L 17 U 811/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 164/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 811/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.10.2017 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung des Ereignisses vom 08.06.1994 als Arbeitsunfall.

Der am 00.00.1973 geborene Kläger stand seit August 1991 in einer Ausbildung zum Maurer, welche er ab Mai 1993 im Unternehmen Baugesellschaft T GmbH, C, durchführte.

Einige Wochen vor dem Unfall lernte er im Rahmen einer zufälligen Begegnung den T1 B (B) kennen, welcher sich ebenfalls für eine Ausbildung im Baugewerbe interessierte. Im Handwerks-Bildungs-Zentrum C (HBZ) traf man sich im Rahmen des Blockunterrichts wieder. Da der Kläger im Gegensatz zu B über ein Kraftfahrzeug verfügte, bildete man eine Fahrgemeinschaft, bei welcher der Kläger den B auf dem Hin- und Rückweg (Gesamtstrecke ca. 14 km) mitnahm, d.h. zu Hause – B wohnte in einem Jugendwohnheim – abholte und dort wieder nach Beendigung des Unterrichts absetzte. Dabei betrug die Entfernung des direkten Weges von der Wohnung des Klägers zum HBZ ca. 7,5 km (Fahrzeit 11 Minuten), die Wegstrecke von der Wohnung des B zum HBZ ca. 8 km (Fahrzeit ca. 12 Minuten). Die Fahrzeit des Klägers für die Gesamtstrecke von ca. 14 km unter Abholung des B lag bei etwa 25 Minuten. Die Ausbildung im HBZ umfasste praktische Übungen, zu denen die Auszubildenden eigenes Werkzeug benutzten konnten, wobei das HBZ, wenn Werkzeug vergessen wurde, solches auch leihweise zur Verfügung stellen konnte.

Im Unfallzeitpunkt am 08.06.1994 waren der Kläger und B seit ca. sechs Wochen miteinander bekannt und hatten eine Fahrgemeinschaft gebildet. An diesem Tag hatte der Kläger ausnahmsweise den B nicht an dessen Wohnung zur Verbringung ins HBZ abgeholt, vielmehr war dieser selbst dort hingelangt. Die Ausbildung begann im HBZ um 7:30 Uhr. Da B Handwerkszeug zu Hause vergessen hatte, fragte er den Kläger, ob der ihn in der Frühstückspause mit dessen Kraftfahrzeug nach Hause verbringen könnte, damit er, B, dort sein Werkzeug holen könne. Den Angaben des Klägers in einem späteren staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren zufolge lehnte er dieses Ansinnen zunächst ab, wurde dann aber auf wiederholtes Bitten des B "weich", so dass man zu Beginn der Frühstückspause mit dem Pkw des Klägers zur Wohnung des B aufbrach. Auf dem Weg dorthin kam der Kläger als Fahrer seines Kraftfahrzeuges von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Er erlitt hierbei schwere Verletzungen im Sinne eines Bauchtraumas mit Leberriss, beidseitige Oberschenkelfrakturen, einen rechtsseitigen Schienbeinkopfbruch und Brüche der rechten Mittelfußknochen. Sein Beifahrer B verunglückte tödlich.

In der Unfallanzeige teilte die T GmbH mit, der Kläger habe für und mit dem auszubildenden Kollegen B fehlendes Werkzeug für die bevorstehende Arbeit von zu Hause abholen wollen und sei auf dem Anfahrtsweg hierzu verunglückt. Im Betriebswegefragebogen gab die Fa. T an, der Unfall habe sich um 9:42 Uhr ereignet. Der Kläger sei mit dem Azubi B nach Hause gefahren, um dort bei B fehlendes Werkzeug für den Unterricht abzuholen. Man sei um 9:30 Uhr losgefahren und wäre gegen 10:10 Uhr zurück gewesen. Halter des Pkw sei ein Dritter gewesen. Der Kläger habe diesen aber benutzt. In der Verkehrsunfallanzeige der Polizei hieß es, sowohl der Kläger als auch B seien Lehrlinge im Baugewerbe. Nach Auskunft des Leiters des HBZ, Herrn H, hätten beide ohne Angabe von Gründen in der Zeit zwischen 9:20 und 9:30 Uhr das Gelände des HBZ verlassen und seien dort bereits gesucht worden. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gab der Verteidiger des Klägers an, B sei in einer andern Berufssparte Auszubildender im HBZ gewesen als der Kläger. Beide hätten sich gekannt. B habe den Kläger gebeten, ihn nach Hause zu fahren, weil er dort sein Handwerkszeug vergessen habe. Dies habe der Kläger zunächst abgelehnt, sei dann auf wiederholtes Bitten des B aber "weich" geworden. Der Kläger habe für B eine Gefälligkeitsfahrt ausgeführt.

Laut Vermerk vom 29.08.1995 zog die Bau-Berufsgenossenschaft (BauBG) eine Zuständigkeit des seinerzeitigen Gemeindeunfallversicherungsverbandes (GUV), deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte geworden ist, in Betracht, weil die Handlungstendenz des Klägers dem Unternehmen des B zu dienen bestimmt gewesen sein dürfte und hieraus Versicherungsschutz gem. § 539 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO), also als sog. "Wie-Beschäftigter" nach dem bis Ende 1996 geltenden Recht der RVO, in Betracht komme, wobei für das Unternehmen des B der GUV zuständig sei. Einen entsprechenden Erstattungsanspruch meldete die BauBG beim GUV mit Schreiben vom 31.08.1995 an und lehnte es mit Bescheid vom 27.03.1996 gegenüber dem Kläger ab, das Ereignis vom 08.06.1994 als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil der Kläger nicht unter Versicherungsschutz gestanden habe. Versicherungsschutz aufgrund seines eigenen Ausbildungsverhältnisses bestehe nicht, da die zum Unfall führende Tätigkeit nicht Ausfluss dessen gewesen sei. Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs. 2 RVO (nunmehr: § 2 Abs. 2 des Siebtes Buches Sozialgesetzbuch/SGB VII) als arbeitnehmerähnlich Tätiger komme nicht in Frage, da der Kläger dem B eine Gefälligkeit erwiesen habe, welche durch die persönlichen Beziehungen untereinander geprägt gewesen sei. Diesen Bescheid ließ der Kläger bestandskräftig werden.

Auf Befragen der BauBG teilte der Kläger unter dem 10.04.1997 mit: Er habe den B in einem Bistro dadurch kennen gelernt, dass sich beide für eine Ausbildung im Baugewerbe interessiert hätten. Man habe sich erst anschließend im HBZ wieder getroffen. Da der Wohnort des B auf demjenigen des Klägers zum HBZ gelegen habe, hätten beide anlässlich des Besuchs des Blockunterrichts im HBZ eine Fahrgemeinschaft gebildet. Am Unfalltag seien beide ausnahmsweise nicht zusammen zum HBZ gefahren, da B von einem anderen Ort zum Unterricht erschienen sei. Das für die praktische Ausbildung erforderliche Handwerkszeug habe sich deshalb noch zu Hause bei B befunden. Aus diesem Grunde habe B den Kläger etwa 30 Minuten vor der Frühstückspause gebeten, ihn während der Pause nach Hause zu fahren und das Werkzeug zu holen. Die Entfernung betrage etwa 10 km. Außerhalb des HBZ hätten beide keinen Kontakt gepflegt.

Auch der GUV nahm eine typische Gefälligkeitsleistung unter Bekannten an und verwies im Übrigen auf die Zuständigkeit der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) für das HBZ. Die VBG wiederum wies auf eine Zuständigkeit der GUV hin, falls der Kläger für das Unternehmen des B gem. § 539 Abs. 2 RVO als Wie-Beschäftigter tätig gewesen sei. Von einem Handeln für B sei ihres Erachtens auszugehen.

Wegen der im Zusammenhang mit dem Unfall des Klägers erbrachten Leistungen machte die BauBG Erstattungsansprüche gegen die Krankenkasse des Klägers, die AOK, geltend und erhob nach deren Ablehnung im Oktober 2004 Klage vor dem Sozialgericht Hannover (SG) zu Az. S 22 U 347/04 (im Späteren S 22 U 310/08). Zum Klageverfahren lud das SG die Beklagte und die für das HBZ zuständige VBG bei. Nach erfolglosem Mediationsverfahren mit damit verbundener Aussetzung des Klageverfahrens von 2005 bis Oktober 2008 vernahm das SG in seiner mündlichen Verhandlung am 25.01.2012 den Kläger ebenso als Zeugen wie den seinerzeitigen Ausbildungsmeister im HBZ U T2 und den Maurermeister und Ausbildungsvorgesetzten B1 L.

Der Kläger bekundete, B sei nur ein Arbeitskollege gewesen, der auch nicht im selben Lehrjahr wie er gewesen sei. Es sei auch richtig, dass er zu B mit diesem gefahren sei, damit B Arbeitswerkzeug holen konnte. Er, der Kläger, habe neun Tage vor seiner Prüfung gestanden.

Der Zeuge T2 bekundete, B habe eine Ausbildung zum Hochbaufachwerker gemacht. Es habe Anwesenheitspflicht im HBZ bestanden. Ob er seinerzeit für B oder den Kläger zuständig gewesen sei, wisse er nicht mehr. Jedenfalls habe sich derjenige bei ihm nicht abgemeldet. Die Auszubildenden hätten ihr eigenes Werkzeug gehabt. Wenn sie dieses vergessen hatten, hätten sie Werkzeug im HBZ bekommen können. Es habe deshalb keinen Grund gegeben, nach Hause zu fahren um Werkzeug zu holen. Auszubildende hätten im HBZ auch in Jeans arbeiten können. Er wisse bis heute nicht, warum der Kläger und B diese Fahrt unternommen hätten.

Der Zeuge L bekundete, es sei festgestellt worden, dass sich der Kläger und B unerlaubt vom HBZ entfernt hätten.

Mit Urteil vom selben Tag wies das SG Hannover die Erstattungsklage der BauBG mit der Begründung ab, die AOK sei nicht zuständiger Versicherungsträger und habe keine Leistungen zu erbringen, da der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten habe, nämlich zum Unfallzeitpunkt wie ein Versicherter tätig geworden sei. Er habe allein eine dem B dienende Tätigkeit verrichtet, als er auf dessen Bitten diesen zu seiner Wohnung habe fahren wollen. Die Tätigkeit sei auch nicht als selbstverständliche Gefälligkeit zu werten, sondern deutlich über das hinausgegangen, was das Bekanntschaftsverhältnis beider geprägt habe. Ein Erstattungsanspruch gegen die beigeladene Unfallkasse NRW – die hier Beklagte – sei im Grunde zwar gegeben, aber nicht durchsetzbar. Die Unfallkasse sei zwar zuständiger Unfallversicherungsträger, weil die Tätigkeit des Klägers der Privatperson B und nicht dem HBZ habe dienen sollen und damit vom Begriff "Haushalt" in § 657 I Nr. 3 RVO umfasst sei. Die Klägerin habe jedoch den Erstattungsanspruch nicht fristwahrend geltend gemacht.

Die hiergegen von der dort beigeladenen Unfallkasse NRW zu L 9 U 45/12 eingelegte Berufung hat das Landesssozialgericht Niedersachsen-Bremen durch Beschluss vom 09.07.2013 gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückgewiesen, weil die Beigeladene durch das Urteil des SG weder materiell beschwert sei noch das Urteil präjudizierende Wirkung habe.

Gestützt hierauf beantragte nachfolgend der Kläger die Anerkennung und Entschädigung des Unfalles als Arbeitsunfall mit Schriftsatz vom 30.01.2012. Nachdem der Kläger sich mit der Bitte um Bescheidung seines Antrags letztlich mit einer Petition im Februar 2014 an den Landtag des Landes NRW gewandt und die Beklagte sich alsdann in Rahmen des Petitionsverfahrens ausführlich zur Rechtslage aus ihrer Sicht geäußert hatte, lehnte auch sie es mit Bescheid vom 04.08.2014 ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen. Weder sei der Kläger für den Privathaushalt des B tätig geworden noch entspreche die von ihm ausgeübte Tätigkeit zur Personenbeförderung einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Vielmehr sei er eher unternehmerähnlich tätig geworden. Unabhängig davon sei die Beförderung am Unfalltage geprägt gewesen durch die vor dem Unfall bestehende Bekanntschaft mit B, insbesondere aus der Fahrgemeinschaft heraus, so dass es sich um eine bloße Gefälligkeitsleistung gehandelt habe.

Hiergegen legte der Kläger am 19.08.2014 Widerspruch und machte sich die Begründung des Urteils des SG Hannover zu Eigen. Die unfallbringende Tätigkeit sei deutlich über eine freundschaftliche Gefälligkeit hinausgegangen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2015, den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30.03.2015 zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch zurück und bekräftigte ihre Auffassung, nach dem Gesamtbild habe der Kläger zum Unfallzeitpunkt keine arbeitnehmerähnliche, sondern eine unternehmerähnliche Tätigkeit verrichtet. Die Beförderungsdienstleistung entspreche eher z. B. der Beauftragung eines Taxiunternehmens. Im anderen Falle sei von einer nicht versicherten Gefälligkeitsleistung im Hinblick auf die regelmäßige Fahrgemeinschaft und die hierdurch geprägte gute Bekanntschaft auszugehen.

Hiergegen hat sich die am 28.04.2015 erhobene Klage gerichtet, mit der der Kläger geltend gemacht hat, zwischen ihm und B habe, zumal man sich zum Unfallzeitpunkt lediglich wenige Wochen gekannt habe, keine nähere Bekanntschaft bestanden. Die unfallbringende Tätigkeit sei über das Maß dessen hinausgegangen, was die nur für einen kurzen Zeitraum durchgeführte Fahrgemeinschaft geprägt habe. Es habe sich bei der unfallbringenden Fahrt gerade nicht um einen selbstverständlichen Hilfsdienst gehandelt.

Der Kläger hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 04.08.2014 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 25.03.2015 festzustellen, dass der Unfall vom 08.06.1994 ein Arbeitsunfall war.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Auffassung bekräftigt, der Kläger sei unternehmerähnlich tätig geworden. Unter keinem Gesichtspunkt sei die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne eines quasi arbeitnehmerähnlichen Fahrers für einen Privathaushalt zu begründen.

Das SG hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 02.02.2017 den Kläger gehört, der den Sachverhalt wie bisher geschildert hat. Der Kläger hat noch ergänzt, er habe B nur selten zum HBZ mitgenommen und hierfür auch kein Entgelt erhalten. Am Unfalltag müsse schon "etwas Wichtiges" für B gewesen sein, zumal er, der Kläger, mit der unmittelbaren Prüfungsvorbereitung beschäftigt gewesen sei.

Den Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussicht ablehnenden Beschluss des SG vom 03.08.2015 hat der erkennende Senat auf die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers (L 17 U 539/17 B) mit Beschluss vom 10.02.2016 geändert und PKH für das Klageverfahren – ebenso wie mit Beschluss vom 07.05.2018 für das Berufungsverfahren – bewilligt. Zur Bejahung hinreichender Erfolgsaussicht hat der erkennende Senat auf das Urteil des SG Hannover vom 25.01.2012 hingewiesen, das einen in die Zuständigkeit der Beklagten fallenden Arbeitsunfall des Klägers bejaht hatte.

Mit nach entsprechenden Einverständniserklärungen der Beteiligten ergangenem Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 16.10.2017 hat das SG die Beklagte zur Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall verurteilt. Der Kläger habe am 08.06.1994 einen Arbeitsunfall erlitten. Der Anspruch des Klägers richte sich dabei noch nach den Vorschriften der RVO, weil der von ihm geltend gemachte Arbeitsunfall vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 ein¬getreten sei (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII). Im Zeitpunkt des Unfalles habe der Kläger zwar in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden, und zwar aufgrund eines Lehrverhältnisses, ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO scheide indes aus, was seinerzeit die Bau-Berufsgenossenschaft zutreffend ausgeführt habe, da die zum Unfall führende Tätigkeit nicht Ausfluss des beim Unternehmen T bestehenden Ausbildungsverhältnisses gewesen sei, sondern den Interessen von B habe dienen sollen. Zum Zeitpunkt des Unfalles habe der Kläger indes nach § 539 Abs. 2 RVO unter Versicherungsschutz gestanden. Ein Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift setze voraus, dass der Betreffende im Unfallzeitpunkt wie ein aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses Beschäftigter für ein Unternehmen tätig gewesen wäre. Dies sei der Fall gewesen. Im Unfallzeitpunkt habe der Kläger eine ausschließlich dem B dienende Tätigkeit, die diesem ernsthaft genützt habe, verrichtet. Die Fahrt am Unfalltage in der Frühstückspause habe allein dazu dienen sollen, dass der B sich von seinem Wohnort "ein Werkzeug" holen konnte. Wie bereits das Sozialgericht Hannover zutreffend ausgeführt habe, ergebe sich weder aus den Angaben des Klägers selbst noch seines seinerzeitigen Verteidigers im Rahmen des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens und auch nicht aus seiner Vernehmung als Zeuge in der mündlichen Verhandlung am 25.01.2012, dass er mit der beabsichtigten Verbringung des B zu dessen Wohnort eigene Interessen verfolgt habe. Dabei könne auch nicht eingewandt werden, der Kläger sei erst nach mehrfachem Drängen des B "weich" geworden, was dahingehend zu würdigen sei, der Kläger habe die Fahrt als Ersatz für seine sonst übliche Tätigkeit im Rahmen der Fahrgemeinschaft angesehen, bei welcher, wäre sie üblicherweise auch am Unfalltage durchgeführt worden, sichergestellt worden wäre, dass der B über sein zu Hause aufbewahrtes "Werkzeug" verfügt hätte. Dieses Nachgeben des Klägers auf Bitten des B berühre nämlich allenfalls seine Motivationslage, nicht jedoch, was entscheidend sei, die Handlungstendenz, welche allein darauf gerichtet gewesen sei, dem B zu dienen. Der Kläger habe auch nicht auf der unfallbringenden Fahrt einer eigenen Verpflichtung Genüge getan, was den vorliegenden Fall wesentlich von der Entscheidung des BSG vom 08.12.1983 (Breithaupt 1984, 375) unterscheide. In jenem Fall habe der Verletzte den Weg als Fahrer einer Fahrgemeinschaft unternommen, um den Transport der Mitglieder der Fahrgemeinschaft, welcher er selbst angehörte, zu sichern, so dass er deren (Mit-)Unternehmer gewesen sei. Im vorliegenden Fall könne dies lediglich für die normale Fahrgemeinschaft des Klägers mit dem B und dessen zugesagtem Hin- und Rücktransport zum/vom HBZ konstatiert werden. Hier habe der Kläger die wohl unentgeltliche Verpflichtung gegenüber B übernommen gehabt, diesen zum HBZ zu verbringen bzw. abzuholen, wobei er auf den betreffenden Wegen, da auch er zum HBZ habe fahren müssen, und insoweit eigene Interessen verfolgte, Unternehmer bzw. Mitunternehmer gewesen sei. Während der unfallbringenden Tätigkeit indes habe der Kläger keine eigenen Interessen verfolgt und sei deshalb insoweit auch nicht Unternehmer gewesen. Daraus folge zugleich, dass auch keine unternehmerähnliche Tätigkeit verrichtet worden sei, obwohl für die Fahrt, wie auch sonst üblich, das Kraftfahrzeug des Klägers benutzt wurde. Berücksichtigungsfähig in diesem Zusammenhang sei auch, dass die Initiative zu diesem Tätigwerden nicht, wie in anderen in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen, vom Kläger, sondern von B ausgegangen sei. Dass durch das Tätigwerden des Klägers ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis nicht begründet worden sei, sei dabei unmaßgeblich. Wesentlich sei, dass die maßgebliche Tätigkeit nicht zu dem bezeichneten eigenen Pflichtenkreis im Rahmen der üblichen Fahrgemeinschaft gehört habe, so dass vorliegend nicht festgestellt werden könne, dass im konkreten Falle die fremdbestimmten Zwecke der Handlung hinter unternehmerische Eigeninteressen zurückgetreten seien. Vielmehr habe eine ausschließlich fremdwirtschaftliche Zweckbestimmung vorgelegen.

Das Tätigwerden des Klägers sei auch nicht als selbstverständliche Gefälligkeit zu werten, was eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ihrer Art nach ausschlösse. Sie habe sich deutlich von der üblichen Tätigkeit im Rahmen der Fahrgemeinschaft unterschieden, innerhalb derer der Kläger verpflichtet gewesen sei, eine Beförderung des B durchzuführen. Zu einer Beförderung, wie von B gewünscht, in der Frühstückspause hingegen habe keine Verpflichtung aus den Beziehungen der beiden zueinander heraus bestanden. Auch sei die Tätigkeit nicht lediglich als ganz geringfügige, quasi "im Handumdrehen" zu verrichtende Betätigung zu werten, welche ohne Weiteres erwartbar gewesen wäre. Dies belege bereits allein der Umstand, dass der Kläger erst auf wiederholtes Bitten des B hin tätig geworden sei. Es sei auch nicht nach allgemeiner Lebensauffassung selbstverständlich, von einem anderen zu erwarten, auf die ihm zustehende und notwendige Erholungspause zu verzichten, um diesem anderen Hilfe zukommen zu lassen, jedenfalls nicht unter den vorliegend festzustellenden persönlichen Beziehungen der beiden zueinander. Von einer freundschaftlichen Beziehung könne nicht ausgegangen werden. Das Verhältnis zwischen dem Kläger und B habe in einer reinen, seit wenigen Wochen bestehenden Fahrgemeinschaft zum Blockunterricht des HBZ bestanden. Private Kontakte darüber hinaus hätten nicht bestanden. Ausgehend von dem Grundsatz, dass, je enger eine Gemeinschaft sei, umso größer der Rahmen dessen sei, in welchem bestimmte Verrichtungen hierdurch ihr Gepräge erhalte, könne die Tätigkeit nicht als Ausdruck eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses gewertet werden. Für die Tätigkeit wäre einschließlich Hin- und Rückfahrt und Abholung der von B benötigten "Werkzeuge" wenigstens eine halbe Stunde, mithin die gesamte Frühstückspause, erforderlich gewesen. Dabei sei auch der Zeitraum der Hilfeleistung nicht in den üblichen, vom Kläger ohnehin zu veranschlagenden, wesentlich eigenwirtschaftlich geprägten Zeitkorridor des morgendlichen Fahrens zum HBZ bzw. nachmitttäglichen Fahrens zur eigenen Wohnung gefallen.

Zur Überzeugung des SG sei die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des GUV auch zuständiger Unfallversicherungsträger. Gemäß § 657 Abs. 1 Nr. 3 RVO seien Gemeinde-Unfallversicherungsverbände Träger der Unfallversicherung für Versicherte in Haushaltungen. Unter einem Haushalt werde die private Lebens- und Wirtschaftsführung einer Person verstanden, wobei sich der Haushalt an dem Ort, an dem oder von dem aus menschliche Grundbedürfnisse erfüllt werden, befinde, also regelmäßig in der Wohnung. Haushaltstätigkeiten seien sowohl solche im engeren Sinne hauswirtschaftlicher Verrichtungen wie auch sonstige im weiteren Sinne damit zusammenhängende Handlungen. Zum Beispiel zähle hierzu die Pflege und Instandhaltung von Haushaltsräumen einschließlich der Wohnung, aber auch Pflege und Besorgung, insbesondere das Wechseln und Waschen von Wäsche und Kleidung (so der Begriff der hauswirtschaftlichen Versorgung in der Pflegeversicherung). Über den genauen, vom verstorbenen B verfolgten Zweck des Aufsuchens seiner Wohnung seien zwar wegen dessen Todes zuverlässige Feststellungen nicht möglich. Das SG habe sich jedoch unter Berücksichtigung der verfügbaren Anknüpfungstatsachen die Überzeugung verschaffen können, dass das Aufsuchen der Wohnung des B dazu habe dienen sollen, dem Verstorbenen einen Wechsel der Kleidung zu ermöglichen, wozu das SG weiter ausgeführt hat. Da, so das SG, hier ein Wechsel der Kleidung als einzig möglicher verfolgter Zweck des Aufsuchens der Wohnung in Betracht komme, sei die Zuständigkeit der Beklagten begründet.

Gegen das ihr am 15.11.2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.12.2017 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, es habe im Unfallzeitpunkt keine Wie-Beschäftigung des Klägers vorgelegen. Hierfür fehle es an einer ernsthaften Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert. Auch sei keine konkrete Arbeitnehmerähnlichkeit gegeben, sondern es sei von einem selbstverständlichen Hilfsdienst des Klägers für B auszugehen. Beschäftigte in Privathaushalten, die im Rahmen ihrer Beschäftigung Tätigkeiten wie der Kläger ausführten, gebe es nicht. Insbesondere sei der Kläger nicht wie ein Chauffeur tätig geworden, da er die Dienste mit seinem eigenen Pkw erbracht habe. Auch sei es nicht naheliegend, dass B von einem Chauffeur tatsächlich ansonsten hätte gefahren werden können. Eher sei der Kläger durch Nutzung eigener Gerätschaften zur Leistungserbringung (eigener Pkw) ohne erkennbare Bereitschaft, sich Weisungen des B zu unterwerfen, wie ein Unternehmer tätig geworden und nicht in eine fremde Organisation, nämlich diejenige des B, eingegliedert gewesen. Überdies sei die unfallbringende Fahrt ein noch selbstverständlicher Hilfsdienst im Rahmen der bestehenden einseitigen Fahrgemeinschaft gewesen. Es liege auch keine wirtschaftlich nützliche Arbeitsleistung vor, die dem fremden Unternehmen eigene Aufwendungen erspare, weil B ohne den Hilfsdienst schon mangels dann ersichtlicher anderer Alternativen, nach Hause zu gelangen, die Werkzeuge der Ausbildungsstätte – ggf. auch in Straßenkleidung – in Anspruch genommen hätte. Die vom SG gesehene fremdnützige Handlungstendenz vermöge überdies für sich allein Versicherungsschutz nicht zu begründen. Soweit das SG meine, der B habe Arbeitskleidung und nicht Werkzeug holen wollen, werde dies durch die Akten nicht gestützt. Der Erwerbstätigkeit vorgelagerte Ausbildungstätigkeiten seien auch nicht dem Haushalt iSd § 657 I Nr. 3 RVO (=§ 129 I Nr. 2 SGB VII) zuzurechnen, weshalb das Holen von Werkzeug für diese Ausbildungstätigkeit als Haushaltstätigkeit ebenso wie das Holen von Arbeitskleidung ausscheide. Das Holen von Gegenständen für eine ggf. unfallversicherte Tätigkeit bedeute nicht, dass das Holen an sich auch immer dem Privathaushalt zugutekomme.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.10.2017 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er sieht die Tätigkeit, die darin bestanden habe, B während der Frühstückspause zu dessen Wohnung zu fahren, damit B vergessenes Werkzeug holen konnte, als versichert an, da er dies auf Weisung des B getan habe. Das angefochtene Urteil sei deshalb nicht zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und die ebenfalls beigezogene Verwaltungsakte der BG Bau Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil das SG in dem angefochtenen Urteil zu Recht festgestellt hat, dass der Kläger am 08.06.1994 einen in die Zuständigkeit der Beklagten fallenden Arbeitsunfall erlitten hat. Der entgegenstehende Bescheid der Beklagten vom 04.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das SG hat deshalb zu Recht der als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG vom Kläger gegen den genannten Bescheid erhobenen Klage stattgegeben.

Anwendbar ist das Recht der RVO, weil um die Anerkennung eines Unfalls gestritten wird, der sich vor Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 ereignet hat (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 07.08.1996, BGBl. I 1254, § 212 SGB VII).

I. Der Kläger hat einen Arbeitsunfall erlitten, als er am 08.06.1994 auf dem Weg vom HBZ zur Wohnung des B mit seinem Kfz von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt ist.

Nach § 548 Abs 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt – so die heutige Legaldefinition in § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII, die auf die Jahrzehnte alte Definition in Rechtsprechung und Literatur zurückgeht (BSG Urteile vom 30.06.1965 – 2 RU 175/63 –- BSGE 23, 139, 141 = SozR Nr 1 zu § 555 RVO; vom 27.06.1978 – 2 RU 20/78 –- BSGE 46, 283 = SozR 2200 § 539 Nr 47; BT-Drucks 13/2204 S 77; Krasney in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2005, § 8 RdNr 7) und auch im Jahre 1994 galt. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, stRspr, BSG zB Urteile vom 28.06.1988 – 2 RU 60/87BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92; vom 05.05.1994 – 2 RU 26/93SozR 3-2200 § 548 Nr 19), dass die Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis –- geführt hat und letzteres einen Gesundheits(erst)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(erst)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (stRspr, BSG, zB Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 RBSGE 94, 269-273 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15, RdNr 10).

Ein Unfallereignis liegt danach vor, indem der Kläger mit dem von ihm gesteuerten Kfz gegen einen Baum geprallt ist. Hierdurch ist auch beim Kläger ein – ganz erheblicher – Gesundheitserstschaden in Form eines Bauchtraumas mit Leberriss, beidseitigen Oberschenkelfrakturen, einem rechtsseitigen Schienbeinkopfbruch und Brüchen der rechten Mittelfußknochen verursacht worden. Sowohl das Vorliegen eines Unfallereignisses als auch eines Gesundheitserstschadens stehen damit außer Frage. Beides wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.

Die Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfallereignisses, also das Fahren des KfZ mit B zu dessen Wohnung, ist auch einer versicherten Tätigkeit des Klägers zuzurechnen, so dass der Kläger zur Zeit des Unfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.

1. Ein Versicherungsschutz des Klägers deshalb, weil die Fahrt zur Wohnung des B dem Holen und der Beförderung dessen Werkzeugs zum HBZ dienen sollte, kommt allerdings nicht in Betracht. Insoweit ist der Senat entgegen dem SG aufgrund der durchgängigen und insbesondere auch insoweit einheitlichen unfallnahen Bekundungen der Beteiligten davon überzeugt, dass die ab ca. 9:30 Uhr, d.h. mit dem Beginn der Frühstückspause unternommene und mit dem Unfall auf dem Hinweg zur Unterkunft des B um 9:42 Uhr endende Fahrt im dem vom Kläger gesteuerten Pkw mit dem Zweck unternommen wurde, es dem B auf dessen eindringliches vorheriges Bitten hin zu ermöglichen, für die Ausbildung im HBZ seines Erachtens notwendiges, von ihm aber zu Hause vergessenes Werkzeug zu holen.

Zwar gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall bei einer mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgerätes, auch wenn es vom Versicherten gestellt wird (§ 549 RVO), so dass auch ein Versicherungsschutz für den Transport von Werkzeug grundsätzlich in Betracht kommt. Als Tätigkeit iSd § 549 RVO kommt hierbei die Ausübung des Lehrverhältnisses des Klägers im HBZ gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO in Betracht. Allerdings ist hierfür erforderlich, dass die Zurücklegung des Weges der Beschaffung und Fertigstellung von Werkzeug dienen sollte, das für die Ausbildung im Ausbildungsbetrieb verwendet werden sollte. Der zurückgelegte Weg muss also dazu dienen, Werkzeug für die Tätigkeit des Versicherten im Ausbildungsbetrieb anzuschaffen (BSG Urteil vom 27.11.1986 - 2 RU 4/86 - juris RdNr 12). Hierbei muss es sich allerdings um eigenes Werkzeug des Versicherten handeln (vgl dazu BSG Urteil vom 27.11.1986 aaO juris RdNr 13). Versicherungsschutz gemäß § 549 RVO scheidet danach deshalb aus, weil der Kläger nicht sein eigenes Werkzeug im Sinne des § 549 RVO befördern wollte, sondern fremdes, im Eigentum des B stehendes Werkzeug.

2. Ferner stand der Kläger im Unfallzeitpunkt nicht als aufgrund eines Lehrverhältnisses Beschäftigter gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO unter Versicherungsschutz. Vielmehr hatte er die Ausbildungsstelle gerade ohne Wissen und Wollen der die Ausbildung durchführenden Personen, seinen Vorgesetzten, verlassen. Eine versicherte Tätigkeit im o.g. Sinne wird aber nur verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechts- und Beschäftigungsverhältnisses, wozu nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO auch ein Lehrverhältnis zählte, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder zum Nachteil gereichen (vgl BSG Urteil vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 - juris RdNr 13 zum mit § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO im Wesentlichen inhaltsgleichen § 2 I Nr. 1 SGB VII). Mit dem Entfernen aus dem HBZ ohne Absprache mit seinen Vorgesetzten bei bestehender Anwesenheitspflicht gemäß den Bekundungen der Zeugen T2 und L vor dem SG Hannover handelte er aber gerade den Pflichten aus dem Lehrverhältnis zuwider, was Versicherungsschutz aus § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO ausschließt.

3. Wegen des im Unfallzeitpunkt ausbildungswidrigen Verhaltens des Klägers scheidet auch dessen Versicherung als Lernender während der beruflichen Ausbildung gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 14c RVO aus.

4. Der Kläger war jedoch als sog. "Wie-Beschäftigter" gemäß § 539 Abs. RVO im Unfallzeitpunkt versichert.

Nach § 539 Abs. 2 RVO ist versichert, wer wie ein nach dessen Abs 1 Versicherter tätig wird. Von den verschiedenen Alternativen des § 539 Abs. 1 RVO ist vorliegend die als Wie-Beschäftigter nach dessen Nr. 1 gegeben. Der Kläger ist als Wie-Beschäftigter fremdnützig für das Unternehmen des B tätig geworden. Zur Überzeugung des Senats stand er im Zeitpunkt des Unfalls zu B in einem Verhältnis, das wie ein Arbeits- oder Dienstverhältnis iSd § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO anzusehen ist.

Ein Arbeits- oder Dienstverhältnis nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO ist gekennzeichnet durch das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Auch ein Dienstverhältnis in diesem Sinne setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, wie sich schon aus dem Wortlaut der Regelung ("aufgrund eines Dienstverhältnisses Beschäftigter") ergibt. Die frühere Unterscheidung zwischen Arbeits- und Dienstverhältnis ist für das Erfordernis eines Beschäftigungsverhältnisses und die Abgrenzung zu einer Tätigkeit als Unternehmer ohne Bedeutung. Beurteilungsmaßstab für eine abhängige Beschäftigung ist § 7 Abs 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV), der für sämtliche Bereiche der Sozialversicherung gilt, in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Unternehmen ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Ob eine Person wie ein Beschäftigter tätig geworden ist, richtet sich schon nach dem Wortlaut der Formulierung im Kern nach den Kriterien für eine Beschäftigung.

§ 539 Abs 2 RVO will, wie auch die inhaltlich übereinstimmende Nachfolgebestimmung in § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, jedoch aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen Versicherungsschutz auch dann gewähren, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer gegebenenfalls nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist, weil eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht, unter solchen Umständen, die einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich sind und nicht auf einer Sonderbeziehung z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied beruhen (stRspr, BSG zB Urteil vom 13.09.2005 – B 2 U 6/05 RSozR 4-2700 § 2 Nr 7, RdNn 14; vom 13.08.2002 – B 2 U 29/01 R – juris RdNr und – B 2 U 33/01 R –; vom 05.07.1994 – 2 RU 24/93SozR 3-2200 § 548 Nr 20 Rdn. 22).

Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko – das Tätigwerden auf eigene Rechnung (vgl. § 658 Abs 2 Nr 1 RVO), das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (stRspr, BSG zB Urteile vom 04.06.2019 – B 12 KR 11/18 R – juris RdNr 14; vom 19.08.2003 - B 2 U 38/02 R - juris RdNr 23; vom 10.08.2000 - B 12 KR 21/98 R - juris RdNr 17). Für die Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als arbeitnehmerähnlicher Wie-Beschäftigter und einer unternehmerähnlichen Tätigkeit ist von der oben aufgezeigten Abgrenzung zwischen Beschäftigtem und Unternehmer auszugehen, hiervon sind jedoch gewisse Abstriche zu machen, weil nur eine arbeitnehmerähnliche Beschäftigung und eine unternehmerähnliche Tätigkeit gegenüberzustellen sind. Dabei ist zu beachten, dass bei einer Tätigkeit als Wie-Beschäftigter iS des § 539 Abs. 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO nicht alle Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses und bei einer unternehmerähnlichen Tätigkeit nicht alle Merkmale eines Unternehmers erfüllt sein müssen. Entscheidend ist vielmehr, ob nach dem Gesamtbild die Tätigkeit wie von einem Beschäftigten oder einem Unternehmer ausgeübt wurde (BSG Urteil vom 17. März 1992 - 2 RU 22/91 - SozR 3-2200 § 539 Nr 16 - Kfz-Mechaniker). So braucht bei einer Tätigkeit gemäß § 539 II RVO eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen nicht vorzuliegen, und für ein Unternehmen ist kein Geschäftsbetrieb oder auf Erwerb gerichtete Tätigkeit erforderlich (BSG aaO; BSG Urteil vom 10. März 1994 – 2 RU 20/93SozR 3-2200 § 539 Nr 28 – Amateurrennreiter; zum Ganzen: BSG Urteil vom 31. Mai 2005 – B 2 U 35/04 R – juris RdNr Rn. 13 – 17).

Bei der unfallbringenden Tätigkeit muss somit die objektivierbare Handlungstendenz desjenigen, dessen Versicherungsschutz geprüft wird, wesentlich auf die Belange des als unterstützt in Betracht Unternehmens gerichtet sein, damit die Handlung als beschäftigungsähnliche Handlung für dieses Unternehmen gewertet werden kann (BSG Urteil vom 05.03.2002 - B 2 U 9/01 R - juris RdNr 15; erkennender Senat Urteil vom 26.03.2014 – L 17 U 370/12 – juris RdNr 36). Unternehmer ist hierbei derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vorteil gereicht.

Nach diesen Grundsätzen liegen zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen einer "Wie-Beschäftigung" vor.

a) Bei der unfallbringenden Fahrt haben zunächst beim Kläger die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung diejenigen einer unternehmerischen/selbständigen Tätigkeit überwogen (zu den einzelnen Prüfungsschritten einer "Wie-Beschäftigung" vgl. Spellbrink/Bieresborn: Die Wie-Beschäftigung in der gesetzlichen Unfallversicherung, NJW 2019, S. 3745 (3746)). Der Kläger ist bei der Fahrt zur Unterkunft des B fremdnützig für das Unternehmen des B tätig geworden ist. Beim unterstützten Unternehmen muss es sich nicht um einen Gewerbebetrieb handeln, sondern es genügt, für eine Privatperson "wie ein Beschäftigter" tätig zu werden. (Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 2 SGB VII (Stand: 05.05.2020), Rn. 391) Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Der Kläger wollte es dem B ermöglichen, von ihm für die Fortsetzung seiner Ausbildung an diesem Tage im HBZ für erforderlich gehaltenes Werkzeug von zu Hause zu holen, was B mangels eigenen Kfz nicht vermocht hätte. Diese subjektive Handlungstendenz des Klägers ist dadurch objektiviert, dass er den B während der Frühstückspause in dem ihm zur Verfügung stehenden Pkw zu dessen Unterkunft gefahren hat. Dies entsprach dem wirklichen, von B in mehrfachen vorherigen Bitten gegenüber dem Kläger nachdrücklich geäußerten Willen des B. Dass diese Tätigkeit mit Hin- und Rückfahrt nur etwa 25 bis 30 Minuten dauern sollte, steht dem nicht entgegen, weil gem. § 539 Abs. 2 Hs. 2 RVO auch vorübergehende Tätigkeiten versichert sind. Insoweit ist die Dauer der Tätigkeit unerheblich, jedoch muss sie über "wenige Augenblicke" hinausgehen und darf nicht bloß "im Vorübergehen" erledigt worden sein (vgl. Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 2 SGB VII (Stand: 05.05.2020), Rn. 382, 383; Spellbrink/Bieresborn, aaO, S. 3746), was bei einer etwa halbstündigen Autofahrt nicht anzunehmen ist.

An der Ernstlichkeit dieser Tätigkeit des Klägers hat der Senat keine Zweifel. Sie hatte auch einen wirtschaftlichen Wert. Insoweit reicht es aus, wenn der Tätigkeit ein, wenn auch noch so geringer, wirtschaftlicher Nutzen zukommt, wobei dieser selbst bei Tätigkeiten aus ideellen Gründen vorhanden sein kann (Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 2 SGB VII (Stand: 05.05.2020), Rn. 381). Hier liegt der wirtschaftliche Wert in den ersparten Fahrtaufwendungen des B, der gemäß den Bekundungen des Klägers in der nichtöffentlichen Sitzung des SG am 02.02.2017, von deren Richtigkeit der Senat überzeugt ist, für seine Fahrdienste kein Entgelt zu entrichten hatte.

Der Annahme eines Überwiegens der Merkmale einer abhängigen Beschäftigung des Klägers im Verhältnis zu B steht auch nicht entgegen, dass der Kläger von B während der unfallbringenden Fahrt weder persönlich noch wirtschaftlich abhängig war. Denn das Bestehen eines solchen Abhängigkeitsverhältnisses ist, wie bereits dargelegt, für die Annahme einer "Wie-Beschäftigung" auch gar nicht erforderlich. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob die Tätigkeit wie von einem Beschäftigten oder wie von einem Unternehmer erbracht wurde. Hierbei spricht es für ein Überwiegen der Merkmale einer abhängigen Beschäftigung im Rahmen einer "Wie-Beschäftigung", wenn die in Betracht kommende Person auch als Arbeitnehmer hätte beschäftigt werden können (BSG Urteil vom 20.03.2018 aaO, juris RdNr 25). Dies hat das BSG (Urteil vom 26.04.1977 – 8 RU 14/77 – juris RdNr 17) für die Tätigkeit eines angestellten Kraftfahrers selbst im Verhältnis Ehefrau/-mann bereits angenommen, so dass der Senat bei der Verrichtung eines Fahrdienstes eines Ausbildungskollegen im Interesse des anderen hieran erst recht keine Zweifel hat.

Auch spricht für ein Überwiegen der Merkmale einer abhängigen Beschäftigung die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit im Hinblick auf Zeitpunkt und Art ihrer Ausführung in Anlehnung an für Beschäftigungsverhältnisse typische Weisungsrechte im Sinne von § 106 der Gewerbeordnung (GewO) und damit ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), ohne dass es einer eine Beschäftigung charakterisierenden Eingliederung in einen Betrieb bedarf, wohingegen eine Tätigkeit als Unternehmer oder unternehmerähnlich verrichtet wird, wenn die Handlungstendenz nicht auf die Belange des fremden Unternehmens gerichtet ist, sondern der Verletzte in Wirklichkeit wesentlich allein eigenen Angelegenheiten dienen wollte (BSG Urteil vom 20.03.2018 aaO juris RdNr 25, 26).

Wesentlich eigenen Angelegenheiten wollte der Kläger aber gerade nicht dienen, als er den B während der Frühstückspause nach Hause gefahren hat, damit dieser dort vergessenes Werkzeug holen konnte. Vielmehr diente die Fahrt im Pkw des Klägers zur Wohnung des B eben allein dazu, dem B dieses zu seinen Ausbildungszwecken ermöglichen und damit gerade allein den Interessen des B. Auch konnte der Kläger Zeit und Ausführung der Fahrt nicht selbst bestimmen, was ein weiteres Merkmal einer abhängigen Beschäftigung ist. Vielmehr konnte diese Fahrt nur während der Frühstückspause und "auf schnellstem Wege" zur Unterkunft des B erfolgen, damit nach der Frühstückspause keine Ausbildungsinhalte verpasst wurden, was im Übrigen gerade auch für den Kläger, der nach eigenen Angaben seinerzeit neun Tage vor seiner Gesellenprüfung stand, von großer Bedeutung war.

Insbesondere war der Kläger als Mitglied einer einseitigen, weil der B über kein Kfz verfügte, Fahrgemeinschaft zum Zeitpunkt der unfallbringenden Fahrt nicht deren Mitunternehmer. Solches hat das BSG mit Urteil vom 08.12.1983 (2 RU 75/82) in einer Konstellation angenommen, in der der Verletzte Mitglied einer wechselseitigen Fahrgemeinschaft war und als solcher an seinem arbeitsfreien Tag die anderen Mitglieder der Fahrgemeinschaft vormittags zur Arbeit gefahren und nachmittags abgeholt hat. Begründet hat das BSG (juris RdNr 15) dies damit, dass der Verletzte mit diesen Fahrten Tätigkeiten für sein eigenes Unternehmen verrichtet hat, die auch zum Aufgabenkreis seines Unternehmens gehörten. Diese Rechtsprechung ist auf den hier zu entscheidenden Fall gerade nicht übertragbar. Denn zum einen bestanden im Rahmen der Fahrgemeinschaft zwischen dem Kläger und B keine wechselseitigen "Unternehmerpflichten" zu Fahrdiensten (etwa im Rahmen einer GbR), weil B gar kein Kfz zur Verfügung hatte, so dass beim Kläger hier ohnehin weit eher das Bild eines angestellten Kraftfahrers vorlag. Zum anderen gehörte Fahrt zum Holen des vergessenen Werkzeugs aber auch gar nicht zum Aufgabenkreis eines etwaigen Unternehmens "Fahrgemeinschaft". Hierzu konnte vielmehr allein das Abholen des B an dessen Wohnort vor Ausbildungsbeginn im HBZ und das Rückverbringen des B dorthin nach Ausbildungsende gehören, während die verbotswidrige Fahrt während der Ausbildung im HBZ zum Holen vergessenen Werkzeugs gerade nur ausnahmsweise und auf eindringliches Bitten des B erfolgte. Jedenfalls die unfallbringende Fahrt gehörte damit gerade nicht zum Aufgabenkreis eines etwaigen Unternehmens "Fahrgemeinschaft, sondern aus obigen Darlegungen vielmehr arbeitnehmerähnlich erfolgte.

Dass die Tätigkeit des Klägers üblicherweise von abhängig Beschäftigten verrichtet werden muss, um eine abhängige Beschäftigung darstellen zu können, ist zur Überzeugung des Senats bereits kein taugliches Abgrenzungskriterium zur unternehmerähnlichen Tätigkeit. Denn in Anbetracht der vielfachen Gestaltungen der Arbeitswelt und der Ökonomisierung aller Lebensbereiche sind zunächst kaum noch Tätigkeiten denkbar, die nicht auch von abhängig Beschäftigten verrichtet werden könnten (so auch Spellbrink/Bieresborn, aaO, S. 3748). Abgesehen davon entspricht die unfallbringende Tätigkeit jedenfalls in ihren Grundzügen derjenigen eines abhängig beschäftigten Chauffeurs in Privathaushalten. Da somit weit mehr Merkmale vorliegen, die für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechen, als solche, die die Annahme einer selbständigen/unternehmerischen Tätigkeit des Klägers stützen, ist der Senat im Unfallzeitpunkt von einer abhängigen Beschäftigung des Klägers überzeugt.

b) Zwischen dem Kläger und B bestand auch keine Sonderbeziehung, die der wesentliche Grund für die Handlung war. Insbesondere handelte es sich bei der unfallbringenden Fahrt nicht um eine rechtlich als Gefälligkeitsleistung des Klägers für B zu beurteilende und damit nicht unter Unfallversicherungsschutz stehende Leistung.

Im Wesentlichen enge Beziehungen, die einerseits das Handlungsmotiv bilden und andererseits der gesamten Verrichtung das Gepräge geben, können den Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" ausschließen (vgl. Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 2 SGB VII (Stand: 05.05.2020), Rn. 434). Solche engen Beziehungen bestanden zwischen dem Kläger und dem B schon nicht. Vielmehr handelte es sich um eine ganz lose Bekanntschaft, die im Wesentlichen im Rahmen der seinerzeit seit ca. sechs Wochen bestehenden einseitigen Fahrgemeinschaft gelebt wurden. Freundschaftliche private Kontakte bestanden hingegen gerade nicht. Maßgebend ist letztlich, ob die Tätigkeit des Klägers im Unfallzeitpunkt über das hinausging, was allgemein im Rahmen der zu B bestehenden Beziehung von diesem gegenüber dem Kläger erwartet werden konnte (vgl etwa BSG Urteil vom 26.04.1977 – 8 RU 14/77 –, juris RdNr 18).

Hierüber ging die Tätigkeit des Klägers deutlich hinaus. Erwartet werden konnte im Rahmen der zwischen dem Kläger und B bestehenden Beziehung nur das Abholen des B zum HBZ vor Ausbildungsbeginn und dessen Rückverbringung nach Ausbildungsende, weil dies für den Kläger nur einen ganz geringfügigen Mehraufwand bedeutete und deshalb im Rahmen des als kollegial und nicht freundschaftlich zu beurteilenden Verhältnis des Klägers zu B lag. Ganz sicher nicht erwarten konnte B es aber, dass ihn der Kläger – und das auch noch unter Verstoß gegen die Anwesenheitspflicht im HBZ – neun Tage vor seiner anstehenden Gesellenprüfung etwa eine halbe Stunde mit dem Pkw fuhr, damit B vergessenes Werkzeug holen konnte.

c) Auch die Gesamtabwägung ergibt, dass die Voraussetzungen einer versicherten "Wie-Beschäftigung" des Klägers im Unfallzeitpunkt vorlagen. Dabei ist zu beachten, dass sich die auf den beiden vorherigen Prüfungsstufen gewonnenen Ergebnisse gegenseitig "vergleichbar einem System kommunizierender Röhren" beeinflussen (vgl. auch hierzu Spellbrink/Bieresborn a.a.O.). Je geringer etwa die Ähnlichkeit mit einem Typus der Beschäftigung im ersten Prüfungsschritt ausgeprägt ist, umso mehr kann dann auch das Bestehen einer Sonderbeziehung auf Stufe zwei der Prüfung das Vorliegen einer "Wie-Beschäftigung" in Frage stellen (Spellbrink/Bieresborn, aaO, S. 3751). Je intensiver hingegen dort das Maß an Beschäftigtenähnlichkeit ist, umso schwerer kann das Bestehen einer Sonderbeziehung eine "Wie-Beschäftigung" in Frage stellen. Danach ist das Vorliegen einer "Wie-Beschäftigung" nicht in Frage zu stellen, sondern auch die Gesamtabwägung spricht dafür, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt als "Wie-Beschäftigter" gesetzlich unfallversichert war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung diejenigen einer selbständigen/ unternehmerähnlichen Tätigkeit deutlich überwiegen. Zudem bestand zwischen dem Kläger und B nur eine sehr lose, eher kollegiale als freundschaftlichen Bekanntschaft, und die Tätigkeit des Klägers ging deutlich darüber hinaus, was in dieser ausschließlich auf die gelegentliche Mitnahme des B zur Ausbildungsstelle gerichteten Beziehung erwartet werden konnte.

II. Die Beklagte ist gemäß § 657 Abs. 1 Nr. 3 RVO zuständig. § 657 Abs. 1 Nr. 3 RVO regelt die Zuständigkeit des GUV "in Haushaltungen" und damit auch eine entsprechende Zuständigkeit der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des GUV für entsprechende Arbeitsunfälle, die sich – wie hier – noch während der Geltung der RVO "in Haushaltungen" ereignet haben.

Der Unfall hat sich ereignet, während der Kläger wie ein Beschäftigter "in der Haushaltung" des B tätig war. Unter Haushaltungen in diesem Sinne sind, wie sich aus der Rechtsprechung und Kommentierung zum inhaltlich gleichbedeutenden § 129 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII ("in einem Haushalt") ergibt, die privaten Haushaltungen zu verstehen. Unternehmer im Sinne des ist der Haushaltsführende. Dieser ist auch beitragspflichtig. Die Zuständigkeit erstreckt sich auf alle für den Haushalt tätigen Personen, für die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder nach Abs. 2 Satz 1 SGB VII (= § 548 RVO) Versicherungsschutz besteht (Hessisches Landessozialgericht Urteil vom 03.05.2016 – L 3 U 129/12 ZVW – juris RdNr 35; Triebel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 129 SGB VII (Stand: 03.01.2020), Rn. 27). Entscheidend ist die im Unfallzeitpunkt gegebene Handlungstendenz des Klägers, für den Privathaushalt des B, also für seine Interessen, tätig zu werden (vgl. erkennender Senat, Urteil vom 26.03.2014 aaO juris RdNr 41).

Dies war bei der Fahrt zum Holen des Werkzeugs des B, welches wie bereits dargelegt allein dem B zugutekommen sollte, der Fall. Der Kläger hat damit gerade "wie der Chauffeur eines Privathaushalts" gehandelt, um den Interessen des B als dessen Haushaltsvorstand zu dienen, was die Zuständigkeit der Beklagten begründet. Hat der Kläger somit bei einer Tätigkeit wie ein im Haushalt des B Beschäftigter den Unfall erlitten, begründet das die Zuständigkeit der Beklagten unabhängig davon, welchen von B verfolgten Zwecken diese Tätigkeit dienen sollte. Diese dürften in der Tat, wie die Beklagte mit ihrer Berufungsbegründung ausführt, mit dem Holen des Werkzeugs auf Ausbildungszwecke des B gerichtet gewesen sein, was aber eben nichts an der Tätigkeit des Klägers wie ein Privatchauffeur ändert. Auch ein in einem Privathaushalt angestellter Privatchauffeur wird eben für diesen Privathaushalt auch dann tätig und ist deshalb im Falle eines Arbeitsunfalls in der Zuständigkeit der Beklagten versichert, wenn er etwa seinen privaten Arbeitgeber zu dessen betrieblicher Arbeitsstelle chauffiert.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und trägt dem Unterliegen der Beklagten Rechnung.

Anlass, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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