L 5 KR 140/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 90/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 140/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 59/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 06.07.2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Berechnung des Krankengeldes.

Die am 00.00.1960 geborene und bei der Beklagten aufgrund einer Beschäftigung als Angestellte einer Sparkasse pflichtversicherte Klägerin vereinbarte mit ihrem Arbeitgeber unter dem 21.08.1997 eine Teilzeitbeschäftigung für den Zeitraum vom 01.09.1997 bis 31.08.2002. Ab 03.04.2002 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig; der Arbeitgeber gewährte Entgeltfortzahlung bis zum 01.10.2002. Die Beklagte bewilligte der Klägerin Krankengeld ab 02.10.2002 in Höhe von kalendertäglich 38,64 Euro brutto, wobei sie der Krankengeldberechnung das während der Teilzeitbeschäftigung erzielte Entgelt des Monats März 2002 zugrunde legte (Bescheid vom 02.10.2002). Mit Schreiben vom 05.11.2002 wandte sich die Klägerin an die Beklagte, wies darauf hin, dass sie seit dem 01.09.2002 wieder vollzeitbeschäftigt sei und begehrte die Berechnung des Krankengeldes unter Zugrundelegung des entsprechenden Monatsentgelts. Dies lehnte die Beklagte durch den weiteren Bescheid vom 29.11.2002 ab: Der Berechnung des Krankengeldes sei das im letzten Zeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechnete Arbeitsentgelt zugrundezulegen. Wesentliche Änderungen des Arbeitsverhältnisses seien nur dann zu berücksichtigen, wenn sie vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit wirksam geworden seien. Deshalb habe sie zu Recht das Entgelt des Monats März 2002 zugrundegelegt.

Den dagegen am 12.12.2002 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 20.03.2003 zurück.

Die Klägerin hat am 22.04.2003 Klage vor dem Sozialgericht Detmold erhoben.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das Krankengeld müsse unter Berücksichtigung des aufgrund der Vollzeitbeschäftigung erzielten Arbeitsentgeltes berechnet werden, weil die Teilzeitbeschäftigung von vornherein nur befristet vereinbart gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 02.10.2002 und 13.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2003 zu verurteilen, für die Zeit vom 02.10.2002 bis 13.03.2003 Krankengeld unter Berücksichtigung einer Vollzeitbeschäftigung zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, dass sie zu Recht das Entgelt des Monats März 2002, des letzten abgerechneten Entgeltzahlungszeitraums vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, zugrundegelegt habe.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 06.07.2004 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (SozR 3-2200 § 182 RVO Nr. 92) abgewiesen.

Gegen den ihr am 12.07.2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12.08.2004 Berufung eingelegt.

Zur Begründung bringt sie vor, der Zweck des Krankengeldes, nämlich die Gewährung von Lohnersatz würde verfehlt, wenn das Krankengeld nach der Teilzeitbeschäftigung berechnet werde; außerdem werde ihr Grundrecht aus Art. 6 des Grundgesetzes verletzt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 06.07.2004 zu ändern und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 02.10.2002 und 29.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2003 zu verurteilen, für die Zeit vom 02.10.2002 bis 13.03.2003 Krankengeld nach dem Entgelt einer Vollzeitbeschäftigung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 02.10.2002 und 29.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2003 sind rechtmäßig. Die Beklagte hat das Krankengeld der Klägerin zutreffend unter Zugrundelegung des während der Teilzeitbeschäftigung im März 2002 erzielten Arbeitsentgelts berechnet.

Die Berechnung des der Klägerin ab 02.10.2002 gemäß § 44 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) - unstreitig - zustehenden Krankengeldes richtet sich nach § 47 SGB V. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift beträgt das Krankengeld 70 v.H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Die Berechnung des Regelentgelts richtet sich nach § 47 Abs. 2 SGB V: Satz 1 dieser Vorschrift ordnet an, dass für die Berechnung des Regelentgelts das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen ist, für die es gezahlt wurde. Abs. 3 bestimmt, dass in dem Fall, dass das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen ist, der 30. Teil des im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat erzielten und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderten Arbeitsentgelts als Regelentgelt gilt.

Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes darf für die Krankengeldberechnung nur ein Lohnabrechnungszeitraum herangezogen werden, der vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgelaufen und abgerechnet ist (vgl. BSG SozR 2200 § 182 Nr. 99 m.w.N.). Abgelaufen ist der Lohnabrechnungszeitraum bzw. der Kalendermonat dann, wenn er vollständig verstrichen ist, denn der Bemessung des Regellohnes soll nur "erzieltes", das heißt durch Arbeitsleistung bereits verdientes Arbeitsentgelt zugrundegelegt werden. Mit diesem Rückgriff auf eine vor der Arbeitsunfähigkeit abgelaufene und abgerechnete Lohnperiode soll einerseits das Arbeitsentgelt nach seinem letzten aktuellen Stand ersetzt werden, mithin das Krankengeld allen Veränderungen in den Lohnverhältnissen so dicht wie möglich folgen. Andererseits ist der Grundsatz der Aktualität des Regellohnes zugunsten der Praktikabilität seiner Feststellung modifiziert worden: Maßgebend für die Berechnung des Krankengeldes ist nicht der letzte, sondern ein zeitlich zurückliegender, häufig der vorletzte, dafür aber ein abgerechneter Verdienst (vgl. BSG SozR 3-2200 § 182 Nr. 8).

Etwas anderes kann die Klägerin auch nicht aus der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes ableiten. Auch wenn das Gesetz von dem entgangenen Entgelt spricht, das durch das Krankengeld ersetzt werden soll, so wird doch durch die in diesem Satz enthaltene Definition des Regellohnes sowie durch die Verweisung auf seine Berechnung nach Abs. 2 klargestellt, dass damit nicht der dem Arbeitsunfähigen im Einzelfall tatsächlich entgangene Verdienst gemeint ist, sondern dasjenige Entgelt, das er in einer zurückliegenden Lohnperiode innerhalb des Bemessungszeitraumes vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit verdient hat. Denn dieses Entgelt gilt kraft gesetzlicher Fiktion als dasjenige Entgelt, das der Versicherte unter normalen Verhältnissen während der Arbeitsunfähigkeit verdient hätte, das ihm also in diesem Sinne durch die Arbeitsun-fähigkeit entgangen ist (BSG a.a.O. m.w.N.). Mit dieser Methode hat der Gesetzgeber der Berechnung des Krankengeldes die sog. Bezugs- bzw. Referenzmethode zugrundegelegt, die - im Gegensatz zum Lohnausfallprinzip - unberücksichtigt lässt, wie sich die Lohnverhältnisse außerhalb des Bezugs bzw. des Bemessungszeitraums, insbesondere nach Eintritt des Leistungsfalles, entwickeln.

Auch der Umstand, dass im vorliegenden Fall eine Umgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit bereits feststand bzw. vor ihrem Eintritt bereits wirksam geworden war, rechtfertigt kein anderes Ergebnis (vgl. dazu BSG a.a.O.).

Für eine Verletzung von Art. 6 des Grundgesetzes vermag der Senat angesichts dieser keinerlei Bezug zum Familienstand der Klägerin aufweisenden gesetzlichen Vorschriften einen Anhaltspunkt nicht zu erblicken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Rechtskraft
Aus
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