Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AY 39/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 7/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.
Der eindeutige Wortlaut des § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG verbietet es, die gesetzlich vorgesehene Leistungseinschränkung von weiteren Voraussetzungen (ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Rückkehr in das für das Asylverfahren zuständige Land) abhängig zu machen.
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann das Gericht die Leistungseinschränkung deshalb nicht unbeachtet lassen, auch wenn sie verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
2.
Die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG greift nicht, sobald dem betroffenen Ausländer eine Duldung (§ 60a AufenthG) erteilt worden ist. Bei Duldung kommen allein Einschränkungen nach § 1a Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 AsylbLG (bei Erfüllung der dortigen Voraussetzungen) in Betracht.
Der eindeutige Wortlaut des § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG verbietet es, die gesetzlich vorgesehene Leistungseinschränkung von weiteren Voraussetzungen (ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Rückkehr in das für das Asylverfahren zuständige Land) abhängig zu machen.
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann das Gericht die Leistungseinschränkung deshalb nicht unbeachtet lassen, auch wenn sie verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
2.
Die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG greift nicht, sobald dem betroffenen Ausländer eine Duldung (§ 60a AufenthG) erteilt worden ist. Bei Duldung kommen allein Einschränkungen nach § 1a Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 AsylbLG (bei Erfüllung der dortigen Voraussetzungen) in Betracht.
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 19.12.2019 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 27.02.2020 bis zum Ende des Monats der Zustellung dieser Entscheidung uneingeschränkte Grundleistungen nach Maßgabe der §§ 3 ff. AsylbLG unter Anrechnung der bereits erbrachten Leistungen zu gewähren. Im Übrigen werden Antrag und Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt notwendige außergerichtliche Kosten des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren zur Hälfte. Für das erstinstanzliche Verfahren haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, ob die Leistungen an den Antragsteller nach § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG zu kürzen sind.
Der am 00.00.1974 geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste zunächst, ausgestattet mit einem italienischen Visum, per Flugzeug mit einem Zwischenstopp über Äthiopien nach Italien ein. Nach seinen Angaben gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hielt er sich dort fünf Tage auf, nach seinen späteren Angaben im vorliegenden Beschwerdeverfahren zwei Tage. Sodann reiste er mit dem Bus weiter nach Deutschland (Einreise am 09.07.2019) und beantragte hier Asyl. Er wurde in der Zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen in E (ZUE) untergebracht und erhielt zunächst Leistungen nach § 3 AsylbLG im Wesentlichen als Sachleistung; nur für den notwendigen persönlichen Bedarf erhielt er wöchentlich ein sog. Taschengeld i.H.v. 31,73 EUR in bar ausgezahlt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte im Anschluss an eine Anhörung vom 09.08.2019 (auf deren Protokoll in der beigezogenen Ausländerakte Bezug genommen wird) mit Bescheid vom 22.10.2019 den Asylantrag als unzulässig ab (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (§ 34a Abs. 1 S. 1 AsylG). Es lägen durch Abgleich von Personendaten mit der VISA-Datenbank gewonnene Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gem. der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) vor. Ein Übernahmeersuchen vom 21.08.2019 an Italien sei von dort nicht fristgerecht beantwortet worden, so dass die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages mit Ablauf des 21.09.2019 auf Italien übergegangen sei (Art. 12 Abs. 4 i.V.m. Art 22 Abs. 7 Dublin-III-VO). Der Antragsteller habe bei seiner Erstbefragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates am 08.08.2019 bzw. bei der Anhörung zu Abschiebungshindernissen bzgl. Italien am 09.08.2019 (Art. 5 Dublin-III-VO) angegeben, sein Ziel sei von Anfang an Deutschland und nicht Italien gewesen; er leide an Problemen mit dem Knie und der Hüfte, weil er geschlagen worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid des BAMF Bezug genommen.
Der Antragsteller erhob gegen den Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 Klage vor dem Verwaltungsgericht B (9 K 3201/19.A). Mit Beschluss vom 14.11.2019 - xxx lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid vom 22.10.2019 anzuordnen, ab; wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen. Der Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 ist nach Rücknahme der verwaltungsgerichtlichen Klage seit dem 07.04.2020 bestandskräftig. Seit dem 27.02.2020 ist der Antragsteller Inhaber einer ausländerrechtlichen Duldung (derzeit befristet bis zum 27.05.2020).
Mit Bescheid vom 05.12.2019 stellte die Antragsgegnerin ab dem 04.12.2019 zunächst für die Dauer von sechs Monaten die Zahlung des sog. Taschengeldes ein. Der Antragsteller sei nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG leistungsberechtigt. Die Leistungseinschränkung folge im Anschluss an den Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 aus § 1a Abs. 7 AsylbLG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen. Der Antragsteller legte hiergegen am 06.12.2019 Widerspruch ein.
Ebenfalls am 06.12.2019 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Aachen einen "Eilantrag nach § 86b SGG" gestellt. Er gehöre zu den besonders vulnerablen Personen, da ihm kürzlich ein neues Hüftgelenk implantiert worden sei. Seither befinde er sich im Krankenhaus und ab dem 06.12.2019 in einer Reha-Maßnahme. Er sei deshalb nicht reisefähig, benötige krankheitsbedingt besondere Fürsorge und müsse in der Reha besondere Ausgaben bestreiten. Die Einstellung der Geldleistungen nach dem AsylbLG sei für ihn deshalb eine außergewöhnliche Härte und nicht statthaft.
Der Antragsteller hat (in der Antragsfassung des Sozialgerichts) beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 05.12.2019 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG entfalle nach Satz 2 der Vorschrift nur, wenn ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet habe. Hindernisse für eine Abschiebung nach Italien seien nicht bekannt. Während der Reha-Maßnahme werde der Antragsteller vollumfänglich versorgt; entgegen dem Wortlaut des § 1a Abs. 7 AsylbLG finde im Übrigen eine Kürzung bei der Deckung des Kleidungsbedarfs nicht statt.
Mit Beschluss vom 19.12.2019 hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.12.2019 angeordnet. Es bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides, weil vor seinem Erlass keine Aufhebungsentscheidung getroffen worden sei. Die gesetzliche Konzeption in § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG zeige, dass dem Leistungsberechtigten mit einer Entscheidung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG eine zuvor innegehabte Rechtsposition genommen werde. Anders sei es nicht zu erklären, dass das Gesetz von einer Anfechtungskonstellation ausgehe. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn Leistungen nach dem AsylbLG durch Bescheid bis auf weiteres bewilligt worden seien und deshalb ein Dauerverwaltungsakt vorliege. Erst recht müsse dies jedoch gelten, wenn - wie im Fall des Antragstellers - Leistungen ohne ausdrückliche Bewilligungsentscheidung erbracht worden seien. Schon aus rechtsstaatlichen Gründen sei eine formelle Entscheidung durch Bescheid zu fordern. Sehe § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG eine Beschränkung zuvor gewährter Leistungen mit Wirkung für die Zukunft vor und nicht lediglich die teilweise Ablehnung beantragter Leistungen, so müsse eine Aufhebung der zuvor erlangten Rechtsposition erfolgen. Deshalb könne die Antragsgegnerin nicht damit gehört werden, es sei keine ausdrückliche Bewilligungsentscheidung ergangen, so dass auch keine Aufhebung nötig sei. Abgesehen davon, ob es sich bei dem faktischen Zur-Verfügung-Stellen der Sachleistungen bzw. des sog. Taschengeldes nicht um konkludente Bewilligungsentscheidungen handele, würde die Antragsgegnerin anderenfalls dafür belohnt, sich nicht für eine rechtsstaatlich gebotene ausdrückliche Bewilligung durch formellen Bescheid entschieden zu haben, sondern Leistungen nur faktisch zu erbringen. Eine Aufhebung der zuvor ergangenen konkludenten Bewilligungsentscheidung oder der faktischen Auskehrung habe die Antragsgegnerin jedoch nicht verfügt. Deshalb erweise sich die Leistungseinschränkung als rechtswidrig. Denn die durch die Auskehrung der Geldleistungen erfolgte uneingeschränkte Bewilligung von Leistungen nach § 3 Abs. 1 AslybLG habe nach wie vor Bestand. Im Übrigen bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG mit Blick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG), das auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben garantiere. Das Gesetz verfolge zudem migrationspolitische Erwägungen und differenziere pauschal nach dem Aufenthaltsstatus; beides sei verfassungsrechtlich nicht zulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen den am 23.12.2019 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 14.01.2020 Beschwerde erhoben. Das AsylbLG sehe an keiner Stelle ausdrücklich vor, dass Bewilligungsentscheidungen schriftlich getroffen werden müssten. Verwaltungsakte könnten vielmehr auch formfrei ergehen; das Sozialgericht tendiere denn auch selbst dazu, dass eine konkludente Bewilligungsentscheidung vorliege. Mit dem Bescheid vom 05.12.2019 sei sehr wohl eine Aufhebung der zuvor erfolgten Taschengeldbewilligung verfügt worden. Durch eine Streichung des Taschengeldes werde im Übrigen weder das physische noch das soziokulturelle Existenzminimum unterschritten; das Taschengeld sei im Verhältnis zu dem gewährten Sachleistungsbezug lediglich ein "hinzukommendes Extra". Der Antragsteller habe auch nicht vorgetragen, aus welchem Grund durch dessen Streichung bei ihm eine besondere Notlage eingetreten sein solle. Wenn das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 05.11.2019 - 1 BvL 7/16 für den Regelfall eine Leistungskürzung um 30 % nicht beanstandet habe, so werde eine solche Kürzungsquote durch den Wegfall des Taschengeldes nicht einmal erreicht. Die Leistungseinschränkung stelle keine Sanktion dar; nach dem Wortlaut des § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG komme es allein darauf an, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt worden sei und eine Abschiebungsandrohung existiere, so wie es durch Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 geschehen sei. Eine Ausnahme nach § 1a Abs. 7 S. 2 AsylbLG bestehe nicht. Ermessen sei der Antragsgegnerin nicht eröffnet. Auch ab Erteilung der Duldung (27.02.2020) seien Taschengeldleistungen nicht zu erbringen. Denn der Antragsteller unterfalle § 1a Abs. 7 AsylbLG, weil er gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG vollziehbar ausreisepflichtig sei. Er verfüge über keinen Aufenthaltstitel i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 2 AufenthG; die erteilte Duldung sei kein solcher Aufenthaltstitel. Nach § 50 Abs. 1 AufenthG sei der Antragsteller deshalb vollziehbar ausreisepflichtig; denn nach § 60a Abs. 3 AufenthG bleibe die Ausreisepflicht bei Aussetzung der Abschiebung unberührt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 19.12.2019 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Er befinde sich seit dem 24.12.2020 nicht mehr in der Reha-Maßnahme, sei aber noch auf Gehstöcke angewiesen. Seine Hüftprobleme bzw. die massive Verschlechterung seines Gesundheitszustandes seien erst "auf der Flucht" und in Deutschland aufgetreten; möglicherweise habe sich auch seine neue Hüftprothese gelockert. Er habe ein Grundstück seines verstorbenen Vaters verkauft und Geld von seiner Familie erhalten. Damit habe sein Onkel seine Flucht organisiert; er habe ihm das Flugticket, den Pass und das Visum besorgt und ihm 200 EUR Bargeld gegeben, womit er die Ausgaben in Europa (Nahrung sowie Busticket nach Deutschland) bestritten habe. Jetzt habe er keinerlei Geldmittel mehr. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 1a Abs. 7 AsylbLG; wegen der Einzelheiten wird hierzu auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 14.02.2020 Bezug genommen. Art. 19 Abs. 4 GG erfordere, dass auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes effizienter Rechtsschutz gewährt werde. Im Übrigen hätten die Behörden Italiens Überstellungen nach dort nach dem Dublin-Abkommen bis auf weiteres ausgesetzt. Spätestens seither sei eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG nicht mehr zu rechtfertigen. Es biete sich eine verfassungskonforme Auslegung durch analoge Anwendung der Regelung zu Überbrückungsleistungen in § 1 Abs. 4 AsylbLG an; eine fehlende Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht sei generell als Härtefall i.S.d. Vorschrift anzusehen, in dem volle Grundleistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG zu gewähren seien. Schließlich verstoße die Leistungseinschränkung auch gegen die sog. Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33 EU); diese sehe eine solche Einschränkung wegen eines aufgrund der Dublin-III-VO unzulässigen Asylantrags nicht vor. Jedenfalls nach Erteilung der Duldung am 27.02.2020 seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG entfallen. Denn der Gesetzgeber habe in § 1a AsylbLG zwischen vollziehbar Ausreisepflichtigen ohne Duldungsgründe und solchen mit Duldung unterschieden. Eine Leistungskürzung wegen einer asylverfahrensrechtlichen Zuständigkeitsregelung könne nicht weiter gerechtfertigt sein, wenn aus asylunabhängigen Gründen eine Abschiebung nicht vollzogen werden könne. Es trete mit der Duldung vielmehr eine Situation ein, die mit der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Abschiebungsandrohung vergleichbar sei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 13.02.2020 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 05.12.2019 zurückgewiesen. Bei der Leistungskürzung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG handele es sich um eine gebundene Entscheidung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Der Antragsteller hat hiergegen vor dem Sozialgericht Klage erhoben (S 20 AY 22/20), die noch anhängig ist.
Seit dem 20.03.2020 erbringt die Antragsgegnerin wieder ungekürzte Leistungen nach dem AsylbLG, weil das BAMF das sog. Dublin-Verfahren an diesem Tag mangels derzeit zumutbarer Möglichkeit zur Ausreise bis auf weiteres ausgesetzt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Ausländerakte der Zentralen Ausländerbehörde Köln Bezug genommen. Der Inhalt liegt dieser Entscheidung zugrunde.
II.
1. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 05.12.2019 angeordnet. Dem Antragsteller stehen vor der Erteilung der Duldung am 27.02.2020 bei summarischer Prüfung keine uneingeschränkten Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG zu; ab Erteilung der Duldung am 27.02.2020 sind hingegen diese Leistungen uneingeschränkt zu gewähren.
a) Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, dass ihm das sog. Taschengeld, welches im Rahmen der Grundleistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG gewährt wird, über den 03.12.2019 hinaus weiterhin gezahlt wird. Bei diesem "Taschengeld" handelt es sich um Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (notwendiger persönlicher Bedarf i.Sv. § 3 Abs. 1 S. 2 und § 3a Abs. 1 AsylbLG), die neben die Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger persönlicher Bedarf i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 AsylbLG) treten.
b) Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts steht dem Antragsteller das Taschengeld nicht etwa schon deshalb zu, weil es zuvor bereits von der Antragstellerin bewilligt worden wäre und diese Bewilligung mangels Aufhebung noch fortwirken würde.
Das Sozialgericht ist vielmehr zu Unrecht davon ausgegangen, dass es zunächst der Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung nach dem AsylbLG bedurft hätte, bevor mit Bescheid vom 05.12.2019 (mittlerweile in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2020) eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG hätte erfolgen dürfen. Denn die Antragstellerin hat dem Antragsgegner das streitbefangene Taschengeld stets allein durch wöchentliche Auszahlung faktisch bewilligt. Diese konkludenten Leistungsbewilligungen konnten sich jedoch stets nur auf die jeweils betroffene Woche beziehen; eine Bewilligung auch für die weitere Zukunft war damit zu keiner Zeit verbunden. Dass mithin seit dem Bescheid vom 05.12.2019 keine konkludenten Neubewilligungen von Taschengeld-Leistungen mehr erfolgen, greift deshalb in kein bereits bescheidmäßig geregeltes Leistungsverhältnis ein; dementsprechend gab es auch keine Bewilligungsentscheidung, die vor der Verfügung der Leistungseinschränkung zunächst hätte zurückgenommen werden müssen.
c) Kann einstweiliger Rechtsschutz deshalb vom Antragsteller allenfalls im Wege einer einstweiligen Anordnung i.S.v. § 86b Abs. 2 S. 2 SGG erreicht werden, so liegen die Voraussetzungen dafür erst ab Erteilung der Duldung am 27.02.2020 vor. Für die Zeit davor verbietet hingegen § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG die Gewährung der streitbefangenen Leistungen.
aa) Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich sind danach die Glaubhaftmachung (vgl. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines sog. Anordnungsanspruchs (d.h. des geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruchs) sowie eines sog. Anordnungsgrundes (i.S. einer Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Regelung). In der Regel findet eine summarische Prüfung statt; können jedoch ohne Eilrechtsschutz schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung des Anordnungsanspruches vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 Rn. 24 f.). Bleibt der Ausgang einstweilen offen, muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, welche die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG, a.a.O. Rn. 26).
bb) Von vornherein offen bleiben kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens, ob die Antragsgegnerin mit dem Bescheid vom 05.12.2019 (dem Antragsteller noch am gleichen Tag ausgehändigt) die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG auch rückwirkend für den 04.12.2019 verfügen konnte. Denn der Antragsteller hat erst am 06.12.2019 einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Für die Zeit bis zum Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes - und damit auch für den im Bescheid vom 05.12.2019 rückwirkend geregelten 04.12.2019 - besteht jedenfalls kein Anordnungsgrund. Denn das Zusprechen einstweiliger Leistungen für zurückliegende Zeiträume kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die unterbliebene Leistungsgewährung in die Gegenwart fortwirkt und ihretwegen noch aktuell eine Notlage besteht (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 34a m.w.N.). Anhaltspunkte für einen solchen Nachholbedarf sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich; der Antragsteller hat vielmehr selbst in einer Erklärung vom 16.03.2020 angegeben, ihm sei zwischenzeitlich (also wohl im Anschluss an den Beschluss des Sozialgerichts) noch bis zur Beschwerde der Antragsgegnerin (im Januar 2020) Taschengeld ausgezahlt worden.
cc) Für die Zeit vom 06.12.2019 bis zur Erteilung der Duldung, also bis zum 26.02.2020, lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG vor. Dem Antragsteller fehlt insoweit bereits ein Anordnungsanspruch.
Nach dieser Vorschrift erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des BAMF nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylG als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AsylG angeordnet wurde, nur Leistungen entsprechend § 1a Abs. 1 AsylbLG, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Das gilt nach § 1a Abs. 7 S. 2 AsylbLG (nur dann) nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.
(1) Der Antragsteller war bis zur Erteilung der Duldung Leistungsberechtigter i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG. Danach sind leistungsberechtigt nach dem AsylbLG Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist.
Mit der Abschiebungsandrohung im Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 lagen diese Voraussetzungen vor. Darin wurde der Asylantrag des Antragstellers nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig abgelehnt; zugleich wies ihn das BAMF in dem Bescheid auf die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens hin (vgl. § 31 Abs. 6 AsylG) und ordnete seine Abschiebung nach Italien an (§ 34a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AsylG). Der Antragsteller war damit nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig, weil er keinen Aufenthaltstitel (mehr) besaß, und diese Ausreisepflicht war nach § 58 Abs. 2 S. 1 AufenthG vollziehbar, weil der Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 vollziehbar war. Dass der Antragsteller diesen Bescheid zunächst vor dem Verwaltungsgericht B im Verfahren xxx angefochten hatte, änderte daran nichts, da die Klage keine aufschiebende Wirkung hatte (§ 75 Abs. 1 S. 1 AsylbLG). Zu keiner Zeit hatte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung dieser Klage angeordnet; vielmehr hat es dies im Beschluss vom 14.11.2019 - xxx ausdrücklich abgelehnt.
(2) Der Senat hat diese - mittlerweile nach Rücknahme der verwaltungsgerichtlichen Klage bestandskräftige - ausländerrechtliche Regelung im Rahmen der asylbewerberleistungsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Derartigen ausländerrechtlichen Regelungen kommt für die Anwendung des AsylbLG sog. Tatbestandswirkung zu. Diese Tatbestandswirkung - oder auch die "Beachtlichkeit" eines Verwaltungsakts - meint, dass die durch Verwaltungsakt für einen bestimmten Rechtsbereich getroffene Regelung als gegeben hingenommen werden muss, mithin dass der Bescheid mit dem von ihm in Anspruch genommenen Inhalt von allen rechtsanwendenden Stellen zu beachten und eigenen Entscheidungen zugrunde zu legen ist (BSG, Urteil vom 27.02.2019 - B 7 AY 1/17 R Rn. 26). Knüpft daher das AsylbLG - wie bei der Leistungsberechtigung nach den einzelnen Tatbestandsalternativen seines § 1 oder bei Leistungseinschränkungstatbeständen des § 1a AsylbLG - an das Vorhandensein bestimmter ausländerrechtlicher Regelungen an, so sind die im Einzelfall geltenden ausländerrechtlichen Regelungen für die Anwendung des AsylbLG als gegeben hinzunehmen.
(3) Die dem Antragsteller ab dem 27.02.2020 erteilte Duldung ändert für den davor liegenden Zeitraum nichts; eine derartige ausländerrechtliche Regelung kann sich erst auf die Zeit auswirken, für die sie getroffen ist.
(4) § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG setzt auch nicht etwa - als ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal - voraus, dass dem Betroffenen eine Rückkehr in das für sein Asylverfahren zuständige Land (hier: Italien) möglich und zumutbar ist. Hat der Senat für die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG (bei einstweiliger Entscheidung im Wege einer Folgenabwägung) ein solches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal angenommen (Beschluss des Senats vom 27.03.2020 - L 20 AY 20/20 B ER), so betrifft diese Norm Leistungsberechtigte nach § 1 Nr. 1 bzw. Nr. 1a AsylbLG, über deren Asylantrag in Deutschland mithin noch nicht entschieden ist. § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG hingegen lässt angesichts seines eindeutigen Wortlauts die Annahme eines die Leistungseinschränkung von weiteren Voraussetzungen abhängig machenden ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals nicht zu (vgl. auch Beschluss des Senats vom 13.03.2020 - L 20 AY 48/19 B ER; einschränkend indes SG München, Beschluss vom 10.02.2020 - S 42 AY 82/19 ER Rn. 37, sowie SG Landshut, Beschlüsse vom 28.01.2020 - S 11 AY 3/20 ER Rn. 48 f. und vom 23.01.2020 - S 11 AY 79/19 ER Rn. 28 ff., die eine teleologische Reduktion dahingehend annehmen, dass dem Ausländer ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen sein müsse). Ob eine Rückkehr des Antragstellers nach Italien - etwa aus gesundheitlichen Gründen - als nicht zumutbar anzusehen wäre, kann der Senat daher offen lassen.
(5) Die nach der Normfassung des § 1a Abs. 7 AsylbLG danach einzig denkbare Ausnahme von einer Leistungskürzung ist eine gerichtliche Entscheidung, mit der die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet wurde. Eine solche gerichtliche Anordnung liegt für den Antragsteller nicht vor. Das Verwaltungsgericht B hat sie vielmehr durch Beschluss vom 14.11.2019 - xxx gerade abgelehnt.
(6) Hatte der Antragsteller vor Erteilung der Duldung am 27.02.2020 deshalb nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG lediglich Anspruch auf Leistungen entsprechend § 1a Abs. 1 AsylbLG, so fiel unter diese Leistungen nicht das von der Antragsgegnerin seit dem 19.12.2019 nicht mehr geleistete "Taschengeld". Denn dem Antragsteller waren seither entsprechend § 1a Abs. 1 S. 2 AsylbLG nur noch Leistungen zur Deckung seines Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege zu gewähren. Entsprechend § 1a Abs. 1 S. 3 AsylbLG können nur, soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, auch andere Leistungen i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 AsylbLG gewährt werden; dies sind jedoch nur solche des notwendigen Bedarfs, während das Taschengeld dem notwendigen persönlichen Bedarf i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 2 AsybLG zuzuordnen ist (s.o. zu a).
dd) Ab Erteilung der Duldung am 27.02.2020 jedoch sind die Voraussetzungen für eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG entfallen. Die Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG sind seither ungekürzt zu erbringen. Der Antragsteller hat insoweit sowohl einen Anordnungsanspruch als auch - da sein menschenwürdiges Existenzminimum betroffen ist - einen Anordnungsgrund.
(1) Dass die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG bei Erteilung einer Duldung entfällt, ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Norm selbst, die u.a. eine Einschränkung für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylLG (vollziehbare Ausreisepflicht, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist) vorsieht. Denn der Antragsteller ist auch nach Erteilung der Duldung vollziehbar ausreisepflichtig; die ihm erteilte Duldung setzt zwar die Abschiebung vorübergehend aus, lässt die Ausreisepflicht jedoch unberührt (§ 60a Abs. 3 AufenthG).
(2) Die fehlende Anwendbarkeit des § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG auf nach § 60a AufenthG geduldete Ausländer ergibt sich jedoch aus der Binnensystematik des § 1a AsylbLG.
Denn eine Leistungseinschränkung für nach § 60a AufenthG geduldete Ausländer wird in § 1a Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 AsylbLG (mit dort jeweils genannten weiteren Voraussetzungen) besonders geregelt. Die Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1 (Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen aus vom Ausländer zu vertretenden Gründen bei Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung) liegen nicht vor, weil entsprechende vom Antragsteller zu vertretende Gründe nicht feststellbar sind. Auch die Voraussetzungen nach Abs. 2 (Begeben in den Geltungsbereich des AsylbLG, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erhalten) sind - schon mangels entsprechender Darlegungen der Antragsgegnerin - einstweilen nicht feststellbar, und die Antragsgegnerin wäre dafür beweispflichtig (im Hauptsacheverfahren mag dem ggf. allerdings näher nachgegangen werden, weil es jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, dass der Antragsteller eigens nach Deutschland gekommen ist, um hier - als dem prägenden Motiv für seine Einreise nach Deutschland (vgl. Oppermann in jurisPK-AsylbLG, 3. Auflage 2020, Stand: 08.04.2020, § 1a Rn. 51 ff.) - eine Hüftoperation durchführen zu lassen).
Es ergäbe gesetzessystematisch keinen Sinn, eigene Regelungen in § 1a AsylbLG für den Kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG (Geduldete) vorzusehen, diesen Personenkreis aber nicht zugleich ausdrücklich in § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG einzubeziehen, wollte man letzteren Einschränkungstatbestand auch bei Geduldeten angewandt wissen. Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG gilt deshalb die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG nicht; eine Leistungseinschränkung gilt für sie vielmehr nur unter den weiteren (für den Antragsteller einstweilen nicht feststellbaren) Voraussetzungen des § 1a Abs. 2 bzw. Abs. 3 AsylbLG. Eine solche systematisch einschränkende Auslegung ist schon deshalb geboten, weil die Leistungseinschränkung selbst verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist (dazu sogleich bei d) und es daher einer (für die Leistungsberechtigten) möglichst engen Auslegung bedarf.
d) Soweit der Antragsteller verfassungsrechtliche Bedenken gegen die (einstweilen bei ihm bis zum 26.02.2020 vorzunehmende) Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG geltend macht, so sind diese im Hauptsacheverfahren zu klären.
aa) Allein im Rahmen des Hauptsacheverfahrens wäre eine Anrufung des Bundesverfassungsgericht möglich. Einstweilen jedoch sieht sich der Senat an den eindeutigen Wortlaut des § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG gebunden. Schon da er keine verfassungsrechtliche Verwerfungskompetenz besitzt (vgl. Art. 100 I GG), kann er nicht - contra legem - aus allein verfassungsrechtlichen Erwägungen einstweilen uneingeschränkte Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG zusprechen.
bb) Im Hauptsacheverfahren dürfte verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG allerdings näher nachzugehen sein. Diese Bedenken liegen deshalb nahe, weil diese Leistungseinschränkung das Grundrecht des Anragstellers auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums beeinträchtigen dürfte.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvR 10/10 und 2/11) besteht ein Anspruch auf (staatliche) Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums als Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG und als Menschenrecht, welches dem Grunde nach unverfügbar ist (Urteil vom 18.07.2012 Rn. 62; zur Unverletzlichkeit und Unveräußerlichkeit von Menschenrechten siehe auch Art. 1 Abs. 2 GG). Das Grundrecht gilt für Deutsche wie für sich in Deutschland aufhaltende Ausländer gleichermaßen (Rn. 63). Die Garantie des Existenzminimums bezieht sich einheitlich sowohl auf die physische Existenz (Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit) als auch auf die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (Rn. 64; sog. soziokulturelles Existenzminimum). Zur Wahrung dieses Grundrechts ist ein gesetzlicher Leistungsanspruch einzuräumen (Rn. 65); dabei besitzt der Gesetzgeber sowohl bei der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse als auch bei der wertenden Einschätzung notwendiger Bedarfe einen Gestaltungsspielraum (Rn. 67, 74), hat aber die Leistungen am jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe auszurichten (Rn. 62). Maßgebend sind die Verhältnisse in Deutschland, nicht diejenigen im Herkunftsland (Rn. 67). Migrationspolitische Erwägungen können eine geringere Bemessung des Existenzminimums für Ausländer nicht rechtfertigen, da die Menschenwürde migrationspolitisch nicht zu relativeren ist (Rn. 95).
Werden aber nach § 1a Abs. 7 S. 1 (i.V.m. Abs. 1 S. 2) AsylbLG im Regelfall nur noch Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt (und nur bei besonderen Umständen im Einzelfall im Ermessenswege auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 AsylbLG; vgl. § 1 Abs. 1 S. 3 AsylbLG), so entfallen die wesentlichen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (notwendiger persönlicher Bedarf im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 AsylbLG) und damit die Möglichkeit zur Deckung von Bedarfen des soziokulturellen Anteils des Existenzminimums. Nur zusammen mit den Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 AsylbLG) gewährleisten Letztere jedoch erst das menschenwürdige Existenzminimum, wie es der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3a AsylbLG gerade selbst wertend eingeschätzt hat.
Ist aber das Grund- bzw. Menschenrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG sowohl hinsichtlich des physischen als auch hinsichtlich des soziokulturellen Anteils einheitlich gewährleistet, so ist das Vorenthalten von Leistungen für den soziokulturellen Anteil des Existenzminimums verfassungsrechtlich im Grundsatz ausgeschlossen.
(2) Eine ausnahmsweise Rechtfertigung dieses Ausschlusses ergibt sich nicht etwa daraus, dass mit der Leistungseinschränkung ein asylrechtlich ungewolltes Verhalten - hier das Suchen um Asyl in Deutschland bei vorrangiger Zuständigkeit eines anderen, an die Dublin-III-VO gebundenen Staates (Italien) für das Asylverfahren - sanktioniert wird. Denn dies ist allein eine migrationspolitisch veranlasste Sanktion; das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist jedoch - s.o. (1) - migrationspolitisch gerade nicht zu relativieren.
(3) Ebenfalls erscheint eine ausnahmsweise Rechtfertigung des Ausschlusses von Leistungen für das soziokulturelle Existenzminimum schon dem Grunde nach (und unbeschadet der ggf. weiteren Frage nach der Höhe der Leistungseinschränkung) nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Antragsteller als Selbsthilfemöglichkeit nach Italien als dem Land zurückkehren könnte, welches nach der Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig wäre.
(a) Das Bundesverfassungsgericht hat zwar (für die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II, als einem ebenfalls das Existenzminimum sichernden Leistungsregime) entschieden, dass eine Leistungsminderung mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz (zwar doch, aber dennoch nur) vereinbar sein könne, wenn sie nicht auf eine repressive Ahndung von Fehlverhalten ausgerichtet sei, sondern auf die Erfüllung von Mitwirkungspflichten, welche gerade dazu dienten, die existenzielle Bedürftigkeit zu vermeiden oder zu überwinden (BVerfG, Urteil vom 05.11.2019 - 1 BvL 7/16 Rn. 131). Durch eine Ausreise nach Italien könnte der Antragsteller indes seine existenzielle Bedürftigkeit in Deutschland nicht vermeiden oder überwinden; eine Ausreise ist kein Mittel zur Bedarfsdeckung in Deutschland selbst (Beschluss des Senats vom 21.01.2020 - L 20 AY 45/19 B ER). Mag deshalb nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das menschenwürdige Existenzminimum zwar nicht voraussetzungslos gewährleistet erscheinen, sondern - überdies nur in einem begrenzten Umfang - von der zumutbaren Mitwirkung bei der Bedürftigkeitsvermeidung (in Deutschland) abhängen können, so kann die staatliche Gewährleistungspflicht dennoch nicht - in weitem Umfang (vgl. den Geldwert der Leistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs nach § 3a Abs. 1 AsylbLG) - gleichsam von vornherein gegenstandslos werden, weil auch die Möglichkeit besteht, sich außerhalb des Geltungsbereichs des GG zu begeben.
(b) Ob dem Antragsteller ohnehin eine Rückkehr nach Italien bei summarischer Prüfung unzumutbar und schon deshalb bei verfassungskonformer Betrachtung jedenfalls nicht als eine zumutbare Selbsthilfemöglichkeit entgegenzuhalten wäre, muss der Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht klären. Dabei muss er einstweilen auch nicht ermitteln, ob die Rückkehr nach Italien wegen der derzeitig nicht vollständig geklärten gesundheitlichen Situation zumutbar wäre.
e) Im Hauptsacheverfahren dürfte im Übrigen auch den tatsächlichen Angaben des Antragstellers (schon im Hinblick auf deren inhaltliche Verlässlichkeit) noch näher nachzugehen sein.
aa) Denn seine bisher bekannten Einlassungen sind nicht frei von Widersprüchen. So will er sich nach seinen Angaben im vorliegenden Verfahren nur zwei Tage, nach seinen Angaben gegenüber dem BAMF jedoch fünf Tage in Italien aufgehalten habe. Seinen Hüftschaden will er einmal auf im Herkunftsland zugefügte Schläge (nach seinen Angaben gegenüber dem BAMF wohl durch Mitglieder der Familie seines verstorbenen Vaters im Zusammenhang mit Erbstreitigkeiten) erlitten haben; nach seinem Vorbringen im Beschwerdeverfahren sollen sich seine Hüftbeschwerden jedoch erst "auf der Flucht" bzw. in Deutschland verschlimmert haben. Mag es auch denkbar sein, dass diese unterschiedlichen Schilderungen letztlich konsistent erklärt werden können, so dürfte dies dennoch eine nähere Prüfung erfordern. Dabei mag auch der Frage nach einer "Flucht" (vor bedrohenden Verwandten im Rahmen von Erbstreitigkeiten) nachgegangen werden; denn immerhin war der Antragsteller offensichtlich in der Lage, für seine Ausreise ein Visum der italienischen Republik sowie einen regulären Flug nach Italien und auch eine Busweiterreise nach Deutschland zu organisieren.
bb) Der Senat, der für die Zwecke des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz davon ausgeht, dass dem Antragsteller eigenes Vermögen oder Einkommen (i.S.d. § 7 AsylbLG) zur Zeit jedenfalls nicht im Sinne eines bereiten, aktuell einsetzbaren Mittels zur Verfügung steht (der Antragsteller hat entsprechende Angaben auf ausdrückliche Anfrage des Senats zum Prozesskostenhilfeverfahren gemacht), kann im vorläufigen Verfahren nicht beurteilen, ob der Antragsteller die Möglichkeit hätte, aus seinem Herkunftsland finanzielle Mittel abzurufen, welche ihn ganz oder teilweise von Leistungen nach dem AsylbLG unabhängig machen würden. Im Hauptsacheverfahren wird dem jedoch schon deswegen nachzugehen sein, weil er gegenüber dem BAMF noch bei seiner Anhörung vom 09.08.2019 angegeben hat, Erbe seines verstorbenen Vaters zu sein, und dieser sei reich gewesen mit einem großen Haus, einer Firma und Land. Um das Haus kümmere sich aktuell sein Onkel; Firma und Land gehörten ihm (dem Antragsteller). Für seine Reisekosten soll aber allein Land verkauft worden sein. Allerdings gab es nach seinen Angaben im Herkunftsland auch Streit mit der Familie des Vaters, die das Erbe nicht oder nicht allein dem Antragsteller habe zukommen lassen wollen und über diesen Streit sogar den Bruder des Antragsstellers ermordet habe.
2. Der Senat beschränkt die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin auf die Zeit bis zum Ende des Monats der Zustellung der vorliegenden Entscheidung. Denn es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich die der Entscheidung zugrunde liegenden Umstände bzw. Erkenntnisse ändern. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Antragsgegnerin bei im Wesentlichen gleichbleibenden Umständen - entsprechend der vorliegenden Entscheidung - auch über den zugesprochenen Zeitraum hinaus einstweilen weiterhin Leistungen erbringen wird, die nicht nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG eingeschränkt sind. Anderenfalls stünde es dem Antragsteller frei, erneut einstweiligen Rechtsschutz zu suchen. Ohnehin sieht die Antragsgegnerin derzeit (seit dem 20.03.2020) wegen der Aussetzung des Dublin-Verfahrens seit dem 20.03.2020 von einer Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG ab; da nicht absehbar ist, ob diese Aussetzung kurzfristig wieder zurückgenommen wird, hält es der Senat jedoch für sachgerecht, die einstweilige Verpflichtung nicht auf die Zeit bis zum 19.03.2020 zu beschränken. Soweit die Antragsgegnerin allerdings ab dem 20.03.2020 (und wohl auch schon für eine kurze Zeit im Anschluss an den sozialgerichtlichen Beschluss) uneingeschränkte Leistungen erbracht hat, sind Leistungen für den davon betroffenen Zeitraum nicht etwa nochmals vorläufig zu erbringen. Sollte die Duldung nicht über den 27.05.2020 hinaus verlängert werden, entfiele zudem im Anschluss der Grund für die nicht nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG gekürzten Leistungen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, ob die Leistungen an den Antragsteller nach § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG zu kürzen sind.
Der am 00.00.1974 geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste zunächst, ausgestattet mit einem italienischen Visum, per Flugzeug mit einem Zwischenstopp über Äthiopien nach Italien ein. Nach seinen Angaben gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hielt er sich dort fünf Tage auf, nach seinen späteren Angaben im vorliegenden Beschwerdeverfahren zwei Tage. Sodann reiste er mit dem Bus weiter nach Deutschland (Einreise am 09.07.2019) und beantragte hier Asyl. Er wurde in der Zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen in E (ZUE) untergebracht und erhielt zunächst Leistungen nach § 3 AsylbLG im Wesentlichen als Sachleistung; nur für den notwendigen persönlichen Bedarf erhielt er wöchentlich ein sog. Taschengeld i.H.v. 31,73 EUR in bar ausgezahlt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte im Anschluss an eine Anhörung vom 09.08.2019 (auf deren Protokoll in der beigezogenen Ausländerakte Bezug genommen wird) mit Bescheid vom 22.10.2019 den Asylantrag als unzulässig ab (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (§ 34a Abs. 1 S. 1 AsylG). Es lägen durch Abgleich von Personendaten mit der VISA-Datenbank gewonnene Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gem. der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) vor. Ein Übernahmeersuchen vom 21.08.2019 an Italien sei von dort nicht fristgerecht beantwortet worden, so dass die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages mit Ablauf des 21.09.2019 auf Italien übergegangen sei (Art. 12 Abs. 4 i.V.m. Art 22 Abs. 7 Dublin-III-VO). Der Antragsteller habe bei seiner Erstbefragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates am 08.08.2019 bzw. bei der Anhörung zu Abschiebungshindernissen bzgl. Italien am 09.08.2019 (Art. 5 Dublin-III-VO) angegeben, sein Ziel sei von Anfang an Deutschland und nicht Italien gewesen; er leide an Problemen mit dem Knie und der Hüfte, weil er geschlagen worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid des BAMF Bezug genommen.
Der Antragsteller erhob gegen den Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 Klage vor dem Verwaltungsgericht B (9 K 3201/19.A). Mit Beschluss vom 14.11.2019 - xxx lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid vom 22.10.2019 anzuordnen, ab; wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen. Der Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 ist nach Rücknahme der verwaltungsgerichtlichen Klage seit dem 07.04.2020 bestandskräftig. Seit dem 27.02.2020 ist der Antragsteller Inhaber einer ausländerrechtlichen Duldung (derzeit befristet bis zum 27.05.2020).
Mit Bescheid vom 05.12.2019 stellte die Antragsgegnerin ab dem 04.12.2019 zunächst für die Dauer von sechs Monaten die Zahlung des sog. Taschengeldes ein. Der Antragsteller sei nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG leistungsberechtigt. Die Leistungseinschränkung folge im Anschluss an den Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 aus § 1a Abs. 7 AsylbLG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen. Der Antragsteller legte hiergegen am 06.12.2019 Widerspruch ein.
Ebenfalls am 06.12.2019 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Aachen einen "Eilantrag nach § 86b SGG" gestellt. Er gehöre zu den besonders vulnerablen Personen, da ihm kürzlich ein neues Hüftgelenk implantiert worden sei. Seither befinde er sich im Krankenhaus und ab dem 06.12.2019 in einer Reha-Maßnahme. Er sei deshalb nicht reisefähig, benötige krankheitsbedingt besondere Fürsorge und müsse in der Reha besondere Ausgaben bestreiten. Die Einstellung der Geldleistungen nach dem AsylbLG sei für ihn deshalb eine außergewöhnliche Härte und nicht statthaft.
Der Antragsteller hat (in der Antragsfassung des Sozialgerichts) beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 05.12.2019 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG entfalle nach Satz 2 der Vorschrift nur, wenn ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet habe. Hindernisse für eine Abschiebung nach Italien seien nicht bekannt. Während der Reha-Maßnahme werde der Antragsteller vollumfänglich versorgt; entgegen dem Wortlaut des § 1a Abs. 7 AsylbLG finde im Übrigen eine Kürzung bei der Deckung des Kleidungsbedarfs nicht statt.
Mit Beschluss vom 19.12.2019 hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.12.2019 angeordnet. Es bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides, weil vor seinem Erlass keine Aufhebungsentscheidung getroffen worden sei. Die gesetzliche Konzeption in § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG zeige, dass dem Leistungsberechtigten mit einer Entscheidung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG eine zuvor innegehabte Rechtsposition genommen werde. Anders sei es nicht zu erklären, dass das Gesetz von einer Anfechtungskonstellation ausgehe. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn Leistungen nach dem AsylbLG durch Bescheid bis auf weiteres bewilligt worden seien und deshalb ein Dauerverwaltungsakt vorliege. Erst recht müsse dies jedoch gelten, wenn - wie im Fall des Antragstellers - Leistungen ohne ausdrückliche Bewilligungsentscheidung erbracht worden seien. Schon aus rechtsstaatlichen Gründen sei eine formelle Entscheidung durch Bescheid zu fordern. Sehe § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG eine Beschränkung zuvor gewährter Leistungen mit Wirkung für die Zukunft vor und nicht lediglich die teilweise Ablehnung beantragter Leistungen, so müsse eine Aufhebung der zuvor erlangten Rechtsposition erfolgen. Deshalb könne die Antragsgegnerin nicht damit gehört werden, es sei keine ausdrückliche Bewilligungsentscheidung ergangen, so dass auch keine Aufhebung nötig sei. Abgesehen davon, ob es sich bei dem faktischen Zur-Verfügung-Stellen der Sachleistungen bzw. des sog. Taschengeldes nicht um konkludente Bewilligungsentscheidungen handele, würde die Antragsgegnerin anderenfalls dafür belohnt, sich nicht für eine rechtsstaatlich gebotene ausdrückliche Bewilligung durch formellen Bescheid entschieden zu haben, sondern Leistungen nur faktisch zu erbringen. Eine Aufhebung der zuvor ergangenen konkludenten Bewilligungsentscheidung oder der faktischen Auskehrung habe die Antragsgegnerin jedoch nicht verfügt. Deshalb erweise sich die Leistungseinschränkung als rechtswidrig. Denn die durch die Auskehrung der Geldleistungen erfolgte uneingeschränkte Bewilligung von Leistungen nach § 3 Abs. 1 AslybLG habe nach wie vor Bestand. Im Übrigen bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG mit Blick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG), das auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben garantiere. Das Gesetz verfolge zudem migrationspolitische Erwägungen und differenziere pauschal nach dem Aufenthaltsstatus; beides sei verfassungsrechtlich nicht zulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen den am 23.12.2019 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 14.01.2020 Beschwerde erhoben. Das AsylbLG sehe an keiner Stelle ausdrücklich vor, dass Bewilligungsentscheidungen schriftlich getroffen werden müssten. Verwaltungsakte könnten vielmehr auch formfrei ergehen; das Sozialgericht tendiere denn auch selbst dazu, dass eine konkludente Bewilligungsentscheidung vorliege. Mit dem Bescheid vom 05.12.2019 sei sehr wohl eine Aufhebung der zuvor erfolgten Taschengeldbewilligung verfügt worden. Durch eine Streichung des Taschengeldes werde im Übrigen weder das physische noch das soziokulturelle Existenzminimum unterschritten; das Taschengeld sei im Verhältnis zu dem gewährten Sachleistungsbezug lediglich ein "hinzukommendes Extra". Der Antragsteller habe auch nicht vorgetragen, aus welchem Grund durch dessen Streichung bei ihm eine besondere Notlage eingetreten sein solle. Wenn das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 05.11.2019 - 1 BvL 7/16 für den Regelfall eine Leistungskürzung um 30 % nicht beanstandet habe, so werde eine solche Kürzungsquote durch den Wegfall des Taschengeldes nicht einmal erreicht. Die Leistungseinschränkung stelle keine Sanktion dar; nach dem Wortlaut des § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG komme es allein darauf an, dass der Asylantrag als unzulässig abgelehnt worden sei und eine Abschiebungsandrohung existiere, so wie es durch Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 geschehen sei. Eine Ausnahme nach § 1a Abs. 7 S. 2 AsylbLG bestehe nicht. Ermessen sei der Antragsgegnerin nicht eröffnet. Auch ab Erteilung der Duldung (27.02.2020) seien Taschengeldleistungen nicht zu erbringen. Denn der Antragsteller unterfalle § 1a Abs. 7 AsylbLG, weil er gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG vollziehbar ausreisepflichtig sei. Er verfüge über keinen Aufenthaltstitel i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 2 AufenthG; die erteilte Duldung sei kein solcher Aufenthaltstitel. Nach § 50 Abs. 1 AufenthG sei der Antragsteller deshalb vollziehbar ausreisepflichtig; denn nach § 60a Abs. 3 AufenthG bleibe die Ausreisepflicht bei Aussetzung der Abschiebung unberührt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 19.12.2019 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Er befinde sich seit dem 24.12.2020 nicht mehr in der Reha-Maßnahme, sei aber noch auf Gehstöcke angewiesen. Seine Hüftprobleme bzw. die massive Verschlechterung seines Gesundheitszustandes seien erst "auf der Flucht" und in Deutschland aufgetreten; möglicherweise habe sich auch seine neue Hüftprothese gelockert. Er habe ein Grundstück seines verstorbenen Vaters verkauft und Geld von seiner Familie erhalten. Damit habe sein Onkel seine Flucht organisiert; er habe ihm das Flugticket, den Pass und das Visum besorgt und ihm 200 EUR Bargeld gegeben, womit er die Ausgaben in Europa (Nahrung sowie Busticket nach Deutschland) bestritten habe. Jetzt habe er keinerlei Geldmittel mehr. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 1a Abs. 7 AsylbLG; wegen der Einzelheiten wird hierzu auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 14.02.2020 Bezug genommen. Art. 19 Abs. 4 GG erfordere, dass auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes effizienter Rechtsschutz gewährt werde. Im Übrigen hätten die Behörden Italiens Überstellungen nach dort nach dem Dublin-Abkommen bis auf weiteres ausgesetzt. Spätestens seither sei eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG nicht mehr zu rechtfertigen. Es biete sich eine verfassungskonforme Auslegung durch analoge Anwendung der Regelung zu Überbrückungsleistungen in § 1 Abs. 4 AsylbLG an; eine fehlende Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht sei generell als Härtefall i.S.d. Vorschrift anzusehen, in dem volle Grundleistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG zu gewähren seien. Schließlich verstoße die Leistungseinschränkung auch gegen die sog. Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33 EU); diese sehe eine solche Einschränkung wegen eines aufgrund der Dublin-III-VO unzulässigen Asylantrags nicht vor. Jedenfalls nach Erteilung der Duldung am 27.02.2020 seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG entfallen. Denn der Gesetzgeber habe in § 1a AsylbLG zwischen vollziehbar Ausreisepflichtigen ohne Duldungsgründe und solchen mit Duldung unterschieden. Eine Leistungskürzung wegen einer asylverfahrensrechtlichen Zuständigkeitsregelung könne nicht weiter gerechtfertigt sein, wenn aus asylunabhängigen Gründen eine Abschiebung nicht vollzogen werden könne. Es trete mit der Duldung vielmehr eine Situation ein, die mit der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Abschiebungsandrohung vergleichbar sei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 13.02.2020 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 05.12.2019 zurückgewiesen. Bei der Leistungskürzung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG handele es sich um eine gebundene Entscheidung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Der Antragsteller hat hiergegen vor dem Sozialgericht Klage erhoben (S 20 AY 22/20), die noch anhängig ist.
Seit dem 20.03.2020 erbringt die Antragsgegnerin wieder ungekürzte Leistungen nach dem AsylbLG, weil das BAMF das sog. Dublin-Verfahren an diesem Tag mangels derzeit zumutbarer Möglichkeit zur Ausreise bis auf weiteres ausgesetzt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Ausländerakte der Zentralen Ausländerbehörde Köln Bezug genommen. Der Inhalt liegt dieser Entscheidung zugrunde.
II.
1. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 05.12.2019 angeordnet. Dem Antragsteller stehen vor der Erteilung der Duldung am 27.02.2020 bei summarischer Prüfung keine uneingeschränkten Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG zu; ab Erteilung der Duldung am 27.02.2020 sind hingegen diese Leistungen uneingeschränkt zu gewähren.
a) Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, dass ihm das sog. Taschengeld, welches im Rahmen der Grundleistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG gewährt wird, über den 03.12.2019 hinaus weiterhin gezahlt wird. Bei diesem "Taschengeld" handelt es sich um Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (notwendiger persönlicher Bedarf i.Sv. § 3 Abs. 1 S. 2 und § 3a Abs. 1 AsylbLG), die neben die Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger persönlicher Bedarf i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 AsylbLG) treten.
b) Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts steht dem Antragsteller das Taschengeld nicht etwa schon deshalb zu, weil es zuvor bereits von der Antragstellerin bewilligt worden wäre und diese Bewilligung mangels Aufhebung noch fortwirken würde.
Das Sozialgericht ist vielmehr zu Unrecht davon ausgegangen, dass es zunächst der Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung nach dem AsylbLG bedurft hätte, bevor mit Bescheid vom 05.12.2019 (mittlerweile in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2020) eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG hätte erfolgen dürfen. Denn die Antragstellerin hat dem Antragsgegner das streitbefangene Taschengeld stets allein durch wöchentliche Auszahlung faktisch bewilligt. Diese konkludenten Leistungsbewilligungen konnten sich jedoch stets nur auf die jeweils betroffene Woche beziehen; eine Bewilligung auch für die weitere Zukunft war damit zu keiner Zeit verbunden. Dass mithin seit dem Bescheid vom 05.12.2019 keine konkludenten Neubewilligungen von Taschengeld-Leistungen mehr erfolgen, greift deshalb in kein bereits bescheidmäßig geregeltes Leistungsverhältnis ein; dementsprechend gab es auch keine Bewilligungsentscheidung, die vor der Verfügung der Leistungseinschränkung zunächst hätte zurückgenommen werden müssen.
c) Kann einstweiliger Rechtsschutz deshalb vom Antragsteller allenfalls im Wege einer einstweiligen Anordnung i.S.v. § 86b Abs. 2 S. 2 SGG erreicht werden, so liegen die Voraussetzungen dafür erst ab Erteilung der Duldung am 27.02.2020 vor. Für die Zeit davor verbietet hingegen § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG die Gewährung der streitbefangenen Leistungen.
aa) Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich sind danach die Glaubhaftmachung (vgl. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines sog. Anordnungsanspruchs (d.h. des geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruchs) sowie eines sog. Anordnungsgrundes (i.S. einer Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Regelung). In der Regel findet eine summarische Prüfung statt; können jedoch ohne Eilrechtsschutz schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung des Anordnungsanspruches vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 Rn. 24 f.). Bleibt der Ausgang einstweilen offen, muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, welche die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG, a.a.O. Rn. 26).
bb) Von vornherein offen bleiben kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens, ob die Antragsgegnerin mit dem Bescheid vom 05.12.2019 (dem Antragsteller noch am gleichen Tag ausgehändigt) die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG auch rückwirkend für den 04.12.2019 verfügen konnte. Denn der Antragsteller hat erst am 06.12.2019 einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Für die Zeit bis zum Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes - und damit auch für den im Bescheid vom 05.12.2019 rückwirkend geregelten 04.12.2019 - besteht jedenfalls kein Anordnungsgrund. Denn das Zusprechen einstweiliger Leistungen für zurückliegende Zeiträume kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die unterbliebene Leistungsgewährung in die Gegenwart fortwirkt und ihretwegen noch aktuell eine Notlage besteht (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 34a m.w.N.). Anhaltspunkte für einen solchen Nachholbedarf sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich; der Antragsteller hat vielmehr selbst in einer Erklärung vom 16.03.2020 angegeben, ihm sei zwischenzeitlich (also wohl im Anschluss an den Beschluss des Sozialgerichts) noch bis zur Beschwerde der Antragsgegnerin (im Januar 2020) Taschengeld ausgezahlt worden.
cc) Für die Zeit vom 06.12.2019 bis zur Erteilung der Duldung, also bis zum 26.02.2020, lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG vor. Dem Antragsteller fehlt insoweit bereits ein Anordnungsanspruch.
Nach dieser Vorschrift erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des BAMF nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylG als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AsylG angeordnet wurde, nur Leistungen entsprechend § 1a Abs. 1 AsylbLG, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Das gilt nach § 1a Abs. 7 S. 2 AsylbLG (nur dann) nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.
(1) Der Antragsteller war bis zur Erteilung der Duldung Leistungsberechtigter i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG. Danach sind leistungsberechtigt nach dem AsylbLG Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist.
Mit der Abschiebungsandrohung im Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 lagen diese Voraussetzungen vor. Darin wurde der Asylantrag des Antragstellers nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig abgelehnt; zugleich wies ihn das BAMF in dem Bescheid auf die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens hin (vgl. § 31 Abs. 6 AsylG) und ordnete seine Abschiebung nach Italien an (§ 34a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AsylG). Der Antragsteller war damit nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig, weil er keinen Aufenthaltstitel (mehr) besaß, und diese Ausreisepflicht war nach § 58 Abs. 2 S. 1 AufenthG vollziehbar, weil der Bescheid des BAMF vom 22.10.2019 vollziehbar war. Dass der Antragsteller diesen Bescheid zunächst vor dem Verwaltungsgericht B im Verfahren xxx angefochten hatte, änderte daran nichts, da die Klage keine aufschiebende Wirkung hatte (§ 75 Abs. 1 S. 1 AsylbLG). Zu keiner Zeit hatte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung dieser Klage angeordnet; vielmehr hat es dies im Beschluss vom 14.11.2019 - xxx ausdrücklich abgelehnt.
(2) Der Senat hat diese - mittlerweile nach Rücknahme der verwaltungsgerichtlichen Klage bestandskräftige - ausländerrechtliche Regelung im Rahmen der asylbewerberleistungsrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Derartigen ausländerrechtlichen Regelungen kommt für die Anwendung des AsylbLG sog. Tatbestandswirkung zu. Diese Tatbestandswirkung - oder auch die "Beachtlichkeit" eines Verwaltungsakts - meint, dass die durch Verwaltungsakt für einen bestimmten Rechtsbereich getroffene Regelung als gegeben hingenommen werden muss, mithin dass der Bescheid mit dem von ihm in Anspruch genommenen Inhalt von allen rechtsanwendenden Stellen zu beachten und eigenen Entscheidungen zugrunde zu legen ist (BSG, Urteil vom 27.02.2019 - B 7 AY 1/17 R Rn. 26). Knüpft daher das AsylbLG - wie bei der Leistungsberechtigung nach den einzelnen Tatbestandsalternativen seines § 1 oder bei Leistungseinschränkungstatbeständen des § 1a AsylbLG - an das Vorhandensein bestimmter ausländerrechtlicher Regelungen an, so sind die im Einzelfall geltenden ausländerrechtlichen Regelungen für die Anwendung des AsylbLG als gegeben hinzunehmen.
(3) Die dem Antragsteller ab dem 27.02.2020 erteilte Duldung ändert für den davor liegenden Zeitraum nichts; eine derartige ausländerrechtliche Regelung kann sich erst auf die Zeit auswirken, für die sie getroffen ist.
(4) § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG setzt auch nicht etwa - als ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal - voraus, dass dem Betroffenen eine Rückkehr in das für sein Asylverfahren zuständige Land (hier: Italien) möglich und zumutbar ist. Hat der Senat für die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG (bei einstweiliger Entscheidung im Wege einer Folgenabwägung) ein solches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal angenommen (Beschluss des Senats vom 27.03.2020 - L 20 AY 20/20 B ER), so betrifft diese Norm Leistungsberechtigte nach § 1 Nr. 1 bzw. Nr. 1a AsylbLG, über deren Asylantrag in Deutschland mithin noch nicht entschieden ist. § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG hingegen lässt angesichts seines eindeutigen Wortlauts die Annahme eines die Leistungseinschränkung von weiteren Voraussetzungen abhängig machenden ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals nicht zu (vgl. auch Beschluss des Senats vom 13.03.2020 - L 20 AY 48/19 B ER; einschränkend indes SG München, Beschluss vom 10.02.2020 - S 42 AY 82/19 ER Rn. 37, sowie SG Landshut, Beschlüsse vom 28.01.2020 - S 11 AY 3/20 ER Rn. 48 f. und vom 23.01.2020 - S 11 AY 79/19 ER Rn. 28 ff., die eine teleologische Reduktion dahingehend annehmen, dass dem Ausländer ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen sein müsse). Ob eine Rückkehr des Antragstellers nach Italien - etwa aus gesundheitlichen Gründen - als nicht zumutbar anzusehen wäre, kann der Senat daher offen lassen.
(5) Die nach der Normfassung des § 1a Abs. 7 AsylbLG danach einzig denkbare Ausnahme von einer Leistungskürzung ist eine gerichtliche Entscheidung, mit der die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet wurde. Eine solche gerichtliche Anordnung liegt für den Antragsteller nicht vor. Das Verwaltungsgericht B hat sie vielmehr durch Beschluss vom 14.11.2019 - xxx gerade abgelehnt.
(6) Hatte der Antragsteller vor Erteilung der Duldung am 27.02.2020 deshalb nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG lediglich Anspruch auf Leistungen entsprechend § 1a Abs. 1 AsylbLG, so fiel unter diese Leistungen nicht das von der Antragsgegnerin seit dem 19.12.2019 nicht mehr geleistete "Taschengeld". Denn dem Antragsteller waren seither entsprechend § 1a Abs. 1 S. 2 AsylbLG nur noch Leistungen zur Deckung seines Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege zu gewähren. Entsprechend § 1a Abs. 1 S. 3 AsylbLG können nur, soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, auch andere Leistungen i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 AsylbLG gewährt werden; dies sind jedoch nur solche des notwendigen Bedarfs, während das Taschengeld dem notwendigen persönlichen Bedarf i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 2 AsybLG zuzuordnen ist (s.o. zu a).
dd) Ab Erteilung der Duldung am 27.02.2020 jedoch sind die Voraussetzungen für eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG entfallen. Die Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG sind seither ungekürzt zu erbringen. Der Antragsteller hat insoweit sowohl einen Anordnungsanspruch als auch - da sein menschenwürdiges Existenzminimum betroffen ist - einen Anordnungsgrund.
(1) Dass die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG bei Erteilung einer Duldung entfällt, ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Norm selbst, die u.a. eine Einschränkung für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylLG (vollziehbare Ausreisepflicht, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist) vorsieht. Denn der Antragsteller ist auch nach Erteilung der Duldung vollziehbar ausreisepflichtig; die ihm erteilte Duldung setzt zwar die Abschiebung vorübergehend aus, lässt die Ausreisepflicht jedoch unberührt (§ 60a Abs. 3 AufenthG).
(2) Die fehlende Anwendbarkeit des § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG auf nach § 60a AufenthG geduldete Ausländer ergibt sich jedoch aus der Binnensystematik des § 1a AsylbLG.
Denn eine Leistungseinschränkung für nach § 60a AufenthG geduldete Ausländer wird in § 1a Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 AsylbLG (mit dort jeweils genannten weiteren Voraussetzungen) besonders geregelt. Die Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1 (Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen aus vom Ausländer zu vertretenden Gründen bei Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung) liegen nicht vor, weil entsprechende vom Antragsteller zu vertretende Gründe nicht feststellbar sind. Auch die Voraussetzungen nach Abs. 2 (Begeben in den Geltungsbereich des AsylbLG, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erhalten) sind - schon mangels entsprechender Darlegungen der Antragsgegnerin - einstweilen nicht feststellbar, und die Antragsgegnerin wäre dafür beweispflichtig (im Hauptsacheverfahren mag dem ggf. allerdings näher nachgegangen werden, weil es jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, dass der Antragsteller eigens nach Deutschland gekommen ist, um hier - als dem prägenden Motiv für seine Einreise nach Deutschland (vgl. Oppermann in jurisPK-AsylbLG, 3. Auflage 2020, Stand: 08.04.2020, § 1a Rn. 51 ff.) - eine Hüftoperation durchführen zu lassen).
Es ergäbe gesetzessystematisch keinen Sinn, eigene Regelungen in § 1a AsylbLG für den Kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG (Geduldete) vorzusehen, diesen Personenkreis aber nicht zugleich ausdrücklich in § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG einzubeziehen, wollte man letzteren Einschränkungstatbestand auch bei Geduldeten angewandt wissen. Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG gilt deshalb die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG nicht; eine Leistungseinschränkung gilt für sie vielmehr nur unter den weiteren (für den Antragsteller einstweilen nicht feststellbaren) Voraussetzungen des § 1a Abs. 2 bzw. Abs. 3 AsylbLG. Eine solche systematisch einschränkende Auslegung ist schon deshalb geboten, weil die Leistungseinschränkung selbst verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist (dazu sogleich bei d) und es daher einer (für die Leistungsberechtigten) möglichst engen Auslegung bedarf.
d) Soweit der Antragsteller verfassungsrechtliche Bedenken gegen die (einstweilen bei ihm bis zum 26.02.2020 vorzunehmende) Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG geltend macht, so sind diese im Hauptsacheverfahren zu klären.
aa) Allein im Rahmen des Hauptsacheverfahrens wäre eine Anrufung des Bundesverfassungsgericht möglich. Einstweilen jedoch sieht sich der Senat an den eindeutigen Wortlaut des § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG gebunden. Schon da er keine verfassungsrechtliche Verwerfungskompetenz besitzt (vgl. Art. 100 I GG), kann er nicht - contra legem - aus allein verfassungsrechtlichen Erwägungen einstweilen uneingeschränkte Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG zusprechen.
bb) Im Hauptsacheverfahren dürfte verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG allerdings näher nachzugehen sein. Diese Bedenken liegen deshalb nahe, weil diese Leistungseinschränkung das Grundrecht des Anragstellers auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums beeinträchtigen dürfte.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvR 10/10 und 2/11) besteht ein Anspruch auf (staatliche) Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums als Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG und als Menschenrecht, welches dem Grunde nach unverfügbar ist (Urteil vom 18.07.2012 Rn. 62; zur Unverletzlichkeit und Unveräußerlichkeit von Menschenrechten siehe auch Art. 1 Abs. 2 GG). Das Grundrecht gilt für Deutsche wie für sich in Deutschland aufhaltende Ausländer gleichermaßen (Rn. 63). Die Garantie des Existenzminimums bezieht sich einheitlich sowohl auf die physische Existenz (Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit) als auch auf die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (Rn. 64; sog. soziokulturelles Existenzminimum). Zur Wahrung dieses Grundrechts ist ein gesetzlicher Leistungsanspruch einzuräumen (Rn. 65); dabei besitzt der Gesetzgeber sowohl bei der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse als auch bei der wertenden Einschätzung notwendiger Bedarfe einen Gestaltungsspielraum (Rn. 67, 74), hat aber die Leistungen am jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe auszurichten (Rn. 62). Maßgebend sind die Verhältnisse in Deutschland, nicht diejenigen im Herkunftsland (Rn. 67). Migrationspolitische Erwägungen können eine geringere Bemessung des Existenzminimums für Ausländer nicht rechtfertigen, da die Menschenwürde migrationspolitisch nicht zu relativeren ist (Rn. 95).
Werden aber nach § 1a Abs. 7 S. 1 (i.V.m. Abs. 1 S. 2) AsylbLG im Regelfall nur noch Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt (und nur bei besonderen Umständen im Einzelfall im Ermessenswege auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 AsylbLG; vgl. § 1 Abs. 1 S. 3 AsylbLG), so entfallen die wesentlichen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (notwendiger persönlicher Bedarf im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 AsylbLG) und damit die Möglichkeit zur Deckung von Bedarfen des soziokulturellen Anteils des Existenzminimums. Nur zusammen mit den Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 AsylbLG) gewährleisten Letztere jedoch erst das menschenwürdige Existenzminimum, wie es der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 i.V.m. § 3a AsylbLG gerade selbst wertend eingeschätzt hat.
Ist aber das Grund- bzw. Menschenrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG sowohl hinsichtlich des physischen als auch hinsichtlich des soziokulturellen Anteils einheitlich gewährleistet, so ist das Vorenthalten von Leistungen für den soziokulturellen Anteil des Existenzminimums verfassungsrechtlich im Grundsatz ausgeschlossen.
(2) Eine ausnahmsweise Rechtfertigung dieses Ausschlusses ergibt sich nicht etwa daraus, dass mit der Leistungseinschränkung ein asylrechtlich ungewolltes Verhalten - hier das Suchen um Asyl in Deutschland bei vorrangiger Zuständigkeit eines anderen, an die Dublin-III-VO gebundenen Staates (Italien) für das Asylverfahren - sanktioniert wird. Denn dies ist allein eine migrationspolitisch veranlasste Sanktion; das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist jedoch - s.o. (1) - migrationspolitisch gerade nicht zu relativieren.
(3) Ebenfalls erscheint eine ausnahmsweise Rechtfertigung des Ausschlusses von Leistungen für das soziokulturelle Existenzminimum schon dem Grunde nach (und unbeschadet der ggf. weiteren Frage nach der Höhe der Leistungseinschränkung) nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Antragsteller als Selbsthilfemöglichkeit nach Italien als dem Land zurückkehren könnte, welches nach der Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig wäre.
(a) Das Bundesverfassungsgericht hat zwar (für die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II, als einem ebenfalls das Existenzminimum sichernden Leistungsregime) entschieden, dass eine Leistungsminderung mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz (zwar doch, aber dennoch nur) vereinbar sein könne, wenn sie nicht auf eine repressive Ahndung von Fehlverhalten ausgerichtet sei, sondern auf die Erfüllung von Mitwirkungspflichten, welche gerade dazu dienten, die existenzielle Bedürftigkeit zu vermeiden oder zu überwinden (BVerfG, Urteil vom 05.11.2019 - 1 BvL 7/16 Rn. 131). Durch eine Ausreise nach Italien könnte der Antragsteller indes seine existenzielle Bedürftigkeit in Deutschland nicht vermeiden oder überwinden; eine Ausreise ist kein Mittel zur Bedarfsdeckung in Deutschland selbst (Beschluss des Senats vom 21.01.2020 - L 20 AY 45/19 B ER). Mag deshalb nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das menschenwürdige Existenzminimum zwar nicht voraussetzungslos gewährleistet erscheinen, sondern - überdies nur in einem begrenzten Umfang - von der zumutbaren Mitwirkung bei der Bedürftigkeitsvermeidung (in Deutschland) abhängen können, so kann die staatliche Gewährleistungspflicht dennoch nicht - in weitem Umfang (vgl. den Geldwert der Leistungen zur Deckung des notwendigen persönlichen Bedarfs nach § 3a Abs. 1 AsylbLG) - gleichsam von vornherein gegenstandslos werden, weil auch die Möglichkeit besteht, sich außerhalb des Geltungsbereichs des GG zu begeben.
(b) Ob dem Antragsteller ohnehin eine Rückkehr nach Italien bei summarischer Prüfung unzumutbar und schon deshalb bei verfassungskonformer Betrachtung jedenfalls nicht als eine zumutbare Selbsthilfemöglichkeit entgegenzuhalten wäre, muss der Senat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht klären. Dabei muss er einstweilen auch nicht ermitteln, ob die Rückkehr nach Italien wegen der derzeitig nicht vollständig geklärten gesundheitlichen Situation zumutbar wäre.
e) Im Hauptsacheverfahren dürfte im Übrigen auch den tatsächlichen Angaben des Antragstellers (schon im Hinblick auf deren inhaltliche Verlässlichkeit) noch näher nachzugehen sein.
aa) Denn seine bisher bekannten Einlassungen sind nicht frei von Widersprüchen. So will er sich nach seinen Angaben im vorliegenden Verfahren nur zwei Tage, nach seinen Angaben gegenüber dem BAMF jedoch fünf Tage in Italien aufgehalten habe. Seinen Hüftschaden will er einmal auf im Herkunftsland zugefügte Schläge (nach seinen Angaben gegenüber dem BAMF wohl durch Mitglieder der Familie seines verstorbenen Vaters im Zusammenhang mit Erbstreitigkeiten) erlitten haben; nach seinem Vorbringen im Beschwerdeverfahren sollen sich seine Hüftbeschwerden jedoch erst "auf der Flucht" bzw. in Deutschland verschlimmert haben. Mag es auch denkbar sein, dass diese unterschiedlichen Schilderungen letztlich konsistent erklärt werden können, so dürfte dies dennoch eine nähere Prüfung erfordern. Dabei mag auch der Frage nach einer "Flucht" (vor bedrohenden Verwandten im Rahmen von Erbstreitigkeiten) nachgegangen werden; denn immerhin war der Antragsteller offensichtlich in der Lage, für seine Ausreise ein Visum der italienischen Republik sowie einen regulären Flug nach Italien und auch eine Busweiterreise nach Deutschland zu organisieren.
bb) Der Senat, der für die Zwecke des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz davon ausgeht, dass dem Antragsteller eigenes Vermögen oder Einkommen (i.S.d. § 7 AsylbLG) zur Zeit jedenfalls nicht im Sinne eines bereiten, aktuell einsetzbaren Mittels zur Verfügung steht (der Antragsteller hat entsprechende Angaben auf ausdrückliche Anfrage des Senats zum Prozesskostenhilfeverfahren gemacht), kann im vorläufigen Verfahren nicht beurteilen, ob der Antragsteller die Möglichkeit hätte, aus seinem Herkunftsland finanzielle Mittel abzurufen, welche ihn ganz oder teilweise von Leistungen nach dem AsylbLG unabhängig machen würden. Im Hauptsacheverfahren wird dem jedoch schon deswegen nachzugehen sein, weil er gegenüber dem BAMF noch bei seiner Anhörung vom 09.08.2019 angegeben hat, Erbe seines verstorbenen Vaters zu sein, und dieser sei reich gewesen mit einem großen Haus, einer Firma und Land. Um das Haus kümmere sich aktuell sein Onkel; Firma und Land gehörten ihm (dem Antragsteller). Für seine Reisekosten soll aber allein Land verkauft worden sein. Allerdings gab es nach seinen Angaben im Herkunftsland auch Streit mit der Familie des Vaters, die das Erbe nicht oder nicht allein dem Antragsteller habe zukommen lassen wollen und über diesen Streit sogar den Bruder des Antragsstellers ermordet habe.
2. Der Senat beschränkt die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin auf die Zeit bis zum Ende des Monats der Zustellung der vorliegenden Entscheidung. Denn es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich die der Entscheidung zugrunde liegenden Umstände bzw. Erkenntnisse ändern. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Antragsgegnerin bei im Wesentlichen gleichbleibenden Umständen - entsprechend der vorliegenden Entscheidung - auch über den zugesprochenen Zeitraum hinaus einstweilen weiterhin Leistungen erbringen wird, die nicht nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG eingeschränkt sind. Anderenfalls stünde es dem Antragsteller frei, erneut einstweiligen Rechtsschutz zu suchen. Ohnehin sieht die Antragsgegnerin derzeit (seit dem 20.03.2020) wegen der Aussetzung des Dublin-Verfahrens seit dem 20.03.2020 von einer Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG ab; da nicht absehbar ist, ob diese Aussetzung kurzfristig wieder zurückgenommen wird, hält es der Senat jedoch für sachgerecht, die einstweilige Verpflichtung nicht auf die Zeit bis zum 19.03.2020 zu beschränken. Soweit die Antragsgegnerin allerdings ab dem 20.03.2020 (und wohl auch schon für eine kurze Zeit im Anschluss an den sozialgerichtlichen Beschluss) uneingeschränkte Leistungen erbracht hat, sind Leistungen für den davon betroffenen Zeitraum nicht etwa nochmals vorläufig zu erbringen. Sollte die Duldung nicht über den 27.05.2020 hinaus verlängert werden, entfiele zudem im Anschluss der Grund für die nicht nach § 1a Abs. 7 S. 1 AsylbLG gekürzten Leistungen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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