L 19 B 30/05 AL ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 30 AL 121/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 30/05 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.04.2005 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auch im Beschwerdeverfahren.

Gründe:

Umstritten ist, ob der Widerspruch gegen eine Abzweigungsentscheidung nach § 48 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) aufschiebende Wirkung hat.

Der Antragsteller steht im Leistungsbezug der Antragsgegnerin und ist den Beigeladenen zu 2) und 3) als Vater unterhaltsverpflichtet. Der Beigeladene zu 1) nimmt die Interessen der Beigeladenen zu 2) und 3) als Beistand auf Antrag (§ 1712 BGB) wahr.

Mit am 18. Februar 2005 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben beantragte der Beigeladene zu 1) Abzweigungen aus den dem Antragsteller bewilligten Leistungen in Höhe titulierter monatlicher Unterhaltsansprüche von 284,00 EUR der Beigeladenen zu 2) und 141,00 EUR der Beigeladenen zu 3). Es liege derzeit ein Unterhaltsrückstand von 1.489,00 EUR vor.

Nach Anhörung des Antragstellers mit Schreiben vom 21.02.2005 zweigte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.03.2005 vom wöchentlichen Leistungssatz des Antragstellers in Höhe von 32,53 EUR zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) und 3) 17,50 EUR ab. Dem widersprach der Antragsteller am 29.03.2005. Eine Widerspruchsentscheidung steht derzeit noch aus.

Da die Antragsgegnerin auch nach dem Widerspruch weiter abzweigte, hat der Antragsteller am 30.03.2005 beim Sozialgericht die Feststellung begehrt, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.03.2005 idF des Änderungsbescheides vom 14.03.2005 aufschiebende Wirkung habe.

Mit Beschluss vom 12.04.2005 hat das Sozialgericht diesem Antrag stattgegeben und festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 23.03.2005 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. und 14.03.2005 aufschiebende Wirkung hat. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.

Gegen den ihr am 14.04.2005 zugestellten Beschuss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 10.05.2005, mit der sie im Hinblick auf den Massencharakter der von ihr vorzunehmenden Abzweigungen hervorhebt, dass durch die Abzweigung die Leistungshöhe zwar nicht objektiv, jedoch aus Sicht des Leistungsempfängers herabgesetzt werde (womit entgegen der Annahme des Sozialgerichts die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nach § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG entfalle). Für diese Sichtweise spreche auch das finanzielle Interesse der Abzweigungsberechtigten bzw. der die Abzweigung beantragenden Behörde.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.04.2005 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Der Antragsteller weist darauf hin, dass er im Hinblick auf die fortgesetzte Abzweigung der Antragsgegnerin Leistungsklage erhoben hat (S 30 AL 169/05, SG Dortmund) und stützt die Entscheidung des Sozialgerichts mit dem Hinweis, die Statthaftigkeit der Beschwerde sei im Hinblick darauf zweifelhaft, dass der Zahlbetrag für die Antragsgegnerin gleich bleibe. Durch die Abzweigung erfülle die Antragsgegnerin ihre Leistungsverpflichtung dem Antragsteller gegenüber, indem sie dessen Unterhaltsverpflichtungen erfülle. Eine Entziehung oder Herabsetzung i.S. von § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG liege daher nicht vor.

Die Beigeladenen zu 2) und 3) haben sich zur Sache nicht eingelassen.

Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 12.05.2005), ist unbegründet.

Die auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist insbesondere statthaft, weil die Antragsgegnerin durch die Entscheidung des Sozialgerichts zwar nicht wirtschaftlich, jedoch rechtlich dadurch beschwert ist, dass ihr verwehrt wird, Abzweigungen nach Einlegung des Widerspruches nach Ermessen vorzunehmen. Die zulässige Beschwerde ist jedoch unbegründet und zurückzuweisen, weil dem Widerspruch des Antragstellers gegen die Abzweigungsentscheidung der Beklagten aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG zukommt und kein Fall des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG vorliegt. Damit schließt sich der Senat der in Kommentierung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005 § 86 a Rdnr. 14 m.w.N.; Zeihe, SGG,Stand November 2004 § 86 a Rdnr. 4 K cc) m.w.N.; Jansen u.a., SGG, 2. Auflage, § 86a Rdnr. 3) sowie Judikatur (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08. Juni 2004, L 3 ER 29/04 AL, Breithaupt 2005, 67ff. = NZS 2005, 279ff; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 28. Dezember 2004, - L 6 AL 195/04 ER, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04. September 2002, - L 7 AL 283/02 ER, FamRZ 2003, 1334ff; Beschlüsse des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.03.2005, - L 1 B 46/04 AL ER, vom 22.04.2005, - L 1 B 27/03 AL -, jeweils www.sozialgerichtsbarkeit.de) herrschenden Meinung an.

Die Argumentation der Beschwerdeführerin ist in den genannten, der Beschwerdeführerin teilweise auch aus diesem Verfahren bekannten Entscheidungen abgehandelt. Der Senat verzichtet deshalb auf eine Wiederholung der Argumente. § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG ist danach weder in direkter noch in entsprechender Anwendung einschlägig. Die Abzweigungsentscheidung führt zu keiner Minderung oder Herabsetzung von Leistungen an den von der Abzweigung betroffenen Leistungsempfänger, da sie seinen Anspruch selbst unberührt läßt und lediglich den Weg zu seiner Erfüllung modifiziert. Weder das subjektive Interesse des von der Abzweigung in seinem aktuell verfügbaren Einkommen betroffenen Leistungsempfängers noch das ökonomische Interesse des Abzweigungsempfängers und das Vereinfachungsinteresse der die Abzweigung beantragenden Behörde ändern hieran etwas.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung und folgt der Entscheidung in der Sache.

Gegen diese Entscheidung findet nach § 177 SGG keine Beschwerde an das Bundessozialgericht statt.
Rechtskraft
Aus
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