L 4 RA 42/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 22 RA 133/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RA 42/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.06.2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 01.02.1973 bis 24.11.1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technische Intelligenz (AVItech) festzustellen.

Der am 00.00.1945 geborenen Klägerin wurde im Februar 1973 in der damaligen DDR nach erfolgreichem Studium an der Ingenieurschule für Chemie C das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Ingenieur der Fachrichtung Technologie der anorganischen und organischen Chemie zu führen. Die Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung Berlin erkannte der Klägerin im Dezember 1993 die Berechtigung zur Führung des Grades "Diplom-Ingenieur (FH)" zu. Vom 01.02.1973 bis 24.11.1989 war die Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin im VEB T beschäftigt. Aufgrund ihrer Beschäftigung war sie in der gesetzlichen Sozialpflichtversicherung versichert. Nach ihren Angaben zahlte sie vom 01.04.1978 bis 24.11.1989 Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR). Eine Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem war nicht erfolgt.

Nach dem Verlassen der DDR und dem Übertritt in die Bundesrepublik Deutschland im November 1989 beantragte die Klägerin im Oktober 2000 die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Unter Vorlage von Unterlagen machte sie geltend, die Zeit vom 01.02.1973 bis 24.11.1989 sei als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech festzustellen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 11.07.2002). Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen noch habe die Klägerin am 30.06.1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Das AAÜG sei nicht anwendbar.

Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, eine Anwartschaft sei sehr wohl gegeben, denn sie habe in der Zeit vom 01.02.1973 bis 24.11.1989 genau die Tätigkeit ausgeübt, die entsprechend einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.03.1998 (B 4 RA 24/97 R) eine Einbeziehung in die Zusatzversorgung ermögliche. In gleichgelagerten Fällen habe die Beklagte bereits Zugehörigkeiten anerkannt. Die Beklagte wies den Rechtsbehelf zurück (Widerspruchsbescheid vom 30.04.2003). Die Klägerin habe bei In-Kraft-Treten des AAÜG am 01.08.1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes gehabt. Sie sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen noch habe sie Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe sie im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung mehr ausgeübt und sei damit nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen.

Mit der am 02.06.2003 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, es komme im Rahmen der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nicht darauf an, "dass eine konkrete Zugehörigkeit erteilt worden" sei, sondern nur darauf, dass sie grundsätzlich dem Versorgungssystem z.B. der AVItech angehört habe. Nicht erforderlich sei nach der Rechtsprechung des BSG, dass sie konkret am 30.06.1990 in das System eingebunden gewesen sei. Ansonsten würden Versicherte, die langjährig einem Versorgungssystem zugehört hätten und einen VEB oder die ehemalige DDR vor dem 30.06.1990 verlassen hätte, willkürlich ausgeschlossen. Sie habe die DDR mit ihrer Familie im November 1989 illegal verlassen. Als Bürgerin der BRD sei es ihr nicht möglich gewesen, am 30.06.1990 in einem VEB zu arbeiten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2003 zu verurteilen, die Zeit vom 01.02.1973 bis zum 24.11.1989 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten. Die Klägerin habe weder eine Versorgungszusage erhalten noch aus der am 01.08.1991 allein maßgeblichen Sicht des Bundesrechts am 30.06.1990 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, da sie zu diesem Zeitpunkt im Beitrittsgebiet keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb mehr ausgeübt habe. Für die Prüfung, ob das AAÜG Anwendung finde, sei es unerheblich, aus welchen Gründen die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb bereits vor dem 30.06.1990 aufgegeben worden sei. Deshalb sei das AAÜG nicht anwendbar.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 04.06.2004, zugestellt am 21.06.2004). Der Klägerin sei bis zur Schließung der Versorgungssysteme am 30.06.1990 unstreitig eine Versorgungszusage nicht erteilt worden. Auch erfülle sie nicht die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des AAÜG bei verfassungskonformer Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn sie habe am 30.06.1990 keine Beschäftigung mehr in einem volkseigenen Betrieb ausgeübt, diese vielmehr bereits Ende 1989 aufgegeben. Dabei komme es nicht darauf an, aus welchem Grunde sie die Tätigkeit bei dem VEB beendet habe.

Mit der am 06.07.2004 eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor, es gehe allein um die Rechtsfrage der sogenannten "Stichtagsregelung", d.h. darum, ob sie auch am 30.06.1990 noch die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem habe erfüllen müssen. Zwar habe das BSG in zwei Entscheidungen vom 08.06.2004 (B 4 RA 56/03 R) und 29.07.2004 (B 4 RA 12/04 R) maßgeblich auf den Stichtag 30.06.1990 abgestellt. Insoweit seien jedoch Verfassungsbeschwerden (1 BvR 1921/04 und 1 BvR 2156/04) anhängig, weshalb das Ruhen des Verfahrens beantragt werde. Im Übrigen unterscheide sich ihr Fall von den bisher vom BSG entschiedenen Fällen, da sie "vor dem 10.11.1989 in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist" sei. Hätte es die "Wende" und damit die Wiedervereinigung Deutschlands nicht gegeben, wäre sie dem Fremdrentengesetz (FRG) unterfallen. Als Versicherte, die in der ehemaligen DDR eine Beschäftigung ausgeübt habe, die ihrer Art nach geeignet gewesen sei, eine Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem zur Folge zu haben, habe sie bei Ausreise vor dem 18.05.1990 darauf vertrauen dürfen, dass ihr etwaige Ansprüche nicht verloren gingen, sondern durch die Anwendung der Tabellenentgelte der Anlagen 1 bis 16 zum FRG entgolten würden. Nunmehr sei ihr die Anwendung der Grundsätze des FRG versperrt. Ebenfalls unterfalle sie nicht den rentenrechtlichen Regelungen, die nach der Wiedervereinigung für die Anspruchsteller der Zusatzversorgung für die technische Intelligenz geschaffen worden seien. Mit dem Regelungssystem der §§ 259 a, 259 b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bestehe in Zusammenschau mit der Rechtsprechung des BSG zur Frage der Einbeziehung in die Zusatzversorgungssysteme ein offenbarer Wertungswiderspruch, der weder vom BSG noch vom Gesetzgeber gewollt sein könne, da er genau diejenige Personengruppe massiv benachteilige, welche durch ihre Flucht in den Westen den Zusammenbruch des Systems der DDR erst möglich gemacht habe und welche nunmehr nach allen geschaffenen Regelungen außen vor bleibe (sogenannte "Sowjetzonenflüchtlinge"). Deshalb könne es für sie nicht darauf ankommen, ob sie am 30.06.1990 in ein Versorgungssystem der ehemaligen DDR einbezogen gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.06.2004 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2003 zu verurteilen, die Zeit vom 01.02.1973 bis 24.11.1989 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ohne Versorgungszusage dürften nur dann festgestellt werden, wenn die versorgungsberechtigende Tätigkeit am 30.06.1990 noch ausgeübt worden sei. Die Klägerin habe ihre Tätigkeit beim VEB T am 29.11.1989 beendet und damit diese Voraussetzung nicht erfüllt. Gleichgültig sei, aus welchen Gründen jemand aus einem Beschäftigungsverhältnis in einem VEB ausgeschieden sei, ohne eine Versorgungszusage erhalten zu haben. Vom Zeitpunkt des Ausscheidens an habe die Klägerin nicht mehr auf eine Einbeziehung vertrauen dürfen. In Art. 20 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der BRD und der DDR vom 18.05.1990 sei die Schließung der bestehenden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme zum 01.07.1990 vereinbart worden. Der DDR-Gesetzgeber habe diese Verpflichtung mit § 22 Rentenangleichungsgesetz noch zu DDR-Zeiten in geltendes Recht umgesetzt. Gleichzeitig sei mit der Schließung der Zusatzversorgungssysteme ein Verbot der Neueinbeziehung ausgesprochen worden. Daher komme es zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des AAÜG am 01.08.1991 rückschauend auf die Situation am 30.06.1990 an. Entsprechende Stichtagsregelungen für die Schaffung von Ansprüchen seien trotz der damit verbundenen Härten verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) halte die Rechtsprechung des BSG nicht für verfassungswidrig (Hinweis auf Nichtannahmebeschluss vom 04.08.2004 - 1 BvR 1557/01 -). Ein Ruhen des Verfahrens beantrage sie nicht. Soweit sich die Klägerin auf das FRG beziehe, sei es in der Tat zutreffend, dass die Regelungen nur für Personen gelten, die vor dem 01.01.1937 geboren seien. Entsprechende Einwände seien aber nicht gegen die Beklagte in ihrer Funktion als Zusatzversorgungsträger zu richten, sondern gegen sie als Rentenversicherungsträger vorzubringen. Vorliegend sei nur zu entscheiden, ob eine Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVltech vorliege. Allerdings liege eine Perpetuierung von Willkür im Rentenversicherungsrecht nicht vor. Die in der Sozialpflichtversicherung der DDR versicherten Entgelte würden für die Klägerin auf "Westniveau" aufgewertet und bis zur allgemeinen bundesrechtlichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung der begehrten Feststellung im Bescheid vom 11.07.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2003 ist rechtmäßig.

Die Beklagte ist als Versorgungsträger (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG) nicht verpflichtet, die Beschäftigungszeit vom 01.02.1973 bis 24.11.1989 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVltech festzustellen, weil die Klägerin nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst wird.

Maßstabsnorm ist § 1 Abs. 1 AAÜG. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die aufgrund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind (Satz 1). Soweit Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (Satz 2).

Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Er hätte vorausgesetzt, dass die Klägerin in der DDR zunächst durch einen staatlichen Akt in ein Versorgungssystem (hier: in die AVItech) einbezogen worden und dann zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend den Regelungen des Systems ausgeschieden wäre. Unstreitig liegt eine entsprechende schriftliche Versorgungszusage nicht vor. Dazu wäre erforderlich, dass die Klägerin durch einen Akt des in der DDR zuständigen Versorgungsträgers oder danach von einem bundesrechtlichen Funktionsnachfolger ausdrücklich in ein Versorgungssystem einbezogen worden wäre. Es genügt nicht, dass - aus bundesrechtlicher Sicht - die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vor dem 01.07.1990 erfüllt gewesen wären. Ein Berechtigter kann bei Eintritt des Versorgungsfalls Leistungen aus dem System vielmehr nur bei einer ausdrücklichen wirksamen Einbeziehung erwarten, die vom Versorgungsträger in einem - regelmäßig in Form einer Versicherungsurkunde ausgestellten - "Dokument über die zusätzliche Altersversorgung" ausgestellt wurde (vgl. BSG, Urteile vom 27.07.2004 - B 4 RA 6/04 R und B 4 RA 9/04 R -, jeweils mit weiteren Nachweisen; BverfG, Nichtannahmebeschluss vom 04.08.2004 - 1 BvR 1557/01 -). Eine entsprechende Entscheidung eines Versorgungsträgers liegt nicht vor. Die Klägerin war zu keinem Zeitpunkt aufgrund eines staatlichen Aktes oder einer einzelvertraglichen Zusage in ein Versorgungssystem einbezogen worden.

Dem Anwendungsbereich des AAÜG konnte die Klägerin nur unterfallen, wenn sie eine fiktive Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom BSG vorgenommenen erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gehabt hätte. Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 10.02.2005 - B 4 RA 48/04 R -) - der der Senat nach eigener Überprüfung folgt - auf die am 30.06.1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die bundesrechtliche Rechtslage am 01.08.1991, dem In-Kraft-Treten des AAÜG, an. Dies folgt aus den primär- und sekundärrechtlichen Neueinbeziehungsverboten des Einigungsvertrages (EinigVtr). So untersagt der EinigVtr primärrechtlich in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 a Neueinbeziehungen ab 03.10.1990. Darüber hinaus ordnet er in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 - wenn auch mit Modifikationen - die sekundärrechtliche Weitergeltung des Rentenangleichungsgesetzes der DDR (RAnglG-DDR) an, das Neueinbeziehungen ab 01.07.1990 untersagt hat (§ 22 Abs. 1 Satz 1 RAnglG-DDR). Da letztlich aufgrund dieser Regelungen Neueinbeziehungen in ein Zusatzversorgungssystem ab 01.07.1990 nicht mehr zulässig waren, ist darauf abzustellen, ob die Betroffene nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30.06.1990) einen "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.

Bei dieser Bewertung ist auf die Regelungen der Versorgungssysteme abzustellen, wie sie sich aus den Texten der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17.08.1950 und der zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (2. DB) vom 24.05.1951 ergeben. Nach § 1 VO-AVItech in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 2. DB hing ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell war dieses System eingerichtet für
- Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und
- die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar
- in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens.

Zwar erfüllte die Klägerin am 30.06.1990 die persönliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVItech, da sie berechtigt war, den Titel eines Diplom-Ingenieurs (FH) zu führen. Dagegen war jedenfalls die betriebliche Voraussetzung zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht gegeben, weshalb offen bleiben kann, ob sie am 30.06.1990 eine ingenieurtechnische Tätigkeit ausgeübt hat. Jedenfalls war sie am 30.06.1990 nicht in einem volkseigenen oder diesen gleichgestellten Produktionsbetrieb der genannten Art beschäftigt. Damit fehlt eine der kumulativ erforderlichen drei Voraussetzungen.

Aus welchen Gründen vor dem 30.06.1990 eine der drei Voraussetzungen entfallen ist, ist unerheblich. Denn lag am 30.06.1990 eine der Voraussetzungen nicht vor, bestand bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme kein "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage, der am 01.08.1991 als fiktive Versorgungsanwartschaft den Anwendungsbereich des AAÜG hätte eröffnen können (vgl. BSG, Urteil vom 10.02.2005 - B 4 RA 48/04 R - mit weiteren Nachweisen).

Entgegen der Auffassung der Klägerin steht die vom BSG in ständiger Rechtsprechung vorgenommene erweiternde Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG sowie die Begrenzung auf den Personenkreis, der nach der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage die genannten drei Voraussetzungen der AVItech erfüllte, im Einklang mit Art. 3 Abs. 1 und 3 GG. Personen - wie die Klägerin -, die diese Voraussetzungen nicht erfüllten, werden zwar sowohl gegenüber dem vorgenannten Personenkreis als auch gegenüber der Personengruppe, die eine formale Rechtsposition (Versorgungsanwartschaft) im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verloren haben, verschieden behandelt. Diese Verschiedenbehandlung ist jedoch verfassungsgemäß, denn es liegen dafür Gründe von solcher Art und solchem Gewicht vor, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen (vgl. BSG, Urteil vom 08.06.2004 - B 4 RA 56/03 R - mit weiteren Nachweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).

Insbesondere ist eine Gleichstellung weiterer Personengruppen, die - wie die Klägerin - vor dem 30.06.1990 aus politischen Gründen die DDR verlassen haben und damit vor diesem Zeitpunkt aus einem von einem Versorgungssystem erfassten Beschäftigungsverhältnis bereits ausgeschieden waren und deshalb nach den zu sekundärem Bundesrecht gewordenen Regelungen der Zusatzversorgungssysteme die Voraussetzungen für eine (fiktive) Versorgungsanwartschaft Nichteinbezogener nicht erfüllten, von Verfassungs wegen nicht geboten. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme in der DDR sowie an die gegebene versorgungsrechtliche Lage der Betroffenen ohne Willkürverstoß anknüpfen und damit u.a. zu Grunde legen, dass nur derjenige in das Zusatzversorgungssystem der AVItech einbezogen werden durfte, der am 30.06.1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war. Art. 3 Abs. 1 und 3 GG gebietet nicht, von jenen zu sekundärem Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme sowie den historischen Fakten, aus denen sich etwa Ungleichheiten ergeben, abzusehen und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (vgl. ständige Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 10.02.2005 - B 4 RA 48/04 R - mit weiteren Nachweisen).

Hinsichtlich der Einwendungen der Klägerin zur Nichtanwendung des FRG und der Tabellenwerte der Anlagen 1 bis 16 enthalten die angefochtenen Bescheide keine Regelung. Zu Recht weist die Beklagte insoweit daraufhin, dass dieses Vorbringen hier betreffend ihre Funktion als Zusatzversorgungsträger und das Feststellungsbegehren der Klägerin nicht von maßgeblicher Bedeutung sondern ggf. bei Bescheiden in der Funktion als Rentenversicherungsträger zu berücksichtigen ist. Im übrigen ist die Klägerin - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zugestanden - entgegen dem Sachvortrag im Berufungsverfahren nicht vor dem 10.11.1989 in die Bundesrepublik übergesiedelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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