L 14 R 126/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 4 R 707/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 126/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 103/20 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 21.01.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rentenanpassung zum 01.07.2017 umstritten; der Kläger begehrt die Anhebung seines Rentenzahlbetrags auf 100 % des aktuellen Durchschnittseinkommens.

Der am 00.00.1939 in L geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.08.2004 Regelaltersrente. Zum 01.07.2017 passte die Beklagte die Rentenhöhe an. Hierüber informierte die Beklagte den Kläger per Rentenanpassungsmitteilung und teilte mit, der aktuelle Rentenwert steige um 1,90 % von 30,45 EUR auf 31,03 EUR. Daraus ergebe sich ab dem 01.07.2017 ein Zahlbetrag i.H.v. 666,68 EUR. Rechtsgrundlage der Rentenanpassung sei die Rentenwertbestimmungsverordnung 2017. Diese Rentenanpassungsmitteilung enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.

Am 07.06.2018 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Köln zum Aktenzeichen S 4 R 707/18 mit dem Begehren erhoben, den Rentenzahlbetrag zu erhöhen; die Entscheidung über diese Klage ist Gegenstand des hier geführten Berufungsverfahrens.

Auf Nachfrage des SG hat der Kläger klarstellend mitgeteilt, die Klage richte sich gegen den Rentenanpassungsbescheid zum 01.07.2017.

Die Beklagte hat zunächst ein Vorverfahren durchgeführt und mit Bescheid vom 26.09.2018 den Widerspruch des Klägers gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2017 zurückgewiesen. Die Anpassung der Rente sei nach den gesetzlichen Vorgaben in der Weise vorzunehmen, dass der in der Formel für die Berechnung des Monatsbetrages der Rente enthaltene aktuelle Rentenwert durch den jeweils neuen aktuellen Wert ersetzt und die Rente mit den bisher ermittelten persönlichen Entgeltpunkten neu berechnet werde. Diese Vorgaben habe die Beklagte beachtet.

Daraufhin hat der Kläger am 05.10.2018 erneut Klage zum SG Köln erhoben (S 4 R 1168/18); die Entscheidung über diese Klage ist Gegenstand des Berufungsverfahrens beim erkennenden Senat zum Aktenzeichen L 14 R 104/19.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Absenkung des Rentenwertes auf 48 % der Rente sei extrem rechtswidrig, zumal das Sicherungsniveau in den nächsten Jahren nur noch 43 % betragen werde. Die Nichtanpassung der monatlichen Rente auf 100 % zehre die jetzige Altersrente von 48 % auf und greife damit in erheblicher Weise in den Eigentumsschutz aus Art. 14 Grundgesetz (GG) ein. Ihm werde hierdurch die staatlich gesicherte Lebenshaltungsgrundlage entzogen. Es müssten Maßnahmen zum Erlass von Rechtsvorschriften beschlossen werden, die eine Umsetzung der Absenkung des Rentenwertes verhinderten. Ein weiterer Verlust sei durch die verfassungswidrige Währungsumstellung ab dem 01.01.2002 von DM auf Euro entstanden.

Das SG hat mit Schreiben vom 06.12.2018 die Beteiligten zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

1. der gesetzliche Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung Bund wird auf 100 % angehoben, der gesetzliche Rentenwert der gesetzlichen Rentenversicherung Bund auf dem aktuellen Rentenwert von 48 % wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, an ihn den gesetzlichen Rentenwert von 100 % zu zahlen sowie

2. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen und weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.01.2019 hat das SG die Klage abgewiesen und in den Urteilsgründen wie folgt ausgeführt:

"Das Gericht konnte nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Zudem sind die Beteiligten vorher gehört worden.

Die Klage ist nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2018 zulässig geworden, soweit der Kläger die Rentenanpassung zum 01.07.2017 angefochten hat. Diese Rentenanpassung trifft indes nur Regelungen zur Rentenhöhe und zwar dergestalt, dass der Rentenwert zum 01,07.2017 von 30,45 EUR auf 31,03 EUR erhöht worden ist. Nur insoweit ist dem Gericht eine Überprüfung ermöglicht. Dies berücksichtigend scheidet eine gerichtliche Überprüfung der Währungsumstellung (von DM auf Euro) aus, weil die Rentenanpassung zum 01.07.2017 hierzu keine Regelung trifft. Ebenso unzulässig ist die Klageerweiterung vom 05.07.2018. Soweit der Kläger die Feststellung der Beklagten zum Schadensersatz begehrt, liegt eine Klageänderung in Form der Klageerweiterung vor, da sich die ursprünglichen Klageanträge aus der Klageschrift vom 05.06.2018 nicht zu dieser Feststellung verhalten. Diese Klageänderung ist nach § 99 Abs. 1 SGG unzulässig, Danach ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor, die Beklagte hat nicht eingewilligt und die Erweiterung einer Klage durch Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches aus Amtshaftung ist mangels Sachdienlichkeit unzulässig (dazu auch: BSG, Beschluss vom 22.12.2012 - B 3 P 2/12 B, Rn. 15 bei juris).

Im Übrigen ist die Klage nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 01.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2018 beschwert den Kläger nicht nach § 54 Abs. 2 SGG. Diese Bescheide sind rechtmäßig, weil die Beklagte zu Recht entschieden hat, dass die Rente des Klägers zum 01.07.2017 dergestalt anzupassen ist, dass sich der aktuelle Rentenwert von 30,45 EUR auf 31,03 EUR erhöht. Dies folgt aus § 65 SGB VI. Danach werden zum 01.07. eines jeden Jahres die Renten angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird. Der aktuelle Rentenwert wird nach § 69 SGB VI von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung (Rentenwertbestimmungsverordnung) bestimmt, der Bundesrat muss dieser zuzustimmen. Ausgehend hiervon hat die Beklagte zu Recht entschieden, dass die Rente des Klägers zum 01.07.2017 durch Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes von 31,03 EUR anzupassen ist. Dieser Rentenwert ergibt sich aus der Rentenwertbestimmungsverordnung 2017, die sich an die Vorgaben aus § 69 SGB VI hält, insbesondere die dort vorgesehene Berücksichtigung der Entwicklung der Durchschnittsentgelte- Demgegenüber gibt es für das Begehren des Klägers auf Erhöhung des Rentenwertes mit dem Ziel, dass die Rente 100 % des aktuellen Durchschnittseinkommens beträgt, keine Rechtsgrundlage, hierauf wird insbesondere nicht in § 69 SGB VI abgestellt.

Die 2017 erfolgte Anpassung des Rentenwertes begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Selbst die Aussetzung einer oder mehrerer Rentenanpassungen - die hier nicht erfolgt sind - bedeutet keine Verletzung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, soweit die Aussetzung dem bedeutsamen öffentlichen intéressé an der Sicherung der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung dient, was vom Bundessozialgericht (BSG) in der Vergangenheit bejaht worden ist (unter anderem Urteil vom 27.03.2007 - B 13 R 37/06 R, Rn. 20 bei juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG."

Das Zustellungsdatum des Gerichtsbescheids ist nicht aktenkundig. Der Kläger räumt eine Zustellung am 21.01.2019 ein. Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.02.2019 Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor, die Klage richte sich gegen die extrem verfassungswidrige und grundgesetzwidrige Währungsumstellung zum Euro ab dem 01.01.2002. Er erleide einen grundrechtswidrigen Eingriff in den Eigentumsschutz nach Art. 14 GG. Er richte sich auch gegen die Niedrig-Zins-Politik der europäischen Zentralbank. Hier fielen für die Jahre 2019 bis 2021 Strafzinsen an. Dies verursache bei der monatlichen Rentenzahlung einen enormen Schaden. Die Rentenzahlung sei zu Unrecht nicht auf 1.345,92 EUR angepasst worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 21.01.2019 sowie die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine monatliche Rente in Höhe eines Betrags von 1.345,92 EUR zu gewähren.

Hilfsweise wird beantragt, die Sache nach Artikel 100 Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte teilte mit, es könne auf den Gerichtsbescheid verwiesen werden.

Auf ein Schreiben des Senats vom 29.05.2019 teilte der Kläger noch mit, zutreffend sei, dass es ihm um die vorsätzliche und rechtswidrige Absenkung der monatlichen Rente gehe. Dies sei ein extrem rechtswidriger Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG. Die monatliche Rentenzahlung sei durch die Strafzinspolitik der europäischen Zentralbank rechtswidrig. Er werde die Verantwortlichen der Deutschen Rentenversicherung in die Haftung nehmen. Unzutreffend sei, dass die Berufung in dem Verfahren L 14 R 104/19 unzulässig sei.

Am 20.09.2019 hat der Senat einen Verhandlungstermin unter persönlicher Anwesenheit des Klägers durchgeführt. Das Verfahren wurde vertagt, um dem Kläger Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme zu geben und um sich anwaltlich vertreten zu lassen. Anschließend hat der Kläger persönlich nochmals mit Schreiben vom 14.10.2019 seine bisher vorgetragenen Argumente dargelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist die Berufung fristgerecht innerhalb der Monatsfrist nach § 151 Absatz 1 SGG eingelegt. Zwar fehlt in der Gerichtsakte ein Zustellungsnachweis des Gerichtsbescheids vom 21.01.2019 an den Kläger. Ausweislich des Eingangsstempels ist die Berufung vom 08.02.2019 aber am 12.02.2019 beim Sozialgericht Köln eingegangen, sodass die Monatsfrist ersichtlich eingehalten worden ist.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.09.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Das Klagebegehren des Klägers richtet sich auf die Rentenanpassung und die künftige Höhe einer Rente ab der Rentenanpassung zum 01.07.2017; nunmehr in Höhe von 1.345,92 EUR monatlich. Der Senat kann offenlassen, ob in einer Rentenanpassungsmitteilung überhaupt eine Regelung liegt und ob hiergegen das Widerspruchsverfahren zulässig gewesen ist oder ob, wie vom Kläger gerade in diesem Verfahren zunächst durchgeführt, die allgemeine Leistungsklage statthafte Verfahrensart ist. Der Kläger hat jedenfalls keinen Anspruch auf eine Rentenanpassung in der begehrten Höhe und damit keinen Anspruch auf Erhöhung der Rente auf einen monatlichen Zahlbetrag von 1.345,92 EUR. Die hier angegriffene Rentenanpassung zum 01.07.2017 mit einer Rentenerhöhung in Höhe von 1,90 % ist nicht zu beanstanden.

Der Senat verweist nach eigener Prüfung auf die überzeugenden Ausführungen des SG in seinem Gerichtsbescheid vom 21.01.2019 unter Bezugnahme auf die einschlägigen Vorschriften zur Rentenanpassung, hier § 65 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und 69 SGB VI sowie die hierzu von der Bundesregierung erlassene Rentenwertbestimmungsverordnung. Der Senat macht die Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 21.01.2019 zum Gegenstand auch dieser Entscheidung, § 153 Abs. 2 SGG.

Insgesamt bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Rentenanpassung zum 01.07.2017. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das Ausbleiben einer Rentenerhöhung (hier im Jahr 2005) nicht gegen das Grundgesetz verstößt (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.06.2014, 1 BvR 79/09, 1 BvR 1235/09, 1 BvR 1298/09, 1 BvR 1701/09, 1 BvR 3148/10). Gründe, die darauf schließen lassen könnten, dass die hier streitige Rentenanpassung zum 01.07.2017 mit einer Rentenerhöhung in Höhe von 1,90 % gegen die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze zur Ermittlung des rechtswidrigen Eingriffes in die Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG verstoßen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch das Bundessozialgericht hat geurteilt, dass sogar eine Aussetzung der Rentenanpassung in der gesetzlichen Rentenversicherung (hier für das Jahr 2004) verfassungsgemäß ist (BSG, Urteil vom 27.03.2007, B 13 R 37/06 R). Auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Überlegungen macht der Senat daher nach eigener Prüfung die Gründe im Gerichtsbescheid vom 21.01.2019 auch zum Gegenstand dieses Urteils, § 153 Abs. 2 SGG.

Für den vom Kläger gestellten Hilfsantrag auf Vorlage des Verfahrens zum Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG bleibt angesichts der im Urteil in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auch des Bundessozialgerichts kein Raum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 160 Abs. 1 S. 1, 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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