L 16 KR 667/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 23 KR 438/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 667/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 63/20 B
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.09.2014 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten in Höhe von 15.476,33 Euro für eine im Zeitraum vom 22.07.2013 bis zum 02.08.2013 im Curacao-Dolphin-Therapy-Center (CDTC) auf den niederländischen Antillen durchgeführte Delfintherapie.

Der am 00.00.2002 geborene Kläger ist über seine Mutter im Rahmen der Familienversicherung bei der Beklagten krankenversichert. Nach einem am 20.03.2004 erlittenen Verkehrsunfall (bei dem seine Halbschwester starb und seine Mutter ebenfalls schwer verletzt wurde) besteht bei ihm ein Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma III. Grades sowie infolge eines anschließenden Behandlungsfehlers in der Uniklinik L ein hypoxischer Hirnschaden, ein Zustand nach Epilepsie mit tonischen Anfällen, ein Zustand nach apallischem Syndrom und eine Tetraspastik. Ein Grad der Behinderung von 100 mit allen Merkzeichen und Pflegestufe III/Pflegegrad V sind anerkannt. Der Kläger besucht die Q Förderschule in L. Er erhält durchgehend mehrmals wöchentlich u.a. Physiotherapie und hat auch in der Vergangenheit an zahlreichen weiteren Therapien (u.a. Behandlung in der Klinik Dr. K/Ukraine, ADELI-Therapien in der Slowakei, Tomatistherapie in Belgien, Hippotherapie, Castillo Morales Therapie, Stammzelltherapie in den USA und in Deutschland) teilgenommen.

Am 21.11.2012 beantragte der Kläger unter Vorlage einer kinderärztlichen Verordnung des Dr. N eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in Form einer Therapie im CDTC. In der Verordnung war u.a. ausgeführt: "Aufgrund des Krankheitsbildes benötigt W jetzt und in Zukunft intensiv-therapeutische Maßnahmen, die Aussicht auf Erfolg haben. Es gibt keine vergleichbare Therapie in Deutschland bzw. weltweit. Die Art der Behandlung ist auch mit anderen Mitteln nicht zu kopieren. Die Ergebnisse der Behandlungen zeigen zudem, dass es bei W erfolgreich ist."

Der Kläger hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach (14x) Delfintherapien im CDTC durchgeführt, zuletzt im Oktober 2012. Wegen deren Kosten hatte in einem weiteren zwischen den Beteiligten geführten Verfahren (Sozialgericht Köln - S 29 (5) KR 312/08) der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. C (im Jahr 2005 für 5 Wochen medizinischer Leiter des CDTC) ein den Anspruch des Klägers stützendes Sachverständigengutachten erstellt.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 29.11.2012 unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ab, nach der die Behandlungsmöglichkeiten am Wohnort nicht ausgeschöpft seien und noch Physiotherapie, Ergotherapie und eine Teilnahme an dem Programm "Auf die Beine" der Uniklinik L in Betracht komme.

Mit E-Mail vom 30.11.2012 wandte sich der Kläger hiergegen. Therapien in der Uniklinik L werde er prinzipiell nicht wahrnehmen, zudem habe er das im Rahmen des Programms "Auf die Beine" eingesetzte Galileogerät bereits andernorts ausprobiert und durch die Vibrationen massive epileptische Anfälle erlitten.

Der MDK kam in einem weiteren Gutachten vom 04.02.2013 (Dr. X) zu dem Ergebnis, dass auch nach § 2 Abs. 1a SGB V eine Kostenübernahme zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung für eine Delfintherapie nicht gesehen werden könne. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 15.02.2013 erneut ab. Der Kläger erhob hiergegen am 01.03.2013 Widerspruch, zu dessen Begründung er auf Forschungsergebnisse und Stellungnahmen zur Delfintherapie verwies.

Der Kläger hat am 06.06.2013 Untätigkeitsklage zum Sozialgerichts Köln erhoben. Daraufhin hat die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2013 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme der Delfintherapie auf der Antilleninsel Curacao, die nicht Teil der EU sei, nicht dem Geltungsbereich der EG/EU-Verordnung angehöre und mit der kein Sozialversicherungsabkommen bestehe, nach § 18 SGB V nicht erfüllt seien. Es handele sich um eine eng auszulegende Ausnahmeregelung, die für die Kostenübernahme eine Behandlung nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse voraussetze. Dies sei nur dann gegeben, wenn sie von der Mehrheit der einschlägigen Fachleute befürwortet werde, d.h., dass zuverlässige und wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten, was bei der Delfintherapie nicht der Fall sei. Auch gebe es hierzu kein positives Votum durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA). Ebenso wenig bestehe in Ansehung des sogenannten "Nikolausbeschlusses" des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 06.12.2005 ein Anspruch.

Der Kläger hat am 25.06.2013 seine Klage auf die Anfechtung der Entscheidung der Beklagten und deren Verurteilung zu der begehrten Kostenübernahme umgestellt. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, dass es in Deutschland keine der Delfintherapie im CDTC vergleichbare Therapie gebe. Zudem bestehe der Anspruch auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BVerfG. Es sei durch Studien belegt, dass die Delfintherapie wirksam und effektiv bei der Behandlung behinderter Kinder sei.

In der Zeit vom 22.07.2013 bis zum 02.08.2013 hat der Kläger an der streitgegenständlichen Delfintherapie im CDTC teilgenommen, wobei eines der Hauptziele die Minderung der Tonusabweichungen durch Regulierung der Spannungsverhältnisse der Muskulatur war (Abschlussbericht vom 12.08.2013).

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.11.2012 in der Gestalt des Bescheides vom 15.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2013 zu verurteilen, ihm den Betrag i.H.v. 15.476,33 Euro zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Kostenübernahme einer Auslandsbehandlung gemäß § 18 SGB V und die Erfordernisse des § 2 Abs. 1a SGB V nicht erfüllt seien.

Das Sozialgericht hat zunächst zur weiteren Sachaufklärung Befundberichte des Kinderarztes Dr. N und des CDTC eingeholt.

Mit Urteil vom 17.09.2014 hat es sodann der Klage stattgegeben und sich zur Begründung seiner Auffassung unter Zugrundelegung des "Nikolausbeschlusses" des BVerfG auf das in dem Verfahren S 29 (5) KR 312/08 eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. C und den Befundbericht des Dr. N bezogen. Beim Kläger liege jedenfalls eine einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung vergleichbare Erkrankung vor, für die in Deutschland keine allgemein anerkannte, dem medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung stehe und auf die durch die streitige Therapie positiv eingewirkt werden könne. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihr am 08.10.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.11.2014 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, dass die von Dr. C dargestellten und medizinisch-wissenschaftlich absolut ungesicherten Gesichtspunkte nicht ausreichten, um die Kriterien des § 18 SGB V als erfüllt ansehen zu können, zumal die Therapieinhalte bis auf das "tiergestützte" Element exakt dem Angebot der Behandlungsmaßnahmen in Deutschland entsprächen. Zudem seien auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V nicht erfüllt. Selbst wenn unterstellt werde, dass eine wertungsmäßig mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung vergleichbare Erkrankung beim Kläger vorliege, fehle es an den übrigen Voraussetzungen. Der Delfin selbst stelle auch nach den Feststellungen des Dr. C kein Behandlungselement dar, sondern diene als Belohnungs- und Motivationsobjekt. Die tatsächlich angewandten Behandlungen könnten gleichermaßen auch in Deutschland erbracht werden. Es existiere kein wissenschaftlich halt- und begründbarer Wirksamkeitsnachweis der Delfintherapie.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.09.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. In Bezug auf die bei ihm vorliegenden Erkrankungen habe im Rahmen der im Einzelfall notwendigen Gesamtbehandlung eine andere, allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung gestanden. Es bestehe im Hinblick auf die bei ihm angewandten Rehabilitationsmaßnahmen eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Die konkreten Therapieerfolge seien unter anderem im Abschlussbericht des CDTC eingehend beschrieben. Diese Therapieerfolge entsprächen diversen sachverständigen Stellungnahmen und wissenschaftlichen Studien.

Der Kläger hat Stellungnahmen seiner Schule, des Dr. C und des Dr. N vorgelegt, auf die wegen der Angaben verwiesen wird.

Der Senat hat eine telefonische Auskunft vom Tiergarten N hinsichtlich der dort angebotenen Delfintherapien eingeholt, wonach zwar keine Beschränkung auf autistische Kinder, aber im Jahr 2013 kein Therapieangebot bestanden habe.

Der Senat hat die die Behandlung des Klägers im Zeitraum 2010 bis 2016 betreffende Patientenakte von Dr. N angefordert. Er hat sodann ein Sachverständigengutachten von Prof. Dr. I (Leiter der Sektion Neuropädiatrie und Sozialpädiatrie an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin) eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 14.12.2018 zu dem Ergebnis gelangt, dass im Jahr 2013 nicht mehr davon auszugehen gewesen sei, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers in absehbarer Zeit zum Verlust des Lebens bzw. zum Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion führen würden, und dass keine Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bei Anwendung der Delfintherapie im CDTC bestanden habe. Bei subjektiv kurzzeitiger Besserung im Rahmen der Therapie habe die Erkrankung des Klägers trotz häufiger Delfintherapien einen insgesamt ungünstigen Verlauf (motorische Verschlechterung) genommen. Als alternative Maßnahmen wären die Anbindung an ein multiprofessionell arbeitendes kinderneurologisches Team bzw. sozialpädiatrisches Zentrum zur regelmäßigen Therapieplanung und Optimierung sowie klassische neurologische Rehabilitationsbehandlungen in einer Rehabilitationsklinik in Betracht gekommen.

Der Kläger hat dem Sachverständigen fehlerhafte Sachverhaltsermittlung, ungenügende wissenschaftliche Recherche, Widersprüchlichkeiten und weitere Beurteilungsmängel vorgeworfen. Diesbezüglich hat er u.a. Stellungnahmen des Entwicklungspsychologen Prof. Dr. P, ein Gutachten zum Pflege- und Betreuungsbedarf des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Dr. T, eine Stellungnahme des Reha-Beraters H (J Rehadienst GmbH) und des Dr. C sowie der Q-Schule L vorgelegt.

Auf Antrag des Klägers hat der Senat ein Sachverständigengutachten nach § 109 SGG bei dem Internisten, Hämatologen und Onkologen Prof. Dr. E eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 31.10.2019 zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger eine chronische, lebensbedrohliche Gesundheitsstörung vorliege, für die eine leitliniengerechte Therapie nicht klar definiert werden könne. Eine weitere Verschlimmerung der Gesundheitsstörung sei mit den ansonsten konventionell zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten nicht ausreichend zu verhindern gewesen. Die Delfintherapie habe - auch wenn es sich nicht um eine leitliniengerechte Therapie handele - nach Aktenlage eine spürbar positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf des Klägers gehabt. Es bestehe zwischenzeitlich ausreichend Evidenz hinsichtlich ihrer Wirkung. Damit sei es ausreichend wahrscheinlich, dass mit der Delfintherapie eine Verhinderung oder Verlangsamung der Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen des Klägers erfolge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Gerichtsakten, insbesondere S 29 (5) KR 312/08, sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil diese zwar zulässigerweise - insbesondere fristgerecht (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG) - nach Erlass des Widerspruchsbescheides von der Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) auf eine Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) umgestellt worden ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl., § 88, Rn. 12), diese aber nicht begründet sind, weil der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist. Dem Kläger steht der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu.

Für die Erstattung der Kosten der auf den Antillen in Anspruch genommenen Therapie kommt allein § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB V in Betracht, wonach, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum möglich ist, die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung und auch weitere Kosten für den Versicherten und für eine erforderliche Begleitperson ganz oder teilweise übernehmen kann. Curacao ist lediglich assoziiertes Mitglied der EU, sodass nur die im vierten Kap. AEUV niedergelegten Bestimmungen Geltung haben. Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen über den Krankenversicherungsschutz in den Mitgliedstaaten der EU werden hiervon aber nicht erfasst. Ebenso wenig bestehen sonstige nationale oder supranationale Regelungen oder Vereinbarungen mit Curacao, die anderes bestimmten.

Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB V liegen nicht vor. Zwar stand die begehrte Therapie nach den Ermittlungen des Senats im streitigen Zeitpunkt in Deutschland wie auch in den übrigen von § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V in Bezug genommenen Staaten nicht zur Verfügung, sie genügt aber weder dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V noch konnte der Kläger sie gemäß § 2 Abs. 1a SGB V bzw. infolge grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts beanspruchen.

Es ist bereits fraglich, ob die Anwendung der Delfintherapie im Rahmen ihrer therapeutischen Zielsetzung über das hinausgeht, was bei einem bloßen Schwimmen mit Delfinen geschieht, sodass letzterem die Bedeutung des Einsatzes von Heilmitteln im Rahmen der streitigen Therapie zugebilligt werden könnte (ablehnend bezüglich der Interaktion von Pferd und Mensch bei der Hippotherapie BSG, Urteil vom 19.03.2002 - B 1 KR 36/00 R -, SozR 4-2500 § 138 Nr. 2, juris, Rn. 16 ff.).

Der Senat unterstellt jedoch zugunsten des Klägers, dass der Interaktion zwischen Patient und Delfin ein spezifisch medizinisch-therapeutischer Charakter im Rahmen der hier streitigen Therapie, wie sie vom CDTC veröffentlicht und dokumentiert wird, zukommt.

Jedoch erfüllt diese Therapie nicht das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, das auch für solche Leistungen gilt, die der Versicherte nur im Ausland erlangen kann (BSG, Urteil vom 20.04.2010 - B 1/3 KR 22/08 R -, BSGE 106, 81-91, juris, Rn. 29). Dies könnte nur bejaht werden, wenn "die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies erfordert wiederum, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (BSG, Urteil vom 20.04.2010 a.a.O.; BSG, Urteil vom 16.06.1999 - B 1 KR 4/98 R -, BSGE 84, 90, 96 f., SozR 3-2500 § 18 Nr. 4 S. 18 f. - Kozijavkin I; BSG, Urteil vom 14.02.2001 - B 1 KR 29/00 R -, SozR 3-2500 § 18 Nr. 6 S. 23 ff. - Kozijavkin II; BSG, Urteil vom 13.12.2005 - B 1 KR 21/04 R -, SozR 4-2500 § 18 Nr. 5, Rn. 22 - Kozijavkin III; BSG, Urteil vom 07.05.2013 - B 1 KR 26/12 R -, SozR 4-2500 § 18 Nr. 8 Rn.10 - Kozijavkin IV).

Diese Voraussetzungen sind bezüglich der Delfintherapie nicht erfüllt. Weder besteht ein entsprechender Konsens noch liegen ausreichende, wissenschaftlich evaluierte Aussagen zu ihr vor. Insbesondere fehlen ausreichende Studien zum Einfluss der Delfintherapie auf das Krankheitsbild des Klägers, was letztlich auch aus den Darlegungen aller im vorliegenden Verfahren gehörten Ärzte folgt. Selbst Dr. C verweist in seiner vom Kläger vorgelegten Stellungnahme vom 26.02.2019 auf die fehlende evidenzbasierte Grundlage sämtlicher alternativer Therapien, die im Therapie-Setting der beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen zur Anwendung kommen (Verfahren nach Bobath und Vojta etc.). Soweit er und Prof. Dr. P dem Sachverständigen Prof. Dr. I vorwerfen, die Arbeiten von Kohn und Lämmermann nicht berücksichtigt zu haben, räumt Prof. Dr. P hinsichtlich ersterer Studie ein, dass dort keine Kontrollgruppen zur Verfügung standen. Der Studie von Lämmermann lagen lediglich 103 bzw. 54 (Kontrollgruppe) Probanden zugrunde. Dass eine einzige Studie mit derart geringen Fallzahlen keine wissenschaftlich evidenzbasierte Aussage zulässt, ist evident.

Da diese Studien andererseits belegen, dass das Krankheitsbild des Klägers der Erforschung zugänglich ist, liegt auch kein sogenannter Seltenheitsfall vor, der ausnahmsweise die Anforderungen an die wissenschaftlichen Erkenntnisse hinsichtlich der Wirksamkeit der Therapie herabsetzen könnte (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2019 - B 1 KR 18/19 R -, SozR 4-2500 § 138 Nr. 3, juris, Rn. 13 m.w.N.).

Schließlich lässt sich der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts bzw. nach § 2 Abs. 1a SGB V herleiten. Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Da der Krankheitsverlauf beim Kläger weder aktuell lebensbedrohlich ist noch als regelmäßig tödlich bewertet werden kann, kommt die Anwendung dieser Bestimmung nur bei Annahme einer wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung in Betracht.

Dieser Tatbestand, der die für die Anwendung dieser Norm erforderliche notstandsähnliche Situation konkretisieren soll (BT-Drucks. 17/6906 S. 52 f.), setzt eine unter Zeitdruck erforderliche Behandlung zur Vermeidung schwerster Beeinträchtigungen des Versicherten wie etwa den akut oder in naher Zukunft drohenden Verlust eines wichtigen Sinnesorgans (BSG, Urteil vom 02.09.2014 - B 1 KR 4/13 R -, SozR 4-2500 § 18 Nr. 9 und vom 03.07.2012 - B 1 KR 25/11 R -, BSGE 111,168) oder einer herausgehobenen Körperfunktion (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R -, BSGE 96,153; LSG NRW, Beschluss vom 17.04.2019 - L 11 KR 669/18 -, juris) voraus. Hinsichtlich der Bewertung dieses Tatbestands im Fall des Klägers sind die beiden gehörten Sachverständigen zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Jedoch haben sie übereinstimmend dargelegt, dass die bestehenden Gesundheitsstörungen zwar erhebliche Funktionseinschränkungen bedingen, diese aber nicht unmittelbar oder direkt zum Verlust des Lebens, eines Sinnesorgans oder einer weiteren speziellen Körperfunktion führen. Prof. Dr. I hat die Gefahr eines völligen Verlustes der residualen Greiffunktionen beschrieben, während Prof. Dr. E wegen des deutlich erhöhten Risikos von Komplikationen eine erhebliche Minderung der Lebenserwartung erkannt hat. Beiden Umständen fehlt aber das erforderliche Notstandselement, sodass der erforderliche Vergleichsfall im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V nicht angenommen werden kann. Aus dem vom Sozialgericht in Bezug genommenen Urteil des BSG vom 07.05.2013 (B 1 KR 26/12 R, Kozijavkin IV). folgt nichts anderes, weil dies dort im Rahmen einer infantilen Zerebralparese lediglich unterstellt worden ist (a.a.O Rn. 16).

Selbst wenn man diese Voraussetzung aber im Fall des Klägers bejaht, fehlt es an den weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V, weil allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Therapien in Deutschland verfügbar waren bzw. sind. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. I fest. Danach kann der Kläger unter einer dauerhaften Betreuung durch ein sozialpädiatrisches Zentrum oder eine kinderneurologische Einrichtung von einem multiprofessionellen Team mittels ärztlicher Leistungen, Psychologie, Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie, Sozialarbeit, Heilpädagogik und Weiterem behandelt werden, was bisher nicht in der gebotenen Weise geschehen ist. Hinzu kommt die Möglichkeit einer medikamentösen Therapie, etwa mittels Baclofen. Dass Prof. Dr. I daneben auch solche Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt hat, die nicht dem anerkannten medizinischen Standard entsprechen (Feldenkrais, Hippotherapie, Homöopathie, Akupunktur, Kozijavkin-Methode etc.) und daher den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1a SGB V nicht ausschließen, ist insoweit unbeachtlich. Denn der Sachverständige hat diese Therapiemöglichkeiten lediglich ergänzend, nicht aber als unverzichtbar genannt.

Soweit Prof. Dr. E demgegenüber ausgeführt hat, nach Aktenlage seien alle in Deutschland zur Verfügung stehenden therapeutischen und sozialmedizinischen Möglichkeiten sowie medikamentöse leitliniengerechte Therapien ausgeschöpft, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, dass der ärztliche Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums der Kliniken L, Dr. X, in seinem Arztbrief vom 08.07.2016 die Behandlung des Klägers seitens seiner Eltern zwar als hingebungsvoll, aber jenseits der Empfehlungen für Kinder mit Zerebralparese beschrieben hat, mangelt es den Ausführungen des Sachverständigen an einer schlüssigen Begründung. Weder kann allein der Hinweis auf die Aktenlage eine solche ersetzen noch findet diesbezüglich eine Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Darlegungen des MDK noch des Prof. Dr. I statt. Mit den Ausführungen des Dr. X (MDK) hat sich Prof. Dr. E nur bezüglich der Bewertung der Delfintherapie befasst, eine Auseinandersetzung mit den Darlegungen von Prof. Dr. I ist von ihm für entbehrlich angesehen worden, weil - was auch der Kläger als Vorwurf erhoben hat - dessen Schlussfolgerungen auf einem grundlegend falschen Sachbestand infolge der Annahme einer nach dem Unfallereignis bestehenden Mobilität des Klägers beruhten. Dies belegt jedoch keine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens von Prof. Dr. I, sondern zeigt eine unzureichende Kenntnis des Akteninhalts seitens Prof. Dr. E und dessen völliger Verkennung der Darlegungen von Prof. Dr. I.

Letzterer referiert nämlich, soweit er ausführt, dass der Kläger "2005 einige Schritte gehen konnte", lediglich den Abschlussbericht des CDTC über die dortige Behandlung des Klägers im Zeitraum vom 10.01. bis 04.02.2005. Dort heißt es: "Viele kleine Teilergebnisse konnten am Ende der dritten Woche zu einem großen Sprung in Ws Entwicklung zusammengefasst werden. Mit Facilitation und therapeutischer Unterstützung gelang es W, über die Brücke auf dem Weg zum Dock (Gehstrecke 10 m), ohne Pause zu laufen (siehe auch priv. Videoaufnahmen)". Während Prof. Dr. E dies offenbar überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat, meint der Kläger, Prof. Dr. I habe hieraus nicht auf eine Lauffähigkeit des Klägers schließen dürfen, weil aus diesem Bericht ohne weiteres erkennbar sein dürfte, dass es sich dabei um eine Beschreibung bei Manipulation bestimmter Reflexpunkte zum Schritte-Setzen handele. Dabei übersieht der Kläger, dass weder der Bericht eine solche "Manipulation" dokumentiert noch Prof. Dr. I ein selbstständiges Laufen des Klägers beschrieben hat, sondern lediglich von der Fähigkeit einiger Schritte "vermutlich unter deutlicher Hilfestellung" spricht. Wenn der Sachverständige hieraus trotz der Delfintherapie auf eine Verschlechterung der Tetraspastik geschlossen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Denn diese wird entgegen der Annahme des Klägers auch durch den Vergleich der Befunde des Dr. T1 im Jahr 2006 und denjenigen des Dr. T in seinem Gutachten zum Pflege- und Betreuungsbedarf vom 02.10.2012 belegt, wie Prof. Dr. I zu Recht ausgeführt hat.

Dr. T1 hatte in seinem für die Q Versicherungs AG erstellten Gutachten vom 29.03.2006 in der Anamnese nach den Angaben der Eltern ausgeführt, der Kläger sei in der Lage, mit guter Unterstützung zu sitzen, könne den Kopf heben ohne sichere Kopfkontrolle, habe wenig Spastik in den Armen, könne diese heben und versuche seit kurzem gelegentlich Dinge zu greifen. Der Gutachter selbst befand eine nicht konstant sichere Kopfkontrolle, die Fähigkeit die Arme zu heben bei weichem Muskeltonus der Arme ohne Kontrakturen, die Fähigkeit gehalten zu sitzen ohne die Fähigkeit einer selbständigen Lageänderung oder des Stehens. An den Beinen wurde eine deutliche Spitzfußkonstellation beschrieben, die sich aber bis auf die Trittstellung leicht redressieren ließ. Der Kläger war in der Lage allein zu kauen und zu schlucken. Ein gehaltenes Stehen und unterstütztes Gehen wurden als langfristige Therapieziele für realistisch erachtet. Demgegenüber attestierte Dr. T die Notwendigkeit der Lagerung im Therapiestuhl bei nach vorne hängender Kopfneigung, kein adäquates Kauen und eine eingeschränkte Schluckfunktion. Es bestand ein erhöhter Muskeltonus der oberen Extremitäten und an den unteren Extremitäten, ein spastisch-dystoner Muskeltonus bei einer Abspreizhemmung im Bereich der Hüftgelenke. Diese negative Entwicklung der Motorik hat auch der Reha-Berater Geibel in der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme vom 27.02.2019 ausdrücklich bestätigt. Bei dieser Sachlage fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass bei konsequenter Anwendung der vom Sachverständigen Prof. Dr. I beschriebenen Behandlungsalternativen eine weitergehende Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers zu gewärtigen war, als sie trotz regelmäßiger Durchführung der Delfintherapie bis zum Jahr 2013 eingetreten ist. Soweit Dr. C in der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme vom 26.02.2019 dies relativieren möchte, beruhen seine Annahmen im Wesentlichen auf Spekulationen und einer mit den aktenkundigen Befunden nicht in Einklang zu bringenden Beurteilung der Gesundheitsentwicklung des Klägers.

Die weiteren, teils tendenziösen Angriffe des Klägers gegen das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I sind nicht geeignet, die Überzeugungskraft seines Gutachtens zu schmälern. Soweit ihm vorgeworfen wird, die kognitive Entwicklung des Klägers infolge der Delfintherapie nicht genügend zu würdigen, hat der Sachverständige zurecht darauf verwiesen, dass anlässlich der Förderpläne und Zeugnisse der Q-Schule kein ausreichender Anhalt für eine nachhaltige therapeutische Wirkung verzeichnet werden kann. Die vom Kläger vorgelegte gegenteilige Bescheinigung der Q-Schule (K M) vom 23.01.2019 ist zum einen nicht schlüssig und lässt zum anderen die Unkenntnis ihrer eigenen Akten erkennen. Soweit dort behauptet wird, die Einflüsse der Delfintherapie seien dauerhafter Natur, steht dies jedenfalls für den hier zu beurteilenden Zeitraum im Widerspruch zu den formulierten Entwicklungszielen (fehlende wesentliche Fortentwicklung der Ziele). Hinsichtlich der vom Sachverständigen angesprochenen "Musiksucht", die ebenfalls in dieser Stellungnahme in Abrede gestellt wird, findet sich folgender Eintrag in den Akten der Schule, "W fällt es schwer, auf das Hören von Musik zu verzichten. Dadurch fällt es ihm schwer, sich ohne dauernde Musikberieselung noch wohl zu fühlen. Ws Abhängigkeit, Musik zu hören, soll vermindert werden, damit W sich sozial in seine Klasse weiter integrieren und am Klassengeschehen aktiver teilnehmen kann" (Bericht über den Zeitraum September 2012 bis Februar 2013). Die Bewertung des Sachverständigen ist daher nicht zu beanstanden. Soweit schließlich der Eindruck erweckt wird, das vom Sachverständigen für zielführend gehaltene Behandlungs-Setting sei nicht realisierbar, weil die hierfür geeignetste Klinik das Uniklinikum L sei, dessen Inanspruchnahme dem Kläger aber nicht zumutbar sei, widerlegt dies ersichtlich nicht die Möglichkeit einer alternativen, auch stationären Versorgung des Klägers.

Unabhängig davon lässt sich auch nicht feststellen, dass die Delfintherapie eine indiziengestützte nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bei dem Kläger geboten hat bzw. bietet. Dass eine Heilung ausgeschlossen ist, ist zwischen allen gehörten Ärzten unstreitig. Es fehlt aber auch an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fernliegenden Aussicht einer spürbaren positiven Einwirkung dieser Therapie auf den Krankheitsverlauf des Klägers im Sinne der Bestimmung des § 2 Abs. 1a SGB V.

Ob dies der Fall ist, ist nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen, sodass allein wissenschaftliche Maßstäbe zur Beurteilung des möglichen Behandlungserfolgs heranzuziehen und maßgeblich sind, wie sie sich z.B. in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und auch in § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V niederschlagen (BSG, Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 17/17 R -, BSGE 125, 76-91, SozR 4-5562 § 6 Nr 1, Rn. 32). Prof. Dr. E hat diese Frage bejaht, dies aber allein damit begründet, dass alle anderen leitliniengerechten Behandlungen ausgeschöpft gewesen seien. Diese Argumentation genügt weder wissenschaftlichen Maßstäben noch ist diese Beurteilung zutreffend, wie bereits dargelegt worden ist, sodass ihr daher kein hinreichender Beweiswert zukommt.

Prof. Dr. I ist zu dem gegenteiligen Ergebnis gelangt. Er hat dies zum einen aus der Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit Beginn der Delfintherapie im Jahr 2005 geschlossen und zum anderen aufgrund der Auswertung der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu dieser Therapie. Soweit ihm der Kläger insbesondere gestützt auf die Ausführungen von Prof. Dr. P und Dr. C wie bereits ausgeführt entgegenhält, wissenschaftliche Veröffentlichungen außer Acht gelassen zu haben, kann dahinstehen, inwieweit diese Arbeiten das beim Kläger bestehende Krankheitsbild zum Gegenstand hatten. Selbst wenn zumindest die Arbeit von Lämmermann, wie insbesondere von Prof. Dr. P behauptet, wissenschaftlich belegbare Hinweise für einen positiven Effekt der Delfintherapie bei der Zerebralparese erbracht hat, kann in Anbetracht der von Prof. Dr. I schlüssig aufgezeigten Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers seit 2005 kein ausreichender therapeutischer Anhalt in seinem konkreten Fall für die Anwendung dieser Therapie gesehen werden. Im Zeitpunkt der hier streitigen Behandlung wurde der Kläger bereits seit acht Jahren regelmäßig entsprechend therapiert. Gleichwohl hat sich sein Gesundheitszustand nicht einmal auf dem zu Beginn der Behandlung bestehenden Stand konsolidiert. Für die Behauptung, ohne die Delfintherapie habe mit einer deutlich schlechteren Gesundheitsentwicklung gerechnet werden müssen, fehlt jeglicher Nachweis. Bei dieser Sachlage ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es Ziel der grundrechtsorientierten Auslegung ist, die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen (BSG, Urteil vom 19.12.2017, a.a.O), kein anderes Ergebnis gerechtfertigt. Diesbezüglich ist nämlich zu beachten, dass Prof. Dr. I darauf verwiesen hat, dass auch Expertenmeinungen existieren, die ausdrücklich vom Einsatz der Delfintherapie bei Zerebralparese abraten (z.B. Baverstock et al. - 2008 Archives of Disese Childhood -; Weisleder et al. - 2010 Clin Pediatrics). Unter diesen Umständen kann auch im Lichte des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG nicht anstelle noch zur Verfügung stehender etablierter Behandlungsmethoden auf solche Therapien zurückgegriffen werden, die gegebenenfalls sogar schädlich für dem Patienten sein können. Der bisherige Krankheitsverlauf bei dem Kläger spricht jedenfalls, wie der Sachverständige Prof. Dr. I zur vollen Überzeugung des Senats dargelegt hat, in keiner Weise für die Anwendung der Delfintherapie zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht unter Anwendung des § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V. Danach sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der EU, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Hierdurch wird nämlich nicht der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, wie er im Inland festgelegt ist, erweitert, sodass über diese Vorschrift auch nur für solche Leistungen eine Kostenerstattung begehrt werden kann, die das SGB V zur Verfügung stellt (EuGH, Urteil vom 9.10.2014 - C-268/13; BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 1 KR 19/13 R, beide unter juris). Daran fehlt es vorliegend aber mangels der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3, Abs. 1a SGB V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sieht der Senat nicht.
Rechtskraft
Aus
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