht, die gutachterliche Beurteilung stütze sich nahezu vollständig auf die anamnestischen Angaben und Darstellungen des Klägers. Der behandelnde Nervenarzt Dr. L habe in seinem Bericht vom 17.7.2001 derartige Auffälligkeiten nicht mitgeteilt und dem Gutachten von Dr. T zugestimmt.

Anschließend hat der Senat Dr. L1, türkischsprechender Arzt für Neurologie und Psychiatrie aus H mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 10.03.2004 bei dem Kläger Somatisierungsstörungen und dissoziative Störungen bei einer gemischten Persönlichkeitsstörung gesehen. Im Vergleich zur Vorbegutachtung von Herrn T2 könne er keine psychopathologischen Symptome feststellen, die die Annahme einer rezidivierenden depressiven Störung rechtfertigen könnten. Der Kläger sei in der Lage, körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig zu verrichten.

Der Senat hat den Kläger darauf hingewiesen, dass für ihn zur Abwendung von Berufsunfähigkeit eine Verweisung auf die Tätigkeit des Lampenwärters in Betracht kommt. Den Beteiligten sind berufskundliche Unterlagen zu der Tätigkeit übersandt worden.

Abschließend hat der Senat ein augenärztliches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. L2, Chefarzt der Augenklinik des St. K Hospitals E, eingeholt. Der Sachverständige hat dem Kläger eine Sehminderung rechts, eine Hornhautnarbe rechts, Schielstellung des rechten Auges, eingeschränktes Stereosehen und beginnende Linsentrübung rechts bestätigt. Aufgrund der Sehminderung auf dem rechten Auge sei der Kläger kaum im Erwerbsleben eingeschränkt, da er seit Kindheit an ein einäugiges Leben und Arbeiten gewöhnt sei. Nur Arbeiten, die ein hohes Maß an beidäugiges Sehen erforderten sowie Arbeiten auf Leitern, Gerüsten oder an laufenden Maschinen sollten nicht ausgeführt werden. Aus augenärztlicher Sicht sei der Kläger in der Lage, die Tätigkeit des Lampenwärters vollschichtig zu verrichten.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13.3.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2001 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, denn er ist nicht erwerbsunfähig. Es liegt insoweit nicht einmal der Leistungsfall der Berufsunfähigkeit vor, der im Vergleich zur Erwerbsunfähigkeit eine geringere Einschränkung der Leistungsfähigkeit voraussetzt.

Rechtsgrundlage für die Beurteilung des streitigen Rentenanspruchs sind die Bestimmungen der §§ 43, 44 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs -Gesetzliche Rentenversicherung- (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.), denn die Beteiligten streiten über einen vor dem 1.1.2001 entstandenen Anspruch auf eine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit (§ 300 Abs. 2 in Verbindung mit § 302 b Abs. 1 SGB VI in der ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung -BGBl I, 1827-).

Der Kläger war bis zum 31.12.2000 nicht berufsunfähig.

Nach der Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Ausgangspunkt ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit der bisherige Beruf des Versicherten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist "bisheriger Beruf" im Regelfall die zuletzt nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit (BSG Urteil vom 11.9.1980 -1 RJ 94/97- in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 66 m.w.N.). Kann der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden, hängt der Rentenanspruch davon ab, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die dem Versicherten sozial zumutbar ist und von ihm gesundheitlich wie fachlich noch bewältigt werden kann. Dabei richtet sich die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (BSG Urteil vom 22.10.1996 -13 RJ 35/96- in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55 und vom 18.2.1998 -B 5 RJ 34/97 R- in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61). Die nach diesem Schema vorzunehmende Einordnung sowohl des bisherigen Berufs als auch der zumutbaren Verweisungstätigkeiten erfolgt zum einen nach der Dauer der absolvierten Ausbildung und zum anderen nach der Qualität der verrichteten Arbeiten. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Davon ausgehend darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf grundsätzlich auf die nächstniedrige Gruppe verwiesen werden (BSG Urteil vom 25.7.2001 -B 8 KN 14/00 R- m.w.N., vgl auch BSG Urteil vom 17.6.1993 -13 RJ 33/92- in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 33).

Bisheriger Beruf des Klägers ist der des Transportarbeiters 3 unter Tage nach Lohngruppe 9 der Lohnordnung für den Rheinisch-Westfälischen Steinkohlebergbau. Unter Berücksichtigung der vom Kläger erfolgreich absolvierten Ausbildung zum Berg- und Maschinenmann, seiner langjährigen Tätigkeit als Hauer an unterschiedlichen Betriebspunkten (im Streckenausbau/Transport, in der Aus- und Vorrichtung, für Erweiterungsarbeiten, als Strebhauer und Maschinenhauer) mit entsprechender Facharbeiterentlohnung nach den Lohngruppen 9 bis 11 sowie der Tatsache, dass er im Rahmen seiner zuletzt verrichteten

Tätigkeit als Transportarbeiter nach Lohngruppe 9 ebenfalls als Facharbeiter entlohnt worden ist, ist er der Gruppe mit dem Leitbild des Facharbeiters zu zuordnen. Aufgrund seiner bergmännischen Ausbildung und seines Werdegangs verfügt er über Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihn befähigen, bergmännische Facharbeiten (Hauerarbeiten) in voller Bandbreite zu erbringen. Dass der Kläger Facharbeiterschutz genießt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Seinen bisherigen Beruf als Transportarbeiter 3 unter Tage kann der Kläger -jedenfalls seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 23.11.2000- wegen der im Tatbestand näher ausgeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr ausüben. Auch das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Das Unvermögen des Klägers zur weiteren Ausübung seines bisherigen Berufs ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Berufsunfähigkeit im Sinne des Gesetzes, denn er konnte bis zu seiner Abkehr vom deutschen Steinkohlebergbau am 31.3.2001 auf die ihm sozial und gesundheitlich zumutbare Tätigkeit des Lampenwärters über Tage verwiesen werden.

Der Kläger genießt Facharbeiterschutz und darf nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die eine betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern (Berufsgruppe mit dem Leitbild des angelernten Arbeiters). Darüber hinaus müssen sich Facharbeiter auch auf solche ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen, die sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten herausheben und wegen ihrer besonderen Qualität wie sonstige Ausbildungsberufe tariflich eingestuft sind (BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 17, 29, 34). Ein solcher beruflicher Abstieg ist dem Kläger sozial zumutbar.

Die Tätigkeit des Lampenwärters erfüllt die genannten Kriterien. Sie ist nach dem vorbezeichneten Tarifvertrag in die Lohngruppe 6 (über Tage) eingestuft, die beispielsweise auch angelernte Handwerker erfasst. Der sachliche Grund für ihren tariflichen Rang liegt darin, dass die regelmäßige Wartung des Geleuchts und der Atemschutzgeräte der Sicherheit des Untertage-Bergbaus dient und deshalb von gehobener betrieblicher Wichtigkeit ist. Sie ist damit nicht aus Gründen besonderer Arbeitserschwernisse und /oder aus sozialen Gründen einer Anlerntätigkeit tariflich gleichwertig behandelt. Sie hebt sich aus dem Kreis der an sich ungelernten Tätigkeiten (vgl. dazu BSG Urteil vom 31.1.1974 -5 RKn 31/72 zur alten Lohnordnung) nach der neuen, ab 1.6.1971 geltenden Lohnordnung heraus mit der Folge der Einstufung in die Lohngruppe 6.

Der Lampenwärter hat die Aufgabe, die Kopf- und Spezialleuchten auszugeben (auf manchen Zechen nehmen die Bergleute sie vor der Einfahrt selbst aus den Regalen), die Lampen zu warten und in Stand zu setzen, CH 4-Handmessgeräte zu reinigen und Batterien auszuwechseln bzw. ggf. zu laden. Er kann diese Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichten. Das ergibt sich aus den den Beteiligten zur Kenntnis gegebenen berufskundlichen Unterlagen, insbesondere den Bekundungen der Lampenmeister H, P, X1 und L3 in dem Verfahren L 18 KN 7/93 (LSG NRW) (Sitzungsniederschriften vom 7.6.1994).

Vor dem Hintergrund, dass die auf der Lampenstube anfallenden Arbeiten körperlich leichter Art sind und keine über das durchschnittliche Maß hinausgehenden Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit und Verantwortung abverlangt werden, ist die Tätigkeit des Lampenwärters dem Kläger auch gesundheitlich zumutbar. Die Somatisierungsstörungen und das cervikolumbale Schmerzsyndrom beschränken die Leistungsfähigkeit des Klägers auf körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten. Anhaltspunkte für eine relevante Einschränkung des geistig-psychischen Leistungsvermögens liegen nicht vor: Die kognitiven Leistungen des Klägers sind ungestört und er verfügt über die erforderliche Umstellungsfähigkeit für die Einarbeitung in einen neuen beruflichen Aufgabenbereich. Auch die Sehschwäche des rechten Auges steht der Ausübung der Tätigkeit als Lampenwärter nicht entgegen, denn der Kläger ist seit Kindheit an ein einäugiges Leben und Arbeiten gewöhnt. Der Senat folgt insoweit im wesentlichen den diagnostischen Feststellungen der behandelnden Ärzte des Klägers X, Dres. L und N und dem Ergebnis der Sachverständigengutachten von Dr. L1 und Prof. Dr. L2. Anlass, insbesondere an der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung der Sachverständigen Dr. L1 und Prof. Dr. L2 zu zweifeln, bestand für den Senat nicht. Auch hat der Kläger keine konkreten Einwände gegen die Sachverständigengutachten erhoben.

Dagegen vermochte das Gutachten des nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen T2 nicht zu überzeugen. Soweit der Sachverständige dem Kläger ein aufgehobenes Leistungsvermögen aufgrund eines schweren psychiatrischen Krankheitsbildes in Form einer rezidivierenden depressiven Störung mit schwerer depressiver Episode bestätigt hat, steht dem nicht nur die Feststellung des Sachverständigen Dr. L1 entgegen, dass es für die Annahme einer depressiven Störung bei dem Kläger an psychopathologischen Symptomen fehlt. Auch den Berichten der behandelnden Nervenärzte Dr. L vom 17.7.2001 und Dr. N vom 1.8.2002 sind keine Anhaltspunkte für eine schwerwiegende, leistungsmindernde psychiatrische Erkrankung des Klägers zu entnehmen. Dr. N hat -in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. L1- von Somatisierungsstörungen berichtet und Dr. L hat dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. T und der dort vertretenen vollschichtigen Einsatzfähigkeit des Klägers ausdrücklich zugestimmt. Dem Attest des Hausarztes X vom 4.3.2002 sind zwar die Diagnosen eines psychosomatischen Beschwerdekomplexes und eines depressiven Verstimmungszustandes, aber keine gravierende psychiatrische Erkrankung, die ein aufgehobenes Leistungsvermögen begründen könnte, zu entnehmen. Soweit X in seinem Befundbericht vom 12.8.2002 auf die Frage nach eingetretenen Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers mitgeteilt hat, eine zunehmende depressive Entwicklung bei dem Kläger beobachtet zu haben, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn X teilt gleichzeitig mit, dass die Veränderungen Mitte 2001 eingetreten sind. Für den hier streiterheblichen Zeitraum bis zum 31.12.2000 bleiben diese Ausführungen -ungeachtet dessen, ob sie zutreffend sind- ohne Relevanz.

Soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, die Arbeitgeberin des Klägers habe diesem gegenüber bereits im Jahr 2000 die Kündigung zum 31.3.2001 ausgesprochen, weil sie ihm keinen leidensgerechten Arbeitsplatz habe anbieten können und eine betriebsübergreifende Vergabe von leichten Tätigkeiten wie der des Lampenwärters erfolge nicht, scheitert eine Verweisung auf die Tätigkeit des Lampenwärters nicht etwa aus arbeitsmarktbedingten Gründen. Ausgehend von dem seit dem Einstellungsstop im Jahre 1983 bestehenden "geschlossenen Arbeitsmarkt" innerhalb des Bergbaus war dem Kläger dieser Arbeitsmarkt bis zu seiner Abkehr vom Bergbau am 31.03.2001 nicht verschlossen. Solange das Beschäftigungsverhältnis bei der DSK AG noch bestand, hatte er als "Noch-Belegschaftsangehöriger" eine reale, wenn auch möglicherweise schlechte Chance auf eine entsprechende leichte Beschäftigung (vgl. Auskunft der RAG vom 25.7.1994), zumal Stellen wie die des Lampenwärters wegen des seit 1983 im Steinkohlebergbau bestehenden Einstellungsstops den Bewerbern vorbehalten sind, die (noch) dem Bergbau angehören. Aus der Auskunft der DSK AG vom 14.10.1994 ergibt sich, dass betriebsübergreifende Umsetzungen von einem Bergwerk zum anderen nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind. Anhaltspunkte dafür, dass sich an dieser Praxis etwas geändert hätte, sind dem Senat nicht bekannt. Darüber hinaus ist es rentenrechtlich unerheblich, ob die Arbeitsplätze, an denen qualitativ gleichwertige Vergleichsberufe (sog. Verweisungsberufe) ausgeübt werden, frei oder besetzt sind (BSG Urteil vom 29.4.1997 -8 RKn 19/96-). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass der ehemalige Arbeitgeber dem Kläger einen solchen Arbeitsplatz nicht hat bieten können. Es bestand daher für den Kläger bis zur seiner Abkehr eine -wenn auch schlechte- Chance, in dem Beruf des Lampenwärters erwerbswirtschaftlich tätig zu sein (so der Senat bereits in seinen Urteilen vom 25.11.2003 -L 18 KN 55/03- und 20.4.2004 -L 18 KN 99/03-).

Da bei dem Kläger bis zum 31.12.2000 der Leistungsfall der Berufsunfähigkeit nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. nicht eingetreten ist, ist er erst recht nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI a.F., denn der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit setzt das Vorliegen von Berufsunfähigkeit voraus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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