L 1 KR 789/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 569/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 KR 789/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.11.2015 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Ausstellung von quartalsbezogenen Berechtigungsscheinen anstelle von Einzelfallnachweisen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Der Kläger war bis zum 31.07.2017 bei der Beklagten aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gesetzlich krankenversichert. Er wandte sich in einem vom Senat am 28.11.2017 ebenfalls entschiedenen Berufungsverfahren (L 1 KR 398/14) gegen die gesetzliche Obliegenheit, vor Beginn einer ärztlichen- oder zahnärztlichen Behandlung eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen auszuhändigen (§ 15 Abs. 2 i.V.m. § 291 ff. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch ( SGB V)), und begehrte die Feststellung, dass er von der Beklagten Sachleistungen auch über den 31.12.2013 hinaus beziehen konnte, ohne eine eGK vorzulegen. Mehrfach weigerte er sich gegenüber der Beklagten, ein Lichtbild für die Ausstellung einer eGK zur Verfügung zu stellen.

Mit Schreiben vom 26.08.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie ihn ab dem 01.01.2015 für jeden geplanten Arztbesuch mit einer entsprechenden Einzelfallbestätigung versorgen werde. Der Kläger solle vorab den Termin, den Namen und die Adresse des Arztes telefonisch mitteilen. Dann sende ihm die Beklagte umgehend eine Einzelfallbestätigung zu. Das Schreiben enthielt ferner folgenden Zusatz:

"Bitte beachten sie:

Legen gesetzlich Krankenversicherte ab Januar 2015 keine eGK beim Arzt vor, werden sie trotzdem weiter behandelt. Hierauf weisen Krankenkassen und Ärzte ausdrücklich hin. Das Procedere des Versicherungsnachweises und der Abrechnung beim Arzt wird dadurch jedoch erschwert. In diesem Fall gelten folgende Regelungen in der Arztpraxis:

- Kann der Versicherte innerhalb von zehn Tagen nach der Behandlung dem Arzt eine zum Zeitpunkt der Behandlung gültige eGK vorlegen oder seinen zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden Leistungsanspruch von der zuständigen Krankenkasse anderweitig nachweisen, wird der Arzt keine Privatrechnung erstellen. Es erfolgt die normale Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung mit der Krankenkasse.
- Kann der Versicherte innerhalb von zehn Tagen o. g. Versicherungsnachweis nicht erbringen, ist der Arzt berechtigt, dem Versicherten eine Privatvergütung in Rechnung zu stellen.
- Wenn dem Arzt bis zum Ende des Quartals, in dem die Behandlung erfolgte, eine zum Zeitpunkt der Behandlung gültige eGK vorgelegt wird oder wenn dem Arzt bis zum Ende des Quartals ein zum Zeitpunkt der Behandlung bestehender Leistungsanspruch des Versicherten von der zuständigen Krankenkasse nachgewiesen wird, ist der Arzt verpflichtet, die Privatvergütung zurückzuerstatten.
- In der Zahnarztpraxis gilt eine etwas abweichende Regelung: Hier besteht für den Versicherten zwar ebenfalls die Möglichkeit, die eGK oder einen anderen Anspruchsnachweis seiner Krankenkasse innerhalb von zehn Tagen nach der Behandlung vorzulegen, sodass vom Zahnarzt keine Privatrechnung gestellt wird. Ein Nachreichen des Versicherungsnachweises bis zum Ende des Quartals, in dem die Behandlung stattgefunden hat, ist in der zahnärztlichen Praxis jedoch nicht vorgesehen."

Der Kläger brachte daraufhin in mehreren Schreiben erneut seinen Unmut unter anderem über die eGK zum Ausdruck. Mit Schreiben vom 21.04.2015 forderte er die Beklagte auf, ihm unverzüglich einen papiergebundenen Anspruchsnachweis, der mindestens bis zum 30.06.2015 gültig ist, zuzusenden. Des Weiteren forderte er die Beklagte auf, ihm zukünftig vor jedem Quartalsende einen solchen Anspruchsnachweis für das jeweils folgende Quartal zuzusenden. Die Verpflichtung der Beklagten hierzu ergebe sich aus der Tatsache, dass sein Gerichtsverfahren gegen die Einführung der eGK noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei.

Mit Bescheid vom 28.04.2015 lehnte die Beklagte die Ausstellung eines quartalsbezogenen Behandlungsscheines ab. Zur Begründung führte sie aus, die Verwendung der eGK zum Nachweis der Leistungsberechtigung sei gesetzlich vorgeschrieben. Sofern der Versicherte bei einer Arzt-/Patienten Begegnung eine gültige elektronische Gesundheitskarte nicht vorlege, könne der Arzt nach Ablauf von zehn Tagen eine Privatvergütung für die Behandlung verlangen, die jedoch zurückzuzahlen sei, wenn dem Arzt bis zum Ende des Quartals eine zum Zeitpunkt der Behandlung gültige elektronische Gesundheitskarte oder ein anderer gültiger Anspruchsnachweis vorgelegt werde (Verweis auf Anl. 4a im 1. Anhang unter Nr. 2 ff. zum Bundesmantelvertrag - Ärzte (BMV-Ä)). Die von der Beklagten zur Verfügung gestellten Einzelberechtigungsnachweise seien an einem bestimmten Behandlungstag beim entsprechenden Arzt gültig. Dafür benötige die Beklagte die Angaben über den Tag der Behandlung sowie den Namen und die Anschrift des behandelnden Arztes. Bei notwendigen Krankenhausbehandlungen und geplanten Arztbesuchen könne sie dem Kläger gerne einen entsprechenden Anspruchsnachweis direkt in die Arztpraxis faxen. Ein kurzer Anruf genüge.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2015 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 06.07.2015 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Zur Begründung hat er auf sein bisheriges Vorbringen gegenüber der Beklagten Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2015 zu verurteilen, ihm einen quartalsweise gültigen Anspruchsnachweis über seine Berechtigung, Sachleistungen bei der Beklagten in Anspruch zu nehmen, jeweils rechtzeitig zum Beginn des Quartals auszuhändigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen und ergänzend auf den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund - S 39 KR 215 ER - und den Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24.07.2015 - L 5 KR 332/15 B ER - i.V.m. dem Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.06.2015 - S 6 KR 152/15 ER - sowie auf die Vereinbarung zum Inhalt und zur Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte vom 01.01.2015 des GKV-Spitzenverbandes und der kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie der kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung vom 09.12.2015 und auf das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 04.10.2013 verwiesen.

Mit Urteil vom 19.11.2015 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2015 verurteilt, dem Kläger quartalsbezogene Berechtigungsnachweise jeweils im Voraus auszustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger müsse in Anbetracht seiner in einem gerichtlichen Verfahren geltend gemachten Einwände gegen die eGK auch ohne Ausstellung einer eGK ein Anspruch auf Ausstellung von Berechtigungsnachweisen zustehen, damit er den ihm im Rahmen seiner versicherungspflichtigen Mitgliedschaft zustehenden Sachleistungsanspruch wahrnehmen könne. Er könne nicht dazu gezwungen sein, die eGK zu nutzen, obwohl er diesbezüglich noch rechtsstaatlich vorgesehene Rechtsmittel verfolge und diese Verfahren noch anhängig seien. Die Möglichkeit der Wahl des Kostenerstattungsverfahrens gemäß § 13 Abs. 2 SGB V stelle demgegenüber kein wirtschaftlich äquivalentes Mittel für die Inanspruchnahme von krankenversicherungsrechtlichen Leistungen dar, da es für die Versicherten in der Regel mit nicht unerheblichen Mehrkosten verbunden sei. Einen sachlichen Grund für eine Beschränkung der Berechtigungsnachweise auf Einzelfallbestätigungen könne die Kammer nicht erkennen. Vielmehr sei das in § 15 Abs. 2 und Abs. 4 SGB V vorgesehene Konzept zu berücksichtigen, dass ohne Krankenversicherungskarte/eGK Krankenscheine bzw. allenfalls befristete Berechtigungsscheine auszuhändigen seien.

Gegen dieses ihr am 04.12.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.12.2015 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei eine Inanspruchnahme von ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen nach § 15 Abs. 1 SGB V nur gegen Vorlage der eGK nach § 291a SGB V als gültiger Anspruchsnachweis möglich. Lediglich für die Inanspruchnahme von anderen Leistungen gemäß § 15 Abs. 3 SGB V sei seitens der Krankenkassen ein Berechtigungsschein nach § 15 Abs. 4 SGB V auszuhändigen. Zur Inanspruchnahme von ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen stünden dem Kläger aktuell folgende Möglichkeiten offen:

1. Individuelle Einzelfallbestätigung durch die Beklagte nach Inanspruchnahme einer ärztlichen und zahnärztlichen Leistung entsprechend der Regelung unter anderem der Anl. 4a BMV-Ä,
2. Individuelle Einzelfallbestätigung durch die Beklagte vor Inanspruchnahme einer ärztlichen und zahnärztlichen Leistung,
3. Kostenerstattungsverfahren nach § 13 SGB V.

Im Übrigen nimmt die Beklagte auf ihr erstinstanzliches und ihr vorprozessuales Vorbringen Bezug.

Nachdem der Kläger seine Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.07.2017 gekündigt hat, hält die Beklagte an ihrer Berufung mit der Begründung fest, der Kläger habe die angefochtene Entscheidung im Internet veröffentlicht, so dass das Interesse der Beklagten an der Beseitigung der Entscheidung fortbestehe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.11.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, es seien Fälle denkbar, in denen es ihm nicht möglich sei, für die dann jeweils anstehende Behandlung den Einzelfallnachweis anzufordern. Denkbar sei dies beispielsweise bei Verkehrsunfällen oder auch bei sonstigen medizinischen Notfällen, die entweder einen Notarzt oder eine Behandlung in der Notaufnahme eines Krankenhauses erforderten. Der Berechtigungsnachweis müsse gerade auch in diesen Fällen vor dem Beginn der Behandlung ausgehändigt werden. Werde ihm der Berechtigungsnachweis - aus welchen Gründen auch immer - nicht rechtzeitig ausgehändigt, werde er zu rechtswidrigem Verhalten geradezu genötigt. Bei Nichtvorlegen des Berechtigungsnachweises bestehe die Gefahr, dass eine notwendige Behandlung nicht zeitnah erfolge oder gar ganz unterbleibe. Wie das SG zutreffend ausgeführt habe, wäre es aufgrund des laufenden Verfahrens L 1 KR 398/14 unzulässig, ihn dazu zu nötigen, entweder auf ihm zustehende Leistungen zu verzichten bzw. dazu, diese privat zu finanzieren oder aber die seiner Auffassung nach verfassungswidrige eGK hinzunehmen. Nach seiner Kündigung sei die Angelegenheit erledigt und die Berufung der Beklagten hinfällig. Im Übrigen setzt sich der Kläger kritisch mit den von der Beklagten bereits erstinstanzlich zitierten gerichtlichen Entscheidungen auseinander.

Die Beklagte hat ohne Anerkennung einer Rechtspflicht in Ausführung des Urteils des SG dem Kläger einen Abrechnungsschein für das 1. Quartal 2016 ausgestellt. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, die Beklagte habe wiederum ihre gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt, weil sie ihn entgegen § 15 Abs. 6 Satz 5 2. Halbsatz SGB V nicht darauf hingewiesen habe, dass eine wiederholte Ausstellung eines solchen Abrechnungsscheins nur in Betracht komme, wenn der Versicherte bei der Ausstellung der eGK mitwirke.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat durfte in Abwesenheit des Klägers mündlich verhandeln und entscheiden, weil dieser in der ihm durch Postzustellungsurkunde zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I. Die Berufung ist ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger seit dem 01.08.2017 nicht mehr Mitglied bei der Beklagten ist, weiterhin zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten ist nicht dadurch entfallen, dass wegen der beendeten Mitgliedschaft die Ausstellung quartalsbezogener Berechtigungsscheine ab dem 01.08.2017 von vornherein nicht mehr in Betracht kommt. Zum einen hat das SG die Beklagte zeitlich unbefristet zur Ausstellung quartalsbezogener Berechtigungsscheine verurteilt. Da der Kläger seine Klage nicht durch eine eindeutige Erklärung für die Zeit ab dem 01.08.2017 zurückgenommen und dementsprechend auch nicht die Wirkungslosigkeit des angefochtenen Urteils insoweit herbeigeführt hat (§ 202 SGG i.V.m. § 269 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO), muss die Beklagte die Möglichkeit haben, ihre unmittelbar aus dem angefochtenen Urteil folgende Verpflichtung für die Zeit ab dem 01.08.2017 zu beseitigen. Zum anderen geht es der Beklagten auch darum, die vom SG ausgesprochene Verpflichtung für die Zeit bis zum Ende der Mitgliedschaft des Klägers zu beseitigen. Dass sie dem Kläger einen Berechtigungsnachweis für das 1. Quartal 2016 ausgestellt hat, ist allein dem nach Maßgabe von § 154 SGG fehlenden Suspensiveffekt der Berufung geschuldet und zeigt keinesfalls, dass sich die Beklagte dem Urteil des SG beugen möchte. Die Beklage hat ein anzuerkennendes Interesse daran, dass durch Aufhebung des angefochtenen Urteils klargestellt wird, dass die Ausstellung quartalsbezogener Berechtigungsscheine ohne Rechtspflicht erfolgte.

II. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben, weil diese unbegründet ist.

1. Die Klage ist nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig, denn das im vorliegenden Verfahren verfolgte Begehren ist nicht Gegenstand des unter dem Aktenzeichen L 1 KR 398/14 anhängig gewesenen Berufungsverfahrens. In diesem Verfahren begehrte der Kläger unter anderem die Feststellung, dass er für die Dauer seiner Mitgliedschaft von der Beklagten Sachleistungen auch ohne Vorlage einer eGK erhalten konnte. Das Verfahren richtete sich nach dem gesamten Vorbringen des Klägers unmittelbar gegen die eGK selbst. Der Kläger machte in diesem Verfahren nicht ausdrücklich die Verpflichtung der Beklagten geltend, ihm ein anderes Nachweisdokument zur Verfügung zu stellen (vergleiche demgegenüber das Klagebegehren in BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 1 KR 35/13 R -, juris Rn. 4). Demgegenüber erstrebt der Kläger in dem vorliegenden Verfahren die Ausstellung bestimmter Berechtigungsnachweise, nämlich quartalsbezogener Berechtigungsnachweise anstelle von Einzelberechtigungsnachweisen, um ohne Vorlage einer eGK weiterhin Sachleistungen der Beklagten in Anspruch nehmen zu können. Dieses auf ein bestimmtes Handeln der Beklagten gerichtete Begehren unterscheidet sich von dem in der Sache negatorischen Begehren im Verfahren L 1 KR 398/14.

Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG.

2. Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des SG wird der Kläger durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausstellung quartalsbezogener Berechtigungsnachweise. Dies gilt nicht nur ohnehin für die Zeit ab dem 01.08.2017, sondern auch für die Dauer der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten bis zum 31.07.2017. Eine Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers hat das SG nicht benannt. Sie ist auch nicht ersichtlich.

a) Im hier streitgegenständlichen Zeitraum kann und konnte der Kläger Leistungen der Beklagten grundsätzlich nur erhalten, indem er den zugelassenen Leistungserbringern eine eGK zum Nachweis seiner Berechtigung vorlegte bzw. vorlegt. Die eGK ist und war im streitgegenständlichen Zeitraum der gesetzlich grundsätzlich allein vorgesehene Nachweis der Leistungsberechtigung.

Nach § 15 Abs. 2 SGB V in der bis zum 28.12.2015 geltenden Fassung (SGB V a.F.) haben Versicherte, die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung in Anspruch nehmen, dem Arzt (Zahnarzt) vor Beginn der Behandlung ihre Krankenversichertenkarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen (§ 291 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 10 SGB V a.F.) oder, soweit sie noch nicht eingeführt ist, einen Krankenschein auszuhändigen, wobei Krankenscheine bereits bis zum 31.12.1994 durch die Krankenversicherungskarte zu ersetzen waren (§ 291 Abs. 1 S. 1 SGB V a.F.). Damit übereinstimmend ordnete § 291 Abs. 1 Satz 3 SGB V a.F. (ähnlich jetzt § 291 Abs. 1 Satz 2 SGB V) an, dass die Krankenversichertenkarte vorbehaltlich § 291a SGB V nur für den Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sowie für die Abrechnung mit den Leistungserbringern verwendet werden darf. Nach § 291a Abs. 1 SGB V a.F. wird die Krankenversicherungskarte bis spätestens zum 1. Januar 2006 zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeit, Qualität und Transparenz der Behandlung für die in § 291a Abs. 2 und 3 SGB V genannten Zwecke zu einer elektronischen Gesundheitskarte erweitert. Gemäß § 291 Abs. 3 SGB V a.F. war es Aufgabe der kassenärztlichen Bundesvereinigungen und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen das Nähere über die bundesweite Gestaltung der Krankenversichertenkarte im Rahmen der Verträge nach § 87 Abs. 1 SGB V zu vereinbaren. Dieser Aufgabe sind der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung in den jeweiligen Vereinbarungen zum Inhalt und zur Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte nachgekommen. Danach ist die Krankenversicherungskarte ab dem 01.01.2014 bzw. spätestens ab dem 01.01.2015 nicht mehr als Nachweis für die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen verwendbar (jeweils § 4 der Vereinbarungen).

Seit dem 29.12.2015 wird dies in § 15 Abs. 2 SGB V unmittelbar geregelt. Zum Nachweis ihrer Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung haben danach Versicherte, die ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen, dem Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeuten vor Beginn der Behandlung ihre eGK zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen auszuhändigen.

b) Ein Anspruch des Klägers auf Ausstellung quartalsbezogene Berechtigungsscheine anstelle der eGK ergibt und ergab sich nicht aus § 15 Abs. 3 SGB V.

Nach § 15 Abs. 3 SGB V stellt die Krankenkasse für die Inanspruchnahme anderer Leistungen den Versicherten Berechtigungsscheine aus, soweit es zweckmäßig ist. Der Berechtigungsschein ist vor der Inanspruchnahme der Leistung dem Leistungserbringer auszuhändigen.

Diese Regelung ermächtigt die Krankenkasse nicht generell zur Ausstellung eines anderen Leistungsberechtigungsnachweises anstelle der eGK. Sie greift von vornherein nur für die Inanspruchnahme "anderer Leistungen" ein. Gemeint sind hiermit nach dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes andere als die in § 15 Abs. 2 SGB V genannten Leistungen, also andere als ärztliche, zahnärztliche oder psychotherapeutische Leistungen. In Betracht kommt die Verwendung von Berechtigungsscheinen insbesondere bei Heilmitteln, Hilfsmitteln, häuslicher Krankenpflege, Krankenhausbehandlung, Soziotherapie, Haushaltshilfe, Krankentransport, sozialpädiatrischen Leistungen, Früherkennungsuntersuchungen und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation (vgl. BT-Drucks 11/2237, S. 164; Didong, in: jurisPK-SGB V, § 15 Rn. 31). Für die vom Kläger begehrte Ausstellung quartalsbezogener Berechtigungsscheine für die Inanspruchnahme ärztlicher oder zahnärztlicher Leistungen im Allgemeinen gibt die Regelung dementsprechend nichts her.

c) Der Kläger kann und konnte auch nicht aufgrund von § 15 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 3 SGB V in der seit dem 29.12.2015 geltenden Fassung beanspruchen, dass ihm quartalsbezogene Abrechnungsscheine jeweils im Voraus ausgestellt werden.

Muss die eGK aufgrund von vom Versicherten verschuldeten Gründen neu ausgestellt werden, kann eine Gebühr von fünf Euro erhoben werden; diese Gebühr ist auch von den nach § 10 SGB V Versicherten zu zahlen (§ 15 Abs. 6 Satz 3 SGB V). Diese Regelung gilt entsprechend, wenn die eGK aus vom Versicherten verschuldeten Gründen nicht ausgestellt werden kann und von der Krankenkasse eine zur Überbrückung von Übergangszeiten befristete Ersatzbescheinigung zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgestellt wird (§ 15 Abs. 6 Satz 4 SGB V). Die wiederholte Ausstellung einer Bescheinigung nach Satz 4 kommt nur in Betracht, wenn der Versicherte bei der Ausstellung der eGK mitwirkt; hierauf ist der Versicherte bei der erstmaligen Ausstellung einer Ersatzbescheinigung hinzuweisen (§ 15 Abs. 6 Satz 5 SGB V).

Aus diesen Vorschriften konnte der Kläger auch bis zum Ende seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Leistung herleiten.

aa) Bei den vom Kläger begehrten quartalsbezogenen Berechtigungsscheinen, die ihm nach seinen Vorstellungen anstelle der eGK jeweils im Voraus und fortlaufend ausgestellt werden sollten, handelt es sich schon nicht um Ersatzbescheinigungen im Sinne der genannten Regelungen. Zwar soll § 15 Abs. 6 Satz 4 SGB V nach dem Willen des Gesetzgebers gerade dann zur Anwendung kommen, wenn Versicherte, wie der Kläger, schuldhaft das für die Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte erforderliche Lichtbild nicht einreichen (vgl. BT-Drucks 18/5293, S. 37). Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 15 Abs. 6 Satz 4 SGB V dient eine Ersatzbescheinigung definitionsgemäß aber nur "zur Überbrückung von Übergangszeiten" und ist zudem nur befristet auszustellen. Eine Ersatzbescheinigung ist dementsprechend von vornherein nicht dazu gedacht, fortlaufend auf unbestimmte Dauer immer wieder neu ausgestellt zu werden. Genau dies erstrebt jedoch der Kläger, wenn er quartalsbezogene Berechtigungsscheine jeweils im Voraus ausgestellt haben möchte. Darüber hinaus kommt eine Ersatzbescheinigung gerade nicht als alternativer Berechtigungsnachweis für solche Personen in Betracht, die, wie der Kläger, die eGK grundsätzlich ablehnen und jegliche Mitwirkung an der Ausstellung einer eGK ablehnen. Dies folgt aus § 15 Abs. 6 Satz 5 SGB V, wonach ein Versicherter eine Ersatzbescheinigung nur dann noch einmal erhalten kann, wenn er bei der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte mitwirkt.

Aus der Hinweispflicht nach § 15 Abs. 6 Satz 5 2. Halbsatz SGB V, deren Nichterfüllung der Kläger anlässlich der während des Berufungsverfahrens in Ausführung des sozialgerichtlichen Urteils erfolgten Ausstellung eines Abrechnungsscheins gerügt hat, folgt jedenfalls für den Kläger nichts anderes. Dem Gesetz kann nicht entnommen werden, dass eine etwaige Nichterfüllung der Hinweispflicht dazu führt, dass Ersatzbescheinigungen ungeachtet fehlender Mitwirkung des Versicherten fortlaufend immer wieder neu auszustellen sind. Denkbar bei Verletzung der Hinweispflicht wäre allenfalls ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Dieser könnte dazu führen, dass einem Versicherten ungeachtet der fehlenden Mitwirkung eine wiederholte Ersatzbescheinigung auszustellen wäre, wenn er bei Erfüllung der Hinweispflicht seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen wäre. Für den Kläger kommt dies jedoch von vornherein nicht in Betracht, weil er sich generell und grundsätzlich weigert, ein Lichtbild für die Erstellung einer eGK zur Verfügung zu stellen. Die Verletzung der Hinweispflicht wäre deshalb im Falle des Klägers nicht kausal für die unterbliebene Mitwirkung.

Der Kläger konnte aufgrund von § 15 Abs. 6 Satz 4 SGB V auch nicht beanspruchen, dass ihm zumindest für ein Quartal ein Berechtigungsnachweis im Voraus erteilt wird. Abgesehen davon, dass die Beklagte für die Erstellung einer Ersatzbescheinigung im Sinne dieser gesetzlichen Regelung eine Gebühr verlangen könnte, deren Zahlung der Kläger wohl ablehnen würde, enthält § 15 Abs. 6 Satz 4 SGB V keine entsprechende Verpflichtung zu Gunsten des Klägers. Bei der Ersatzbescheinigung handelt es sich nach dem Wortlaut des Gesetzes, wie bereits ausgeführt, um einen Nachweis "zur Überbrückung von Übergangszeiten". Die gesetzliche Regelung geht mithin davon aus, dass eine Ersatzbescheinigung nur dann in Betracht kommt, wenn die eGK zwar wegen des Verschuldens des Versicherten noch nicht erstellt werden konnte, aber ihrer Ausstellung nicht grundsätzliche Hindernisse entgegenstehen. Nur dann kann man von Übergangszeiten sprechen, die durch die Ersatzbescheinigung überbrückt werden können. Wenn jedoch ein Versicherter, wie der Kläger, von vornherein jegliche Mitwirkung an der Erstellung der eGK ablehnt und damit die Ausstellung einer eGK auf absehbare Zeit unmöglich macht, kann eine Ersatzbescheinigung von vornherein ihre Funktion nicht erfüllen. In diesem Fall kommt auch die einmalige Ausstellung einer einen längeren Zeitraum umfassenden Ersatzbescheinigung nicht in Betracht.

bb) Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen folgt aus § 15 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 3 SGB V auch auf der Rechtsfolgenseite kein Anspruch des Klägers.

§ 15 Abs. 6 Satz 4 SGB V enthält unmittelbare Regelungen in Gestalt einer Ermächtigung zugunsten der Krankenkasse, Gebühren für die Ausstellung einer Ersatzbescheinigung verlangen zu können. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Ersatzbescheinigung auszustellen ist, regelt die Vorschrift nicht unmittelbar. Sie setzt vielmehr die Erteilung einer Ersatzbescheinigung voraus. § 15 Abs. 6 Satz 5 SGB V wiederum schränkt die wiederholte Ausstellung einer Ersatzbescheinigung ein, enthält also ebenfalls keine positiven tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ersatzbescheinigung. Allerdings setzt der Gesetzgeber offensichtlich die grundsätzliche Befugnis der Krankenkasse zur Ausstellung von Ersatzbescheinigungen voraus. Das Gesetz normiert insoweit aber keinen gebundenen Anspruch. Vielmehr steht die Erteilung einer Ersatzbescheinigung ebenso wie die Erhebung von Gebühren hierbei (vergleiche insoweit BT-Drucks 18/6905, S. 63) in den Grenzen von § 15 Abs. 6 Satz 5 SGB V im Ermessen der Krankenkasse.

Indem die Beklagte den Kläger auf die Ausstellung von Einzelfallberechtigungen verwiesen und die Ausstellung von quartalsbezogenen Berechtigungsscheinen abgelehnt hat, hat sie ihr Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgeübt (vgl. § 39 Abs. 1 SGB I). Versicherte, die sich, wie der Kläger, grundsätzlich weigern, an der Ausstellung einer eGK mitzuwirken und die eGK grundsätzlich ablehnen, würden durch die - unter Umständen auch wiederholte - Ausstellung einer längere Zeiträume umfassenden Ersatzbescheinigung letztlich mit einem alternativen Berechtigungsnachweis ausgestattet, den das Gesetz gerade nicht vorsieht. Damit würde die gesetzliche Vorgabe des § 15 Abs. 2 SGB V letztlich umgangen und der Zweck des Gesetzes konterkariert.

d) Verfassungsrechtliche Erwägungen, auf die das SG seine Entscheidung gestützt hat, führen zu keiner anderen Bewertung.

Zum einen bestehen gegen die eGK keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 1 KR 35/13 R -, juris Rn. 23 ff.; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17.10.2016 - 1 BvR 2183/16 -, juris Rn. 1, sowie das Verfahren L 1 KR 398/14). Das Bundesverfassungsgericht hat in dem genannten Beschluss ausdrücklich ausgeführt, es sei einem Versicherten zuzumuten, durch Übersendung eines Lichtbildes an der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte mitzuwirken. Wenn sich der Kläger fortlaufend gegen das Gesetz und die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt, muss er die daraus resultierenden Nachteile tragen.

Zum anderen können aus dem Verfassungsrecht keine konkreten Leistungsansprüche hergeleitet werden, für die es keine einfachgesetzliche Grundlage gibt (vgl. insoweit auch § 31 SGB I). Nur das BVerfG wäre befugt, z.B. im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 32 BVerfGG, Übergangsregelungen bis zum Abschluss eines etwaigen verfassungsgerichtlichen Verfahrens gegen die eGK zu erlassen. Den Fachgerichten ist eine solche Rechtsschöpfung nach der Kompetenzordnung des GG verwehrt.

Im Übrigen hat die Beklagte von sich aus hinreichende und dem Kläger ohne weiteres zumutbare Vorkehrungen getroffen, die während der Mitgliedschaft des Klägers verhindert haben, dass dem Kläger die Realisierung seiner krankenversicherungsrechtlichen Ansprüche trotz seiner Weigerung, an der Ausstellung einer eGK mitzuwirken, unmöglich wurde (vor der Behandlung oder danach erfolgende Ausstellung einer Einzelfallbestätigung oder Wahl des Kostenerstattungsverfahrens nach § 13 Abs. 2 SGB V). Ob die Beklagte hierzu verpflichtet ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Ein Anspruch darauf, von allen Unannehmlichkeiten und Nachteilen verschont zu bleiben, die daraus resultieren, dass unter Berufung auf die angebliche Verfassungswidrigkeit geltendes Recht fortlaufend nicht befolgt wird, lässt sich aus der Verfassung jedenfalls nicht herleiten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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