L 16 KR 184/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 2 RA 44/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 184/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24. Januar 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte der Klägerin die Kosten des ersten Rechtszugs nur zu einem Viertel zu erstatten hat. Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Erstattungsbetrag, den die Klägerin ihren Arbeitnehmern zwecks Erwerbs des Führerscheins Klasse 2 gezahlt hat, beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstellt.

Die der Klägerin angehörigen Postdienste Neu-Brandenburg, Schwerin, Rostock, Kiel und Hamburg-Süd vereinbarten mit Beschäftigten, u.a. mit den Beigeladenen zu 1) bis 3), dass diese im betrieblichen Interesse den Führerschein Klasse 2 erwerben und nach Vorlage des gültigen Führerscheins die hierfür aufgewendeten Kosten erstattet erhalten sollten. Aufgrund einer Betriebsprüfung von Dezember 1999 erhob die Beklagte mit Bescheid vom 05.09.2000 u.a. für die Beigeladenen zu 1) bis 3) Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von zusammen 4.553,90 DM auf die Jahre 1998, 1999 nach, weil die Erstattung der Führerscheinkosten durch den Arbeitgeber einen geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer darstelle.

Die Klägerin legte am 16.11.2000 Widerspruch ein und machte geltend, es handele sich um einen Auslagenersatz i.S.d. § 3 Nr. 50 Einkommensteuergesetz (EStG). Es seien nur die Aufwendungen erstattet worden, die für die Arbeitsausführung erforderlich gewesen seien und nicht zu einer Bereicherung bei den Beschäftigten geführt hätten. Im Rahmen der Beschäftigungsverhältnisse hätten die Beschäftigten, die den Führerschein Klasse 2 erworben hätten, Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t führen sollen. Der Erwerb der Führerscheine habe damit im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse gelegen. Der Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 sei daher nicht der privaten Lebensführung zuzurechnen, was auch der Rechtsprechung der Finanzgerichte entspreche. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil es sich nicht um einen Auslagenersatz handele, sondern entsprechende Kosten im Hinblick auf ein gewisses Maß an Eigeninteresse des Arbeitnehmers nur als Werbungskosten abgesetzt werden könnten. Der Ersatz von Werbungskosten stelle jedoch grundsätzlich steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

Die Klägerin hat am 19.04.2001 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln auf Aufhebung des Bescheides vom 05.09.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2001 erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Nutzung von Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t im privaten Bereich auf seltene Ausnahmefälle beschränkt sei, so dass der Ersatz der Führerscheinkosten keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn und damit kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstelle.

Mit Urteil vom 24.01.2002 hat das SG den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als die Beklagte von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge für den Auslagenersatz zwecks Erwerbs des Führerscheins Klasse 2 gefordert hat. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 23.01.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.02.2002 Berufung eingelegt. Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Erstattung der Führerscheinkosten, bezogen auf einen Führerschein der Klasse 2, keinen Auslagenersatz i.S.v. § 3 Nr. 50 EStG darstelle, weil ein solcher Auslagenersatz nur gegeben sei, wenn kein eigenes Interesse des Arbeitnehmers an der Aufwendung der Kosten vorgelegen habe. Dies gelte bei Führerscheinkosten jedoch nicht, weil insoweit immer ein gewisses Maß an Eigeninteresse des Arbeitnehmers anzunehmen sei.

Die Beigeladene zu 7) hat die Auffassung vertreten, dass auf Betriebsverhältnisse im Hinblick auf drohende Änderungskündigung ohne Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 für die Arbeitnehmer ein nicht unerhebliches eigenes Interesse an der Aufwendung der Kosten bestanden habe.

Mit Urteil vom 26.06.2003 hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Erstattung der Kosten für den Erwerb eines Führerscheins keinen geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer darstelle, wenn der Erwerb des Führerscheins in ganz überwiegendem Interesse des Arbeitgebers erfolge. Dies sei hier der Fall, weil die Klägerin gewünscht habe, dass ihre Arbeitnehmer den Führerschein der Klasse 2 erwarben, um diese flexibler, insbesondere auch im Paketzustelldienst, einsetzen zu können. Für eine private Nutzbarkeit des Führerscheins durch die Beigeladenen zu 1) bis 3) bestehe kein Anhalt. Deren Interesse an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes durch den Erwerb des Führerscheins begründe keinen geldwerten Vorteil, weil es sich insoweit lediglich um mittelbare, immaterielle Vorteile handele.

Die Beklagte hat mit ihrer vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Revision geltend gemacht, die maßgeblichen Vorteile des Führerscheinserwerbs hätten bei den beigeladenen Arbeitnehmern gelegen im Hinblick auf die Verbesserung ihrer Qualifikation und wegen der konkreten Erhaltung ihres Vollzeitarbeitsplatzes. Dagegen hätten die Interessen der Klägerin an der Vermeidung von Änderungskündigungen nur ein geringeres Gewicht, zumal lediglich eine begrenzte Erstattung der Führerscheinkosten erfolgt sei und die Arbeitnehmer durch den Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 nicht berechtigt seien, die Spezialfahrzeuge der Klägerin zu führen.

Mit Urteil vom 26.05.2004 hat das BSG das Urteil des Senats vom 26.06.2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das BSG hat ausgeführt, der Zusammenhang zwischen dem Führerscheinerwerb durch die Beigeladenen zu 1) bis 3) und den betrieblichen Zielsetzungen der Klägerin sei näher aufzuklären. Vom Ergebnis dieser Prüfung hänge ab, welche Art der verfolgte betriebliche Zweck gewesen sei, ob sich die Aufforderung zum Erwerb des Lkw-Führerscheins im Hinblick hierauf als geeignete Maßnahme und notwendige Begleiterscheinung erwiesen habe und mit welchem Gewicht das eigenbetriebliche Interesse der Klägerin in die vorzunehmende Gesamtbetrachtung einzustellen sei. Demgegenüber sei zu prüfen, ob das Interesse der Beigeladenen zu 1) bis 3) an der Abwendung einer Änderungskündigung und Erhalt des bisherigen Vollzeitarbeitsplatzes so sehr in den Vordergrund getreten sei, dass ein damit einhergehendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vernachlässigt werden könne. Wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird auf das Urteil Bezug genommen.

Auf Anfrage des Senats hat die Klägerin erklärt, im Einsatzgebiet des Beigeladenen zu 1) sei aufgrund organisatorischer Veränderungen die Leerung der Briefkästen nur noch durch Teilzeitkräfte vorgenommen worden, so dass für die dort tätigen Vollzeitkräfte Unterbringungsbedarf bestanden habe. Zeitgleich sei aufgrund der Übernahme weiterer Transportaufgaben ein vermehrter Bedarf an Kraftfahrern mit Führerschein der Klasse 2 entstanden. Dieser Bedarf sei zum Teil durch Neueinstellungen gedeckt worden. So sei der Beigeladene zu 1) aufgrund seiner bisherigen Arbeitsleistungen für eine Weiterqualifikation gut geeignet erschienen. In den neuen Bundesländern - Einsatzgebiet der Beigeladenen zu 2) und 3) - habe die Spartentrennung zwischen Brief und Fahrt zum Wegfall bisheriger Beschäftigungsmöglichkeiten in der Briefzustellung und zu einem neuen Bedarf an Kräften in der Paketzustellung geführt. Die Beigeladenen zu 2) und 3) seien bisher im Transportknoten Stralsund als Fahrer mit Führerscheinklasse 3 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt worden. Aufgrund der Organisationsänderung hätte eine betriebliche Änderungskündigung mit einem zukünftigen Einsatz von 34 Stunden ausgesprochen werden müssen, so dass es mittelfristig auch zu Kürzungen im Entgelt gekommen wäre. Der Erwerb des Führerscheins habe zu keiner Verbesserung der bisherigen Arbeits- und Einkommensbedingungen geführt. Die Führerscheinkosten seien vollständig durch sie - die Klägerin - übernommen worden. Im Hinblick auf die genannten betrieblichen Anforderungen seien parallel Neueinstellungen vorgenommen worden. Detailliertere Angaben hierzu könnten nicht mehr gemacht werden.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 6) vertreten die Auffassung, nach den Angaben der Klägerin hätte nur der Erwerb der Führerscheinklasse 2 durch die Beigeladenen zu 1) bis 3) eine Änderungskündigung vermeiden können, so dass entsprechend den Ausführungen des BSG deren Interesse am Erwerb der Weiterqualifikation das Arbeitgeberinteresse deutlich überwiege.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 6) beantragen,

das Urteil des SG Köln vom 24.01.2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, der Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 habe in ihrem besonderen Interesse gelegen, um die Einstellung neuer Kräfte bei gleichzeitigem Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten für bereits vorhandene Arbeitskräfte zu vermeiden. Eine andere Personalpolitik hätte weder Zustimmung beim Sozialpartner noch bei den zuständigen Arbeitnehmervertretungen gefunden.

Die Beigeladenen zu 1) bis 5) und 7) und 8) haben keine Anträge gestellte.

Die Beigeladenen zu 5) und 8) haben sich der Auffassung der Klägerin angeschlossen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen I und F. Bezüglich deren Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.06.2005 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit und ohne Vertretung der Beigeladenen verhandeln und entscheiden können, da diese mit der ordnungsgemäßen Terminsbenachrichtigung auf diese Möglichkeit, deren Zulässigkeit aus den Bestimmungen der §§ 110 Abs. 1, 126, 127 i.V.m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) folgt, hingewiesen worden sind.

Die Berufung der Beklagten erweist sich auch nach den weiteren Ermittlungen des Senats als in der Sache unbegründet. Das SG hat den Bescheid der Beklagten, soweit er hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) bis 3) noch im Berufungsverfahren angefochten ist, zu Recht aufgehoben. Die Beklagte hat die diesen Beigeladenen von der Klägerin gewährte Erstattung der Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnisklasse 2 zu Unrecht als Arbeitsentgelt bewertet, welches in dem hier maßgeblichen Zeitraum 1998/99 der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zugrundezulegen war (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), § 57 Abs. 1 SGB XI - Soziale Pflegeversicherung -, § 162 Nr. 1 SGB VI - Gesetzliche Rentenversicherung -, § 342 SGB III - Arbeitsförderung -). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 SGB IV - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (seit dem 01.04.1999: § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Das BSG hat dahinstehen lassen, ob die Erstattung von Führerscheinkosten der Klasse 2 dem Arbeitsentgelt in diesem Sinne zuzurechnen ist; es hat derartige Zuwendungen als einmalige Einnahmen i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV, § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV), die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden, zumindest dann als beitragsfrei angesehen, wenn sie keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen (Revisionsurteil vom 26.05.2004 - B 12 KR 2/04 R - Umdruck S. 5; BSG Urt. vom 26.05.2004 - B 12 KR 5/04 R - = SozR 4-2400 § 14 Nr. 3 S. 9). In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Hinweis auf BFHE 203, 53, 56; 199, 322, 326; 195, 373, 375; 192, 299, 301 f.) hat das BSG den Arbeitnehmern gewährte Vorteile nicht als steuerbaren Arbeitslohn beurteilt, wenn "sie in ganz überwiegendem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden" (BSG wie vor S. 7; S. 10; so auch die Rechtsprechung des Senats, Urt. vom 04.03.2004 - L 16 KR 142/03 -). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb vernachlässigt werden kann. Zwischen dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers und der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers besteht dabei eine Wechselwirkung, so dass je höher die Bereicherung des Arbeitnehmers ist, das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers geringer erscheint (BFHE 203, 53, 57; 159, 513, 517).

Das BSG meint allerdings, dass das Eigeninteresse des Arbeitnehmers an einer Qualifizierungsmaßnahme wie dem Erwerb der Fahrerlaubnis das betriebliche Interesse des Arbeitgebers zurückdrängen könne, wenn sie aus "Anlass eines unmittelbar bevorstehenden Arbeitsplatzverlustes bzw. einer Arbeitsplatzsuche oder im Zusammenhang damit ergriffen wird" (Revisionsurteil Umdruck S. 7 f.). Diese Auffassung lässt sich mit der Rechtsprechung der Finanzgerichte nicht in Einklang bringen. Nach dem der Entscheidung BFHE 203, 53, auf die sich das BSG maßgeblich stützt, zugrundeliegenden Sachverhalt trug der Dienstherr eines Polizeianwärters die Kosten für dessen Erwerb der Berechtigung zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen einschließlich der Fahrerlaubnis der Klasse 3. Das Nichtbestehen der entsprechenden Prüfung hätte zwangsläufig den Abbruch der Ausbildung und die vorzeitige Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge gehabt. Das aus solchen Umständen nach der Rechtsprechung des BSG resultierende wesentliche Eigeninteresse des Begünstigten hat der BFH dagegen bei der Beurteilung der Bedeutung der betrieblichen Interessen des Dienstherrns nicht einmal einer Erwähnung für notwendig erachtet. Ebenso hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf (Urt. vom 19.12.1977 - X 339/73 L = EFG 1978, 333) Entsprechendes nicht beim Erwerb des Führerscheins der Klasse 3 durch einen 57-jährigen behinderten Arbeitnehmer berücksichtigt, obwohl diesem der Arbeitgeber nur einen Teil der Kosten für den Führerscheinerwerb erstattet hatte, was nach Auffassung des BSG gegen den Vorrang des Betriebsinteresses sprechen können soll (Revisionsurteil S. 8). Das FG Düsseldorf hat dagegen allein darauf abgestellt, ob der Arbeitnehmer den Führerschein auch privat voraussichtlich nutzen werde.

Der Auffassung des BSG kann weder aus Gründen der Gleichbehandlung noch der Rechtssicherheit gefolgt werden. So müsste der Arbeitgeber, dessen Betrieb in einem strukturschwachen Gebiet angesiedelt ist, regelmäßig Beiträge auf entsprechende Zuwendungen an seine Arbeitnehmer entrichten, während derjenige, für dessen Betrieb die Weiterbeschäftigung weniger qualifizierter Arbeitnehmer kein Problem bedeutet bzw. wo diese ohne Weiteres einen anderen Arbeitsplatz finden könnten, beitragsfrei wäre, auch wenn beide Arbeitgeber das gleiche betriebliche Interesse an der Maßnahme hätten. Gründe für eine derartige Ungleichbehandlung sind nicht ersichtlich und auch vom BSG nicht aufgezeigt worden. Darüber hinaus müsste der Arbeitgeber bei jeder Qualifizierungsmaßnahme, die er seinen Arbeitnehmern gewährt, soweit sie nicht als Fortbildungsmaßnahme ohnehin gemäß § 3 Nr. 37 EStG steuerfrei sind, damit rechnen, zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen zu werden, wenn die Qualifizierung für die Weiterbeschäftigung unverzichtbar wäre (z.B. Umstellung des Computersystems und Vermittlung entsprechender, auch anderweitig einsetzbarer Kenntnisse). Die Beurteilung dieser Frage im Einzelfall wäre für den Arbeitgeber schwierig, weil die Möglichkeiten des Erwerbs eines neuen Arbeitsplatzes ohne die entsprechende Qualifizierung in jedem Einzelfall geprüft werden müsste. Dies ist aus Gründen der Rechtssicherheit dem Arbeitgeber aber nicht zumutbar.

Der Senat sieht sich gleichwohl durch das Revisionsurteil gebunden. Jedoch haben die weiteren Ermittlungen ergeben, dass das betriebliche Interesse der Klägerin an dem Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse 2 durch die Beigeladenen zu 1) bis 3) ganz wesentlich im Vordergrund gestanden hat. Hinsichtlich des Beigeladenen zu 1) ist aufgrund der auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben der Zeugin I davon auszugehen, dass als Folge einer Überprüfung der betriebswirtschaftlichen Situation der Klägerin im Einsatzbereich des Beigeladenen zu 1) (Kiel) der Brief-/Pakettransport (zukünftig) verstärkt mit LKW s organisiert werden sollte zwecks Optimierung (Einsparung) des Personaleinsatzes. Über ausreichende Beschäftigte, die im Besitz dieser Fahrerlaubnis waren, verfügte die Klägerin nicht. Solche Arbeitnehmer auf dem freien Arbeitsmarkt zu rekrutieren, war problematisch, da ihnen zunächst lediglich Probearbeitsverhältnisse hätten angeboten werden können. Demgegenüber war der Beigeladene zu 1), der schon zuvor als Fahrer auf Fahrzeugen der Klägerin, zu deren Führung die Fahrerlaubnis der Klasse 3 ausreichte, eingesetzt worden war, als besonders zuverlässiger und erfahrener Mitarbeiter bekannt, so dass die Klägerin ein besonderes Interesse an seiner Weiterqualifizierung hatte. Auch ohne Erwerb dieses Führerscheins wäre eine Weiterbeschäftigung des Beigeladenen zu 1) in Vollzeit gesichert gewesen. Sein Mehrverdienst aufgrund der Qualifizierung lag lediglich bei ca. 10 %. Schließlich hat die Klägerin die Kosten des Führerscheinerwerbs vollständig getragen. Dies haben nicht nur die Klägerin und die Zeugin I bestätigt, sondern dies ergibt sich auch aus der Akte der Beklagten, wonach ein Betrag von 4.482,20 DM als maßgebliches beitragspflichtiges Entgelt zugrundegelegt worden ist bei aktenkundigem Vermerk, dass die Fahrerlaubnis der Klasse 3 bereits vorlag (Bl. 90 der Akte). Die - auch im Widerspruch zu den tatbestandlichen Feststellungen des Senats im aufgehobenen Urteil stehende - gegenteiligte Behauptung der Beklagten im Revisionsverfahren, Kosten seien nur bis zu einer Höhe von 2.700,- DM durch die Klägerin erstattet worden (Revisionsbegründungsschrift vom 04.03.2004), muss daher als deutlich zweckgerichtet angesehen werden. Da auch nach dem Revisionsurteil eine private Nutzungsmöglichkeit der Fahrerlaubnis der Klasse 2 für den Beigeladenen zu 1) nicht zu unterstellen ist, lag bis auf eine vernachlässigbare erhöhte Verdienstmöglichkeit das Interesse an dem Erwerb des Führerscheins allein bei der Klägerin.

Auch wenn die betrieblichen Verhältnisse bezüglich der Beigeladenen zu 2) und 3), die in den neuen Bundesländern eingesetzt waren, etwas anders lagen, ergibt sich hier im Ergebnis nichts anderes. Auch dort bestand in den Jahren 1998/99 bei der Klägerin die Zielsetzung, den Personaleinsatz "betriebswirtschaftlich zu optimieren". Dies geschah u.a. durch den direkten Transport der Post vom Briefzentrum in Roggentin (bei Rostock) nach Rügen, statt wie bisher den Transportknotenpunkt Stralsund anzufahren und die Post dort umzuladen. Infolgedessen verringerte sich der Bedarf an Arbeitskräften in Stralsund, gleichzeitig bedurfte die Klägerin vermehrt Arbeitnehmer mit der Erlaubnis zur Führung von LKW s. Letzteren Bedarf hätte sie nach den Angaben der Zeugin F zunächst noch mit befristet Beschäftigten decken können, deren Arbeitsverhältnisse jedoch nicht hätten befristet verlängert werden können. Die Arbeitnehmer der Klägerin, die in Stralsund im Bereich Transport beschäftigt waren, wozu auch die Beigeladenen zu 2) und 3) zählten, wurden im Rahmen eines Sozialplans mit verringerter Arbeitszeit weiterbeschäftigt. Den Beigeladenen zu 2) und 3) wurde die Weiterqualifizierung durch Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse 2 angeboten. Hätten sie dies abgelehnt, hätten sie ebenfalls nur mit geringerer Stundenzahl in Stralsund weiterbeschäftigt werden können. Infolgedessen hätte sich der Beschäftigungsumfang der in Stralsund für die Klägerin tätigen Fahrer, der auf 34 Stunden reduziert worden ist, weiter verringert. Da es sich nach den glaubhaften Angaben der Zeugin F um 6 bis 8 Fahrer handelte, hätte sich die Belegschaft mit den Beigeladenen zu 2) und 3) auf 8 bis 10 erhöht, so dass der Beschäftigungsumfang auf 25 bis 30 Stunden hätte reduziert werden müssen. Der Senat hat keinen Anlass, an den Angaben der Zeugin zu zweifeln. Soweit die Beklagte mit der Revisionsbegründung behauptet hat, eine Reduzierung auf 18 Stunden sei notwendig gewesen, beruht dies auf der lediglich beispielhaften Angabe des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Termin vor dem SG, nicht aber auf einer konkret ermittelten Zahl. Mit der Annahme des Angebots der Weiterqualifizierung auf Kosten der Klägerin war demzufolge das Eigeninteresse der Beigeladenen zu 2) und 3) verbunden, eine Vollzeitbeschäftigung weiterhin bei der Klägerin ausüben zu können bei gleichzeitiger Möglichkeit eines gewissen Mehrverdienstes. Letzterer war allerdings gering, weil das Grundgehalt gleich blieb und lediglich Zulagen erarbeitet werden konnten, wie die Zeugin erläutert hat. Demgegenüber bestand das Interesse der Klägerin darin, zwei nach den Angaben der Zeugin F besonders zuverlässige und einsatzfreudige Mitarbeiter, die insbesondere über gute Ortskenntnisse verfügten, im erweiterten Bereich der LKW-Fahrer einsetzen zu können. Gleichzeitig konnte hierdurch bei einer Zustimmung dieser Beschäftigten eine Änderungskündigung vermieden und auch den übrigen Fahrern im Standort Stralsund bessere alternative Arbeitsbedingungen angeboten werden. Angesichts des Umstandes, dass bei einer Ablehnung der Weiterqualifizierung die Beigeladenen zu 2) und 3) deutlich mehr als halbschichtig weiterbeschäftigt worden wären und sie aufgrund der zusätzlichen Fähigkeit keine wesentlichen Verdienstverbesserungen zu erwarten hatten, ist daher ihr Interesse am Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse 2 gegenüber demjenigen der Klägerin als so deutlich weniger gewichtig anzusehen, dass sie sowohl im steuerrechtlichen wie im beitragsrechtlichen Sinne zu vernachlässigen sind. Auch hier kommt hinzu, dass die Klägerin die Kosten des Führerscheinerwerbs vollständig getragen hat, wie dies die Zeugin F bestätigt und wie es dem Akteninhalt entspricht (Erstattungsbetrag 3.835,00 DM bzw. 2650,66 DM).

Hat die Beklagte daher die Zuwendungen der Beklagten an ihre Arbeitnehmer zu Unrecht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt bewertet, konnte ihre Berufung in der Sache keinen Erfolg haben.

Lediglich der Kostenausspruch des angefochtenen Urteils war dahin zu ändern, dass die Beklagte der Klägerin nur ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat, weil die Klägerin den Prüfbescheid der Beklagten uneingeschränkt angefochten hat, obwohl die darin nachberechneten Beiträge wegen der Zahlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse 2 nur etwa ein Viertel des gesamten Nachforderungsbetrages ausmachten.

Darüber hinaus ist es angemessen, dass die Beklagte der Klägerin sowohl die Kosten des Berufungs- wie des Revisionsverfahrens zu erstatten hat, da ihre Rechtsmittel im Ergebnis in der Sache erfolglos geblieben sind (§ 193 SGG).

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er die entscheidende Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung des BSG für nicht hinreichend geklärt ansieht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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