L 7 AS 1357/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 1125/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1357/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29.06.2015 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs des Klägers. Allein umstritten ist dabei, ob im Zeitraum vom 11.08.2008 bis zum 31.01.2009 Einkommen des Klägers aus einer selbständigen Tätigkeit als Übersetzer und Dolmetscher erzielt wurde und anzurechnen ist.

Der am 00.00.1944 geborene Kläger ist in Indien geboren und deutscher Staatsangehöriger. Von Mai 2000 bis 2009 war er in Q selbständig als Übersetzer und Dolmetscher tätig. Er und seine am 00.00.1969 geborene Ehefrau, die die marokkanische Staatsangehörigkeit besitzt, beantragten am 11.08.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten. Für ihre Wohnung hatten sie monatlich 475,- EUR (375,- EUR Grundmiete und 100,- EUR Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung) zu zahlen. Im selben Haus hatte der Kläger ab dem 01.08.2008 Gewerberäume zu monatlich 416,50 EUR (250,- EUR Grundmiete, 100,- BK-Vorauszahlung, 66,50 EUR Umsatzsteuer) angemietet. Der Kläger führte im streitigen Zeitraum zwei Konten, eines davon nutzte er für die Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit (im Folgenden: Geschäftskonto).

Mit Bescheid vom 26.09.2008 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.02.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seiner Frau vorläufig Leistungen für die Zeit vom 11.08.2008 bis zum 31.01.2009, davon dem Kläger bis Dezember 2008 monatlich 277,50 EUR (237,50 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung, 40,- EUR Regelbedarfe), für August 2008 anteilig 194,25 EUR (166,25 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung, 28,- EUR Regelbedarfe), für Januar 288,28 EUR (237,50 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung, 50,78 EUR Regelbedarfe). Bei der Berechnung der Leistungen legte der Beklagte ein voraussichtliches Einkommen aus der Tätigkeit als Dolmetscher von 790,- EUR zugrunde, wie es der Kläger bei Antragstellung geschätzt hatte.

In der Zeit vom 01.08.2008 bis zum 31.01.2009 führte der Kläger jeweils mit dem Verwendungszweck "Eigenbedarf" Umbuchungen von seinem Geschäftskonto auf sein privates Konto iHv insgesamt 6.700,- EUR durch, davon am 05.08.2008 500,- EUR, am 05.09.2008 1.000,- EUR, am 06.10.2008 1.000 EUR, am 05.11.2008 1.000,- EUR, am 02.12.2008 1.200,- EUR, am 05.12.2008 1.000 EUR und am 05.01.2009 1.000,- EUR. Am 05.12.2008 zahlte er vom privaten Konto 1.200,- EUR auf das Geschäftskonto mit dem Verwendungszweck "Eigenbedarf Rückzahlung".

Der Kläger legte die für die endgültige Festsetzung maßgeblichen Unterlagen vor. Nach der Betriebswirtschaftlichen Auswertung erzielte er im August 2008 ein Betriebsergebnis von - 167,43 EUR, im September 2008 von - 1.702,65 EUR, im Oktober 2008 von - 268,09 EUR, im November 2008 von 701,46 EUR, im Dezember von - 37,30 EUR und im Januar 2009 von 640,36 EUR. Mit Bescheid vom 14.07.2010 setzte der Beklagte Leistungen für den streitigen Zeitraum endgültig fest. Es seien Änderungen für den Kläger und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen eingetreten. Der Kläger habe einen Gewinn iHv 916,67 EUR monatlich aus selbständiger Tätigkeit erzielt. Insgesamt sei es zu einer Überzahlung von 644,10 EUR gekommen. Bevor er einen Erstattungsbescheid erlasse, gebe er die Möglichkeit, hierzu bis zum 13.08.2010 Stellung zu nehmen. Die Leistungen setzte er dem Kläger und seiner Frau gegenüber wie folgt fest: Für die Zeit vom 11.08.2008 bis 31.08.2008 iHv jeweils 154,70 EUR, für die Zeit vom 01.09.2008 bis 31.12.2008 iHv jeweils 221,- EUR monatlich und für Januar 2009 dem Kläger gegenüber iHv 233,99 EUR und der Ehefrau gegenüber iHv 253,01 EUR (237,50 EUR Regelbedarfe und 15,51 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Den Berechnungen legte er ein Einkommen des Klägers iHv 916,67 EUR zugrunde. Dabei ging er davon aus, dass aus der selbständigen Tätigkeit mit Blick auf die nach Auswertung der Gewinn- und Verlustrechnung anerkennungsfähigen Ein- und Ausgaben im streitigen Zeitraum ein Verlust von 1.788,43 EUR erzielt wurde. Der Kläger habe aber Privatentnahmen iHv insgesamt 6.700,- EUR getätigt, 1.200,- EUR habe er für betriebliche Zwecke zurückgezahlt. Die verbleibenden 5.500,- EUR seien als Einkommen zu bewerten, es seien monatlich 916,67 EUR anzurechnen. Zu den Privatentnahmen rechnete der Beklagte auch die am 05.08.2008 getätigte Entnahme iHv 500,- EUR.

Gegen "die Bescheide vom 14.07.2010" erhob der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.02.2011 wies der Beklagte den Widerspruch (nur) des Klägers zurück. Der Kläger habe 1.026,86 EUR monatliches Einkommen erzielt. Nachgewiesen seien Einnahmen iHv 10.318,32 EUR (Honorare) und 507,- EUR (Untervermietung des Büros) und Ausgaben iHv 13.187,47 EUR. Nicht anerkennen könne man die Mietkaution und die Steuerberaterkosten für die Einkommenssteuererklärung 2007. Die Fahrtkosten könnten nur im Umfang von 2638 km mit je 0,10 EUR je gefahrenen km (und damit mit 263,80 EUR) abgesetzt werden, da nur ca. ein Drittel der Fahrten betrieblich veranlasst worden seien. Der Kläger habe weitere Einnahmen durch Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits auf seinem Geschäftskonto erzielt. Zu den Betriebseinnahmen gehörten auch Kreditzuflüsse. Dies führe nicht zu einer Benachteiligung, da notwendige Tilgungsleistungen den Einnahmen gegenüber gestellt würden. Auf die finanzgerichtliche Rechtsprechung zum Zwei-Konten- bzw. Gemischtkontokorrentmodell sei nicht abzustellen. Zwischen Betriebs- und Privatvermögen werde im SGB II nicht unterschieden. Die Kreditlinie auf dem Geschäftskonto sei dem Kläger allein wegen seiner selbständigen Tätigkeit eingeräumt worden. Die Einnahmen seien nicht nur in Höhe der Differenz zwischen Ein- und Ausgaben (2.625,95 EUR) zu berücksichtigen, vielmehr seien sämtliche nicht als Betriebsausgaben erfassten Abbuchungen und Ausgaben (iHv 6.678,32 EUR) zu berücksichtigen. Bei den Zahlungen für Kraftfahrzeug- und Kraftstoffkosten gelte dies nur, soweit sie nicht im Betrag von 2.625,95 EUR enthalten, also den privaten Fahrten zuzurechnen seien. Abzusetzen seien die Einzahlungen auf das Konto iHv 1.200,- EUR. Die Auszahlung und Rückbuchung weiterer Einzelbeträge von 1.200,- EUR und 475,- EUR blieben rechnerisch unberücksichtigt. Danach seien Kredite iHv 5.478,32 EUR geflossen, denen keine Betriebsausgaben gegenüber stünden. Der Gesamtkredit von 8.104,27 EUR entspreche der Differenz zwischen Anfangs- und Endkontostand (- 104,32 EUR und - 8.208,59 EUR). Ferner seien Bareinnahmen anhand des Kassenbuchs iHv 1.881,67 EUR nachgewiesen und Ausgaben iHv 1.198,83 EUR. Danach verbleibe ein Gesamteinkommen von 6.161,16 EUR (5.478,32 EUR und 682,84 EUR), nach Verteilung auf einen Sechsmonatszeitraum gem. § 3 Abs. 4 Alg II-V damit monatlich iHv 1.026,86 EUR. Abgesetzt würden die tatsächlich geleisteten Einkommenssteuervorauszahlungen iHv monatlich 41,33 EUR, nicht jedoch die Nachzahlungen für die Zeiträume vor Antragstellung, ein Grundfreibetrag von 100,- EUR und ein Einkommensfreibetrag von 162,69 EUR. Zu berücksichtigen sei daher ein monatliches Einkommen von 722,84 EUR. Damit ergebe sich ein noch niedrigerer Leistungsanspruch als der mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte. Hierbei solle es jedoch verbleiben.

Am 14.03.2011 hat der Kläger Klage erhoben. Im stünden ungekürzt Leistungen zu, da er für sich und seine Familie nicht genügend zum Lebensunterhalt erwirtschaftet habe. Seine Tätigkeit habe er aufgegeben. Im Bewilligungszeitraum habe er "keinerlei Aktiva" mehr erwirtschaftet. Bei der D-bank habe er noch Schulden von ca. 15.000,- EUR, beim Finanzamt seien es 6.500,- EUR gewesen. Das von der Beklagten zugrunde gelegte Einkommen habe er nie erwirtschaftet, die D-bank habe das Überziehungslimit erheblich aufstocken müssen.

Der Beklagte hat mit Bescheiden vom 30.09.2014 gegenüber dem Kläger eine Erstattungsforderung von 319,84 EUR und der Ehefrau von 324,26 EUR geltend gemacht. Hiergegen haben Kläger und Ehefrau Widerspruch erhoben. Das Widerspruchsverfahren ruht mit Hinblick auf das vorliegende Verfahren.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 14.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2011 teilweise aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für August 2008 387,45 EUR und für September 2008 bis Januar 2009 monatlich 553,50 EUR zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach der Alg II-V sei das Einkommen unabhängig von steuerlichen Regelungen zu ermitteln. Ein Kontokorrentkredit müsse wie ein Darlehen behandelt und daher als Einnahme berücksichtigt werden. Bei den Entnahmen handele es sich um "bereite Mittel".

Mit Urteil vom 29.06.2015 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 14.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2011 teilweise aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger für August 2008 387,45 EUR und für September 2008 bis Januar 2009 monatlich 553,50 EUR zu bewilligen. Darlehen seien wegen der Rückzahlungsverpflichtung nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dies könne für betriebliche Darlehen nicht anders sein.

Gegen das am 23.07.2015 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 07.08.2015 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe seiner Entscheidung eine Fassung der Alg II-V zugrunde gelegt, die im streitigen Zeitraum noch nicht existiert habe. Nach der bis zum 01.07.2011 gültigen Alg II-V seien auch Kreditzuflüsse zu den Betriebseinnahmen zu zählen. Der Kläger habe die Entnahmen für private Zwecke verwendet, es handele sich um "bereite Mittel". Soweit der Kläger vortrage, der Kredit sei nicht betrieblich veranlasst gewesen, sondern für den Eigenbedarf bestimmt, ändere dies nichts daran, dass er für betriebliche Zwecke gewährt worden sei.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29.06.2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, dessen wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Beteiligter auf Klägerseite ist allein der Kläger. Zwar sind nach Rechtsprechung des Senats prozessuale Anträge so auszulegen, dass ein Begehren eines Rechtsmittelführers möglichst weitgehend zum Tragen kommt (Urteil des Senats vom 25.08.2016 - L 7 AS 1942/13; LSG Nordrhein-Westfalen Beschlüsse vom 29.08.2013 - L 19 AS 1342/12 B, 1344/12 B und 1345/12 B; vgl. auch BSG Urteile vom 02.07.2009 - B 14 AS 75/08 R und vom 23.03.2010 - B 14 AS 6/09 R). Entscheidend gegen eine Klageerhebung durch die Ehefrau spricht aber, dass diese Klage mangels abgeschlossenen Vorverfahrens unzulässig wäre. Durch Erhebung des Widerspruchs gegen den an den Kläger und dessen Ehefrau gerichteten Bescheid vom 14.07.2010 hat auch die Ehefrau wirksam Widerspruch erhoben. Dies folgt bereits aus § 38 SGB II in der damals geltenden Fassung (aF), wonach vermutet wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige, hier also der Kläger, bevollmächtigt ist, Leistungen auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Die Vermutung erfasst alle Verfahrenshandlungen, die mit der Antragstellung und der Entgegennahme der Leistungen zusammenhängen und der Verfolgung des Antrags dienen, mithin auch die Einlegung eines Widerspruchs (BSG Urteile vom 02.07.2009 - B 14 AS 54/08 R und vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R). Dass der Bevollmächtigte des Klägers auch im Namen der Ehefrau Widerspruch erheben wollte, ergibt sich auch daraus, dass er gegen die "Bescheide", also die Entscheidung des Beklagten gegenüber dem Kläger und der Ehefrau, Widerspruch erhoben hat. Der Beklagte hat aber nur über den Widerspruch des Klägers entschieden. Dem Rubrum des Widerspruchsbescheides ist zu entnehmen, dass sich dieser nur an den Kläger richtet. Auch den Gründen ist nicht eindeutig zu entnehmen, dass der Beklagte den Widerspruchsbescheid auch an die Ehefrau des Klägers adressieren wollte. Vielmehr wird ausdrücklich zwischen dem Kläger (dem "Mandanten") und seiner "Ehegattin" bzw. der "mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Person" unterschieden. Damit ist über den Widerspruch der Ehefrau des Klägers noch nicht entschieden und ihr Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen.

Die Berufung des Beklagten zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft. Das Sozialgericht hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger insgesamt 3.154,95 EUR zu bewilligen, mit der angefochtenen Entscheidung wurden insgesamt 1.051,69 EUR endgültig festgesetzt. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist dahingehend zu verstehen, dass statt des Betrags in der angefochtenen Entscheidung für den Kläger Leistungen in Höhe der im Urteil aufgeführten Beträge endgültig festgesetzt werden sollen. Damit ergibt sich eine Differenz von 2.103,26 EUR, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt die erforderlichen 750,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

Der Erstattungsbescheid vom 30.09.2014 gegenüber dem Kläger ist nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, da er die endgültige Festsetzung weder abändert noch ersetzt.

Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Beklagten zu Recht zur (endgültigen) Bewilligung von monatlichen Leistungen iHv 553,50 EUR, für August 2008 anteilig iHv 387,45 EUR, an den Kläger verurteilt.

Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II aF), war erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 SGB II) und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Zudem war er auch hilfebedürftig iSd § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II iVm § 9 SGB II aF). Er verfügte über kein zu berücksichtigendes Vermögen. Entgegen der Auffassung des Beklagten verfügte er auch nicht über anrechenbares Einkommen.

Lässt man den hier allein streitigen Kontokorrentkredit außer Acht, hat der Kläger mit seiner selbständigen Tätigkeit im streitigen Zeitraum keinen Gewinn erzielt. Hinsichtlich der Einnahmen und nachgewiesenen Ausgaben nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid. Danach hat der Kläger an Einnahmen Honorare iHv 10.318,32 EUR und aus der Untervermietung des Büros iHv 507,- EUR erzielt. Dem stehen Ausgaben iHv 13.187,47 EUR zugrunde.

Das Ausnutzen des auf dem Geschäftskonto von der D-bank eingeräumten Kontokorrent- bzw. Dispositionskredits stellt keine betriebliche Einnahme dar.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II aF sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Das Einkommen Selbständiger ist nach § 11 SGB II aF, § 3 der auf § 13 SGB II aF gestützten Alg II-V in der bis zum 31.07.2009 gültigen Fassung (aF) zu berechnen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Alg II-V aF ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Alg II-V aF alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum zufließen. Zur Berechnung des Einkommens sind nach § 3 Abs. 2 Alg II-V aF von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Einkommen iSd § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte. Nur der wertmäßige Zuwachs stellt Einkommen iS des § 11 Abs. 1 SGB II dar, ein Darlehen ist keine Einnahme in Geld oder Geldeswert (BSG Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R).

Der Kläger hat durch Ausnutzen des Kontokorrentkredites ein Darlehen iSd § 488 BGB von seiner Bank in Anspruch genommen, das er zurückzuzahlen hat. Bereits aus diesem Grund kann das Darlehen als Einkommen keine Berücksichtigung finden. Vorliegend ist auch kein Grund dafür erkennbar, die vom BSG aufgestellten Grundsätze nicht auf das vom Kläger durch Inanspruchnahme des eingeräumten Kontokorrentkredits auf seinem Geschäftskonto erhaltene Darlehen anzuwenden. Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt schon keine Betriebseinnahme aus selbständiger Tätigkeit vor. Das Darlehen entspringt nicht aus der selbständigen Tätigkeit, es hat auch keinen objektiven Anknüpfungspunkt zu ihr. Der einzige mögliche Anknüpfungspunkt zur selbständigen Tätigkeit des Klägers ist der Umstand, dass der Kläger den ihm auf dem Geschäftskonto eingeräumten Kontokorrentkredit ausgenutzt hat. Dies reicht für eine verbindliche Zuordnung zur ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht aus. Der Kläger ist als Dolmetscher bei der Ausübung dieses freien Berufs (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) nicht buchführungspflichtig (vgl. BFH Urteil vom 09.11.2000 - IV R 18/00) und damit auch nicht verpflichtet, neben seinem privaten Konto ein "Geschäftskonto" zu führen. Der Kläger hat den Kontokorrentkredit auch nicht zu betrieblichen Zwecken ausgenutzt, etwa durch Tätigung von Investitionen oder nur zur Tilgung von Schulden, die aus der Tätigkeit als Dolmetscher resultieren, sondern ihn zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwendet. Damit hat er auch subjektiv keinen betrieblichen Verwendungszweck angenommen.

Da bereits kein betriebliches Darlehen vorlag, kommt es auf die Frage, ob betriebliche Darlehen nach § 3 Alg II-V aF als Betriebseinnahmen zu werten sind (so vor Vorliegen der Urteilsgründe des Urteils des BSG vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 24.11.2010 - L 19 AS 1754/10 B ER, ebenso Geiger in LPK-SGB II, 6. Aufl., § 11 Rn. 80) oder die nunmehr aus § 3 Abs. 3 Alg II-V folgende Regelung, dass betriebliche Darlehen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, schon zuvor gelten sollte und die Regelung zu betrieblichen Darlehen nur zur Klarstellung aufgenommen wurde (so mit überzeugender Begründung unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Gesetzgebers LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.06.2015 - L 25 AS 3370/13; im Ergebnis ebenso, ebenfalls mit überzeugender Begründung LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 23.04.2012 - L 9 AS 757/11) nicht an.

Da der Kontokorrentkredit nicht als Einnahme zu werten ist, hat der Kläger kein anrechenbares Einkommen erzielt. Unter Zugrundelegung des vom Beklagten im Widerspruchsbescheid errechneten Verlusts von 2.625,95 EUR verbleibt auch dann kein anrechenbares Einkommen, wenn man zusätzlich die Bareinnahmen anhand des Kassenbuchs iHv 1.881,67 EUR abzüglich der getätigten Ausgaben iHv 1.198,83 EUR hinzu rechnet. Die Bedarfsberechnung des Sozialgerichts ist zutreffend, die Höhe der zugesprochenen Leistungen daher nicht zu beanstanden.

Der Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§ 160 SGG). Die Frage, ob ein Darlehen als Einkommen zu berücksichtigten ist, ist geklärt (BSG Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R) und hat daher keine grundsätzliche Bedeutung. Selbst wenn man von einem betrieblichen Darlehen ausgehen würde, hätte die Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Denn der Gesetzgeber hat die Regelung geändert, betrieblich veranlasste Darlehen sind danach einkommensneutral zu betrachten.
Rechtskraft
Aus
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