L 12 AL 264/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AL 311/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 264/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.09.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist die Förderung der Teilnahme des Klägers an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme zum Verkehrsflugzeugführer.

Der am 00.00.1950 geborene Kläger ist von Beruf Diplom-Ingenieur für Nachrichtentechnik. Er arbeitete von 1976 bis 1992 bei verschiedenen Unternehmen im Bereich des Vertriebes für Nachrichten- und datentechnische Produkte. Zuletzt war er Vertriebsleiter. Seit 1992 ist er arbeitslos und bezieht seit längerem Arbeitslosenhilfe. Seit 1993 beantragte er bei der Beklagten wiederholt die Förderung von Bildungsmaßnahmen zum Erwerb spezieller Fluglizenzen. Die Beklagte lehnte diese Anträge in der Vergangenheit ab. Die dagegen erhobenen Klagen blieben erfolglos. Mit Urteil vom 28.08.2003 (L 12 AL 27/03) entschied der erkennende Senat, dass die Ablehnung der Ausbildung zum Berufspiloten zu Recht erfolgt sei, da diese nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Falle des Klägers nicht zweckmäßig sei. Mit Urteil vom 13.05.2004 bestätigte der 9. Senat des erkennenden Gerichtes (L 9 AL 52/04), dass auch die Ablehnung der Ausbildung zum Berufshubschrauberpiloten wegen arbeitsmarktlicher Unzweckmäßigkeit rechtmäßig war.

Am 23.04.2004 beantragte der Kläger erneut die Förderung der beruflichen Weiterbildung zum Verkehrsflugzeugführer ATPL (= Verkehrsflugzeugführerlizenz) oder CHPL (Berufshubschrauberpilotenlizenz). Mit Bescheid vom 07.05.2004, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 08.07.2004, lehnte die Beklagte den Antrag erneut ab, da das angestrebte Bildungsziel eine berufliche Eingliederung nicht erwarten lasse. Nach Auskunft der Fachvermittlungsstelle für Luftverkehrsberufe bei der Agentur für Arbeit in G bestünden nach Abschluss der entsprechenden Fortbildung keine Integrationsangebote. Die Beklagte nahm Bezug auf die zitierten Urteile des LSG vom 27.08.2003 (L 12 AL 27/03) und vom 13.05.2004 (L 9 AL 52/04).

Hiergegen hat der Kläger am 06.08.2004 Klage beim Sozialgericht in Düsseldorf erhoben. Er hat vorgetragen, dass es entgegen der Auffassung der Beklagten Vermittlungschancen für ihn nach Abschluss des Lehrganges gebe. Die Beklagte kenne den entsprechenden Arbeitsmarkt nicht.

Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2004 zu verurteilen, seine Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme zum Verkehrsflugzeugführer ATPL oder CHPL zu fördern.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.09.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.

Gegen dieses ihm am 24.09.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.10.2004 eingegangene Berufung des Klägers. Er trägt vor, die arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeit seiner Ausbildung sei bereits im Jahr 1993 und danach auch nochmal im Jahr 1997 von Herrn M vom Fachvermittlungsdienst des Arbeitsamtes in G bestätigt worden. Dieser habe ausgeführt, dass die zu fördernde Maßnahme mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit oder gar mit Sicherheit erwarten lasse, dass die Arbeitslosigkeit des Klägers beseitigt werde. Die vom lokalen Arbeitsamt stereotyp getroffene negative Prognoseentscheidung sei damit als falsch zu beanstanden. Die sachlich falsche Prognose der Beklagten sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen und halte auch einer Überprüfung nicht stand. Korrektermaßen müsse man davon ausgehen, dass die Maßnahme zu fördern sei im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.09.2004 abzuändern und nach seinem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte sowie der Vorstreitakte des Sozialgerichts Düsseldorf S 13 AL 327/04 Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Förderungsanspruch nach § 77 SGB III in der ab 01.01.2003 gültigen Fassung, weil die beantragte Förderung nicht notwendig ist, um die Arbeitslosigkeit des Klägers abzuwenden.

Gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn die Weiterbildung unter anderem deshalb notwendig ist, um den Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern. Arbeitslosigkeit allein begründet nicht die Notwendigkeit der Weiterbildung. Das angestrebte Bildungsziel muss vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit eine berufliche Eingliederung erwarten lassen. Dabei müssen Anhaltspunkte für einen nennenswerten Bedarf entsprechend qualifizierter Arbeitnehmer nach Abschluss der Weiterbildung vorliegen. Für die vom Kläger angestrebte berufliche Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer wird eine bedeutende Arbeitskräftenachfrage nach erfolgreichem Abschluss der angestrebten Weiterbildung nicht prognostiziert. Die Fachvermittlungsstelle für Luftverkehrsberufe bei der Agentur für Arbeit in G hat in ihrer Stellungnahme vom 29.04.2004 – eingeholt in dem Rechtsstreit L 9 AL 52/04 - ausgeführt, dass die Ausführungen im Runderlass vom 15.07.1999 zur Arbeitsmarktsituation im Bereich der Luftverkehrsberufe nach wie vor Gültigkeit beanspruchen können. Auch Maßnahmen zur Heranbildung von Berufshubschrauberführern bzw. Förderung dieser Lizenz (CHPL) seien – unabhängig vom konkreten Fall – arbeitsmarktlich nicht zweckmäßig. So seien Ende 2003 etwa 24 Berufs- oder Verkehrshubschrauberführer als arbeitssuchend registriert, wobei gleichzeitig nur 2 offene Stellen für Helikopterführer vorhanden gewesen seien. Nur bei großer fliegerischer Erfahrung und Zusatzqualifikation im Bereich der Luftverkehrsberufe hätten vereinzelt auch ältere Bewerber Beschäftigung gefunden. Die Aussichten eines 54-jährigen Lizenzinhabers ohne Flugerfahrung und zusätzliche fliegerische Qualifikationen, einen Pilotenarbeitsplatz zu erlangen, seien quasi als nicht existent anzusehen. Ende 2003 seien ca. 270 Berufspiloten arbeitssuchend gemeldet gewesen. Demgegenüber seien 50 bis 60 freie Stellen teils offiziell gemeldet, teils durch persönliche Kontaktaufnahme mit den Arbeitgebern bekannt. Diese vom 9. Senat eingeholte Auskunft hält der Senat auch heute noch für aktuell, zumal der Kläger inzwischen 55 Jahre alt ist und sich die Aussichten eher verschlechtern als verbessert haben dürften. Bei Beendigung der Ausbildung wäre er 57 Jahre alt und damit in einem Alter, in dem viele Unternehmen ihre Piloten schon längst in den Ruhestand entlassen hätten und in dem nach den Erfahrungen des Fachvermittlungsdienstes in G eine Vermittlung in eine neue Arbeitsstelle praktisch ausgeschlossen ist. Angesichts der aufgezeigten Zahlen des Arbeitsmarktes und des Alters des Klägers hält der Senat die angefochtene Entscheidung jedenfalls für vertretbar und damit nicht für ermessensfehlerhaft. Eine Ermessensreduzierung auf Null vermag der Senat im Gegensatz zu der Auffassung des Klägers nicht zu erkennen. Danach konnten Klage und Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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