L 18 R 1120/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 25 R 1197/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 1120/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 10.11.2015 wird zurückgewiesen. Die Beigeladene hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten aus beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Verrechnung von Beitragsansprüchen der beigeladenen Berufsgenossenschaft mit dem Anspruch des Klägers auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Der im März 1949 geborene Kläger war bis 2011 Gesellschafter der Speditionsfirma H H Transporte GmbH, für deren Beitragsschulden er aufgrund selbstschuldnerischer Bürgschaft persönlich haftet. Seit 2007 betrieb er außerdem als Einzelkaufmann ein Transportunternehmen unter der Firma "H I H Transporte e.K.". Unter dieser Firma übernahm er zum 2.8.2011 das Vermögen der H H Transporte GmbH im Wege der Umwandlung durch Verschmelzung (Handelsregisterauszug (HRA) 4300 Amtsgericht (AG) Iserlohn). Der Kläger bezieht von der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (seit 1.1.2016 Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft, Post-Logistik und Telekommunikation; fortan: BG Verkehr) wegen der Folgen zweier Arbeitsunfälle (vom 2.11.1992 und 28.4.1994) 2 Verletztenrenten in Höhe von (im Juli 2012) 259,72 EUR und 1.447,77 EUR. Die BG Verkehr setzte gegenüber dem Kläger als Inhaber der Firma "H I H Transporte e.K." (Arbeitgeber-)Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die Zeit vom 1.1.2010 bis 29.4.2012 in Höhe in Höhe von 10.761,52 EUR (Bescheide vom 10.04.2011, 31.3.2012, 14.4.2012 in der Fassung des Bescheides vom 4.6.2012) und außerdem rückständige Beiträge für seine Unternehmer-Zusatzversicherung in Höhe von 365,87 EUR (Bescheid vom 14.5.2012) bestandskräftig fest. Mit Wirkung zum 9.3.2012 wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzeröffnungsverfahren angeordnet und Rechtsanwalt V H aus X zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt (Beschluss des Amtsgerichts (AG) Hagen vom 9.3.2012, Aktenzeichen (Az) 109 IN 46/12). Ein allgemeines Verfügungsverbot wurde nicht verhängt. Der Kläger beantragte am 13.3.2012 Restschuldbefreiung. Am 30.4.2012 eröffnete das AG Hagen das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma H I H Transporte e.K. und ernannte Rechtsanwalt H zum Insolvenzverwalter (Beschluss vom 30.4.2012). Seit dem 30.4.2012 führt der Insolvenzverwalter das Unternehmen des Klägers mit bis zu sieben Arbeitnehmern. Die Bescheide der BG Verkehr vom 14.5.2012 und 4.6.2012 wurden dem Insolvenzverwalter bekannt gegeben. Mit Beschluss vom 18.12.2015 ordnete das Insolvenzgericht die Prüfung der nach dem Ablauf der Anmeldefrist angemeldeten Forderungen im schriftlichen Verfahren an. Die Beklagte bewilligte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.7.2012 in Höhe von zunächst 474,44 EUR (ab 1.2.2013: 509,08 EUR). Für den Zeitraum vom 1.7.2012 bis 30.11.2012 errechnete sie eine Nachzahlung in Höhe von 2.846,64 EUR, die sie vorläufig einbehielt (Bescheid vom 29.10.2012). Die BG Verkehr rechnete ihre Beitragsforderung in Höhe von 11.127,39 EUR (10.761,52 EUR + 367,85 EUR) mit der höheren der beiden Verletztenrenten des Klägers in Höhe des hälftigen monatlichen Zahlbetrags auf, monatlich also in Höhe von 1.447,77: 2 = 723,89 EUR (Bescheid vom 5.12.2012, Widerspruchsbescheid vom 17.5.2013, Klage anhängig beim SG Dortmund unter dem Az S 21 U 504/13). Im Insolvenzverfahren ist die von der BG Verkehr zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung gegen den Kläger in Höhe von (zuletzt) 10.761,52 EUR in voller Höhe eingestellt worden. Die BG Verkehr ersuchte (außerdem) die Beklagte, die gesamten ausstehenden Beitragsforderungen in Höhe von 16.759,29 EUR (11.127,39 EUR, s.o., zzgl. 5.631,90 EUR rückständige Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung der H H Transporte GmbH für das Jahr 2010) mit der Altersrente des Klägers zu verrechnen (Schreiben vom 15.9. und 2.11.2012). Nach Anhörung des Klägers gab die Beklagte dem Ersuchen statt und verrechnete die Forderung der Beigeladenen ab dem 1.4.2013 in Höhe von monatlich 237 EUR mit der Altersrente des Klägers. Daneben erklärte sie zugunsten der BG Verkehr die Verrechnung i.H. v 1.423,32 EUR mit der hälftigen Rentennachzahlung aus dem Bescheid vom 26.11.2012. Die Voraussetzungen für eine Verrechnung seien erfüllt. Den Nachweis, durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu werden, habe der Kläger nicht geführt (Bescheid vom 14.2.2013). Hiergegen wandte der Kläger im Widerspruchsverfahren ein, dass er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für Teile der zur Verrechnung gestellten Forderung nicht mehr hafte, weil durch das Insolvenzverfahrens seine Verfügungsbefugnis über die laufende Altersrente entfallen sei. Seine persönliche Inanspruchnahme komme daher nicht mehr in Betracht. In Bezug auf die Bescheide vom 31.3.2012 und 4.6.2012 sei er als nicht mehr "handlungsfähig" anzusehen. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 5.7.2013). Mit seiner noch im Juli 2013 erhobenen Klage hat der Kläger sich weiter gegen die Verrechnung gewandt. Die Forderungen der BG Verkehr bezögen sich weit überwiegend auf den Zeitraum nach Stellung des Insolvenzantrages. Soweit Beiträge rückständig seien, die den vorangehenden Zeitraum beträfen, seien diese durch Verrechnung mit der Verletztenrente in der Zwischenzeit erfüllt worden. Soweit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Beiträge zur BG Verkehr zu entrichten gewesen und fällig geworden seien, beträfen sie ausschließlich die Rechtssphäre des Insolvenzverwalters. Sie seien entweder zur Insolvenztabelle anzumelden oder als Masseverbindlichkeiten durch den Insolvenzverwalter zu erfüllen. Das Sozialgericht (SG) hat die BG Verkehr mit Beschluss vom 7.8.2014 beigeladen (fortan: Beigeladene). Der Kläger hat beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 14.2.2013 in Form des Widerspruchsbescheids vom 5.7.2013 aufzuheben. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat Ihre Entscheidung weiter für richtig gehalten. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Das SG hat die Klage abgewiesen: Die Verrechnung sei rechtmäßig. Die Aufrechnung der Beklagten sei nicht nach §§ 95 Abs 1 Satz 3, 96 Abs 1 Nr 1 Insolvenzordnung (InsO) unwirksam. Diese Vorschriften seien nicht anwendbar, da sie nur den pfändbaren Teil der Rente beträfen. Nur pfändbare Forderungen des Schuldners würden Bestandteil der Insolvenzmasse. Nach § 36 Abs 1 Satz 1 InsO gehörten die Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Nach § 36 Abs 1 Satz 2 InsO gelte u.a. § 850c Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Die von der Beklagten verrechneten Teile der Altersrente seien nicht pfändbar, da sie unter der Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO in Höhe von 930 EUR (ab 1.7.2013: 1.045,04 EUR, ab 1.7.2015: 1.073,88 EUR) lägen. Die von der Beklagten verfügte Verrechnung in Höhe von 237 EUR monatlich überschreite nicht die Hälfte der dem Kläger zustehenden laufenden Rente. Gleiches gelte für die Verrechnung mit der Rentennachzahlung. Der Kläger habe eine durch die Verrechnung eintretende Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften über die Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder im Sinne der Vorschriften über die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) nicht nachgewiesen. Die Beklagte habe auch ihr Ermessen gesetzeskonform ausgeübt, da sich aus dem Vortrag des Klägers keine weiterführenden Erkenntnisse zu seinen persönlichen Lebensverhältnissen hätten gewinnen lassen, sondern lediglich Argumente gegen die rechtliche Zulässigkeit der Verrechnung bei laufendem Insolvenzverfahren vorgetragen worden seien (Urteil vom 10.11.2015, zugestellt am 10.12.2015). Mit seiner noch im Dezember 2015 eingelegten Berufung hat der Kläger seinen Aufhebungsanspruch weiter verfolgt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene das an die Beklagte gerichtete Verrechnungsersuchen (ursprünglich über 16.750,29 EUR) um die Beträge von 5.631,90 EUR (Forderung gegen die H H Transporte GmbH, für die der Kläger als Bürge haftet) und 365,87 EUR (Beitragsforderung aus der Zusatzversicherung des Klägers) auf 10.761,52 EUR reduziert, weil jene Forderungen durch Aufrechnung erloschen bzw. niedergeschlagen worden seien. Die Beklagte hat den Bescheid vom 14.2.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.7.2013 entsprechend dahingehend geändert, dass nur noch ein Gesamtbetrag von 10.761,52 EUR zur Verrechnung gestellt werde. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 10.11.2015 zu ändern und den Bescheid vom 14.2.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.7.2013 insgesamt aufzuheben. Die Beklagte und die Beigeladene beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Wegen der Darstellung der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen und die beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Dortmund (Az S 21 U 504/13) und des Amtsgerichts Hagen (Az 109 IN 46/12) Bezug, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG Dortmund die Anfechtungsklage abgewiesen. Der (Verrechnungs-)Bescheid vom 14.2.2013 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.7.2013, § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) beschwert - jedenfalls in Höhe des nur noch streitigen Verrechnungsbetrags von 10.761,52 EUR - den Kläger nicht, § 54 Abs 2 S 1 SGG. I. Gegenstand des Verfahren ist die von der Beklagten zugunsten der Beigeladenen im Bescheid vom 14.2.2013 verfügte Verrechnung sowohl hinsichtlich des zur Verrechnung gestellten Gesamtbetrags als auch hinsichtlich der verfügten monatlichen Verrechnung in Höhe von EUR 237 mit der laufenden Altersrente. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung dem Anfechtungsanspruch des Klägers insoweit Rechnung getragen hat, als sie den Ausgangsbescheid vom 14.2.2013 geändert und nur noch einen Gesamtbetrag von EUR 10.761,52 zur Verrechnung gestellt hat. Dieser Betrag betrifft ausdrücklich nur den Zeitraum bis zum 29.4.2012, dem Tag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die (reine) Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Alt 1 SGG) ist unbegründet, weil der Verrechnungsbescheid formell und materiell rechtmäßig ist, soweit die Beklagte den (Gesamt-)Betrag von EUR 10.761,52 monatlich in Höhe von EUR 237 mit der laufenden Altersrente des Klägers verrechnet, §§ 52 iVm 51 SGB I. II. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hatte den Kläger vor dessen Erlass angehört, § 24 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Die getroffene Regelung ist auch hinreichend bestimmt, § 33 Abs 1 SGB X. Aus dem Verfügungssatz geht für den Kläger vollständig, klar und eindeutig hervor, was die Behörde regeln will, nämlich in welcher Höhe insgesamt und laufend monatlich verrechnet werden soll (vgl LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.1.2013, Az L 16 R 656/12 WA unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 7.2.2012, Az B 13 R 85/09 R). Für den Kläger ist ohne weiteres erkennbar, wann und in welchem Umfang seine Sozialleistungsansprüche und damit korrespondierend die gegen ihn bestehenden Forderungen durch die Verrechnung erlöschen. III. Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig, da die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die verfügte (restliche) Verrechnung vorliegen. Nach § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger (hier die für die Altersrente des Klägers zuständige Beklagte) von einem anderen Leistungsträger (hier der beigeladenen BG Verkehr) ermächtigt werden, dessen Ansprüche gegen einen Berechtigten (hier den Kläger) mit der ihm obliegenden Geldleistung (hier die Altersrente des Klägers) zu verrechnen, soweit eine Aufrechnung nach § 51 SGB I zulässig ist. Nach § 51 Abs 1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen - hier auf Rentenauszahlung - mit Ansprüchen (jeder Art) gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen und - wie hier - mit Beitragsansprüchen nach dem SGB kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch (SGB II) wird, § 51 Abs 2 SGB I. Für eine Aufrechnung müssen außerdem die (sonstigen) allgemeinen Voraussetzungen des - entsprechend anzuwendenden - § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorliegen, d.h. die Forderungen müssen gleichartig, fällig und erfüllbar sein (sog. Verrechnungslage). Hier liegen alle Voraussetzungen der §§ 52, 51 Abs 2 SGB I, 387 BGB vor. 1. Bei der monatlich gezahlten Altersrente des Klägers handelt es sich um eine laufende Geldleistung im Sinne der §§ 51 Abs 2, 11 S 1, 23 Abs 1 Nr 1 b) SGB I, weil sie monatlich und damit regelmäßig wiederkehrend für bestimmte Zeiträume gezahlt wird. Das gilt auch für die einbezogene hälftige Nachzahlung in Höhe von EUR 2.846,64 (Leistungszeitraum 1.7.2012-31.12.2012). Denn dadurch, dass eine monatlich zu zahlende Geldleistung nachträglich in einer Summe geleistet wird, verliert sie nicht den Charakter einer laufenden Geldleistung (vgl dazu Urteil des Senats vom 27.3.2012, Az L 18 KN 233/10 mwN, juris Rdnr 27). Die Altersrente des Klägers ist - wie durch den (bestandskräftigen) Bescheid vom 29.10.2012 festgestellt - bereits entstanden und ohne Weiteres erfüllbar; sie muss - anders als die Gegenforderung - noch nicht fällig sein (vgl. Pflüger in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 51 SGB I, Rdnr 37). 2. Bei der von der Beigeladenen geforderten Leistung (Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung) handelt es sich um eine gleichartige (Geld-)Forderung. Diese Gegenforderung ist wirksam entstanden und fällig. Die streitigen Beiträge sind nämlich durch Bescheide der Beigeladenen vom 10.4.2011, 31.3.2012, 14.5.2012 und zuletzt und maßgeblich durch den Bescheid vom 4.6.2012 bestandskräftig festgesetzt worden. Diese Bescheide sind dem Kläger - bzw. nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 30.4.2012 dem Insolvenzverwalter - wirksam bekannt gegeben worden. Bescheide, die - wie hier - die Insolvenzmasse betreffen, sind nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Insolvenzverwalter zu richten (vgl. BSGE 92, 1ff und 67, 143, 153 = SozR 3-1200 § 52 Nr 1; Mock, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Auflage 2015, § 80 InsO Rdnr 68). Das beruht darauf, dass der Insolvenzverwalter nach den gesetzlichen Vorgaben jeweils für und gegen die Masse bzw. für und gegen den Schuldner handelt. Er ist allein berechtigt und verpflichtet, das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen zu verwalten und im Interesse der Insolvenzgläubiger zu verwerten; er darf die zugehörigen Gegenstände in Besitz nehmen und darüber verfügen (§§ 80 Abs 1, 148, 159 InsO). Seine Aufgaben nimmt der Insolvenzverwalter als Inhaber eines ihm vom Gericht verliehenen (§ 27 Abs 1 InsO) privatrechtlichen Amtes zwar im eigenen Namen, aber mit Wirkung für und gegen den Insolvenzschuldner wahr (sog. Amtstheorie, vgl Mock, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Auflage 2015, § 80 InsO Rdnr 57 mwN). Die Verfügungsbefugnis wird dabei von der Rechtsinhaberschaft abgespalten und geht auf den Insolvenzverwalter über. Sämtliche Rechtshandlungen, die der Insolvenzverwalter innerhalb seines gesetzlichen Aufgabenkreises vornimmt oder die ihm gegenüber vorgenommen werden, wirken für und gegen den Schuldner (vgl. Mock, in: Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Auflage 2015, § 80 InsO Rdnr 24-27). Für Zeiträume, in denen bereits ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter (ab 9.3.2012) bestellt worden war, ist die Bekanntgabe der Bescheide an den Kläger ausreichend, da ein Verfügungsverbot in dieser Zeit (noch) nicht bestand. 3. Die Beigeladene hat die Beklagte wirksam ermächtigt, ihre Ansprüche gegen den Leistungsberechtigten geltend zu machen. Die Ermächtigung ist eine empfangsbedürftige, öffentlich-rechtliche Willenserklärung. Sie gibt dem ersuchten Leistungsträger die Befugnis, im eigenen Namen über ein Recht des ersuchenden Leistungsträgers zu verfügen, indem er dessen Gegenanspruch durch Aufrechnung mit seiner Hauptforderung zum Erlöschen bringt. Hier hat die Beigeladene die Beklagte unter dem 15.9./2.11.2012 schriftlich und im Verhandlungstermin mündlich zur Verrechnung restlicher Beitragsansprüche in Höhe von 10.761,52 EUR ermächtigt. Gegenüber dem leistungsberechtigten Kläger ist die Verrechnung als besondere Form der Aufrechnung durch eine Erklärung der von der Beigeladenen ersuchten Beklagten entsprechend § 388 Satz 1 BGB zulässig. Dabei durfte die Beklagte als Rentenversicherungsträger mit dem Rentenanspruch des Klägers auch künftige Rentenzahlungsansprüche mit Wirkung für den jeweiligen Zeitpunkt ihres Entstehens verrechnen (vgl. § 118 Abs 1 SGB VI; vgl. Pflüger in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 52 SGB I, Rdnr 40). Die Verrechnung durfte - wie geschehen - grundsätzlich durch Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) erfolgen (BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4 und BSG SozR 4-1200 § 52 Nr 5; zuletzt BSG in: Die Beiträge (Zeitschrift) 2013, 139ff). Die Beklagte bedurfte dazu keiner über § 52 SGB I hinausgehenden Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsakts, weil sich ihre Befugnis aus der Gesetzessystematik und der Eigenart des Rechtsverhältnisses selbst ergibt. 4. Die Beklagte hat das ihr (auf der Rechtsfolgenseite) obliegende Ermessen pflichtgemäß ausgeübt, § 39 Abs 1 SGB I. Die einseitig durch Verwaltungsakt geregelte Verrechnung steht - ebenso wie die Aufrechnung - im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers (BSG SozR 4-1200 § 52 Nr 5; BSGE 52, 98, 102 = SozR 1200 § 51 Nr 11; BSG SozR 1200 § 51 Nr 5; BSGE 64, 17, 23 = SozR 1200 § 54 Nr 13; Seewald in: Kasseler Komm, SGB I, § 51 RdNr 13a, Stand März 2016; Pflüger in juris PK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 51 RdNr 64-67, Stand Juni 2013 mwN). Die Beklagte hat ihr Ermessen - wenn auch sehr pauschal, so doch im Ergebnis noch rechtsfehlerfrei - ausgeübt, indem sie festgestellt hat, dass die Verrechnung (auch) angemessen sei. Dies genügt im vorliegenden Fall, da Tatsachen, die zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind. 5. Der Verrechnung stehen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht entgegen. Nach § 52 iVm § 51 Abs 2 SGB I ist eine Verrechnung bis zur Hälfte der laufenden Geldleistungen zulässig, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des SGB II wird. Die Aufrechnung wird danach in doppelter Hinsicht begrenzt: Sie ist nur bis zur Hälfte der zustehenden laufenden Hauptforderung zulässig und auch in diesem Rahmen jedenfalls auf einen Betrag beschränkt, der dem Berechtigten noch die Mittel des notwendigen Lebensunterhalts iS des SGB XII/SGB II belässt. Die hälftige Grenze hat die Beklagte beachtet. Der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat trotz eines entsprechenden Hinweises nicht einmal behauptet, durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne des § 51 Abs 2 SGB I zu werden. Das ist in Anbetracht seiner Verletztenrenten auch fernliegend. 6. Entgegen der Auffassung des Klägers ist ohne Belang, dass die Verrechnung während eines laufenden Insolvenzverfahrens erfolgt ist (vgl dazu im Einzelnen BSGE 90, 1ff mwN). Dabei kann dahinstehen, ob dies auch für den pfändbaren Teil einer Altersrente gälte (s dazu BSG aaO). Hier gilt eine insolvenzrechtliche Beschränkung, etwa nach §§ 95 Abs 1 Satz 3, 96 Abs 1 Nr 1 InsO, schon deshalb nicht, weil die Beklagte mit (anteiligen) Forderungen verrechnet, die von vornherein nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegen. Nach § 96 Abs 1 Nr 1 InsO ist die Aufrechnung (und damit auch eine Verrechnung, BSG aaO mwN) unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist. Diese Vorschriften sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da sie allenfalls den pfändbaren Teil einer Rente erfassen. Nur pfändbare Forderungen des Schuldners werden Vermögensbestandteil der Insolvenzmasse. Nach § 36 Abs 1 Satz 1 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Nach § 36 Abs 1 Satz 2 InsO gilt ua § 850c ZPO entsprechend. Die von der Beklagten verrechneten Anteile der Rente sind nicht pfändbar, da sie unter der Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO liegen. Dies gilt selbst dann, wenn die (Alters- und Verletzten-)Renten des Klägers zusammengerechnet würden. In einem solchen Fall müsste der pfändungsfreie Betrag zunächst aus der Altersrente entnommen werde, weil diese die sicherere und beständigere Sozialleistung ist (Gedanke aus § 850e Nr 2 S 2, Nr 2a S 2 ZPO, vgl Stöber in: Zöller. ZPO. Kommentar. 31. Aufl 2015, § 850e Rdnr 6). Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 153 Abs 2 SGG. 7. Andererseits muss die Pfändungsfreigrenze (§ 54 Abs 3 bis 5 SGB I iVm der ZPO) bei der Verrechnung nicht zugunsten des Klägers beachtet werden, § 51 Abs 2 SGB I. Die im bürgerlichen Recht bestehende Verknüpfung von Aufrechenbarkeit und Pfändbarkeit (§ 394 BGB) besteht aus sozialpolitischen und verwaltungstechnischen Gründen im SGB I nicht. Sozialleistungsträger werden vielmehr gegenüber anderen Gläubigern privilegiert (vgl grundlegend BSGE 45, 271, 273 ff = SozR 1200 § 51 Nr 3 S 4 ff; BSG SozR 1200 § 51 Nr 5 S 10 f; BSGE 78, 132, 135 f = SozR 3-1200 § 51 Nr 5 S 17 f; BSG SozR 4-1200 § 52 Nr 5). B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S 1, 193 Abs 1 S 1 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass nach den Angaben der Beigeladenen das Verrechnungsersuchen bereits vor Klageerhebung nur noch in Höhe von 10.761,52 EUR rechtmäßig war, die Beigeladene dem aber erst im Termin zur mündlichen Verhandlung Rechnung getragen hat. C. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Maßgeblich für die Entscheidung sind die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.

Allgeier Mink Dr. Hecheltjen

Beglaubigt

Mitsaraki Regierungsbeschäftigte
Rechtskraft
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