L 16 B 14/05 KR ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 34 KR 317/04 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 14/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang die Antragstellerin (ASt in) - eine kleinere Betriebskrankenkasse - der Antragsgegnerin (AG in) im Rahmen des Risikostrukturausgleichs (RSA) Daten zu liefern hat.

Im Sommer 2004 forderte die AG in, der die Aufsicht über die ASt in obliegt, von dieser mehrfach 851 Datensätze der sogenannten Satzart (SA) 40 P des Bezugsjahres 2001 an, um eine Prüfung der Versicherungszeiten im Rahmen der Berechnungen zum RSA vornehmen zu können. Die ASt in verweigerte die Herausgabe der Daten mit der Begründung, durch die Festlegung der Stichprobengröße würden kleine Kassen überdurchschnittlich benachteiligt, da sie im Verhältnis zur Gesamtzahl der Versicherten weit überdurchschnittlich viele Fälle im Vergleich zu Großkassen herauszusuchen hätten.

Mit Schreiben vom 05.08.2004 erläuterte die AG in der ASt in, dass die mit der Prüfung nach § 274 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) befassten Stellen gemäß § 15a Abs. 1 S. 6 der Verordnung über das Verfahren zum RSA in der gesetzlichen Krankenversicherung (Risikostruktur-Ausgleichsverordnung - RSAV) mindestens alle drei Jahre, bezogen auf eines der drei zuletzt durchgeführten Ausgleichsjahre, die nach § 267 SGB V zu meldenden Daten, insbesondere die Versicherungszeiten und die Beitragsfestsetzung, bei den Krankenkassen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu prüfen hätten. Das Ergebnis der Prüfungen sei ihr, der AG in, sowie dem Spitzenverband der betroffenen Krankenkassen unverzüglich mitzuteilen. Durch § 15a RSAV sei sie, die AG in, ermächtigt worden, nach Anhörung der Prüfdienste den Mindeststichprobenumfang und das Nähere über die Berechnung des Stichprobenumfangs und die Anforderungen an die Erhebung der Stichproben für die Prüfung nach § 15a RSAV zu bestimmen. Vorab habe sie dazu ein wissenschaftliches Gutachten von Prof. Dr. L, Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik der Universität E, vom 30.06.2003 eingeholt und die Prüfdienste gemäß § 274 SGB V angehört. Die Prüfungen nach § 15a RSAV würden von den Prüfdiensten des Bundes und der Länder nach einheitlichen Kriterien durchgeführt. Schon aus diesem Grund könne in keinem einzigen Fall, auch nicht bei der ASt in, hiervon abgewichen werden, zumal durch eine Abweichung das Gesamtergebnis beeinträchtigt werde. Für die Vorlage der Daten setzte die AG in der ASt in eine Frist bis zum 01.09.2004. Eine Reaktion seitens der ASt in erfolgte nicht. Um durch die Weigerung einer einzelnen Kasse nicht die Akzeptanz der gesamten bundesweiten RSA-Prüfungen zu gefährden, nahm die AG in mit Schreiben vom 20.09.2004 eine aufsichtsrechtliche Beratung der ASt in gemäß § 89 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) vor und wies ergänzend auf Folgendes hin: Die auf den Erkenntnissen des wissenschaftlichen Gutachtens von Prof. Dr. L basierende Stichprobenbestimmung bzw. der Stichprobenumfang ergäben sich aus Ziff. 17.1. des Handbuches der Prüfdienste des Bundes und der Länder für die RSA-Prüfungen 2004. Wegen der Erforderlichkeit der Hochrechnung des Prüfergebnisses auf die Gesamtheit der Versicherten werde der Stichprobenumfang in Abhängigkeit von der Zahl der Versicherten bestimmt, die im Laufe des Prüfungsjahres bei der Kasse versichert gewesen seien. Entscheidend für die Berechnung des Stichprobenumfangs sowie für die Stichprobenziehung sei die Zahl der Versicherten in der SA 40 P. Die Auffassung der ASt in, durch die Festlegung der Stichprobengröße würden Kassen mit geringeren Versichertenzahlen überdurchschnittlich benachteiligt, treffe nicht zu. Vielmehr schließe eine höhere Prüfungsdichte die Gefahr von Zufallsergebnissen mit größerer Wahrscheinlichkeit aus, so dass bei Kassen mit einem geringeren Versichertenanteil die Hochrechnungen anhand der Stichprobenergebnisse die tatsächlichen Gegebenheiten besser widerspiegelten. Die von ihr, der AG in, festgelegte Stichprobengröße sei auch nicht willkürlich bestimmt worden, sondern basiere auf der konkreten Umsetzung des von Herrn Prof. Dr. L erstellten Gutachtens. Danach betrage die Stichprobengröße bei der ASt in 851, ausgehend von einer Versichertenzahl von 6.200. Für den Fall, dass die ASt in die SA 40 P nicht bis zum 15.10.2005 liefern werde, kündigte die AG in den Erlass eines Verpflichtungsbescheides an.

Ergänzend hörte die AG in die ASt in mit Schreiben vom 11.10.2004 förmlich gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu der beabsichtigten Anordnung der sofortigen Vollziehung des angekündigten Verpflichtungsbescheides an und legte die diesbezüglichen Erwägungen im Einzelnen dar.

Da wiederum keinerlei Reaktion seitens der ASt in erfolgte, verpflichtete die AG in die ASt in mit Bescheid vom 28.10.2004 gemäß § 89 Abs. 1 S. 2, § 90 Abs. 1 S. 1 SGB IV, ihr unverzüglich die SA 40 P für das Bezugsjahr 2001 zu liefern. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung des Bescheides an. Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.

Gegen den ihr am 29.10.2004 zugestellten Bescheid hat sich die ASt in mit dem am 08.11.2004 bei dem Sozialgericht Düsseldorf anhängig gemachten Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gewandt. Des Weiteren hat sie Klage erhoben (Az.: S 34 KR 318/04). Sie hat vorgetragen, sie weigere sich nicht grundsätzlich, die angeforderten Datensätze zu liefern. Vielmehr habe sie der AG in im Rahmen einer Prüfung gemäß § 274 SGB V 100 Datensätze von Versicherten geliefert. Gefordert sei jedoch die Überprüfung von insgesamt 851 Versicherungsverhältnissen. Dies entspreche bei rd. 6.200 Versicherten einer Quote von 14, 2 %. Dagegen fordere die AG in von großen Kassen, wie beispielsweise der Barmer Ersatzkasse oder der Deutschen Angestellten Krankenkasse, mit einer circa 1000-fach höheren Zahl von Versicherten lediglich 984 Stichproben an. Die Lieferung und Überprüfung der Versichertendaten verursachten einen erheblichen personellen und finanziellen Aufwand. Die AG in verletze gegenüber kleineren Krankenkassen die Gebote der Verhältnismäßigkeit, der Wirtschaftlichkeit und Chancengleichheit. Ein besonderes öffentliches Interesse, das die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 28.10.2004 rechtfertigen könnte, sei nicht ersichtlich. Es sei damit zu rechnen, dass eine Vielzahl nachteilig betroffener Krankenkassen den Rechtsweg beschreiten werde. Solange aber auch nur eine einzige Krankenkasse die angeforderten Datensätze nicht geliefert habe, sei die AG in nicht in der Lage, bindende RSA-Bescheide für alle Krankenkassen zu erlassen.

Die ASt in hat schriftsätzlich beantragt,

gemäß § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die AG in hat schriftsätzlich beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat den angefochtenen Bescheid als formell und materiell rechtmäßig erachtet. Insbesondere habe sie eine zutreffende Stichprobengröße für die ASt in festgesetzt. Der Zahlenwert entspreche wissenschaftlichen Erkenntnissen und beruhe auf einem wissenschaftlich gesicherten Standardverfahren der Statistik zur Bestimmung von Stichprobenumfängen. Das gewählte Verfahren gewährleiste eine gleichbleibende Qualität der Stichproben auch bei einem für Krankenkassen mit einer größeren Versichertenzahl - relativ gesehen - niedrigeren Verhältnis der Stichprobenversicherten zur Gesamtversichertenzahl. Für die Qualität einer Stichprobe komme es auf die Stichprobengröße und nicht auf die Stichprobenquote an. Um auch bei kleineren Krankenkassen ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten, sehe das Modell daher vor, dass bei einer Zahl der Versicherten zwischen 1 und 459 eine Vollerhebung vorzunehmen sei, bei einer Versichertenzahl von 460 bis 859 seien 459 Versicherte zu berücksichtigen. Für größere Krankenkassen bestimme sich die Zahl der Stichproben nach einer Formel des oben genannten Standardverfahrens. Die maximale Stichprobengröße liege bei 984 Personen. Da Gegenstand der Prüfung nach § 15a Abs. 1 S. 1 RSAV Bereiche seien, in denen sich der RSA als besonders finanzwirksam darstelle, führten fehlerhafte Datenmeldungen über Versicherungszeiten und Beitragseinstufungen der Versicherten unmittelbar zu Änderungen der Ausgleichsansprüche bzw. -verpflichtungen der Kassen. An die Validität der Daten seien daher besondere Anforderungen zu stellen. Die Verhältnismäßigkeit sei gewahrt; insbesondere existiere kein milderes Mittel, das dieselbe Validität der Daten sicherstelle. Eine Stichprobengröße von 100 führe nur zu einem Wahrscheinlichkeitswert von 60 % (statt 98 %), dass die festgestellten Fehler in der Stichprobe den tatsächlichen Fehlern bei den Versichertenzeiten entsprächen. Auch könne die nach § 274 SGB V gelieferte Datenmenge im Prüfungsverfahren nach § 15a RSAV keine Berücksichtigung finden, da es sich um Datensätze ausschließlich von Familienversicherten handele und nicht um solche, die nach einem Zufallsgenerator aus dem gesamten Versichertendatenbestand gezogen worden seien. Im Übrigen sei die ASt in die einzige Kasse, die die angeforderten Datensätze verweigere.

Mit Beschluss vom 11.01.2005 hat das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der AG in vom 28.10.2004 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die AG in habe ermessensfehlerfrei die sofortige Vollziehung des Bescheides gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angeordnet. Die Sicherstellung der Durchführung des Verfahrens auf RSA habe Vorrang gegenüber dem Interesse der ASt in an einem geringen Umfang zu liefernder Datensätze. Im Übrigen sei das gewählte statistische Verfahren bisher allgemein anerkannt worden. Es bestünden keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung der AG in.

Gegen den ihr am 14.01.2005 zugestellten Beschluss hat die ASt in am 10.02.2005 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vertiefend vor, es sei keineswegs erwiesen, dass das von der AG in eingesetzte statistische Verfahren auf zutreffenden Annahmen beruhe.

Die ASt in beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 2005 zu ändern und gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die AG in beantragt schriftsätzlich,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Beschluss sowie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die ASt in die geforderten Datensätze immer noch nicht geliefert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Verwaltungs- sowie der Prozessakte Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht mit Beschluss vom 11.01.2005 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der AG in vom 28.10.2004 abgelehnt.

§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG bestimmt, dass das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen kann. Dabei entscheidet das Gericht aufgrund einer eigenen Interessenabwägung (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Aufl. 2005, § 86b RdNrn. 12, 12 f. m.w.N.). Die aufschiebende Wirkung der am 08.11.2004 erhobenen Klage ist nicht anzuordnen. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat aufgrund einer umfassenden Würdigung der (formellen) Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 28.10.2004 durch die AG in und der Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung gegenüber den bei der ASt in eintretenden oder zu befürchtenden Nachteilen, wobei der Senat die Erfolgsaussicht der Klage in der Hauptsache einbezogen hat.

Die Entscheidung der AG in über die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 28.10.2004 ist formell rechtmäßig. Die AG in war gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zuständig, weil sie gemäß § 89 Abs. 1 S. 2, § 90 Abs. 1 S. 1 SGB IV auch die streitgegenständliche Verfügung getroffen hat. Sie hat die ASt in vor Erlass des Bescheides ordnungsgemäß gemäß § 24 SGB X angehört (vgl. zum Erfordernis der Anhörung bei Aufsichtsmaßnahmen Bundessozialgericht - BSG -, Urt. vom 22.03.2005, Az.: B 1 A 1/03 R, jurisweb, Kenn-Nr. KSRE100341518; zur Veröffentlichung in SozR 4 und BSGE vorgesehen) und dieser damit Gelegenheit gegeben, sich zu der beabsichtigten Anordnung der sofortigen Vollziehung zu äußern. Dass die ASt in davon keinen Gebrauch gemacht hat, ist unschädlich.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch nicht wegen einer unzureichenden Begründung formell rechtswidrig. Sie bedarf einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 12.02.2004, Az.: L 10 AL 1212/03 ER, Breithaupt 2005, 704 ff. m. w. N.). Die AG in hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Verpflichtungsbescheid vom 28.10.2004 mit der Gefährdung der Akzeptanz der bundesweiten RSA-Prüfungen in ihrer Gesamtheit und der Gefahr eines Nachahmungseffektes, mit der Notwendigkeit der zeitgleichen Datenlieferung durch alle betroffenen Krankenkassen, mit der Gefahr einer Verschiebung des durch die RSA-Prüfung nach § 15a RSAV geschaffenen Ausgleichsmechanismusses und der damit einhergehenden Unstimmigkeit und Ungenauigkeit des RSA sowie mit dem Entstehen eines unverhältnismäßig hohen Aufwands bei der Beseitigung von Verwerfungen innerhalb des RSA durch nicht berücksichtigte Datensätze begründet. Die von der AG in aufgezeigten Gesichtspunkte reichen aus; denn sie verdeutlichen der ASt in als Adressatin des Verwaltungsakts hinreichend, welche Gesichtspunkte für die Behörde maßgeblich waren, um den Sofortvollzug anzuordnen. Entscheidend ist insoweit allein, dass die AG in im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens die maßgeblichen Erwägungen angestellt und dargelegt hat (vgl. LSG NRW, Beschl. vom 04.03.2003, Az.: L 16 B 66/02 KR ER, Verfassungsbeschwerde nicht angenommen, BVerfG, Beschluss vom 02.07.2003, Az.: 1 BvR 985/03 -, und Beschl.vom 02.06.2003, Az.: L 5 B 78/02 KR ER, veröffentlicht jeweils bei www.sozialgerichtsbarkeit.de). In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass die von der AG in ins Feld geführten Gründe für den Sofortvollzug wenigstens zum Teil identisch sind mit der Begründung der Aufsichtsanordnung. Das besondere öffentliche Vollzugsinteresse kann sich nämlich durchaus aus denselben tatsächlichen Umständen ergeben, die auch den Erlass des Bescheids gerechtfertigt haben (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 86a RdNr.21b m. w. N.).

Nach Auffassung des Senats überwiegt das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 28.10.2004 die Nachteile, die infolge des Sofortvollzugs bei der ASt in zu befürchten sind.

Nach der in einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sind gegenwärtig Erfolgsaussichten der am 08.11.2004 in der Hauptsache erhobenen Klage (Az: S 34 KR 318/04) nicht ersichtlich; es lässt sich nicht feststellen, dass der Bescheid vom 28.10.2004 rechtswidrig ist. Die AG in hat sich bei der Festlegung der Stichprobengröße, gegen die sich die ASt in insbesondere wendet, auf das eingeholte unabhängige, ausführlich begründete wissenschaftliche Gutachten von Prof. Dr. L gestützt. Weder hat die Ast in ein Gegengutachten vorgelegt noch substantiiert Einwände gegen das Gutachten von Prof. Dr. L vorgebracht. Ob dessen Aussagen, insbesondere zu Stichprobengröße und -quote, zutreffen, kann dagegen im Hinblick auf die Komplexität der Fragestellung ausschließlich einem Hauptsacheverfahren vorbehalten sein. Im Übrigen spricht gegen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, dass die Prüfdienste im Rahmen der vorgeschriebenen Anhörung keine Bedenken gegen die Methodik geltend gemacht haben.

Bei dieser Sachlage besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 24.10.2004. Die AG in hat zu Recht eine einheitliche Datenerhebung als Grundlage für die Durchführung des Risikostrukturausgleiches angesehen und im Hinblick auf die für sämtliche Krankenkassen mit dem RSA verbundenen finanziellen Auswirkungen eine konsequente Einhaltung der gesetzten Vorgaben durch ausnahmslos alle Krankenkassen als wichtig erachtet. Ansonsten bestünde keine Gewähr für eine zügige und in sich stimmige Abwicklung des Verfahrens, bei der alle Beteiligten denselben Verfahrensgrundsätzen unterworfen sind. Wie die ASt in zu Recht, wenn auch mit anderer Intention, geltend macht, ist das Ziel der AG in fehlerfreie RSA-Bescheide für alle Krankenkassen zu setzen, die auf einer homogenen Datenstruktur beruhen, gefährdet, solange auch nur eine einzige Krankenkasse die angeforderten Datensätze nicht zur Verfügung stellt. Sollte sich die Unrichtigkeit der angewandten Methode - im Hauptsacheverfahren - herausstellen, so müsste einheitlich gegenüber allen Krankenkassen eine Umstellung der methodischen Vorgaben mit den gegebenenfalls damit verbundenen Neuberechnungen erfolgen.

Wesentliche Nachteile sind mit der sofortigen Vollziehung für die ASt in nicht verbunden. Sie hat zwar vorgetragen, dass die Beschaffung der Datensätze für sie mit einem erheblichen finanziellen und personellen Aufwand verbunden sei, dies jedoch nicht konkretisiert. Dass die ASt in in ihrem Bestand gefährdet wäre, hat sie jedenfalls nicht behauptet. Es ist daher nicht ersichtlich, dass der ASt in ein nennenswerter, nicht anders ausgleichbarer Nachteil erwachsen könnte.

Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 08.11.2004 erhobenen Hauptsacheklage nicht in Betracht.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten und die Gerichtskosten beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Streitwert beträgt 5.000 Euro (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-). Dabei legt der Senat mangels anderer Anhaltspunkte den sogenannten Regelstreitwert zugrunde.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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