L 19 B 7/05 SO ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 21 SO 67/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 7/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.02.2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der Kosten für die Verlegung eines Teppichbodens. Die 1968 geborene, schwerbehinderte und auf einen Rollstuhl angewiesene Antragstellerin wohnt allein in einer 1994 angemieteten Wohnung. Sie verfügte nach dem Stand von Juni 2004 über ein Einkommen von 968,09 Euro (Erwerbsunfähigkeitsrente 773,79 Euro, Unfallrente 179,30 Euro, Wohngeld 24,- Euro) und erhielt Hilfe zur Pflege nach den damaligen Bestimmungen des BSHG.

Mit Schreiben vom 25.06.2004 beantragte die Antragstellerin die Übernahme von Renovierungskosten für die Wohnung (Streichen der Wände, Streichen der Holztüren, Türen, Türrahmen sowie sonstige übliche Renovierungsarbeiten einer Mietwohnung). Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28.06.2004 ab, weil das Gesamteinkommen der Klägerin den ermittelten Bedarf von 893,43 Euro um 74,66 Euro überschreite. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und mit Schreiben vom 21. September 2004 Kostenvorschläge über allgemeine Renovierungskosten von 2068,03 Euro sowie den Austausch des Teppichbodens über 1845,10 Euro vor. Sie wies darauf hin, dass sie wegen der Übernahme der Renovierungskosten einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Köln gestellt habe ( 5 L 2589/04 VG Köln).

Die Antragsgegnerin sah den Antrag auf Erneuerung des Teppichbodens als erstmals mit Schreiben vom 21.09.2004 gestellt an und ermittelte durch den Außendienst, dass in der Wohnung der Antragstellerin im Erdgeschoss in Wohnzimmer, Diele und Schlafzimmer über einem vollflächig verlegten neuwertigen PVC-Belag stark verschmutzter Teppichboden verlegt war.

Mit Bescheid vom 13.10.2004 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Erneuerung des Teppichbodens mit der Begründung ab, die Ausstattung einer Wohnung mit Teppichboden gehöre grundsätzlich nicht zum notwendigen Lebensunterhalt. Der PVC-Bodenbelag genüge.

Hiergegen legte die Antragstellerin im Oktober 2004 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Mit Antrag vom 16. Februar 2005 beim Sozialgericht hat die Antragstellerin die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Kosten für die Erneuerung des Teppichbodens begehrt.

Die Antragsgegnerin hat die Auskunft eines für die Beratungsstelle für Wohnraumanpassung "Wohn-Mobil" L tätigen Architekten eingeholt, wonach generell von der Verlegung von Teppichböden in rollstuhlgenutzten Wohnungen abgeraten werde. Es gebe Teppichböden, die den technischen Anforderungen entsprechen, die Verlegung eines Teppichbodens zum Schutz eines darunter liegenden PVC-Bodens sei nicht notwendig, durch das Verkleben eines Teppichbodens aus PVC werde der PVC-Belag eher erheblich beschädigt, der Teppichboden müsse chemisch behandelt und gereinigt werden.

Mit Beschluss vom 18.02.2005 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, weil ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht sei. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.

Gegen den am, 23.03.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom gleichen Tag, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 24.03.2005).

Die Antragstellerin gibt an, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren betreffend die übrigen Renovierungskosten habe die Antragsgegnerin sich verpflichtet, Renovierungskosten zu übernehmen. Die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme auch der Kosten für die Erneuerung des Teppichs ergebe sich aus dem Gesundheitszustand der Antrag-stellerin, dem Alter des Teppichbodens und einer als unzumutbar anzusehenden zu erwartenden Dauer für die Durchsetzung des Anspruchs im Hauptsacheverfahren.

Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten einschließlich der beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Antragstellerin begehrt die Vorwegnahme der Hauptsache durch eine Regelanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), die in der Regel nicht zulässig ist. Eine Ausnahme hiervon besteht nur dann, wenn effektiver Rechtsschutz sonst nicht möglich und ein Abwarten für den Antragsteller unzumutbar wäre (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 86b Rdnr. 31 m.w.N.). Eine Vorwegnahme der Hauptsache kommt dann in Betracht, wenn der Leistungsberechtigte eine existentielle Notlage glaubhaft macht, die ein sofortiges Handeln erfordert z.B., wenn die Führung eines menschenwürdigen Lebens in Frage steht (Grieger, vorläufiger Rechtsschutz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, ZfSH/SGB 2004, 579 f., 584 m.w.N.).

Das Vorliegen eines solch dringlichen Anordnungsgrundes war zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts nicht glaubhaft gemacht und ist es auch weiterhin nicht. Der Senat nimmt entsprechend § 153 Abs. 2 SGG auf die Begründung des Sozialgerichts Bezug und weist ergänzend darauf hin, dass die von der Beklagten eingeholte Auskunft des Architekten P Gesichspunkte aufzeigt, die eine sorgfältige und jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht mögliche Auseinander-setzung mit der Frage nahelegen, ob die Verlegung eines Teppichbodens auf einem bereits vorhandenen PVC-Boden überhaupt zweckmäßig wäre.

Im Hinblick auf die bislang allein auf die Rechtslage nach dem BSHG bezogene Auseinandersetzung der Beteiligten wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen der hier alleine möglichen summarischen Prüfung auch die Anspruchsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin zweifelhaft ist (fehlender Anordnungsanspruch). Für die bis Ende des Jahres 2004 zugrundeliegende Rechtslage nach dem BSHG kann nach der Rechtsprechung der seinerzeit zuständigen Verwaltungsgerichte davon ausgegangen werden, dass die Ausstattung einer Wohnung mit Teppichboden in der Regel nicht zum notwendigen Le-bensunterhalt gehörte (u.a., OVG NW, Beschluss vom 30.03.2000, 22 E 500/99, im Juris; OVG NW, Urteil vom 03.07.1991, 8 A 1297/89, FEFS 42, 119 f. = ZfSH/SGB 1991, 593; zu möglichen Ausnahmefällen bei Kindern im Krabbelalter, Fußbodenkälte und drohender Gesundheitsschädigung LPK-BSHG, 6. Auflage, § 21 Rdnr. 49 m.w.N.).

Seit dem 01.01.2005 und damit für die gesamte Dauer dieses Verfahrens nennt das nun anwendbare Recht des SGB XII (Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe -), in § 31 ("Einmalige Bedarfe") lediglich Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung (§ 31 Abs. 1 Nr. 1). Ob einmalige Bedarfe für die Instandhaltung der Wohnung zu Leistungen nach § 29 Abs. 1 Satz 1 führen können, ist zweifelhaft (Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 31 Rdnr. 13 sowie die Literaturhinweise zu § 31), bedarf hier jedoch keiner Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG entsprechend und trägt dem Misserfolg von Antrag und Beschwerde Rechnung.

Nach § 177 SGG ist eine Beschwerde gegen diesen Beschluss zum Bundessozialgericht nicht möglich.
Rechtskraft
Aus
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