L 4 R 369/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 22 R 454/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 R 369/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 67/20 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.03.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) die Gewährung einer höheren Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit unter Berücksichtigung der in den Jahren 1974 bis 1989 zurückgelegten Versicherungszeiten in der damaligen UdSSR als nachgewiesene Beitragszeiten.

Der am 00.00.1958 in Nord-Kasachstan in der damaligen UdSSR geborene Kläger siedelte am 17.01.1990 in die Bundesrepublik Deutschland über; er ist Inhaber des Vertriebenenausweises "A".

Ausweislich der Arbeitsbescheinigung ET-I Nr. xxx vom 26.10.1977 absolvierte der Kläger in der Zeit vom 01.09.1974 bis 24.07.1977 eine Lehrzeit in der landwirtschaftstechnischen Berufsschule, Gebiet E, und wurde anschließend am 25.07.1977 (Anordnung vom 28.07.1977) bei der Geflügelgroßfarm "T" als Gas- und Elektroschweißer eingestellt. Am 21.10.1977 (Anordnung vom 21.10.1977) wurde er im Zusammenhang mit der Einberufung zum Militärdienst entlassen und zum 20.12.1979 auf der Geflügelgroßfarm "T" als Fahrer 1 Klasse eingestellt. Am 23.02.1983 (Anordnung vom 28.01.1983) wurde er gemäß Art. 32 des AGB der Kasachischen SSR auf eigenen Wunsch entlassen, und am 01.02.1983 (Anordnung vom 28.02.1983) vom Verband der genossenschaftlichen Instandsetzungsbetriebe, Gebiet B, als Lehrling für Instandsetzungsarbeiten eingestellt. Am 25.12.1985 erhielt er die Zuerkennung der 5 Lohngruppe als Schweißer, am 01.07.1987 die Zuerkennung der 4 Lohngruppe als Schweißer und am 02.01.1990 (Anordnung vom 25.12.1989) wurde er im Zusammenhang mit der Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland entlassen.

Am 19.07.1977 erhielt der Kläger vom Staatskomitee des Ministerrates der Kasachischen SSR für Berufstechnische Ausbildung das Diplom A Nr.xxx für die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen der technischen Berufsschule, Gebiet B, Kasachstan. Die Ausbildung habe er im Jahr 1974 begonnen und 1979 den vollständigen Kurs beendet.

Am 30.06.1982 stellte der Vorsitzende der Staatlichen Qualifikationskommission in T dem Kläger das Diplom DT Nr. xxx für die Teilnahme an den Lehrveranstaltungen der Industriepädagogischen Fachschule in T aus, und erkannte dem Kläger die Berufsqualifikation Techniker/Maschinenmeister, Meister des Produktionsverbundenen Unterrichts zu. Die Ausbildung habe im Jahr 1978 begonnen und der vollständige Kurs in der Fachrichtung Mechanisierung der Landwirtschaft sei 1982 beendet worden.

Auf seinen Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger nach Durchführung eines sozialgerichtlichen Klageverfahrens mit Bescheid vom 16.08.2006 eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für die Zeit ab dem 01.11.2003 in Höhe eines Rentenzahlbetrages von 394,17 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte sie die in der UdSSR zurückgelegten Beitragszeiten in der Zeit vom 25.07.1977 bis zum 21.10.1977 und vom 20.12.1979 bis zum 02.01.1990 zu 5/6, da sie nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht seien. Die Zeit vom 22.10.1977 bis zum 19.12.1979, in der der Kläger den Grundwehrdienst abgeleistet hat, berücksichtigte die Beklagte als nachgewiesene Zeit zu 6/6. Für die Zeit vom 05.10.1975 (Vollendung des 17. Lebensjahres) bis zum 24.07.1977 berücksichtigte die Beklagte 21 Monate Fachschulausbildung als Anrechnungszeit.

Am 27.08.2010 beantragte der Kläger die Überprüfung der Rentenberechnung nach § 44 SGB X. Der Rentenbescheid sei rechtswidrig, weil er nicht auf die Möglichkeit hingewiesen worden sei, die 5/6-Kürzung durch Vorlage konkreter Lohnlisten bzw. Arbeitsbescheinigungen mit Krankheits-, Urlaubs- und weiteren Unterbrechungszeiten zu verhindern. Er habe mangels entsprechender Beratung nicht gewusst, dass er zum Nachweis der Versicherungszeiten und Erlangen eines höheren Rentenanspruchs konkrete Arbeitsbescheinigungen mit den entsprechenden Unterbrechungstatbeständen habe vorlegen können. Er legte einen undatierten Lohnlistenauszug für die Jahre 1974 bis 1989 bei und bat um Überprüfung der Berufsausbildungszeiten, die von 1974 bis 1977 und nicht von 1977 bis 1979 stattgefunden hätten.

Der dem Überprüfungsantrag beigefügten Bescheinigung sind auf Grundlage von in den Lohnabrechnungsunterlagen enthaltenen Verfügungen, Abrechnungsübersichten und Urlaubsplänen für die Jahre 1974 bis 1989 jährliche Arbeitstage, erhaltene Urlaubstage sowie eine Kennzeichnung zu entnehmen, ob in einem Jahr Fehltage wegen Krankheit vorgelegen haben, nicht jedoch die Anzahl der Fehltage. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheinigung Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 13.09.2010 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass in der vorgelegten Bescheinigung für die Jahre 1974 bis 1977 gearbeitete Tage und erhaltener Urlaub eingetragen seien, obwohl der Kläger in der Zeit vom 01.09.1974 bis zum 24.07.1977 die technische Berufsschule besucht und in diesem Zeitraum nachweislich nicht in der Geflügelgroßfarm gearbeitet habe. Außerdem seien für die Jahre 1977 bis 1979 ebenfalls gearbeitete Tage sowie erhaltener Urlaub eingetragen, obwohl der Kläger in der Zeit vom 22.10.1977 bis zum 19.12.1979 den gesetzlichen Wehrdienst geleistet und in diesem Zeitraum nachweislich ebenfalls nicht in der Geflügelgroßfarm gearbeitet habe. Die Angaben in der vorgelegten Bescheinigung könnten in dem genannten Zeitraum nicht korrekt sein, weshalb die Bescheinigung insgesamt nicht glaubwürdig sei.

Hierzu nahm der Kläger unter dem 01.10.2010 Stellung und führte aus, der frühere Arbeitgeber sei nicht mehr existent. Während des Besuches der technischen Berufsschule habe er bei der Geflügelgroßfarm Praktika abgearbeitet, wie auch während der Urlaubszeiten des Militärdienstes; jedoch nicht in dem bescheinigten Umfang. Bei den Angaben in der Bescheinigung müsse es sich um ein Versehen des Archivs handeln, das die Bescheinigung erstellt habe. Für den Fall, dass sich Unterbrechungen der in den Unterlagen aus den Herkunftsgebieten bescheinigten Versicherungszeiten nicht aus den Unterlagen selbst ergäben, könne der Nachweis von Unterbrechungen während bestimmter Zeiten oder das Nichtvorliegen von Unterbrechungen jedoch auch auf andere Weise, z.B. durch sonstige Belege oder auch Zeugenaussagen geführt werden. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, weshalb die übrigen Beschäftigten anders als Beschäftigte einer rumänischen landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) oder Kolchosmitglieder behandelt würden. Eine vollständige Beitragsentrichtung habe auch bei den anderen Beschäftigten der ehemaligen Sowjetunion prozentual auf den Lohn stattgefunden. Ausnahmslos alle Beschäftigten der ehemaligen Sowjetunion seien Gewerkschaftsmitglieder gewesen, um in den Genuss der Lohnfortzahlung zu kommen, die es nur für diese gegeben habe. Auch das Krankengeld sei für Mitglieder von Kolchosen genauso vom Sozialversicherungsfonds gezahlt worden, wie auch für die übrigen Beschäftigten.

Mit Schreiben vom 12.10.2010 wies die Beklagte erneut darauf hin, dass der Nachweis einer Beitrags- oder Beschäftigungszeit nur dann erbracht sei, wenn aus den Unterlagen ersichtlich sei, in welchem Umfang Fehlzeiten wie Krankheit, Schwangerschaft, unbezahlter Urlaub u.ä. vorhanden gewesen seien oder dass diese nicht vorgelegen hätten. Enthielten die Unterlagen dagegen lediglich Angaben über Beginn und Ende einer Beschäftigung, ohne zweifelsfrei erkennen zu lassen, ob und in welchem Umfang die Beschäftigung und damit die Beitragszahlung durch Fehlzeiten unterbrochen gewesen seien, stellten sie lediglich ein Mittel der Glaubhaftmachung dar. Die Aussagen des Klägers zur eingereichten Bescheinigung des Bezirks D reichten insoweit zu einem Nachweis nicht aus.

Hieraufhin ergänzte der Kläger die Begründung seines Überprüfungsantrags mit Schreiben vom 09.12.2010 unter Berufung auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 17.11.2010 (L 2 R 435/10) damit, dass das Arbeitsbuch sein Arbeitsleben zwischen dem 19. und 33. Lebensjahr abbilde, so dass glaubhaft sei, dass, wie bescheinigt, keine Krankheitszeiten angefallen seien. Darüber hinaus könne die Frage der vollen Anrechnung auch nicht davon abhängen, ob das Krankengeld vom Arbeitgeber oder vom Sozialversicherungsfonds gezahlt worden sei. Dies mache insbesondere im Hinblick auf eine Ungleichbehandlung von Mitgliedern einer rumänischen LPG und Kolchosen im Vergleich mit anderen Arbeitnehmern keinen Sinn und sei unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 1 GG auch nicht zu rechtfertigen. Mit einem weiteren, mit dem Schreiben vom 09.12.2010 nahezu identischen Schreiben vom 13.12.2010 begründete der Kläger seinen Überprüfungsantrag nochmals weiter.

Mit Schreiben vom 15.12.2010 bemerkte die Beklagte, dass für die Beurteilung des Beweiswertes aus der ehemaligen Sowjetunion vorgelegter Unterlagen anerkannt sei, dass das vom Kläger vorgelegte Arbeitsbuch nicht den erforderlichen Nachweis für das Nichtvorhandensein relevanter Unterbrechungen in den streitigen Zeiten erbringe. Das sowjetische Arbeitsbuch enthalte zu den einzelnen Beschäftigungsverhältnissen nur Rahmenangaben, aber keine Aussagen über (krankheitsbedingte) Unterbrechungen der einzelnen Arbeitsverhältnisse. In der ehemaligen Sowjetunion seien in die allgemeine Beschäftigungsdauer neben der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit u.a. der Militärdienst und Zeiten, in denen ein Arbeitnehmer krankgeschrieben gewesen sei, eingerechnet worden. Die vom Kläger zur Begründung herangezogene Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen sei ausdrücklich nur einzelfallbezogenen und mit dem Fall des Klägers nicht vergleichbar, da sich in den vorliegenden medizinischen Gutachten Hinweise darauf fänden, dass der Kläger seit 1978 wiederholt an einem während des Wehrdienstes bei der Sowjetarmee erworbenen Leiden erkrankt gewesen sei. Ferner stelle sich die Frage, ob der Wehrdienst tatsächlich in der Zeit vom 22.10.1977 bis zum 19.12.1979 angedauert habe, mithin länger als die üblichen zwei Jahre. Auch habe üblicherweise zwischen Ende des Wehrdienstes und Wiederaufnahme der Arbeit ein mehrwöchiger Urlaub gelegen, wie etliche andere Arbeitsbücher zeigten. Eine Wehrdienstbescheinigung mit der exakten Dauer des Armeedienstes sei bislang nicht vorgelegt worden, die Anrechnung erfolge allein aufgrund des Arbeitsbuchvermerkes über die Einberufung, deren genaues Datum nicht feststehe.

Unter dem 28.12.2010 trug der Kläger weiter vor, es sei nicht ersichtlich, woraus die Beklagte eine Verlängerung des Militärdienstes ersehe. Während des Militärdienstes sei er zweimal erkrankt gewesen. Einen Tag wegen einer zahnärztlichen Behandlung und ein weiteres Mal, weil Temperaturen von unter -40° geherrscht hätten. Während der zweiten Erkrankung sei er mit Medikamenten versorgt worden, allerdings nicht vom Dienst befreit gewesen. Möglicherweise als Spätfolge der während des Militärdienstes wegen Kälte zugezogenen Erkrankung habe er dann später an einer Prostata-Entzündung gelitten. Auch hier sei keine Krankschreibung erfolgt und er sei lediglich mit Medikamenten versorgt worden. Danach habe es Krankheiten erst wieder im Arbeitsleben in Deutschland gegeben, die entsprechend erfasst seien und ebenfalls nur kurze Zeiträume beinhalteten.

Mit Bescheid vom 04.08.2011 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Rücknahme des Bescheides vom 16.08.2006 ab und führte ergänzend zu den bisherigen Ausführungen aus, die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung könne nicht korrekt sein und sei deshalb insgesamt nicht glaubwürdig. Der Hinweis, dass sich eine Änderung ergeben habe, seitdem seitens der Aussiedler Arbeitsbücher vorgelegt würden, habe sich eine Änderung ergeben, gehe ins Leere, denn "normale" Arbeitsbücher enthielten stets nur Ein- und Austrittsdatum, jedoch keinen Hinweis auf zwischenzeitliche Unterbrechungen während einer Beschäftigung. So lasse sich bei genauer Betrachtung des Arbeitsbuches nicht ausschließen, dass im Erwerbsleben des Klägers vor dem Zuzug nach Deutschland Lücken vorlägen, die bisher nicht erkannt gewesen seien. Es sei nicht auszuschließen, dass der Kläger nicht doch wegen des während des Wehrdienstes erworbenen Leidens anschließend wegen Krankheit Arbeitsausfälle gehabt habe. Zudem sei bisher trotz fehlender Wehdienstbescheinigung angenommen worden, dass der Kläger im gesamten Zeitraum vom 22.10.1977 bis 19.12.1979 (also fast 26 Monate) Wehrdienst geleistet habe, obwohl der gesetzliche Wehrdienst damals nur 24 Monate gedauert habe. Ferner seien die im Arbeitsbuch des Klägers enthaltenen Daten teilweise nicht stimmig, weshalb eine zeitweise Nichtbeschäftigung nicht ausgeschlossen werden könne. Der Kläger solle zum 23.02.1983 laut Befehl vom 28.01.1983 (vier Wochen zuvor) entlassen worden sein, aber bereits zum 01.02.1983 (Überschneidung von 23 Tagen) eine neue Anstellung gefunden haben, diese jedoch erst laut Befehl vom 28.02.1983. Es treffe somit nicht zu, dass dem Kläger wie in dem vor dem LSG Niedersachsen-Bremen verhandelten Fall "nur die Wahl zwischen einer aktiven Fortführung des im Arbeitsbuch bescheinigten Beschäftigungsverhältnisses und einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verbleibe", zumal auch das LSG Niedersachsen-Bremen sich nicht mit der Frage von unbezahlten Beurlaubungen beschäftigt habe.

Hiergegen legte der Kläger am 12.08.2011 Widerspruch ein und nahm zur Begründung Bezug auf seine bisherigen Ausführungen. Ergänzend führte er aus, das LSG Niedersachsen-Bremen habe in seiner Entscheidung vom 17.11.2010 allgemeingültig ausgeführt, wie in Fremdrentenfällen die gerichtliche Überzeugungsbildung über entsprechende Erwerbsbiografien zu erfolgen habe. So könnten möglicherweise auch allein aufgrund der Angaben des Versicherten Beschäftigungszeiten zu 6/6 anerkannt werden. Darüber hinaus habe das LSG ausgeführt, dass realistischerweise für entsprechende Arbeitsunterbrechungen während des durch Arbeitsbuch nachgewiesenen Beschäftigungsverhältnisses nur Krankheitszeiträume in Betracht kommen könnten, die dann aber in dem erwähnten Umfang als Anrechnungszeiten zu berücksichtigen seien.

Mit Bescheid vom 28.12.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine zeitlich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund eines Leistungsfalles vom 11.11.2010 für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis zum 31.05.2014.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2012 (abgesandt am 22.03.2012) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 04.08.2011 zurück und führte ergänzend aus, die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung halte sie weiterhin nicht für glaubwürdig. Darüber hinaus seien die Ausführungen des Klägers zu einer angeblichen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nicht haltbar. Das vom Kläger zitierte Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.11.2010 weiche in erheblichem Maße von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ab. Zudem handele es sich um eine Einzelfallentscheidung, was im Urteil selbst hervorgehoben werde. Für die Beurteilung des Beweiswertes aus der ehemaligen Sowjetunion vorgelegter Unterlagen sei anerkannt, dass das vom Kläger vorgelegte Arbeitsbuch nicht den erforderlichen Nachweis erbringe, dass während der streitigen Zeiten keine relevanten Unterbrechungen vorgelegen hätten. In der ehemaligen Sowjetunion seien in die allgemeine Beschäftigungsdauer neben der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit u.a. der Militärdienst und Zeiten, in denen ein Arbeitnehmer krankgeschrieben gewesen sei, eingerechnet worden. Sie hätten daher auch im Arbeitsbuch nicht vermerkt werden müssen. Eine 6/6-Anrechnung sei aufgrund der widersprüchlichen Angaben in den vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen weiterhin nicht möglich.

Die Beklagte zahlte dem Kläger über den 31.05.2014 hinaus vorläufig bis zum 30.06.2014 weiter Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 12.05.2014 gewährte sie dem Kläger bis zum 31.07.2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung, die sie mit Bescheid vom 24.06.2014 bis zum 31.08.2014, mit Bescheid vom 07.07.2014 bis zum 31.05.2017 und Bescheid vom 19.04.2017 bis zum 31.05.2020 verlängerte.

Mit der am 23.04.2012 beim Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin die Berücksichtigung seiner in der ehemaligen UdSSR zurückgelegten Beschäftigungszeiten als nachgewiesene Beitragszeiten begehrt und zur Begründung im Wesentlichen auf seine bisherigen Ausführungen verwiesen. Ergänzend hat er ausgeführt, der Umstand, dass das Archiv eine fehlerhafte Bescheinigung ausgestellt habe und der frühere Arbeitgeber nicht mehr existent sei, könne nicht dazu führen, dass die gesamten Zeiten nicht anerkannt würden. Hier sei er als Partei anzuhören. Seine zurückgelegten Zeiten seien als Beitragszeiten nach § 15 Abs. 3 Satz 3 des Fremdrentengesetzes (FRG) anzuerkennen, da für ihn Beiträge in den russischen Rentenfons entrichtet worden seien. Zudem korrespondierten die Beitragsleistungen mit entsprechenden Arbeitsleistungen, was durch das von ihm vorgelegte Arbeitsbuch und die Arbeitsbescheinigung belegt sei. Zeiten der Arbeitslosigkeit habe es bei ihm nicht gegeben und Mutterschutz und Erziehungsurlaub kämen für ihn nicht in Betracht. Unbezahlten Urlaub habe es ebenfalls nicht gegeben, da in der Sowjetunion grundsätzlich Arbeitspflicht geherrscht habe. Selbst wenn sich aus den Arbeitsbescheinigungen für ein Beschäftigungsjahr taggenau die Summe an Arbeitstagen, evtl. Krankheitstagen, Urlaubstagen und eventuellen sonstigen Arbeitsunterbrechungen nicht ergeben sollte, seien die Beschäftigungszeiten zu 6/6 als nachgewiesen zu berücksichtigen, da er zur Frage eventueller Krankheitszeiträume persönlich anzuhören sei. Die Kürzung nach § 22 Abs. 3 FRG um 1/6 sei zudem nicht mehr zeitgemäß, da der Annahme einer Arbeitsdichte von 5/6 statistische Durchschnittswerte der 1960er-Jahre zu Grunde lägen, die mit den Verhältnissen der ehemaligen Sowjetunion nicht kompatibel gewesen und außerdem veraltet seien. Weiter werde er durch die Regelung des § 262 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (im Folgenden: SGB VI) in nicht sachgerechter Weise benachteiligt, da er erst durch die Absenkung der nach dem FRG zu berücksichtigenden Entgeltpunkte durch den Kürzungsfaktor 0,6 gemäß § 22 Abs. 4 FRG in den Geltungsbereich des § 262 SGB VI gelange. Die während seines späteren Aufenthalts im Bundesgebiet erarbeiteten Entgeltpunkte würden entwertet, weil sie in die Durchschnittsberechnung gemäß § 262 Abs. 1 SGB VI einbezogen würden. Daher sei eine Berechnung von Mindestentgeltpunkten allein für die nach dem FRG zu berücksichtigenden Zeiten vorzunehmen. Darüber hinaus gehe er aufgrund der Besonderheit des sowjetischen Arbeitsrechtes (Arbeitspflicht, weder Arbeitslosengeld noch Sozialhilfe, strafrechtliche Verfolgung bei Arbeitsverweigerung usw.) in Übereinstimmung mit der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen davon aus, dass einzig realistischer Unterbrechungsgrund (der sich nicht aus dem Arbeitsbuch ergebe) Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit seien. Hierbei seien wiederum nur Krankheiten von Interesse, die länger als 30 Tage angedauert hätten. Bei diesen könne es sich wiederum nur um einschneidende Geschehnisse handeln, an die sich Menschen auch nach vielen Jahrzehnten noch erinnern würden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 04.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 16.08.2006 teilweise zurückzunehmen und ihm höhere Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit unter Berücksichtigung der in den Jahren 1974 bis 1989 zurückgelegten Versicherungszeiten als nachgewiesene Beitragszeiten und unter Berücksichtigung von Mindestentgeltpunkten für die Zeiten nach dem FRG nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie Bezug genommen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Soweit sich der Kläger weiterhin auf das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.11.2010 (L 2 R 435/10) beziehe, werde damit der Rahmen einer zulässigen Beweiswürdigung überschritten. Nach dieser Entscheidung könne der Nachweis, dass die Beitragszahlung bzw. das Beschäftigungsverhältnis durch keinerlei Fehlzeiten unterbrochen gewesen sei, von den Sozialgerichten im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung auch allein aufgrund der Ausführungen des Klägers als erbracht angesehen werden. Hinsichtlich der Feststellungen des LSG in dem vorgenannten Urteil sei anzumerken, dass das LSG zutreffend davon ausgehe, dass der Vollbeweis notwendig sei. Die objektive Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen treffe den Kläger. Zwar sei das Gericht in der Würdigung der Beweise frei, vorliegend habe es jedoch im Ergebnis für den Beweis die Behauptung des Klägers genügen lassen und damit im Grunde eine Partei in den Rang eines Zeugen erhoben. Auch verweise sie auf ein Urteil des Bayerischen LSG vom 28.03.2012 (L 19 R 755/08), das den Nachweis nicht allein durch den Vortrag der dortigen Klägerin als erbracht angesehen habe. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung zur besonderen Lohnsituation von Mitgliedern einer LPG sei nicht einschlägig, da eine Vergleichbarkeit nicht gegeben sei. Der Kläger sei stets außerhalb einer sowjetischen Kolchose tätig gewesen.

Mit Urteil vom 12.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihm am 19.03.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.04.2013 Berufung eingelegt und seinen Vortrag im Wesentlichen wiederholt. Ergänzend führt er aus, das SG habe nicht versucht die von ihm aufgeworfenen Unstimmigkeiten in der vorgelegten Archivbescheinigung aufzuklären, und die grundsätzlichen Ausführungen zur Frage der 5/6-Anrechnung unter Berufung auf das Rechtsgutachten von Podlech/Azzola/Dieners nicht hinreichend berücksichtigt. Hiernach sei es bei uneingeschränkter Geltung des Eingliederungsprinzips und in der Zeit der 1960er bis zu den 1990er Jahren gerechtfertigt gewesen, sich an der statistischen Arbeitsdichte der Bundesbürger zu orientieren. Die entscheidende Zäsur sei, dass es insbesondere nach Vorlage der Arbeitsbücher nicht mehr gerechtfertigt sei, Kürzungen in diesem Umfang vorzunehmen. Insbesondere sei völlig unberücksichtigt geblieben, dass der Tatbestand der Arbeitslosigkeit praktisch doppelt berücksichtigt werde, da dieser zum einen als Rechtfertigungsgrund für die 5/6-Kürzung herangezogen werde, zum anderen nunmehr konkret Lücken zwischen zwei Eintragungen im Arbeitsbuch als Zeiten der Arbeitslosigkeit berücksichtigt würden. Er selbst habe im gesamten Zeitraum in Vollzeit gearbeitet, für witterungsbedingte sowie krankheitsbedingte Arbeitsunterbrechungen habe Lohnfortzahlung gegolten. Aus dem Versicherungsverlauf ergebe sich, dass er in den ersten 10 Jahren seiner Beschäftigung in Deutschland nicht krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen sei. Hieraus könne geschlossen werden, dass er insbesondere in jüngeren Jahren ebenfalls nicht wegen Krankheit ausgefallen sei. Hierzu hätte er ergänzend gehört werden müssen. Zur Frage der Anwendung des § 262 SGB VI habe das SG ihn falsch verstanden. Er sei der Auffassung, dass eine verfassungskonforme Auslegung des § 22 Abs. 4 FRG i.V.m. § 262 SGB VI dazu führen müsse, dass die Beschäftigungszeit, die nach dem FRG zu berücksichtigen sei, zwar auf die entsprechenden Wartezeiten der Renten angerechnet werde (35 Versicherungsjahre), es jedoch bei Hinzutreten von Pflichtbeiträgen aufgrund von Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland bei dem Härteausgleich für die FRG-Zeiten bzw. Zeiten bis zum 31.12.1991 verbleibe. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 02.06.2013 (L 7 R 1192/12) zur sowjetischen Kolchose sei er weiterhin der Auffassung, dass auch bei ihm die Beitragszahlung selbst im Fall von Beschäftigungslücken nicht unterbrochen gewesen sei, und die Beitragszahlung und deren Höhe keinerlei Einfluss auf seine Rentenansprüche gehabt habe. Unterbrechungen aufgrund unbezahlten Urlaubes oder Freistellung zu Fortbildungszwecken seien zwar theoretisch denkbar, unbezahlten Urlaub habe es im sowjetischen Arbeitsrecht jedoch regelmäßig nicht gegeben und Freistellungen zu Fortbildungszwecken seien regelmäßig unter Lohnfortzahlung erfolgt. Diese Tatbestände seien auch nach langer Zeit noch erinnerbar und aus dem Arbeitsbuch bspw. aufgrund einer anschließend höheren beruflichen Qualifikation ersichtlich. Lägen ein Arbeitsbuch und teilweise Archivbescheinigungen vor und seien die Angaben deckungsgleich, sei ein Nachweis für die Beitragszahlung erbracht. Es könne nicht darauf ankommen, dass der Versicherte sein gesamtes Arbeitsleben lückenlos und widerspruchsfrei darstellen könne. Gegen eine Fälschung der von ihm im Berufungsverfahren vorgelegten Archivbescheinigung des Staatsarchivs des Gebiets A vom 10.09.2013 spreche, dass die Gehaltsbescheinigung nicht zu 100 % deckungsgleich mit den Angaben im Arbeitsbuch sei, was bei Fälschungen der Fall gewesen wäre. Im Juli 1977 habe er auf Anordnung der Berufsschule ein Praktikum absolviert und sei dann ab dem 25.07.1977 von der Firma übernommen worden. Das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma T in den Monaten Juli, August, September und Oktober 1977 könne der B. C. bezeugen, der von 1975 bis 1978 als Ingenieur-Elektriker bei der Firma T beschäftigt gewesen sei. Bei der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit nach dem Wehrdienst im Dezember 1979 sei ihm ein Premiumlohn ausbezahlt worden, was offensichtlich in der Zahl von entsprechenden Arbeitstagen verbucht worden sei. In den Jahren 1980 und 1982 sei er nach Ableistung des Militärdienstes für mehrere Jahre verpflichtet gewesen, an Wehrübungen teilzunehmen. Entsprechende Zeiten hätten im Jahr 1980 in den Monaten Januar, Februar, Oktober und November stattgefunden; im Jahr 1981 in den Monaten April, Oktober und November, und im Jahr 1982 in den Monaten März, Juli und Oktober. Das Gehalt sei vom Arbeitgeber weitergezahlt worden. Die Anzahl der Wehrübungen zwischen 1980 und 1982 könne Herr X. M. bezeugen, der die entsprechenden Wehrübungen ebenfalls absolviert habe. Am 04.09.1982 habe er geheiratet und ihm sei wegen Umzuges ausnahmsweise ein unbezahlter Urlaub gewährt worden. Seine Ehefrau könne Angaben zu krankheitsbedingten Ausfallzeiten ab dem 01.05.1980 machen. Er sei in dieser Zeit vielleicht gelegentlich einmal für drei oder vier Tage krankheitsbedingt wegen einer Grippe ausgefallen; maximal seien Arbeitsausfälle von vielleicht einmal einer Woche aufgetreten. Die erste ernsthafte Erkrankung sei erst im Jahr 2000 in Deutschland aufgetreten. Im Rahmen seines Fernstudiums habe er den größten Teil schriftlich erledigen können. Im Jahr 1980 sei er für ca. eine Woche vor Ort gewesen, im Frühjahr 1981 für ein oder zwei Wochen und 1982 für 2 bis 3 Monate für das Diplom. Weder die Beklagte noch das Gericht hätten die von der Beklagten festgestellten Unstimmigkeiten in den vorgelegten Arbeitsbescheinigungen zum Anlass weiterer Ermittlungen genommen. Es sei nicht zulässig, die entsprechenden Unstimmigkeiten für einige Zeiträume zum Anlass zu nehmen, die Bescheinigung vollständig zu verwerfen. Zudem hätten Unterbrechungszeiten innerhalb der durch das Arbeitsbuch belegten Beschäftigungsverhältnisse keine Auswirkungen auf die Höhe der Altersversorgung gehabt, da es allein auf die durch das Arbeitsbuch bescheinigte Beschäftigungsdauer ankomme. Bei den Sowchosen handele es sich um Staatsbetriebe und die dort Beschäftigten seien genauso rentenversichert gewesen, wie die übrigen Beschäftigten der staatlichen Betriebe und Verwaltungen. Durch das Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 15.07.2019 sehe er sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt, dass die im Arbeitsbuch aufgeführten Beschäftigungszeiten identisch mit den Versicherungszeiten seien und es nicht auf eventuellen Zeiten einer Arbeitsunterbrechung ankomme. Insbesondere sei von Bedeutung, dass das Arbeits- und Sozialrecht der ehemaligen Sowjetunion nicht mit dem deutschen Arbeits- und Sozialrecht vergleichbar sei. Er habe bis zum 01.02.1983 bei der Geflügelfabrik "T" gearbeitet; für den Zeitraum vom 01.02.1983 bis 23.02.1983 habe er Urlaub wegen Entlassung auf eigenen Wunsch zum 01.02.1983 ausbezahlt bekommen. Vom 02.01.1982 bis zum 28.02.1982 sei er für die Theoretische Fortbildung in der Industriepädagogischen Fachschule unbezahlt freigestellt worden, wie auch im Juni 1982 für Theoretische Prüfung. Vom 01.02.1983 bis zum 02.01.1990 habe er als Schweißer beim Verband der genossenschaftlichen Instandsetzungsbetriebe gearbeitet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.03.2013 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2012 zu verurteilen, den Bescheid vom 16.08.2006 teilweise zurückzunehmen und ihm höhere Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit unter Berücksichtigung der in den Zeiträumen vom 25.07.1977 bis 21.10.1977 und vom 20.12.1979 bis zum 02.01.1990 zurückgelegten Versicherungszeiten als nachgewiesene Beitragszeiten und unter Berücksichtigung von Mindestentgeltpunkten für die Zeiten nach dem FRG nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihr Vorbringen in der ersten Instanz sowie das angefochtene Urteil. Ergänzend führt sie aus, ihrer Erfahrung nach enthielten die unter Einschaltung der Deutschen Botschaft in Astana angeforderten Arbeitsbescheinigungen aus Kasachstan stets nur Auskünfte über Ein- und Austrittsdaten bei den jeweiligen Beschäftigungsfirmen, keinesfalls jedoch Angaben zur Arbeitsdichte. Statistiken über die Höhe von Krankenständen in Deutschland während unterschiedlicher Zeiträume und bezogen auf regionale Unterschiede nach den alten und den neuen Bundesländern gäben lediglich Durchschnittswerte wieder, sagten jedoch nichts über individuelle Verhältnisse aus. Der Gesetzgeber habe sich hierdurch auch nicht veranlasst gesehen, von den Pauschalierungen des § 22 FRG abweichende Regelungen während unterschiedlicher Zeitspannen zu treffen, insbesondere auch nicht hinsichtlich einer Zugrundelegung allein der Verhältnisse in der früheren DDR. Da der Kläger in seiner Begründung offenbar selbst davon ausgehe, dass die Vorlage einer korrekten Archivbescheinigung notwendig sei, erübrige sich eine Diskussion darüber, ob entsprechend dem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.11.2010, dem die Rentenversicherungsträger über den Einzelfall hinaus ohnehin nicht folgten, stets eine ungekürzter Anrechnung zu erfolgen habe. Hinsichtlich der nachgereichten Archivbescheinigungen fielen einige Ungereimtheiten auf. Die Beschäftigung bei der Geflügelfarm sei am 25.07.1977 aufgenommen worden, Arbeitstage würden für den Monat Juli nicht bescheinigt, allerdings ein Lohn, der ca. 70 % der Lohnzahlung in den Folgemonaten umfasse. Es sei nicht erklärbar, wie eine derart hohe Lohnsumme zustande komme. Auch sollten im Oktober 24 Arbeitstage angefallen sein, was bis zum 21.10.1977 gar nicht möglich gewesen sei. Bei einer Beendigung des Wehrdienstes zum 20.12.1979 sei nicht nachvollziehbar, wie der Kläger die bescheinigten 27 Arbeitstage im Dezember gearbeitet habe. Im Jahr 1980 seien für einige Monate (Januar, Februar, Oktober und November) weniger Arbeitstage bescheinigt, als es bei einer vollen Beschäftigung möglich gewesen sei. Selbst unter Hinzurechnung eines nicht bescheinigten, bezahlten Erholungsurlaubes, würden Lücken bestehen, die gegen eine Vollzeitbeschäftigung sprächen. Für 1982 biete sich ein ähnliches Bild wie in 1981 (Fehltage in den Monaten März, Juli und Oktober), auch für dieses Jahr werde ein bezahlter Erholungsurlaub nicht bescheinigt. Die Erklärung des Klägers zu den Freistellungen von der Arbeit wegen des Fachschulbesuches während der Monate Januar, Februar und Juni 1982 greife nicht im Hinblick auf den Eintrag für September (sowohl Arbeitstage wie auch Lohn ausdrücklich verneint), da der Kläger den Fachschulbesuch bereits im Juni 1982 beendet habe. Aus Vergleichsfällen sei bekannt, dass die Fachschüler im Frühjahr zum Ort der Schule reisten, um dort in einem Zeitraum von ca. 6 bis 8 Wochen Klausuren zu schreiben. Auch gebe der zeitliche Ablauf der Firmenumbenennungen, die am Ende der Bescheinigung angeführt würden, ebenfalls Rätsel auf. Sei eine Bescheinigung bereits in Teilen erkennbar fehlerhaft, so seien berechtigte Zweifel an den Wahrheitsgehalt der gesamten Bescheinigung zu richten. Die Rechtsprechung des BSG zur ungekürzten Anrechnung von Beitragszeiten nach dem FRG in einer rumänischen LPG bzw. einer sowjetischen Kolchose könne nicht auf Beitragszeiten außerhalb einer Kolchose übertragen werden. Soweit ein Zugehöriger eines Betriebes wegen nicht geleisteter Arbeit nicht am Bruttolohnaufkommen des Betriebes beteiligt sei, könne für ihn auch nicht ein Anteil am Gesamtbeitrag des Betriebes zum Rentenfonds enthalten sein. Wegen der Regelung des § 26 S. 1 FRG wirkten sich auch kürzere Arbeitsunterbrechungen auf die Höhe der Entgeltpunkte aus, weshalb bereits aus diesem Grunde auch kurzfristige unbezahlte Urlaube zu ermitteln seien. Im Übrigen bestehe im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass angeblich auch für Zeiten nach dem im Arbeitsbuch vermerkten Entlassdatum Lohn gezahlt worden sein solle, weshalb die Vorlage entsprechender Nachweise weiterhin für erforderlich gehalten werde. Die vom Kläger zur Begründung herangezogenen von der Rechtsprechung des BSG abweichenden Urteile des LSG Niedersachsen-Bremen könnten nicht überzeugen, da eine Vergleichbarkeit mit diesen Einzelfällen vorliegend schon deshalb nicht vorliege, weil das Versicherungsleben des Klägers einige Besonderheiten aufweise (ungewöhnliche Anzahl angeblicher Wehrübungen, unbezahlter Urlaub, der erst nachträglich eingeräumt wurde, angebliche Beitragsleistung für Zeiträume nach dem Entlassungsdatum usw.). Sie sehe sich durch das Gutachten vom 15.07.2019 in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. Die Beitragsentrichtung sowjetischer Sowchosen (bzw. anderer sowjetischer Staatsbetriebe) gegenüber der Beitragsentrichtung sowjetischer Kolchosen unterscheide sich. Während sich die von den Sowchosen zu entrichtenden Beiträge nach einem bestimmten Prozentsatz der gesamten Lohnsumme aller im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und Angestellten bemessen habe (betrieblicher Gesamtlohnfords), und damit in ihrer Höhe mit der Lohnzahlung verbunden gewesen sei, sei bei den Kolchosen hingegen Bemessungsgrundlage das jährliche Bruttoeinkommen der Kolchosen, bestehend aus dem Verkauf ihrer Gesamtproduktion sowie Einnahmen in Naturalien gewesen. Aus diesem Grund hätten Verkaufserlöse das jährliche Bruttoeinkommen der Kolchose maßgeblich mitbestimmt; es habe sich um eine "echte" Pauschalbeitragszahlung aus dem genossenschaftlich erwirtschafteten Gewinn gehandelt. Die Tatsache, dass im sowjetischen Rentenrecht Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit in einem bestehenden Arbeitsverhältnis oder andere gesetzlich zulässige Fehlzeiten grundsätzlich keinen Einfluss auf die Höhe der festzusetzenden Rente hätten, spiele keine Rolle. Maßgeblich für die Eingliederung der im Herkunftsland zurückgelegten Zeiten und Feststellung der deutschen Rente seien allein die deutschen Rechtsvorschriften

Aus der dem Senat vorgelegten Archivbescheinigung des Staatsarchivs des Gebiets A vom 10.09.2013, beruhend auf den in den Akten der Geflügelfabrik "T" enthaltenen Gehaltsabrechnungen, ergibt sich die Ausbildung des Klägers an der mittleren Berufsschule als Elektrogasschweißer in der Zeit vom 01.09.1974 bis zum 19.07.1977. Für die Jahre 1977 und 1979 bis 1983 sind Angaben zur Beschäftigung des Klägers bei der Geflügelfabrik "T" für die Zeit vom 25.07.1977 bis zum 25.10.1977 (Entlassung aufgrund Einberufung in die Sowjetarmee) als Elektrogasschweißer und für die Zeit ab dem 20.12.1979 als Fahrer 3. Klasse des Autohauses für die einzelnen Monate enthalten. Angaben sind zu Arbeitstagen, erhaltenem Gehalt, Tagen der Arbeitsunfähigkeit und Urlaubstagen möglich; Urlaub ist allein für den Monat Dezember 1981 angegeben und in den Monaten Januar bis Juni 1977, Januar bis November 1977, Januar und Februar 1982, April bis Juni 1982, September 1982 und Februar bis Dezember 1983 sind weder Arbeitstage, Gehalt, Urlaub noch Arbeitsunfähigkeit vermerkt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheinigung Bezug genommen.

Der Senat hat das vom 14. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen (L 14 R 714/15) eingeholte Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München zum sowjetischen Arbeit- und Sozialversicherungsrecht vom 15.07.2019 beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Die wissenschaftliche Referentin für russisches, ukrainisches und das Recht der sonstigen GUS-Staaten Himmelreich führt in dem Gutachten aus, die staatliche Sozialversicherung der UdSSR sei als gesetzliche Pflichtversicherung ausgestaltet, der sämtliche Arbeiter und Angestellten unterlegen hätten. Bei den Sowchosen habe es sich um landwirtschaftliche Staatsbetriebe gehandelt, die im Unterschied zu den Kolchosen keine Mitglieder gehabt hätten. Die Beschäftigten eine Sowchose seien aufgrund eines Arbeitsvertrages tätig gewesen und hätten damit den gleichen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen wie die Arbeiter und Angestellten anderer sowjetischer Staatsbetriebe unterlegen. Die Beiträge zur staatlichen Sozialversicherung seien ausschließlich durch die Sowchosen als Versicherungsnehmer zu entrichten gewesen. Die Höhe der Beiträge habe sich nach der Bruttolohnsumme sämtlicher Arbeiter und Angestellten gerichtet, die neben dem Arbeitsentgelt unter anderem auch das Urlaubsgeld und Entgelt für Arbeitsversäumnis "wegen Erfüllung staatlicher oder gesellschaftlicher Pflichten" sowie für Stillstandszeiten und notgedrungene Arbeitsausfälle umfasst habe; nicht hiervon umfasst sei das Krankengeld gewesen. Die Beitragsentrichtung sei nicht individuell für einzelne, namentlich benannte Beschäftigte erfolgt, sondern für die Gesamtheit aller Beschäftigten der Sowchose im abstrakten Sinne des Wortes. Maßgeblich sei nicht die individuelle Arbeitsleistung des einzelnen Beschäftigten, sondern die gesamte von allen Beschäftigten der Sowchose kollektiv erbrachte Arbeitsleistung gewesen. Im Krankheitsfall hätten die Beschäftigten der Sowchosen Krankengeld als Lohnersatzleistung erhalten. Sofern krankheitsbedingter Arbeitsausfall oder sonstige gesetzlich zulässige Fehlzeiten einzelner Beschäftigter nicht durch entsprechende Überstundenarbeit anderer Beschäftigter ausgeglichen worden seien, habe sich insoweit die Bruttolohnsumme der Sowchose und dadurch im Ergebnis auch der zu entrichtende Versicherungsbeitrag vermindert. Insgesamt seien Versicherungsbeiträge von den Sowchosen ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Beschäftigter durchgehend entrichtet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen, der insgesamt Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere statthafte (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand im vorliegenden Berufungsverfahren ist allein der Bescheid vom 16.08.2006 in der Fassung des Überprüfungsbescheides vom 04.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2012 und damit die Höhe der teilweisen Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit des Klägers ab dem 01.11.2003.

Der Bescheid vom 28.12.2011, mit dem die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 01.06.2011 befristet bis zum 31.05.2014 gewährt hat, ist hingegen nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Durch den Bescheid vom 28.12.2011 wurde die seit dem 01.11.2003 gewährte teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit in eine volle Erwerbsminderungsrente auf Zeit ab dem 01.06.2011 befristet bis zum 31.05.2014 umgewandelt. Durch den Bescheid ist zwar der Bescheid vom 16.08.2006, dessen Änderung der Kläger nach § 44 SGB X begehrt, im Sinne des § 86 SGG abgeändert bzw. ersetzt worden, nicht jedoch der Überprüfungsbescheid vom 04.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2012, mit dem der auf Überprüfung des Bescheides vom 16.08.2006 gerichtete Antrag des Klägers abgelehnt wurde. Hat die Behörde einen Antrag auf Rücknahme des Ausgangsverwaltungsaktes nach § 44 SGB X abgelehnt, so wird der Verwaltungsakt, der den Ausgangsverwaltungsakt für spätere Zeiträume abändert oder ersetzt, nicht gemäß §§ 86 oder 96 SGG Gegenstand des Verfahrens. Bei der Entscheidung über die Rücknahme nach § 44 SGB X beurteilt sich nämlich die Rechtswidrigkeit nach der damaligen Sach- und Rechtslage aus der Sicht im Zeitpunkt der Überprüfungsentscheidung. Spätere Entwicklungen der Sach- und Rechtslage, die die Zeit nach Erlass des Ausgangsverwaltungsaktes betreffen, sind für die Entscheidung nach § 44 SGB X nicht von Belang. Würde man die sich auf spätere Zeiträume beziehenden Änderungsverwaltungsakte bezüglich des Ausgangsbescheides als Folgebescheide im Sinne der §§ 86 und 96 SGG ansehen, würde auf diesem Wege die Prüfung der Sach- und Rechtslage für spätere Zeiträume in die Überprüfung nach § 44 SGB X einbezogen werden, obwohl dafür ausschließlich das Verfahren nach § 48 SGB X vorgesehen ist (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.09.2015, L 2 P 22/13, Rn. 28 m.w.N. zitiert nach juris; vgl. auch Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 86 SGG (Stand: 25.04.2019), Rn. 24). Gleiches gilt für die vorläufige Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.05.2014 hinaus bis zum 30.06.2014 sowie den weiteren Bescheid vom 12.05.2014 über die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.07.2014, den Bescheid vom 24.06.2014 über die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.08.2014, den Bescheid vom 08.07.2014 über die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.05.2017 und den Bescheid vom 19.04.2017 über die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.05.2020, die nicht Gegenstand des Klage bzw. Berufungsverfahrens geworden sind.

Die als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage hat das SG zu Recht abgewiesen, denn sie ist unbegründet. Der Bescheid vom 16.08.2006 in der Fassung des Überprüfungsbescheides vom 04.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 16.08.2006 gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) teilweise zurückzunehmen.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).

Das SG hat zutreffend entschieden, dass bei Erlass des Bescheides vom 16.08.2006 das Recht hinsichtlich der Bewertung der Beitragszeiten weder unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erwiesen hätte. Auch hat das SG zutreffend in dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Entgeltpunkte für in der ehemaligen UdSSR zurückgelegte Versicherungszeiten im Rahmen der Rentenberechnung ohne Kürzung um 1/6 nach § 22 Abs. 3 FRG hat.

Bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen ist gemäß § 300 Abs. 3 SGB VI auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 01.11.2003 galten.

Der Kläger gehört nach § 1 Buchstabe a FRG als Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes zum berechtigten Personenkreis nach dem FRG.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG in der seit dem 01.01.1992 geltenden, bis heute unveränderten Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG) vom 25.07.1991 (BGBl. I 1606) stehen Beitragszeiten, die anerkannte Vertriebene, wie der Kläger, bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt haben, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Als Beitragszeiten gelten gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 FRG (aber) nicht Zeiten, a) die ohne Beitragsleistung rückwirkend in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden sind, b) die außerhalb der Herkunftsgebiete ohne Beitragsleistung an den Träger im Herkunftsgebiet oder in einem System nach Absatz 2 Satz 3 zurückgelegt worden sind, c) für die EP nicht ermittelt werden, d) die von Zeit- oder Berufssoldaten oder vergleichbaren Personen zurückgelegt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 19.11.2009, B 13 R 67/08 R, Rn. 16 zitiert nach juris).

Als gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Absatz 1 ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 FRG jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern. Als gesetzliche Rentenversicherung gelten nicht Systeme, die vorwiegend zur Sicherung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst geschaffen sind (§ 15 Abs. 2 Satz 3 FRG) (BSG, Urteil vom 19.11.2009, a.a.O., Rn. 17).

Bei der sowjetischen Rentenversicherung handelt es sich um eine gesetzliche Rentenversicherung in diesem Sinne. Ausweislich des Gutachtens des Instituts für Ostrecht vom 15.07.2019 war die staatliche Sozialversicherung der UdSSR als gesetzliche Pflichtversicherung ausgestaltet, der sämtliche Arbeiter und Angestellten unterlegen haben. Unstreitig unterlag auch der Kläger in den hier streitgegenständlichen Zeiträumen der staatlichen Sozialversicherung, da er zumindest als Arbeiter bzw. Angestellter in einem sowjetischen Staatsbetrieb beschäftigt war. Ob es sich bei der Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 25.07.1977 bis zum 21.10.1977 und vom 20.12.1979 bis zum 31.01.1983/23.02.1983 bei der Geflügelfarm "T" und vom 01.02.1983 bis zum 02.01.1990 beim Verband der genossenschaftlichen Instandsetzungsbetriebe um Tätigkeiten in einer Sowchose gehandelt hat, konnte nicht eindeutig festgestellt werden. Dies kann jedoch dahinstehen, da dem Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 15.07.2019 zufolge keine Unterschiede hinsichtlich der staatlichen Sozialversicherung für Mitglieder von Sowchosen und sonstigen Arbeitern und Angestellten anderer sowjetischer Staatsbetriebe bestanden.

Der Kläger hat zudem unstreitig Beitragszeiten im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG bei dem sowjetischen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt, die von der Beklagten auch in den angefochtenen Bescheiden bereits berücksichtigt sind. Streitig ist insoweit allein, ob die Zeit vom 25.07.1977 bis zum 21.10.1977 und vom 20.12.1979 bis zum 02.01.1990 als glaubhaft gemachte Zeiten oder als nachgewiesene Beitragszeiten ohne Kürzung der hierfür ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 zu berücksichtigen sind.

Nach § 22 Abs. 3 FRG in der ab dem 01.01.1992 geltenden Fassung des RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. 1606) werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt.

Diese gesetzliche Regelung ist entgegen der unter Bezugnahme auf das Rechtsgutachten von Podlech/Azzola/Dieners vom Kläger vertretenen Auffassung weiterhin anzuwenden. Soweit der Kläger diesbezüglich vorträgt, die Regelung sei nach Aufgabe des Eingliederungsprinzips nicht mehr zeitgemäß, nachdem sich durch Vorlage von Arbeitsbüchern Zeiten der Arbeitslosigkeit aus diesen ergäben, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Hierzu hat das Bayerische LSG in einem Urteil vom 08.02.2017 (L 13 R 899/13) zutreffend ausgeführt, der Gesetzgeber habe in Kenntnis der nach und nach verbesserten Nachweismöglichkeiten der FRG-Berechtigten in Bezug auf Beginn und Ende von Beschäftigungsverhältnissen und der hierzu ergangenen ständigen Rechtsprechung des BSG an seiner pauschalen Kürzung um 1/6 festgehalten. Er hätte sicherlich die von Prof. Dr. Dr. Podlech ausdrücklich angeregte gesetzliche Regelung treffen können, wonach bei nachgewiesenem Beginn und Ende von Beschäftigungsverhältnissen anstelle einer 1/6-Kürzung nur eine 1/12-Kürzung vorzunehmen sei. Eine derartige, stärker differenzierende Regelung habe der Gesetzgeber jedoch nicht getroffen, sei hierzu auch verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Selbst eine generelle Kürzung um 1/6 ohne jede Möglichkeit für FRG-Berechtigte, den Nachweis einer durchgängigen Beitragsentrichtung zu erbringen, wäre angesichts des Fürsorgecharakters der FRG-Leistungen und des in diesem Zusammenhang bestehenden weiten Ermessensspielraums des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (Bayerisches LSG, Urteil vom 08.02.2017, L 13 R 899/13, Rn. 46 zitiert nach juris).

Wie bereits aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 3 FRG hervorgeht, kommt es für Beitragszeiten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG darauf an, ob diese "nachgewiesen" sind. Dies ist z.B. dann nicht der Fall, wenn in den streitigen Zeiten (nachweisbar) auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen, für die der Arbeitgeber anders als bei den Beschäftigungszeiten keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können (BSG, Urteil vom 19.11.2009, a.a.O., Rn. 23 m.w.N.). Nachgewiesen sind Beschäftigungszeiten nur dann, wenn zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass Ausfalltatbestände (krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit usw.) nicht eingetreten sind, nicht jedoch schon dann, wenn nur Anfang und Ende der jeweiligen Zeiten feststehen. Zwar besteht, wenn Anfang und Ende einer Beschäftigungszeit genau bekannt sind, keine Vermutung dafür, dass dazwischen Ausfallzeiten liegen. Das FRG macht jedoch den Unterschied zwischen glaubhaft gemachten und nachgewiesenen Zeiten deshalb, weil es von der Erfahrung ausgeht, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu fünf Sechstel mit Beiträgen belegt sind. Nachgewiesen können Beschäftigungs- oder Beitragszeiten dann sein, wenn das Gericht überzeugt ist, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden ist. Das wird anzunehmen sein, wenn die Arbeitsbescheinigungen konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und der dazwischen liegenden Ausfallzeiten enthalten (BSG, Urteil vom 20.08.1974, 4 RJ 241/73, Rn. 25 zitiert nach juris). Der vollständige Beweis (Nachweis) ist regelmäßig erst dann geführt, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben (Hessisches LSG, Urteil vom 28.03.2008, L 5 R 32/07, Rn. 36 m.w.N.; BSG, Urteil vom 28.11.1957, 4 RJ 186/56, Rn. 11 zitiert nach juris). Beitragszeiten können im Allgemeinen nur durch Versicherungsunterlagen oder andere Urkunden mit entsprechender Aussagekraft nachgewiesen werden. Zeugenaussagen können hierfür nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht kommen, wenn beispielsweise der Zeuge aus eigener Wahrnehmung als Lohnbuchhalter die ununterbrochene Beitragsleistung bestätigen kann (Kommentar zum Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung (KomGRV) - Verbandskommentar, Anhang 2.1 § 22 FRG, Anm. 6.2).

Hingegen ist die Beitragszeit aufgrund der Beschäftigung eines Mitglieds bei einer rumänischen LPG als nachgewiesen im Sinne des § 22 Abs. 3 FRG anzusehen, wenn für deren Mitglieder eine gesetzliche Rentenversicherung als Pflichtversicherung bestand und wenn die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden (BSG, Urteil vom 19.11.2009 a.a.O., Rn. 23 m.w.N.). Gleiches gilt für Mitglieder sowjetischer Kolchosen wegen der Regelungen des sowjetischen Rechts, dass Kolchosen ab 01. Januar 1965 für alle Kolchose-Mitglieder Pflichtbeiträge zu zahlen hatten. Bei festgestellter Mitgliedschaft ist daher der Schluss auf eine vollständige (lückenlose) Beitragsentrichtung zulässig, solange keine Anhaltspunkte gegen eine Beitragszahlung vorliegen, mithin keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Beitragsentrichtung durch Beschäftigungslücken (z.B. Arbeitsunfähigkeit, Witterung) bei durchgehender Mitgliedschaft nicht in Frage gestellt werden muss (vgl. LSG, Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.01.2019, L 21 R 370/15, Rn. 37 m.w.N. zitiert nach juris).

Unstreitig war der Kläger weder in einer sowjetischen Kolchose, noch in einer rumänischen LPG beschäftigt.

Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen steht für den Senat nach der nach § 128 SGG aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung fest, dass der Kläger in den streitigen Zeiträumen eine höhere Beitragsdichte als 5/6 nicht nachweisen konnte.

Insbesondere konnte der Kläger mit der von ihm vertretenen Auffassung, dass es aufgrund des Gutachtens des Instituts für Ostrecht vom 15.07.2019 auch bei Beitragszeiten außerhalb einer sowjetischen Kolchose für einen Nachweis lediglich darauf ankomme, ob eine durchgehende Beitragsentrichtung an die gesetzliche Rentenversicherung stattgefunden hat, nicht durchdringen. Denn die Verhältnisse in sowjetischen Kolchosen sind nicht mit denen in einer Sowchose bzw. bei sonstigen Arbeitern und Arbeitnehmern sowjetischer Staatsbetriebe gleichzusetzen.

Der Kläger verkennt, dass die zugrunde liegenden Verhältnisse gänzlich anders waren. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 31.03.1993, 13 RJ 17/92) unterscheidet sich die arbeitsrechtliche Stellung der Kolchosmitglieder von derjenigen der Arbeiter/Angestellten in einem Staatsbetrieb. Im Staatsbetrieb wird der Arbeiter auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages tätig und nach staatlichen Tarifen entlohnt. Die Kolchosmitglieder stehen in einem Mitgliedschaftsverhältnis zum Kolchos. Ihre arbeitsrechtlichen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem von der Kolchosmitgliederversammlung verabschiedeten Kolchosstatut und aus der ebenfalls von der Mitgliederversammlung beschlossenen Arbeitsordnung. Sowohl das Statut als auch die Arbeitsordnung sind für alle Kolchosmitglieder verbindlich. In der Arbeitsordnung werden u.a. geregelt: Organisation der Arbeit im Kolchos (Einteilung der Kolchosmitglieder in Brigaden, Ernennung von Brigadiers, Pflichten der Kolchosmitglieder in der Brigade usw.), Tagesarbeitsplan, Verteilung von Arbeitsaufträgen. Die Kolchosmitgliederversammlung legt den Grad der Arbeitsbeteiligung jedes Kolchosmitglieds an der Erfüllung der Aufgaben des Kolchos und die Arbeitsnormen fest. Damit soll erreicht werden, dass jedes Kolchosmitglied voll ausgelastet wird. Die Entlohnung der Kolchosmitglieder erfolgt auf der Grundlage der von ihnen erbrachten "Arbeitseinheiten", die als Maß der Leistung und Verteilung in Abhängigkeit von den Geldeinnahmen des Kolchos ebenfalls von der Mitgliederversammlung beschlossen werden. Eine echte Selbstverwaltung konnte wegen der vollständigen Anbindung aller im Kolchos zu verrichtenden Arbeiten an staatliche Gesetze und andere Normativakte jedoch nicht entstehen, so dass das einzelne Kolchosmitglied sowohl persönlich als auch wirtschaftlich abhängig von der staatlich reglementierten Kolchosleitung war. Kolchosmitglieder waren letztlich bei ihrer Arbeit im Kolchos nach Art, Ort, Zeit und Ausführung an fremde Weisungen gebunden, ihre Tätigkeit weist damit die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gegen Entgelt auf. Die Besonderheit des Mitgliedschaftsverhältnis gegenüber einem Arbeitsverhältnis besteht nämlich darin, dass die Mitglieder im Kolchos arbeiten müssen (jederzeit bereit sein, Arbeit zu leisten), zugleich in einem anderen, sei es staatlichen oder gesellschaftlichen, Betrieb aber nicht beschäftigt werden durften. Die Kolchosmitglieder mussten aufgrund ihrer besonderen arbeitsrechtlichen Stelllung vielfältige Arbeiten auf Weisung der Kolchosverwaltung, also in abhängiger Beschäftigung, durchführen. Auch war die Entlohnung im Vergleich zum (normalen) Arbeitsverhältnis anders geartet. Die Entlohnung erfolgt ausschließlich aus Mitteln des Kolchos, also in Abhängigkeit von seinen Erträgen, wobei von diesen Erträgen zunächst die Ausgaben für den Kolchos (Kauf von Futtermitteln, Dünger, Aufwand für Verwaltungsaufgaben, Aufwendungen für soziale und kulturelle Zwecke) abgesetzt werden. Der "Rest" wurde in Abhängigkeit von den erbrachten Leistungen der einzelnen Kolchosmitglieder auf diese verteilt. Zunächst erfolgte diese Verteilung erst am Ende eines Wirtschaftsjahres (eine Vorschussleistung war möglich), später gingen die Kolchosen zu einer monatlichen Bargeldzahlung über, wobei "Übergangsfonds" aus den jährlichen Wirtschaftserträgen gebildet wurden, um aus diesen die Löhne an die Kolchosmitglieder in den Wintermonaten auszuzahlen. Die Einführung der monatlichen Bargeldentlohnungen an Kolchosmitglieder hat das Zentralkomitee der kommunistischen Partei und der Ministerrat der UdSSR im Jahr 1966 beschlossen, einzelne Kolchosen haben diese Form der Entlohnung aber schon früher praktiziert (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.1993, 13 RJ 17/92, Rn. 35-43 m.w.N. zitiert nach juris).

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus dem Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 15.07.2019, da das Gutachten keine wesentlichen neuen Erkenntnisse enthält. Aus dem Gutachten ergeben sich zudem Unterschiede zwischen der Beitragsentrichtung sowjetischer Sowchosen gegenüber der Beitragsentrichtung sowjetischer Kolchosen. In der Sowchose waren die Beiträge nach dem betrieblichen Gesamtlohnfonds zu entrichten und somit in ihrer Höhe mit der Lohnzahlung verbunden. Krankheitsbedingte Ausfälle führten daher - es sei denn, sie wurden durch Überstunden anderer Arbeiter ausgeglichen - zu einer Verringerung des Gesamtlohnfonds. In der Kolchose hingegen wurden die Beiträge an dem jährlichen Bruttoeinkommen der Kolchose gemessen, das sich aus dem Verkauf der Gesamtproduktion sowie Einnahmen in Naturalien berechnete. Bei den Kolchosen handelte es sich daher um eine echte Pauschalbeitragszahlung.

Zu den Verhältnissen der sonstigen Arbeitnehmer in der ehemaligen UdSSR und einer fehlenden Vergleichbarkeit mit Kolchosmitgliedern hat das LSG Baden-Württemberg in einem Urteil vom 21.02.2019 (L 7 R 4280/17) zutreffend ausgeführt, dass bei Unterbrechungen der Arbeit durch Krankheit, unbezahlten Urlaub und unentschuldigte Fehlzeiten die Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung durch den Arbeitgeber entfiel. So waren während Arbeitsunfähigkeitszeiten unabhängig von ihrer Dauer keine Beiträge zum Sozialversicherungssystem zu entrichten. Im Krankheitsfall wurden seinerzeit in der ehemaligen UdSSR Lohnersatzleistungen nicht vom Arbeitgeber, sondern vom Sozialversicherungsfonds erbracht. Damit haben diese Leistungen keinen Niederschlag in der vom Betrieb gezahlten Gesamtlohnsumme gefunden, die der Beitragsabführung zur Rentenversicherung zugrunde lag; eine Beitragspflicht des Sozialversicherungsfonds, der im Krankheitsfall ggf. Lohnersatzleistungen erbracht hat, kannte das sowjetische Recht nicht. Die von den Arbeitgebern zu entrichtenden Beiträge an den Fonds der Sozialversicherung hatten sich nach der (konkreten) Bruttolohnsumme einschließlich von Prämien, Überstundenvergütungen etc. zu bemessen, mithin nach dem tatsächlichen Lohnaufkommen. Daher war nach sowjetischen Recht im Krankheitsfall (anders ggf. bei einem Arbeits- bzw. Betriebsunfall) durch den Arbeitgeber kein Lohn zu entrichten, sodass insofern auch keine Beiträge an den Sozialversicherungsfonds abzuführen waren (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2019, L 7 R 4280/17, Rn. 29 m.w.N. zitiert nach juris).

Diese Annahmen werden durch das Gutachten vom 15.07.2019 bestätigt, weshalb die Verhältnisse der sonstigen Beschäftigten und auch der Mitglieder der Sowchosen nicht mit denen der Kolchosmitglieder identisch bzw. vergleichbar waren.

Im Fall des Klägers sind daher die vom BSG in allen anderen Fällen aufgestellten Maßstäbe anzuwenden. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verbleiben jedoch begründete Zweifel daran, dass der Kläger durchgehend ohne Beitragsunterbrechung versichert gewesen ist. Dies ergibt sich aus den von ihm vorgelegten Archivbescheinigungen, die sich bereits in sich widersprechen. Zudem ergeben sich diese aus dem eigenen Vortrag des Klägers, der zu Beginn des Verwaltungsverfahrens noch jegliche Arbeitsunterbrechung geleugnet, nach Vorhalten der Beklagten zu Widersprüchen und in den Bescheinigungen enthalten Lücken jedoch nach und nach eingeräumt hat. So ist das Erwerbsleben des Klägers in den streitgegenständlichen Zeiträumen nicht nur von Unterbrechungen wegen Arbeitsunfähigkeit geprägt, sondern von zahlreichen Unterbrechungen und Beurlaubungen für nach eigenem Vortrag stattgehabte Unterbrechungen für das Fernstudium sowie Wehrübungen. Im Einzelnen:

Das vom Kläger vorgelegte Arbeitsbuch ist zum Nachweis der fehlenden Unterbrechung nicht ausreichend, da lediglich Angaben zu Beginn und Ende der einzelnen Arbeitsverhältnisse, Angaben zu - krankheitsbedingten oder anderweitigen - Unterbrechungen der einzelnen Arbeitsverhältnisse jedoch nicht enthalten sind (vgl. BSG, Beschluss vom 29.06.2018, B 13 R 9/16 R, Rn. 16 zitiert nach juris). Der Nachweis der fehlenden Unterbrechung entfällt auch dann nicht, wenn Unterbrechungen in einem Arbeitsbuch üblicherweise nicht aufgeführt werden und einem Versicherten im Übrigen keine amtlichen Unterlagen zur Verfügung stehen. In diesem Sinne lässt sich aus Arbeitsbüchern der Sowjetunion ein Nachweis nicht entnehmen. Will ein Versicherter den Nachweis führen, dass die im Arbeitsbuch bescheinigten Arbeitsverhältnisse ununterbrochen bestanden haben, so muss er sich weiterer Erkenntnisquellen bedienen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.11.2010, L 2 R 435/10, Rn. 83 m.w.N. zitiert nach juris).

Auch die beiden Archivbescheinigungen sind für einen Nachweis einer höheren Beitragsdichte als 5/6 nicht ausreichend.

Der im Verwaltungsverfahren vorgelegte undatierte Lohnlistenauszug für die Jahre 1974 bis 1989 ist bereits deshalb für einen Nachweis ungeeignet, da die dort enthaltenen Angaben teilweise falsch sind und im Übrigen der im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Archivbescheinigung für die Beschäftigung bei der Geflügelfarm "T" widersprechen, obschon beide Bescheinigungen Angaben beruhend auf den Lohnlisten der Geflügelfarm enthalten sollen. Der undatierte Lohnlistenauszug enthält für die Jahre 1974 bis 1979 gearbeitete Tage und erhaltenen Urlaub, obwohl der Kläger in der Zeit vom 01.09.1974 bis zum 24.07.1977 die technische Berufsschule besucht und in der Zeit vom 21.10.1977 bis zum 19.12.1979 den gesetzlichen Wehrdienst abgeleistet hat.

Darüber hinaus sind beide Bescheinigungen insgesamt nicht plausibel, da die in beiden Bescheinigungen getätigten Angaben trotz gleicher Grundlage nicht unerheblich voneinander abweichen. So werden in der zeitlich späteren Bescheinigung für das Jahr 1977 71 Arbeitstage und keine Urlaubstage bescheinigt, wohingegen in der ersten Archivbescheinigung 283 Arbeits- und 24 Urlaubstage bescheinigt sind. Im Jahr 1979 werden in der zweiten Bescheinigung 27 Arbeits- und keine Urlaubstage angegeben, in der ersten Bescheinigung hingegen 280 Arbeits- und 24 Urlaubstage. Ähnlich eklatante Abweichungen ergeben sich auch für die Jahre 1980 bis 1983. Insoweit ergeben sich erheblich Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Aufzeichnungen des Archivs oder der Geflügelfarm "T" selbst, auf deren Lohnabrechnungsunterlagen bzw. Akten die Angaben in den Bescheinigungen beruhen sollen.

Die im Berufungsverfahren vorgelegte Bescheinigung ist zwar nach einzelnen Monaten unterteilt und weist Eintragungsmöglichkeiten für etwaige Arbeitsunterbrechungen aus. Allerdings ist die Bescheinigung bereits in sich nicht schlüssig. Allein für den Monat Dezember 1981 ist eine Eintragung von Erholungsurlaub von 24 Tagen enthalten; im gleichen Monat werden allerdings 23 Arbeitstage angegeben, was bereits rein rechnerisch nicht möglich ist. Auch lässt sich anhand der Bescheinigung eine durchgehende Vollzeitbeschäftigung des Klägers nicht nachvollziehen, da für mehrere Monate nur sehr wenige Arbeitstage angegeben werden, ohne dass zeitgleich Eintragungen für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder Beurlaubung vorhanden sind. So hat der Kläger ausweislich der Bescheinigung im Januar 1980 an 12 Tagen, im Februar 1980 an 4 Tagen, im Oktober 1980 an 13 Tagen, im November 1980 an 5 Tagen, im April 1981 an 4 Tagen, im August 1981 an 13 Tagen, im Oktober 1981 an 6 Tagen, im November 1981 an 7 Tagen, im März 1982 an 10 Tagen, im Juli 1982 an 14 Tagen und im Oktober 1982 an 15 Tagen gearbeitet. Zur Begründung hat der Kläger angegeben, in diesen Monaten zu Wehrübungen einberufen worden zu sein, das Gehalt sei vom Arbeitgeber weitergezahlt worden. Selbst wenn dies zutreffen sollte, weist die vorgelegte Bescheinigung dennoch Unstimmigkeiten auf, da die Zeiten nicht als Unterbrechungszeiten vermerkt sind und entgegen dem Vorbringen des Klägers auch keine Lohnzahlung erfolgt ist. Wäre - wie vom Kläger behauptet - eine Fortzahlung des Lohnes durch den Arbeitgeber erfolgt, so wäre zumindest die Lohnzahlung vermerkt gewesen.

Des Weiteren hat der Kläger ausweislich der Bescheinigung im Jahr 1982 im Januar, Februar, April, Mai, Juni und September überhaupt nicht gearbeitet, ohne dass Eintragungen für gewährten Urlaub erfolgt sind. Der Kläger hat angegeben, für sein Fernstudium im Jahr 1980 für ca. eine Woche, im Frühjahr 1981 für 1 - 2 Wochen und im Jahr 1982 für 2 - 3 Monate nicht gearbeitet und sich an den Ort der Fachschule begeben zu haben. Auch diese Fehlzeiten finden keinen Anhaltspunkt in Form von eingetragenen Arbeitsunterbrechungen in den vorgelegten Bescheinigungen. Zwar stimmen die Angaben des Klägers, er sei im Februar und Juni 1982 ohne Bezahlung von der Arbeit freigestellt gewesen mit den fehlenden Arbeitstagen in diesen Monaten überein. Sie erklären jedoch nicht sämtliche Monate ohne Arbeitsleistung.

Schließlich ist bemerkenswert, dass sämtlicher Vortrag zu Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses nur auf Vorhalt der Beklagten erfolgt ist. So hat der Kläger zu Beginn des Verfahrens zunächst darauf beharrt, sein Arbeitsverhältnis weise keinerlei Unterbrechungen auf und er habe sich aufgrund des herrschenden Arbeitszwanges in der ehemaligen Sowjetunion nur dann krank gemeldet, wenn es überhaupt nicht anders gegangen sei. Im Verlauf des Verfahrens wurden zunehmend nicht nur geringfügige Unterbrechungen eingeräumt, sondern mehrmonatige Fehlzeiträume zugestanden und jeweils zu erklären versucht.

Ferner verkennt der Kläger, dass selbst wenn seine Auffassung, es sei allein auf die Tatsache einer durchgehenden Beitragsentrichtung durch den Arbeitgeber abzustellen, zutreffend wäre, eine ungekürzte Berücksichtigung der von ihm nach dem FRG zurückgelegten Beitragszeiten nur dann möglich wäre, wenn auch keine Kürzung nach § 26 FRG zu erfolgen hätte. Das auf eine ungekürzte Berücksichtigung der nach dem FRG zurückgelegten Beitragszeiten gerichtete Klagebegehren kann nur dann Erfolg haben, wenn weder nach § 22 Abs. 3 FRG noch nach § 26 FRG die Entgeltpunkte für Beitragszeiten um (mindestens) 1/6 zu kürzen sind (vgl. BSG, Urteil vom 19.11.2009, B 13 R 67/08 R, Rn. 24 zitiert nach juris).

Die vom Kläger zur Begründung einer ungekürzten Anrechnung seiner in der ehemaligen Sowjetunion anzurechnenden Zeiten herangezogenen Urteile des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.11.2010 (L 2 R 435/10) und 03.06.2015 (L 2 R 227/13) sind nicht überzeugend, da es sich um einzelfallbezogene Entscheidungen handelt und der Sachverhalt im vorliegenden Fall abweichend ist. Im Fall des Klägers können - anders als in den vom LSG Niedersachsen-Bremen entschiedenen Fällen - nicht nur Zeiten der Unterbrechung seiner Beschäftigung aufgrund krankheitsbedingter Ausfälle in Betracht kommen. Der Kläger hat zwischenzeitlich selbst eingeräumt, dass seine Beschäftigung sowohl durch bezahlten Urlaub sowie bezahlte und unbezahlte Freistellungen unterbrochen gewesen sei. Auch seine Erklärung zu den nicht vorhandenen Unterbrechungen wegen Krankheit vermag nicht zu überzeugen, da er selbst zunächst in Abrede gestellt hat, überhaupt krankheitsbedingte Ausfälle gehabt zu haben und im Laufe des Verfahrens eingeräumt hat, dass es solche - wenn auch nur kurzfristige Unterbrechungen - doch gegeben habe soll. Genaue Angaben zu den einzelnen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vermag der Kläger jedoch nicht zu tätigen, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Zeiten sich in den im vorliegenden Verfahren streitigen Zeiträumen befinden (vgl. auch LSG NRW, Urteil vom 11.07.2016, L 3 R 148/13 S. 15/16).

Eine weitere Archivbescheinigung war entgegen dem Vorbringen des Klägers vom Senat nicht einzuholen, da vom Kläger weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, welchen zusätzlichen Erkenntniswert eine solche weitere Bescheinigung haben soll. Zudem hat der Kläger zuletzt hieran auch nicht mehr festgehalten.

Soweit der Kläger im Laufe des Berufungsverfahrens vereinzelt Zeugen benannt hat, musste der Senat dem nicht nachgehen. Wie bereits oben dargestellt sind Zeugen ohnehin ausschließlich in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum Nachweis von Beitragszeiten geeignet, beispielsweise wenn der Zeuge als Lohnbuchhalter aus eigener Wahrnehmung die ununterbrochene Beitragsleistung bestätigen kann. Das BSG (Urteil vom 13.10.1967, 12 RJ 198/64) hat zum Beweis von Beitragszeiten durch Zeugen ausgeführt, dass der Beweis auch durch andere Beweismittel als die Versicherungsunterlagen geführt werden kann, wenn sich aus diesen Beweismitteln mit ähnlicher Sicherheit wie aus den Versicherungsunterlagen ergibt, dass alle im Einzelnen für die Rentenberechnung festzustellenden Tatsachen vorliegen. Es dürfe also auch bei Benutzung anderer Beweismittel als der Versicherungsunterlagen kein vernünftiger, im konkreten Sachverhalt begründeter Zweifel an der kalendermäßigen Dauer der entgeltlichen Beschäftigung mehr bestehen (KomGRV, Anhang 2.1 § 22 FRG Anm. 6.2). Die vom Kläger zum Nachweis seiner Beitragszeiten benannten Personen erfüllen diese besonderen Ausnahmetatbestände hingegen nicht.

Darüber hinaus hat der Kläger an seinen diesbezüglichen Beweisanregungen in der mündlichen Verhandlung nicht mehr festgehalten, ansonsten wäre der anwaltlich vertretene Kläger gehalten gewesen, einen entsprechenden Beweisantrag zu formulieren. Besonders da der bislang pauschal gehaltene Vortrag des Klägers unter Benennung eines Arbeitskollegen, eines Wehrdienstkollegen und seiner Ehefrau zum Beweis des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses, nicht vorhandener Arbeitsunterbrechungen aufgrund von Krankheit sowie der Anzahl von Arbeitsunterbrechungen für Wehrübungen nicht den Anforderungen an einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag, der den Beweisgegenstand und das Beweisthema ausreichend bezeichnet, genügt. Im Einzelnen:

Der Kläger hat lediglich vorgetragen sein Arbeitskollege C könne das Beschäftigungsverhältnis mit der Geflügelfarm "T" im Zeitraum von Juli bis Oktober 1977 bezeugen. Die Tatsache des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei der Geflügelfarm "T" steht jedoch bereits aufgrund der vorgelegten Unterlagen (Arbeitsbuch, Lohnlistenauszug und Archivbescheinigung) unstreitig fest.

Weiter hat der Kläger angegeben, sein Wehrdienstkollege M könne die Anzahl der Wehrübungen zwischen 1980 und 1982 und seine Ehefrau das Nichtvorhandensein längerer Ausfallzeiten aufgrund von Krankheit ab dem 01.05.1980 bestätigen. Insoweit hätte es sich bei dementsprechenden Beweisanträgen um sogenannte unzulässige Ausforschungsbeweise gehandelt. Ein solcher Ausforschungsbeweis liegt im sozialgerichtlichen Verfahren vor, wenn ihm die Bestimmtheit bei der Angabe der Tatsachen oder Beweismittel fehlt, oder aber der Beweisführer für seine Behauptung nicht genügend Anhaltspunkte angibt und erst aus der Beweisaufnahme die Grundlage für seine Behauptungen gewinnen will. Gleiches gilt, wenn der Zeuge über völlig aus der Luft gegriffene Behauptungen Aussagen machen soll, die allein den Zweck haben, die Partei erst über ihr unbekannte Vorgänge und Sachverhalte zu informieren (BSG, Beschluss vom 19.11.2009, B 13 R 303/09 B, Rn. 12 m.w.N. zitiert nach juris). Der Kläger hat weder den Beweisgegenstand noch das Beweisthema ausreichend bezeichnet. Den von ihm vorgebrachten Beweistatsachen fehlt jegliche Substanz hinsichtlich konkreter Zeiträume und Tatsachen, weshalb der Vortrag zu unbestimmt ist. Diesbezüglich wäre die genaue Benennung der Ausfallzeiträume nebst Ausfallgrund notwendig gewesen.

Schließlich wären auch bei Unterstellung eines gelungenen Nachweises der Anzahl der Wehrübungen sowie des Nichtbestehens von längeren Arbeitsunfähigkeiten weiterhin die oben dargestellten Widersprüchlichkeiten in den vorgelegten Unterlagen (Arbeitsbuch, Lohnlistenauszug und Archivbescheinigung) verblieben, weshalb auch bei Benutzung der Zeugen als anderes Beweismittel neben den vorliegenden Versicherungsunterlagen nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 13.10.1967, 12 RJ 198/64) weiterhin vernünftige, im konkreten Sachverhalt begründete Zweifel an der kalendermäßigen Dauer der entgeltlichen Beschäftigung bestehen würden.

Soweit der Kläger schlussendlich die Berücksichtigung von Mindestentgeltpunkten nach § 262 SGB VI unter Außerachtlassung der von ihm in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten bei der Bestimmung des Durchschnittswertes begehrt, bietet § 262 SGB VI hierfür keinen Raum (vgl. auch LSG NRW, a.a.O., S. 17). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und trägt dem Unterliegen des Klägers Rechnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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