L 11 KA 28/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 15/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 28/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beigeladenen zu 7) gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.01.2005 wird zurückgewiesen. Die Beigeladene zu 7) trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Entzug der Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung rechtmäßig ist.

Der 1949 geborene Kläger ist seit Juli 1992 in P als Vertragsarzt zugelassen und nimmt seit Januar 1996 als hausärztlich tätiger Internist an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Im Zusammenhang mit einer durchgeführten Plausibilitätsprüfung wurde zunächst am 14.07.1999 mit dem Kläger ein Beratungsgespräch geführt, dessen Gegenstand die fortlaufend unwirtschaftliche Behandlungsweise war. Ein weiteres Gespräch fand am 11.10.1999 statt, in dem erörtert wurde, dass die erforderliche Dokumentation der Leistungserbringung bei verschiedenen Behandlungsfällen unzureichend sei. Über die Folgerungen daraus wurde im Verfahren L 11 KA 83/04 gestritten, siehe Senatsurteil vom heutigen Tage.

Mit Schreiben vom 24.01.2000 beantragte die Beigeladene zu 7), dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Der Kläger sei für eine weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet, denn er habe vertragsärztliche Vorschriften bewusst umgangen. Das vertragsärztliche Abrechnungswesen sei nach geltenden Vorschriften von einem großen Vertrauen zwischen allen Beteiligten geprägt, diese Vertrauenssituation verpflichte jeden Vertragsarzt, seine Abrechnungen sorgfältig und unter peinlicher Beachtung der Leistungslegenden mit absoluter Korrektheit zu erstellen. An dieser Sorgfalt habe der Kläger es in nicht zu vertretenem Maße mangeln lassen und damit zu erkennen gegeben, dass seine Bereitschaft, sich in das vertragsärztliche System einzuordnen, fehle. Beim Kläger seien seit dem Quartal III/1993 fortlaufend bestandskräftige Kürzungen durch den Prüfungsausschuss vorgenommen worden. Im Beratungsgepräch vom 14.07.1999 habe sich der Kläger uneinsichtig gezeigt.

Der Kläger führte hierzu aus, die mangelhafte Dokumentation sei als Vorwurf nur nachgeschoben. Die Überschreitungen bei Beratungs- und Untersuchungsleistungen führten zu Einsparungen in anderen Bereichen. Dies zeige sich daran, dass sowohl die Gesamtleistung als auch der Falldurchschnitt seiner Praxis unterhalb der Vergleichsgruppe liege. Insgesamt gebe es beträchtliche Einsparungen bei Arzneimitteln, Laborkosten, Krankenhauseinweisungen und Überweisungen. Im Übrigen lägen Praxisbesonderheiten vor, die zum Einen in der Behandlung von ca. 70 Suchtpatienten bestünden, zum Anderen im hohen Anteil an ausländischen Patienten lägen, der den Ansatz der EBM-Ziffer 60 steigere.

Mit Beschluss vom 24.05.2000 entzog der Zulassungsausschuss dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Er habe fortgesetzt (rechtskräftig gewordene Kürzungen in 15 Quartalen von I/1996 - II/1999)) gegen das Gebot der wirtschaftlichen Behandlungsweise verstoßen und somit seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Das Vertrauen, insbesondere in die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen, sei so gravierend gestört, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr zugemutet werden könne. Er habe sich ungeeignet zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erwiesen.

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 17.07.2000 machte der Kläger geltend, eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten liege nicht vor. Die genannten bestandskräftigen Honorarkürzungen müssten unter dem Gesichtspunkt der Gesamtwirtschaftlichkeit gesehen werden. Seit dem Quartal III/1997 lägen die Gesamtleistungen unter dem Fachgruppendurchschnitt. Dies sei auch in anderen Leistungssparten der Fall, in denen er Kürzungen erfahren habe. Es gebe deutliche Einspareffekte bei der Verordnung von Arzneimitteln, der Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und bei Krankenhauseinweisungen. Seit dem Quartal III/1997 seien die Kürzungen nicht mehr vollstreckt worden, weil die entsprechenden Summen niedriger als die wegen der Budgetierung nicht vergüteten Leistungen ausgefallen seien. Er habe die Ziffer 5 EBM deshalb häufig abgerechnet, weil er wegen einer Methadonsubstitutionsbehandlung häufig auch noch nach 20:00 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen angerufen worden sei. Seit dem Quartal IV/1999 seien keine Prüfverfahren mehr eingeleitet worden, weil sich sein Abrechnungsverhalten nach dem Gespräch vom 14.07.1999 geändert habe. Aus diesem Grunde sei die Entziehung unverhältnismäßig, Disziplinarmaßnahmen seien ausreichend gewesen.

Die Beigeladene zu 7) wies darauf hin, dass für das Quartal IV/1999 sehr wohl noch Beratungs- und Betreuungsleistungen gekürzt worden seien. Nachdem dem Kläger am 19.06.2003 die Genehmigung zur Methadonsubstitutionsbehandlung entzogen worden sei, behandle er Patienten privatärztlich und verlange von ihnen zuvor eine Einzugsermächtigung über einen Betrag von 150,00 DM monatlich.

Mit Beschluss vom 09.05.2001 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Rechtsgrundlage für den Entzug sei § 95 Abs. 6 des Sozialgesetzbuches (SGB) V i. V. m. § 27 der Zulassungsordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlagen seien erfüllt. Der Kläger habe vertragsärztliche Pflichten in gröblicher Weise verletzt, denn er habe zum Einen fortgesetzt gegen das in § 12 Abs. 1 SGB V normierte Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen - der Hinweis auf die Gesamtwirtschaftlichkeit gehe fehl, denn es gebe keinen Zusammenhang mit dem im Nichthonorarbereich eingetretenen Einsparungen - zum Anderen habe er seine Dokumentationspflicht verletzt. Dieses sei in § 57 Abs. 1 des Bundesmantelvertrages Ärzte (BMVÄ) festgeschrieben. Schließlich seien auch Leistungen abgerechnet worden, die entweder überhaupt nicht oder nicht ordnungsgemäß oder nicht vollständig erbracht worden seien.

Mit der hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger geltend gemacht, er habe die verfügten Honorarkürzungen durchaus ernst genommen, was sich daran zeige, dass er die Bescheide habe bestandskräftig werden lassen. Er habe darüber hinaus sein Behandlungsverhalten auch bedauert. Die Bedeutung der Honorarkürzungen bzw. die Auswirkungen des Praxisbudgets habe er zunächst nicht richtig erfasst. Er habe sich immer bemüht, alle Leistungen, die er tatsächlich erbracht habe, auch zur Abrechnung zu bringen. Nach dem Beratungsgespräch vom 14.07.1999 habe es keine wesentlichen Auffälligkeiten mehr gegeben. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht seien ihm nur für das Quartal I/1999 vorgeworfen worden, nicht aber eine fortgesetzte unrichtige Abrechnung von Leistungen, über die keine Aufzeichnungen vorlägen. Im Übrigen fehle es auch nicht an der Behandlungsleistung, sondern allenfalls an der Dokumentation. Er sei auch zwischenzeitlich wieder durch eine gerichtliche Entscheidung in der Methadonsubstitutionsbehandlung tätig. Gerade in diesem Bereich werde man erfahrungsgemäß sehr engmaschig und intensiv hinsichtlich des Verordnungs- und Abrechnungsverhaltens überprüft. Er nehme seit dem Quartal III/2002 wieder an der Methadonsubstitutionsbehandlung teil, seit dieser Zeit habe es keine Beanstandungen gegeben.

Der Kläger hat beantragt,

den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte - Duisburg - vom 24.05.2000 und den Beschluss des Beklagten vom 09.05.2001 aufzuheben.

Der Beklagte und der Beigeladene zu 7) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die angefochtenen Beschlüsse für rechtmäßig gehalten.

Die Beigeladene zu 7) ist der Ansicht, der Kläger sei mit den grundlegenden Regeln des Vertragsarztrechts nicht vertraut, dies ergebe sich insbesondere aus seinen Ausführungen zur Gesamtwirtschaftlichkeit. Eine Aufrechnung verschiedener Leistungssparten sei nicht zulässig. Zwar seien die Honorarabrechnungen nach dem Quartal IV/1999 nochmals geprüft worden und unauffällig geblieben, dennoch halte man den Kläger nach wie vor für nicht mehr geeignet, weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Der Kläger nehme seit 1992 an der vertragsärztlichen Versorgung teil und habe bereits in den ersten Jahren seiner Tätigkeit Hinweise darauf geliefert, die eine Überprüfung seines Abrechnungsverhaltens erforderlich gemacht haben.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 28.01.2005 den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.05.2000 und den Beschluss des Beklagten vom 09.05.2001 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Zulassungsentziehung sei § 95 Abs. 6 SGB V i. V. m. § 27 Satz 1 Ärzte-ZV. Danach komme eine Zulassungsentziehung u. a. bei einer gröblichen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten in Betracht, die anzunehmen sei, wenn das Vertrauen, das für die Teilnahme am öffentlich-rechtlich strukturierten System der vertragsärztlichen Versorgung unerlässlich sei, nicht mehr gegeben erscheine. Von einem Arzt, der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehme, sei insbesondere zu fordern, dass er in jeder Hinsicht Gewähr dafür biete, fremde und eigene Vermögensinteressen mit der gebotenen Sorgfalt wahrzunehmen. Vorliegend sei das Vertrauensverhältnis nicht so schwer erschüttert, dass weder der Beigeladene zu 7) noch den gesetzlichen Krankenkassen zuzumuten sei, mit dem Kläger die Zusammenarbeit fortzusetzen. Eine weitere Zusammenarbeit erscheine durchaus zumutbar, weil die von den Zulassungsinstanzen ausgesprochene Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gegen das Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeitsprinzip) verstoße. Im vorliegenden Fall seien weniger schwerwiegende Maßnahmen in Form von Disziplinarmaßnahmen ausreichend, das Vertrauen in den Kläger auf Seiten der übrigen Vertragsärzte und der Krankenkassen wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten. Zwar habe der Kläger vertragsärztliche Pflichten zumindest Anfang 1999 verletzt, indem er insbesondere im ersten Quartal 1999 Leistungen abgerechnet habe, die nicht in dem von § 57 BMVÄ vorausgesetzten Umfang dokumentiert worden seien. Dies ergebe sich aus dem geführten Plausibilitätsgespräch vom 11.10.1999. Das Gericht verkenne auch nicht, dass der Kläger seit dem Quartal III/1993 fortlaufend Honorarkürzungen erfahren habe und sich daraus ein herleitbarer Vorwurf eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot ableiten lasse, der weder durch den hohen Ausländeranteil noch das Abstellen auf die Gesamtwirtschaftlichkeit widerlegbar sei. Die verfügte Zulassungsentziehung sei aber rechtswidrig, denn sie trage im Rahmen der Eignungsprognose nicht der Tatsache Rechnung, dass der Kläger sein beanstandetes Abrechnungsverhalten nachhaltig auf die am 14.07.1999 und 11.10.1999 geführten Gespräche geändert habe. Nach dem Quartal IV/1999 sei nach Angabe der Beigeladenen zu 7) nochmals ein Prüfungsverfahren durchgeführt worden, aus dem sich keine Beanstandungen ergeben hätten. In der weiteren Tatsache, dass bereits für das Quartal I/2000 keine Auffälligkeiten mehr festgestellt worden seien, habe sich nach der Überzeugung der Kammer der Wille des Klägers manifestiert, ordnungsgemäß abzurechnen und die Leistungen entsprechend der Vorschrift des BMVÄ zu dokumentieren. Hierin sei auch kein taktisch motiviertes Wohlverhalten zu sehen, denn Kenntnis von dem am 24.01.2000 gestellten Entziehungsantrag habe er erst gegen Ende des Monats Januar 2000 erlangt. Auch der Umstand, dass er seit dem Quartal III/2000 wieder an der Methadonsubstitutionsbehandlung teilnehme, spreche dafür, dass das Vertrauensverhältnis für eine weitere Teilnahme nicht so schwer erschüttert sei, dass sie unzumutbar sei. Gerade das Tätigwerden in der Methadonsubstitutionsbehandlung setze ein besonderes Vertrauensverhältnis voraus.

Hiergegen richtet sich die am 09.03.2005 von der Beigeladenen zu 7) eingelegte Berufung. Der Entzug sei nicht rechtswidrig und nicht unverhältnismäßig. Das Sozialgericht habe die Problemkreise der gravierenden Pflichtverletzung in Form der nicht ausreichend dokumentierten und im Übrigen inplausiblen Abrechnung sowie der fortgesetzten Verstöße gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit erkannt, die daraus gezogenen Schlüsse seien hingegen unzutreffend. Das Sozialgericht meint auch zu Unrecht, das Wohlverhalten des Klägers sei nicht als taktisch motiviert anzusehen. Die Abrechnung des Quartals I/2000 sei erst in der ersten Woche des Quartals II/2000 abzugeben gewesen. Der Termin habe damit nach Kenntniserlangung des Entziehungsantrags gelegen. Im Juli und Oktober 1999 seien mit dem Kläger Gespräche geführt worden, aus denen erkennbar geworden sei, dass die Beigeladene zu 7) nicht mehr bereit gewesen sei, das beanstandete Verhalten hinzunehmen.

Die Beigeladene zu 7) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.01.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt zur Begründung vor, es sei zwar zutreffend, dass er bei Erstellung der Abrechnung für das Quartal I/2000 bereits Kenntnis von dem gestellten Entziehungsantrag gehabt habe, jedoch habe er bereits seit Quartalsbeginn Leistungen erbracht und dokumentiert, aus diesem Umstand ergebe sich eine Änderung seines bisherigen Abrechnungsverhaltens. Der Beschluss des Beklagten sei erst im Mai 2000 und damit nach Erstellung der Quartalsabrechnung I/2000 gefasst worden. Selbst wenn aber die Änderung der Abrechnungsweise erst nach dem Zulassungsentzug stattgefunden hätte, wäre dies noch als Wohlverhalten im Sinne der BSG-Rechtsprechung zu berücksichtigen. In der Entscheidung vom 20.10.2004 (Az.: B 6 KA 67/03 R) sei ausgeführt worden, dass in der Situation, dass bei einer noch nicht vollzogenen Zulassungsentziehung die Sach- und Rechtslage während des Prozesses sich zu Gunsten des Klägers in einer Weise ändere, die eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheinen lasse, im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 12 der Grundsatz durchbrochen werden müsse, dass bei statusverändernden Maßnahmen wie der Zulassungsentziehung auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen sei. Angesichts dessen könne nicht davon die Rede sein, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger unzumutbar geworden sei.

Wegen des Verfahrens über den Widerruf der Genehmigung zur Methadon-Substitution durch die Beigeladene zu 7) wird auf das Urteil des SG Düsseldorf vom 10.10.2001 im Verfahren S 17 KA 271/00 Bezug genommen. Weiterhin ist zu den Akten gelangt das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 10.11.2003 wegen einer Amtspflichtverletzung der Beigeladenen zu 7) gegenüber dem Kläger.

Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die der Senat beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beigeladenen zu 7) ist nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 09.05.2001 ist rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und beschwert den Kläger in seinen Rechten. Das Sozialgericht hat daher zu Recht den Beschluss des Beklagten vom 09.05.2001 aufgehoben. Klarstellend sei nur darauf hingewiesen, dass sich der Urteilstenor nur auf diesen Beschluss hätte erstrecken und nicht auch den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.05.2000 umfassen dürfen.

Zur Begründung seiner Entscheidung verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Duisburg, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und klarstellend weist der Senat noch auf Folgendes hin: Für die Frage der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung ist grundsätzlich die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich, hier also die von Mai 2001, da der angefochtene Beschluss vom 09.05.2001 datiert. Dies hat das BSG in der bereits vom Kläger zitierten Entscheidung vom 20.10.2004 (a. a. O.) vom Ansatz her auch weiterhin bestätigt, wobei alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind. Über diesen Grundsatz hinausgehend hat das BSG in seiner Entscheidung jedoch auch ausgeführt, dass in dem Fall, in dem sich bei einer nicht vollzogenen Zulassungsentziehung die Sach- und Rechtslage während des gerichtlichen Verfahrens zu Gunsten des Arztes in einer Weise geändert habe, die eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheinen lasse, im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG eine solche Änderung bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht berücksichtigt werden müsse.

Unter Berücksichtigung dieser Klarstellung der Rechtslage kann der Senat unerörtert lassen, ob eine gröbliche Pflichtverletzung des Klägers und eine daraus resultierende Zerstörung des Vertrauensverhältnisses und der Zusammenarbeit zwischen dem Kläger einerseits und den Krankenkassen bzw. den übrigen Vertragsärzten andererseits im Zeitpunkt des Ausspruchs des Entzugs der Zulassung, also im Mai 2001, vorgelegen haben. Nachhaltige Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot waren gegeben, wie sich aus den bindenden Bescheiden der Quartale der Jahre 1993 bis 1999 ergibt (siehe dazu Übersichten Anlagen 6 bis 8 des Entzugsantrages der Beigeladenen zu 7) vom 24.01.2000). Es ist aber von Seiten der Beigeladenen zu 7) unterblieben, entsprechende Mahnungen zur Beachtung der vertragsärztlichen Pflichten auszusprechen und sich aus den Verstößen ergebende Konsequenzen aufzuzeigen. Darüber hinaus wären auch Disziplinarmaßnahmen zu verhängen gewesen, bevor eine endgültige und dauerhafte Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ausgesprochen wird. Zweifel an dem Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung und damit an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses ergeben sich für den Senat auch aus der Tatsache, dass eine unkorrekte Abrechnung nicht nachvollziehbar ist. Der erkennende Senat hat in dem vom Kläger gegen die Plausibilitätsprüfungen geführten Berufungsverfahren L 11 KA 83/04 ausgeführt, dass die auf Seiten der Beigeladenen zu 7) getroffenen Feststellungen hierzu nicht ausreichend sind. Der Beklagte hat dort lediglich die entsprechenden Ausführungen aus dem Protokoll vom 11.10.1999 übernommen und in keiner Weise die hierzu gemachten Ausführungen des Klägers in seine Entscheidung einbezogen. Eine Falschabrechnung ist für den Senat daraus ebensowenig erkennbar wie eine unzureichende Dokumentation der erbrachten Leistungen. Die vom Kläger vorgenommenen Dokumentationen war nach den erhobenen Befunden und den Feststellungen des Senats ausreichend.

Auf jeden Fall ergibt die nun vorgegebene Berücksichtigung des Verhaltens des Klägers in dem fünf Jahre anhängigen Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung seit dem Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.05.2000 zu seinen Gunsten, dass nach den Feststellungen des Senates der Kläger seine Eignung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung wiederhergestellt hat, wenn er sie denn jemals verloren hätte. Für die Zeit ab dem Jahre 2000 sind für den Senat Pflichtverletzungen irgendwelcher Art nicht feststellbar, von den Beteiligten ist auch kein Hinweis gegeben worden. Die Prüfung der Abrechnungen des Klägers im Quartal II/2002 ist ohne Beanstandungen geblieben. Gleichartige oder anders lautende Verstöße hat es nicht mehr gegeben. Auch im Zusammenhang mit der erneuten Teilnahme des Klägers an der Methadonsubstitutionsbehandlung seit dem Quartal III/2000 ist die Auffassung zu stützen, dass das Verhalten des Klägers keinerlei Veranlassung mehr gibt, ihm die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Auch der Beklagte hat insoweit keine negativen Feststellungen getroffen, der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass die Teilnahme gerade am Methadonsubstitutionsprogramm eine engmaschige und sehr intensive Kontrolle des Verordnungs- und Abrechnungsverhaltens impliziert. Ferner hat der Kläger ein landgerichtliches Urteil erstritten, in dem ihm dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegenüber der Beigeladenen zu 7) zugesprochen ist. Hierin sieht der Senat ein wesentliches Kriterium für die Rehabilitation des Klägers. Die früheren Pflichtverletzungen des Klägers im Bereich des wirtschaftlichen Verhaltens hält der Senat nicht für so gravierend, dass sie den Rückschluss auf eine auf Dauer angelegte charakterliche Nichteignung für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erlauben. Der Senat verkennt nicht, dass das Wohlverhalten des Klägers während des gerichtlichen Verfahrens grundsätzlich geringeres Gewicht hat als sein Verhalten, welches der Zulassungsentziehung im Beschluss vom Mai 2000 war. Eine Gewichtung der genannten Gesichtspunkte und Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls gebietet es aber, dieses nachträgliche Verhalten in die Bewertung mit einzuziehen, zumal das gesamte Verfahren seit der Antragstellung fünfeinhalb Jahre in Anspruch genommen hat, wovon alleine ca. vier Jahre auf das Klageverfahren vor dem Sozialgericht entfallen, ohne dass für den Senat eine Beteiligung des Klägers an dieser Verzögerung erkennbar ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Anhaltspunkte, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, insbesondere vor dem Hintergrund der zitierten Entscheidung des BSG vom 20.10.2004.
Rechtskraft
Aus
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