L 16 KR 104/18

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 1353/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 104/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.01.2018 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Erstattung der Kosten einer zwischen 2014 und 2019 durchgeführten sogenannten biologischen/alternativen Krebstherapie seiner verstorbenen Ehefrau hat.

Die im Jahr 1961 geborene und am 00.00.2019 gestorbene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte I L (nachfolgend: Versicherte) erkrankte im Jahr 2010 erstmals an einem ductal invasiven Mammakarzinom rechts. Es erfolgte zunächst eine brusterhaltende Operation mit Entfernung der Lymphknoten. Eine adjuvante Therapie (Chemotherapie, antihormonelle Therapie und Bestrahlung der Restbrust) lehnte die Versicherte ab. Ende 2011 wurde ein Lokalrezidiv nachgewiesen. Die Versicherte entschied sich vor allem aus Sorge wegen der erwarteten Nebenwirkungen und Auswirkungen auf ihre Berufstätigkeit als Sängerin sowie wegen ihrer Einstellung zur Schulmedizin ("schlechte Erfahrungen mit der Schulmedizin, Bekanntenkreis") erneut gegen eine schulmedizinische Therapie. Sie wählte stattdessen zunächst eine homöopathische Behandlung bei einer Heilpraktikerin. Im Jahre 2012 wurden erstmals mehrere kleine Hautmetastasen im Bereich der rechten Brust erkannt. Die Versicherte entschied sich zur Fortsetzung der homöopathischen Therapie, da die Heilpraktikerin ihr versprochen habe, dass dieser Befund nicht schlimm sei und sich ihr Zustand schon bald bessern würde. Im Januar 2014 fanden sich Lymphknotenmetastasen auf der linken Achselhöhle und ab Februar 2014 traten Exulzerationen der rechten Brust hinzu. Im Laufe der nächsten Monate wurden Lebermetastasen, Lungenmetastasen sowie Knochenmetastasen der gesamten Wirbelsäule, des Brustbeins und des Beckenknochens nachgewiesen.

Am 02.05.2014 beantragte die Versicherte die Übernahme der Kosten für Behandlungen bei Dr. Q, einem Arzt für Allgemeinmedizin in X. Sie gab an, sie sei sich bewusst, dass die Behandlung nicht Bestandteil des gängigen Leistungskatalogs sei und beantrage deshalb die Übernahme der Kosten im Rahmen einer Einzelfallprüfung. Die Beklagte teilte ihr dazu unter dem 02.05.2014 mit: "Sie bitten um die Kostenübernahme für die Behandlung bei Herrn Dr. med. Q1 Q. Herr Dr. Q ist zugelassener Vertragspartner. Die Kosten dafür übernehmen wir, wenn die Behandlung medizinisch notwendig ist. Allein der Arzt kann entscheiden - eine Entscheidung von uns brauchen sie nicht. Die Leistungen werden direkt TK abgerechnet. Sprechen sie im Zweifelsfall ihren behandelnden Arzt an." Am 07.05.2015 wurde die erste Hyperthermiebehandlung der Versicherten bei Dr. Q durchgeführt.

Mit Bescheid vom 08.05.2014 lehnte die Beklagte die Kostenbeteiligung für die "ganzheitliche komplementäre Krebstherapie" ab. Zur Begründung ihres dagegen eingelegten Widerspruchs berief sich die Versicherte vor allem auf die so genannte Nikolausentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und Stellungnahmen des Dr. Q. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Kompetenzzentrums Onkologie (KCO) des MDK Nordrhein vom 28.07.2014 ein. Das KCO verwies darauf, dass es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handele, sowie auf die Bewertungen des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Hyperthermiebehandlung im Beschluss aus dem Jahr 2005. Es sei gänzlich unklar, welchen Stellenwert die angestrebten Maßnahmen zur Verbesserung von ereignisfreier, Überlebenszeit und/oder Lebensqualität bei der Patientin haben könnten. Die Versicherte sei auf leitliniengerechte dem Stand der Medizin entsprechende Behandlungen (z.B. palliative Chemotherapie, endokrine Therapie) zu verweisen. Diese Optionen seien nicht ausgeschöpft worden und erfolglos geblieben.

Die Versicherte legte dazu unter anderem eine Stellungnahme des Dr. Q vom 10.03.2015 vor. Dieser führte aus, dass es keine etablierte, leitliniengerechte kurative Therapiestrategie mehr gebe, sondern nur eine rein palliative Therapie. Die Erfahrung und die Datenlage zeigten, dass Patienten in diesem Krankheitsstadium trotz aller schulmedizinischen Anstrengung entweder an der Krankheit selbst oder an den Folgen der Chemotherapien verstürben. Eine Leitlinientherapie sei für die Versicherte aus den genannten Gründen "nicht optional" gewesen und sei es weiterhin nicht. Die Versicherte habe sich ganz bewusst für die biologische Krebs-Therapie, das Leben bei hoher Lebensqualität, entschieden.

Das KCO nahm hierzu und zu den einzelnen von Dr. Q durchgeführten Maßnahmen unter dem 12.05.2015 gutachtlich Stellung: Die Versicherte sei auf eine leitliniengerechte Behandlung entsprechend der aktuellen S3-Leitlinie zum Mammakarzinom bzw. den aktuellen Empfehlungen der AGO (Arbeitsgemeinschaft Gyn. Onkologie) zu verweisen. Ihr könnten verschiedene endokrine, chemotherapeutische und radiotherapeutische Verfahren vertragsärztlich zur Verfügung gestellt werden. Der Stellenwert der in Anspruch genommenen komplementären Krebstherapie sei unklar, belastbare Daten für einen Nutzen dieser Therapie fehlten. Mit Bescheid vom 05.11.2015 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch der Versicherten als unbegründet zurück.

Mit ihrer am 30.11.2015 zum Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Versicherte ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: In dem Schreiben der Beklagten vom 02.05.2014 könne gegebenenfalls bereits eine Erstattungszusage erblickt werden. Weil unstreitig eine leitliniengerechte Behandlung keinen kurativen Erfolg verspreche, müsse ihr nach der Rechtsprechung des BVerfG und des Bundessozialgerichts (BSG) freie Therapiewahl zugestanden werden, denn die von Dr. Q verwendeten Therapien hätten kurativen Anspruch. Deshalb dürfe sie nicht auf die bloße palliative Standardbehandlung verwiesen werden. Eine antihormonelle Therapie könne ihr Stimmpotenzial schwer beeinträchtigen, Chemotherapien seien mit starken Nebenwirkungen verbunden und würden letztlich nicht zum Erfolg führen.

Die Beklagte hat ihre Bescheide für rechtmäßig erachtet. Eine Zusicherung habe sie nicht abgegeben. Anspruch auf die Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für die von der Versicherten bei Dr. Q durchgeführte und weiterhin beabsichtigte Therapie bestehe unter Berücksichtigung des ihre Auffassung bestätigenden Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG nicht. Auch die Therapie des Dr. Q habe keinen kurativen Ansatz.

Das Sozialgericht hat zunächst zur Sachaufklärung Befund- und Behandlungsberichte eingeholt. Die Gynäkologin Dr. A hat in ihrem Bericht vom 24.06.2016 die Behandlung der Versicherten im Einzelnen geschildert. Ferner ist ein Bericht der Klinik W vom 05.03.2010 vorgelegt worden, in dem u.a. eine Therapieempfehlung für adjuvante Chemotherapie, antihormonelle Therapie und Radiatio der Restbrust ausgesprochen worden ist. Dr. Q hat in seinem Bericht vom 22.09.2016 noch einmal seinen bereits im Verwaltungsverfahren dargestellten Standpunkt erläutert und ausgeführt, die von ihm vorgenommene multimodale Therapie habe Erfolg gezeigt; es sei zu einer Sklerosierung der Knochen- und Lungenmetastasen gekommen und die Brustwandkarzinose habe sich stark zurückgebildet. Das Allgemeinbefinden und die Vitalität der Versicherten hätten sich deutlich gebessert, so dass sie sowohl privat als auch beruflich uneingeschränkt habe wirken können. Die begonnene Therapie habe wegen der begrenzten finanziellen Mittel der Versicherten nicht in vollem Umfang fortgesetzt werden können.

Das Sozialgericht hat sodann Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin, Hämatologie, internistische Onkologie Dr. Dipl. Chem. X1, E. In seinem Gutachten vom 24.01.2017 ist der Sachverständige zusammenfassend zu folgendem Ergebnis gelangt: Bei der Versicherten liege ein metastasierendes Mammakarzinom rechts (Lunge, Leber, Knochen, axilliäre und abdominale Lymphknoten; ICD C50.9G) vor. Von einer lebensbedrohlichen Erkrankung sei auszugehen. Aus schulmedizinischer Sicht könne das metastasierte Mammakarzinom nicht mehr geheilt werden. Mit wenig belastenden nebenwirkungsarmen Therapiestrategien könne eine Progression des Krankheitsverlaufs verlangsamt und eine gute Palliation erreicht werden. Beispiel hierfür sei die von der Versicherten akzeptierte schulmedizinische Option einer Biphosphonatgabe (Zometa) in sechs bis achtwöchigen Abständen, wodurch eine gute Schmerzlinderung der Knochenmetastasen erzielt werde. Seit Beginn der Behandlung bei Dr. Q im Mai 2014 sei die Krankheit fortgeschritten (zunehmende Metastasierung, zunehmende Brustwandexulzerationen), wobei sich die Versicherte körperlich jedoch als ausreichend leistungsfähig empfinde. Ob die Leistungsfähigkeit durch die genannten Therapien im Vergleich zum unbehandelten Spontanverlauf aber tatsächlich verbessert worden sei, lasse sich mangels aussagekräftiger evidenzbasierte Behandlungsdaten nicht beweisen. Seit dem Behandlungsbeginn bei Dr. Q habe sich die Karzinomerkrankung nicht gebessert, insbesondere sei auch keine teilweise Heilung eingetreten. Von einem kurativen therapeutischen Effekt könne keinesfalls ausgegangen werden. Im Mai 2014 sei das Mammakarzinom metastasiert, so dass auch nicht mit dem Behandlungskonzept des Dr. Q eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung gegeben gewesen sei. Hinsichtlich der Frage nach einer spürbar positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bleibe festzuhalten, dass die Versicherte im Mai 2014 keine nennenswerten Schmerzen oder anderweitigen Beschwerden beklagt habe. Die später auftretenden Schmerzen durch Knochenmetastasen hätten sich erst unter Hinzuziehung einer schulmedizinischen Maßnahme (Zometa) gebessert. Im Mai 2014 habe mit schulmedizinischem Behandlungskonzept keine Aussicht auf Heilung, jedoch Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im Sinne einer Palliation bestanden.

Die Versicherte hat gegen das Gutachten eingewandt, dass die ihr 2010 empfohlenen Standardtherapien keine drastische Senkung des Risikos gegenüber der von ihr gewählten Therapie geboten, sie aber für lange Zeit berufsunfähig gemacht hätten. Auch habe der Sachverständige keine Nachweise für die Wirksamkeit der allgemein anerkannten Behandlungsmethoden im palliativen Stadium konkretisiert oder substantiiert. Durch die Behandlung bei Dr. Q sei eine Besserung in ihrem Gesundheitszustand eingetreten.

Das Sozialgericht hat zu den Einwendungen der Versicherten eine ergänzende Stellungnahme des Dr. X1 vom 20.06.2017 eingeholt. Dazu hat die Versicherte noch einmal Stellung genommen und darauf verwiesen, dass Dr. Q bei einer anderen Patientin Erfolg gehabt habe. Die ihr allgemein aufgezeigten Alternativen der Leitlinienmedizin wiesen schwere Nebenwirkungen auf, sie sei in ihrem Berufsumfeld aber auf nebenwirkungsfreie Therapien angewiesen. Es gehe auch nicht darum, wie von dem Sachverständigen angesprochen, die Behandlungsmethode des Dr. Q in den Status der Leitlinienmedizin zu erheben. Es gehe lediglich um ihr Recht auf Therapiefreiheit. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen sei die Therapie des Dr. Q kurativ gewesen. Sie dürfe nicht auf palliative Therapieoptionen verwiesen werden.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 11.01.2018 die Beklagte verurteilt, die im Zeitraum von April 2014 bis August 2017 aufgewandten Kosten für die Hyperthermiebehandlung zu erstatten. Es ist davon ausgegangen, dass für die Klägerin im Rahmen der alternativen Versorgung mit der Anwendung der Hyperthermietherapie eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden habe, die ihr mit schulmedizinischen Maßnahmen nicht zur Verfügung hätte gestellt werden können. Gestützt hat sich das Sozialgericht unter anderem auf den Eindruck, den die Vorsitzende im Erörterungstermin am 10.03.2017 vom Allgemeinzustand der Versicherten habe gewinnen können. Bei Durchführung schulmedizinischer Therapiemaßnahmen hätte die Versicherte nach Auffassung der Kammer keinen vergleichbar guten Gesundheitszustand erhalten können. Dies habe sich insbesondere aufgrund der jüngsten Erfahrungen der Klägerin mit schulmedizinischen Maßnahmen ergeben. Auch habe Dr. Q eine Pilotstudie der Universität Göttingen zur Hyperthermie benannt, bei der Patienten mit weit fortgeschrittener Metastasierung eines Melanoms eine komplette Rückbildung allein mit dieser Therapiefacette erfahren hätten. Daher habe die Kammer für den tenorierten Zeitraum die Erstattung der Kosten für die Hyperthermiebehandlung als begründet angesehen (Hinweis auf eine andere Entscheidung derselben Kammer). Hinsichtlich der übrigen Behandlungsmethoden und hinsichtlich der ganzheitlichen komplementären Krebstherapie für den Zeitraum ab September 2017 sei die Klage dagegen unbegründet. Das Gericht habe insoweit nicht von einer nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung der Krebserkrankung der Versicherten im kurativen Sinne ausgehen können und auch nicht von einer nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Mit ihrem Schreiben vom 02.05.2014 habe die Beklagte auch keine verbindliche Zusicherung im Sinne des § 34 SGB X abgegeben.

Gegen das ihr am 22.01.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.02.2018 Berufung eingelegt. Die Versicherte hat ihrerseits gegen das ihr am 19.01.2018 zugestellte Urteil am 26.02.2018 Berufung eingelegt. Nach ihrem Tod am 06.05.2019 setzt der Kläger das Verfahren fort.

Die Beklagte führt zur Begründung ihrer Berufung aus, das Sozialgericht habe die Voraussetzungen des Anspruchs auf Kostenerstattung verkannt und sich mit den vorliegenden Beweisen unzureichend auseinandergesetzt. Der Maßstab, dass eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ausreiche, gelte nur insoweit, als eine Aussicht auf Heilung der Grunderkrankung selbst oder positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung als solcher bestehe. Diesen Maßstab habe das SG verkannt und vielmehr für erheblich gehalten, inwieweit durch die angewandte alternative Therapie die Berufsfähigkeit der Klägerin als Sängerin erhalten geblieben sei. Damit nehme das Sozialgericht die Lebensqualität der Versicherten als entscheidenden Maßstab. Damit stelle das Gericht aber rechtsfehlerhaft nicht auf die von BSG und BVerfG geforderte positive Einwirkung auf die Grunderkrankung selbst ab, sondern nehme das allgemeine Wohlbefinden der Versicherten als entscheidenden Bezugspunkt. Feststellungen zur positiven Einwirkung auf die Grunderkrankung fehlten ohnehin in dem zusprechenden Teil des Urteils gänzlich. Aus dem zweiten Teil der Gründe ergebe sich stattdessen die gegenteilige Ansicht des Gerichts. Dort habe es ausgeführt, dass es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht von einer nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ausgehen könne. Damit stelle das Sozialgericht selbst fest, dass die Voraussetzung des § 2 Abs. 1a SGB V nicht vorlägen. Das Urteil setze sich mit den vorliegenden Beweisen nicht umfassend auseinander. Es habe nicht berücksichtigt, dass der Sachverständige Dr. X1 ausgeführt habe, dass die Behandlung des Dr. Q den Krankheitsverlauf der Versicherten nicht positiv beeinflusst habe und von einem kurativen therapeutischen Effekt keinesfalls ausgegangen werden könne.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.01.2018 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen

Der Kläger beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten diese unter Änderung ihres Bescheides vom 08.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2015 zu verurteilen, die Kosten der Behandlung seiner Ehefrau I L bei Dr. Q ab April 2014 in vollem Umfang (163.789,94 Euro) zu übernehmen.

Er meint, zu Recht habe das Sozialgericht eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung durch die Therapie des Dr. Q bejaht; dies folge bereits aus der Erhaltung der Berufsfähigkeit als Sängerin. Darüber hinaus ergebe sich die positive Auswirkung aus einer Reihe weiterer Indizien. So sei es der Versicherten trotz der schweren Erkrankung möglich gewesen, weitgehend ein normales Leben zu führen und neben ihrer beruflichen Tätigkeit als Sängerin auch ihre Tätigkeit als Gesangslehrerin auszuüben. Trotz ihrer schweren Erkrankung sei ihr Allgemeinzustand von den behandelnden Ärzten als gut oder jedenfalls zufriedenstellend bezeichnet worden. Die Versicherte habe auf die angewandten schulmedizinischen Therapeutika stets mit besonders starken Nebenwirkungen reagiert. Schon aus diesem Grunde habe sie nicht auf diese verwiesen werden können. Palliativbehandlung von Menschen, deren Krankheit unheilbar ist, heiße doch nichts anderes, als diesen möglichst lange eine bestmögliche Lebensqualität zu erhalten. Im Übrigen habe Dr. Q in verschiedenen Schreiben dargestellt, wie die von ihm angewandten unterschiedlichen Verfahren auf die Krebszellen selbst wirkten, also damit unmittelbar auf die Grunderkrankung. Der Anspruch der Therapie des Dr. Q sei ein kurativer gewesen. Die Beurteilung des Sachverständigen Dr. X1, welche Phänomene als spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im konkreten Einzelfall gelten und welche nicht, erscheine willkürlich. So tue der Sachverständige Dr. X1 Hinweise auf schrumpfende Tumore einfach ab und ziehe sich auf das Fehlen von prospektiven randomisierten Studien zurück. Der Sachverständige habe keine konkrete Studie benannt, die die Qualität der Behandlung im palliativen Stadium der Krankheit nach seinen eigenen Ansprüchen rechtfertigen könne. Ein in biologischen Krebstherapien unerfahrener Gutachter wie Dr. X1 sei für die korrekte Beurteilung der Therapien des Dr. Q kaum qualifiziert. Nachdem die Versicherte sich in Dezember 2017 und März 2018 insgesamt viermal stationär in der Klinik Herdecke habe behandeln lassen müssen (wegen eines Pleuraergusses), habe sich nach Absetzen von Faslodex ihr Gesundheitszustand unter der fortgeführten Therapie bei Dr. Q ständig wieder gebessert. Die Versicherte habe seitdem ihr Gewicht wieder stabilisieren und ein normales Leben führen können, was mit der Schulmedizin nicht möglich gewesen wäre. Zur Stützung dieses Vorbringens sind weitere ärztlichen Stellungnahmen vorgelegt worden.

Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung Berichte des Dr. Q vom 17.09.2018, 01.04.2019 und 26.04.2019 und des Gemeinschaftskrankenhauses I1 vom 07.01.2019 sowie der Frau Dr. X1 vom 10.02.2019 eingeholt. Die Behandlungsunterlagen des Krankenhauses und der genannten Ärzte sind beigezogen worden.

Die Beklagte hat dazu ein abschließendes Gutachten des KCO (Dr. A1 und Prof. Dr. I2) vom 05.08.2019 vorgelegt. Danach sei die von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bereitgestellte Therapieoption weiterhin für die Versicherte verfügbar, geeignet und zumutbar gewesen. Eine Leistungspflicht der GKV für die experimentelle, von der Patientin selbst gewählte Therapie bestehe nicht.

Schließlich hat der Senat weiteren Beweis erhoben und ein Gutachten des Prof. Dr. Q1 S, Direktor der Klinik für Hämatologie/Internistische Onkologie/ Stammzelltransplantation der Kliniken D, eingeholt. In seinem unter dem 10.06.2020 erstatteten Gutachten ist der Sachverständige im Wesentlichen zu folgendem Ergebnis gelangt: Durch den Einsatz der sogenannten biologischen Therapie des Dr. Q sei zu keinem Zeitpunkt eine auch nur entfernt liegende Aussicht auf Heilung des fortgeschrittenen Mammakarzinom zu erwarten gewesen. Für keines der eingesetzten Verfahren und für keine der eingesetzten Substanzen gebe es aus hochschulmedizinscher Sicht in der hier erbrachten Anwendung valide Belege, die eine spürbare positive Wirkung auf den Krankheitsverlauf erwarten oder begründen ließen. Wie bereits im Gutachten des KCO vom 05.08.2019 ausgeführt, gelte auch nach Meinung des Deutschen Krebsforschungszentrums, dass die Hyperthermie aufgrund der bisherigen Datenlage in klinischen Studien oder zumindest unter streng wissenschaftlichen Bedingungen erfolgen sollte. Dass dies hier geschehen sei, sei nicht erkennbar. Hinweise für eine objektive positive Wirkung der Behandlung des Dr. Q ergäben sich nicht. Objektive passagere Veränderungen im Sinne einer positiven Wirkung der Behandlung seien zu finden, aber auf den Einsatz der hochschulmedizinisch wissenschaftlich evaluierten Behandlung mit Bisphosphonaten und ganz ausgeprägt auf die Wirkung der vorübergehenden Therapie mit Fulvestrant zurückzuführen.

Während sich die Beklagte durch dieses Gutachten bestätigt sieht, meint der Kläger, das Gutachten schließe seines Erachtens die Wirksamkeit der Hyperthermie nicht ausdrücklich aus. Wenn danach diese nur in klinischen Studien oder unter wissenschaftlichen Bedingungen erfolgen solle, bestätige damit das Gutachten seines Erachtens mögliche positive Wirkungen des Ansatzes. Die Arbeit des Dr. Q werde in dem Gutachten herabgesetzt. Wissenschaftlichkeit sei aber nicht Aufgabe des behandelnden Arztes. Da die biologische Therapie nicht zu den allgemein praktizierten Ansätzen gehöre, kennten sich die sich auf die anerkannten Methoden beschränkenden Onkologen auch hinsichtlich der Wirkungen auf den einzelnen Patienten nicht aus und seien außerstande, sie objektiv positiv zu würdigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die von der Versicherten außerhalb der Berufungsfrist eingelegte Berufung ist als Anschlussberufung (§ 202 SGG i.V.m. § 524 ZPO) zulässig. Der Kläger ist als Erbe und Sonderrechtsnachfolger (§ 56 Abs. 1 SGG) berechtigt, das nach Durchführung der streitigen Behandlungen auf Kostenerstattung umgestellte Verfahren fortzuführen. Seine Berufung ist indes nicht begründet, denn soweit das Sozialgericht die Klage teilweise abgewiesen hat, ist dies im Ergebnis zutreffend.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist dagegen begründet, denn das Sozialgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil zu Unrecht verurteilt, die Kosten für die Behandlung der Versicherten mittels Hyperthermie (Ganzkörperhyperthermie und lokale Tiefen- und Oberflächenhyperthermie) in der Zeit von April 2014 bis einschließlich August 2017 bei Dr. Q zu erstatten. Auf die Berufung der Beklagten ist deshalb das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen, denn die Versicherte hatte gegen die Beklagte keinen Sachleistungsanspruch auf die von Dr. Q durchgeführte sogenannte biologische oder alternative Krebstherapie, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der von der Versicherten selbstbeschafften Leistungen hat.

Hat eine Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V, die hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Ein Anspruch auf Kostenerstattung ist demnach nur gegeben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. zum Ganzen grundlegend BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KR 2/08 R -, SozR 4-2500 § 13 Nr. 20): Bestehen eines Primärleistungs-(Naturalleistungs-)Anspruchs der Versicherten und dessen rechtswidrige Nichterfüllung, Ablehnung der Naturalleistung durch die Krankenkasse, Selbstbeschaffung der entsprechenden Leistung durch die Versicherte, Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung, Notwendigkeit der selbst beschafften Leistung und (rechtlich wirksame) Kostenbelastung durch die Selbstbeschaffung.

Ein Primärleistungsanspruch der Versicherten ergibt sich, wie bereits das Sozialgericht erkannt hat, nicht bereits aus einer Zusicherung (§ 34 SGB X). Zusicherung ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X die von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 02.05.2014 lediglich einen Hinweis zum Sachleistungsprinzip gegeben, aber nicht die Zusage erteilt, die Kosten für eine Alternativtherapie zu übernehmen. Dem genannten Schreiben ist nämlich sicher zu entnehmen, dass die Beklagte damit gerade keine Entscheidung treffen wollte und getroffen hat.

Der Anspruch auf Kostenerstattung, der nicht weiter reicht als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch, setzt daher auch hier voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (st. Rspr., vgl. z.B. BSG, Urteil vom 29.08.2008 - B 1 KR 16/07 R -, SozR 4-2500 § 31 Nr. 9; zuletzt: BSG, Urteil vom 17.12.2019 - B 1 KR 18/19 R -, SozR 4-2500 § 138 Nr. 3; vgl. auch E. Hauck in Peters, Handbuch der Krankenversicherung Bd. I., 19. Aufl. 66-Lfg. Stand 01.07.2008, § 13 Rn. 233 ff.). Die Versicherte hatte im Rahmen vertragsärztlicher Versorgung keinen solchen Naturalleistungsanspruch auf die von ihr gewählte sogenannte biologische oder alternative Therapie bei Dr. Q.

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 1 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung die ärztliche Behandlung durch einen Vertragsarzt sowie nach Satz 2 Nr. 5 auch die Krankenhausbehandlung. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (st. Rspr., z.B. BSG, Urteile vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R - und vom 28.09.2010 - B 1 KR 5/10 R).

Dr. Q war nach Darstellung der Beklagten Vertragsarzt, auch litt die Versicherte an einer Krankheit im Sinne des § 27 SGB V. Ein Anspruch nach dieser Vorschrift auf Behandlung dieser Krankheit durch die von der Versicherten gewählte alternative Krebstherapie des Dr. Q scheitert aber daran, dass der G-BA die von Dr. Q angewandte Methode nicht positiv empfohlen hat und kein Ausnahmefall vorliegt, in welchem dies entbehrlich ist.

Insoweit verkennt der Kläger, dass es eine uneingeschränkte Therapiefreiheit in dem von ihm postulierten Sinne nach dem Recht der GKV nicht gibt. Der Versicherten, deren Therapiewahl offenkundig von Bedenken gegen die sogenannte Schulmedizin geprägt war, war es unbenommen, die ihr als Leistungen der GKV mehrfach angebotenen Therapieoptionen abzulehnen. So hat sie es bei der Ersterkrankung mit der Ablehnung der adjuvanten Therapie gehalten, an deren Stelle sie eine alternative Behandlung (Homöopath, Heilpraktikerin) gewählt hat, die sie bei Auftreten des Rezidivs und der Metastasen fortgesetzt hat, und schließlich auch im Jahr 2014, als sie die Behandlung bei Dr. Q gewählt hat. Aus dem Recht, eine leitliniengerechte Therapie der sogenannten Schulmedizin abzulehnen, folgt indes nicht schon der Anspruch auf Gewährung der alternativen Therapie, hier der des Dr. Q, durch die Krankenkasse. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V unterliegt nämlich im Grundsatz - modifiziert in der Situation des § 2 Abs. 1a SGBV (dazu unten) - den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen und umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen (§ 2 Abs.1 Satz 3 SGB V).

Bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V genügt es nicht, dass die streitige Therapie im konkreten Fall nach Einschätzung der Versicherten oder der behandelnden Ärzte positiv verlaufen ist bzw. wenn einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben (vgl. etwa BSGE 76, 194). Vielmehr kommen nur Leistungen als zweckmäßig und wirtschaftlich und ihre Qualität und Wirksamkeit als dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechend in Betracht, wenn der G-BA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs.1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll.

"Neu" im Sinne des § 135 SGB V ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (st. Rspr., vgl. nur BSG, Urteil vom 17.02.2010 - B 1 KR 10/09 R -, Rn. 21 m.w.N., SozR 4-2500 § 27 Nr. 18; BSG, Urteil vom 11.05.2017 - B 3 KR 6/16 R -, Rn. 33 ff., SozR 4-2500 § 33 Nr. 51). Das ist hinsichtlich der alternativen Therapie nach dem Konzept des Dr. Q der Fall. Für die in diesem rechtlich maßgeblichen Sinne neue Methode des Dr. Q, bestehend aus der Kombination verschiedener Hyperthermieverfahren mit Electro Cancer Therapy (ECT-Therapie), Galvanotherapie sowie der Gabe verschiedener Substanzen (u.a. Amygdalin und Artesunat) fehlt eine Empfehlung des G-BA. Namentlich fehlt eine solche Empfehlung auch für die einen wesentlichen Teil des Konzepts des Dr. Q darstellende Komponente Hyperthermie. Keines der von Dr. Q eingesetzten Hyperthermieverfahren besitzt für die Indikation des metastasierten Mammakarzinoms die im ambulanten Bereich erforderliche Empfehlung des G-BA. Im Gegenteil ist festzustellen, dass der G-BA mit Beschluss vom 18.01.2005 (BAnz Nr. 90 S. 7485) die Hyperthermie (u.a. Ganzkörperhyperthermie, Regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) als Nr. 42 der Anlage II der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung "Nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" angefügt hat. Der Begründung dieses Beschlusses ist ferner zu entnehmen, dass damals auch die vorliegend gegebene Indikation des Mammakarzinoms Gegenstand der Untersuchung gewesen ist. Als nicht vom G-BA empfohlene neue Methode ist namentlich auch die Galvanotherapie als weiteres Element des Therapiekonzepts des Dr. Q grundsätzlich kein Leistungsgegenstand der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Anlage I der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung).

Die Voraussetzungen eines der Ausnahmefälle, in denen es keiner Empfehlung des G-BA bedarf, lagen im Falle der Versicherten nicht vor.

Ein Systemversagen liegt nicht vor. Ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des BSG eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog. Systemversagen, vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R; s. jetzt auch § 135 Abs.1 Satz 4 f. SGB V). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R). Für eine solche Konstellation besteht hier indes kein Anhalt. Dies gilt für die alternative Krebstherapie des Dr. Q allgemein schon deshalb, weil ein Antrag beim G-BA diesbezüglich nicht ersichtlich ist, für die ambulante Tiefenhyperthermie im Speziellen, weil diese Methode bereits vom G-BA geprüft worden ist (s.o. und den zusammenfassenden Bericht des Unterausschusses "Ärztliche Behandlung" des G-BA zur Hyperthermie vom 15.06.2005). Damit fehlt der von der Versicherten in Anspruch genommenen ambulanten sogenannten biologischen oder alternativen Krebstherapie des Dr. Q zur Behandlung des metastasierten Mammakarzinoms nicht nur die Anerkennung durch den G-BA, sondern der G-BA hat darüber hinaus die vertragsärztliche Leistung der Tiefenhyperthermie ausdrücklich verboten.

Ein Anspruch auf Kostenerstattung kommt somit allein unter dem Gesichtspunkt der sog. "Nikolaus-Entscheidung" des BVerfG bzw. des durch Gesetz vom 22.12.2011 (BGBL I S. 2983) mit Wirkung vom 01.01.2012 eingefügten § 2 Abs. 1a SGB V in Betracht. In einer solchen Konstellation stünde unter Umständen - insbesondere bezüglich des Therapieelements Hyperthermie - auch die negative Entscheidung des G-BA nicht entgegen (vgl. BVerfG Beschluss vom 29.11.2007 - 1 BvR 2496/07 -; Knispel, SGb 2008, 50; Senat, Urteil vom 19.02.2015 - L 16 KR 637/13 -; vgl. aber BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; BSG, Beschluss vom 16.07.2020 - B 1KR 43/19 B).

Nach der Rechtsprechung des BVerfG (grundlegend: Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98) ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn diese eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht. Nach dem zur Umsetzung dieser Rechtsprechung in das Gesetz eingefügten § 2 Abs.1a SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz1 festgestellt.

Abgesehen davon, dass die Versicherte mit der Therapie bei Dr. Q bereits vor der Entscheidung der Beklagten begonnen hat, sind auch die Voraussetzungen eines unter dem Gesichtspunkt der Grundrechtsorientierung (BVerfG) bzw. nach § 2 Abs.1a SGB V erweiterten Sachleistungsanspruchs bezüglich der alternativen Krebstherapie des Dr. Q nicht erfüllt.

Zwar litt die Versicherte Anfang Mai 2014 unzweifelhaft an einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit. Wie etwa der vom Senat beauftragte Sachverständige Prof. Dr. S festgestellt hat, lag ein lokal fortgeschrittenes, kontralateral lymphogenes sowie nach Bildgebung multipel fernmetastasiertes Mammakarzinom mit Zeichen der ossären sowie hepatischen Metastasierung vor. Für die Behandlung der Versicherten stand jedoch eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung.

Bei der Frage, ob eine Behandlung mit Mitteln der "Schulmedizin" in Betracht kommt und inwieweit Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen, ist zunächst das konkrete Behandlungsziel zu klären (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2016 - B 1 KR 24/06 R). Es muss festgestellt werden, ob es um die Heilung einer Krankheit, die Verhütung ihrer Verschlimmerung oder die Linderung von Krankheitsbeschwerden geht, ob eine Behandlung kurative oder palliative Ziele verfolgt. Ausgehend hiervon ist die Wirksamkeit der Therapie zu ermitteln und das Vorhandensein alternativer Methoden gerade hinsichtlich des mit ihr beabsichtigten Behandlungsziels abzufragen (vgl. Senat, Urteil vom 19.02.2015 - L 16 KR 637/13). Bietet die Schulmedizin nur noch palliative Therapien an, weil sie jede Möglichkeit kurativer Behandlung als aussichtslos erachtet, kommt die Alternativbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur dann in Betracht, wenn die auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinaus reichenden Erfolg besteht. Rein experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt sind, reichen hierfür nicht (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 26.02.2013 - 1 BvR 2045/12).

Wie zuletzt Prof. Dr. S noch einmal überzeugend und in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. X1 sowie dem KCO dargelegt hat, existiert beim Vorliegen eines fortgeschrittenen, in multiple Organe metastasierten Mammakarzinoms keine leitliniengerechte wissenschaftlich anerkannte Therapie mit kurativer Behandlungsintention. Für die somit schulmedizinisch nur noch palliativ mögliche Behandlung der Versicherten standen, woran zur Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein ernsthafter Zweifel bestehen kann, auch 2014 und zuletzt leitliniengerechte dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Therapieoptionen zur Verfügung. Das KCO hat bereits im Gutachten vom 12.05.2015 auf die leitliniengerechten Therapien entsprechend der aktuellen S3-Leitlinen zum Mammakarzinom bzw. den Empfehlungen der AGO hingewiesen. Der Sachverständige Dr. X1 hat in seinem Gutachten vom 24.01.2017 mehrere Therapiemöglichkeiten benannt und der Sachverständige Prof. Dr. S hat dies in seinem Gutachten vom 10.06.2020 ausdrücklich bestätigt. Prof. Dr. S hat das im Einzelnen näher dargelegt und u.a. mit Hinweisen auf die Leitlinien der einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften untermauert. Den Einwand der Versicherten und des Klägers, die leitliniengerechten Therapien seien wegen Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten nicht in Betracht gekommen, haben beide Sachverständigen eindeutig und den Senat überzeugend widerlegt. Dr. X1 hat nachvollziehbar von einer antizipatorischen Unverträglichkeit gesprochen und Prof. Dr. S hat herausgestellt, dass sich weder zum Zeitpunkt der Erstdiagnose noch zum Zeitpunkt der Metastasierung bis 2014 nachweisbare Unverträglichkeiten oder Gegenindikationen einer in Betracht kommenden leitliniengerechten Therapie finden ließen. Therapie der Wahl wäre danach zunächst der Einsatz einer der verschiedenen endokrinen Behandlungsformen mit palliativem Behandlungsziel gewesen. Zu keinem Zeitpunkt sei von der Versicherten der Versuch unternommen worden, in ggf. individuell angepasster Dosierung und unter supportiver Begleitbehandlung eine leitliniengerechte Behandlung nur zu beginnen. Soweit dann zwischen Dezember 2017 und Februar 2018 eine endokrine Therapie durchgeführt worden sei, die zu diesem Zeitpunkt nur noch supportiv möglich gewesen und zuletzt von der Versicherten nicht gut vertragen worden sei, hätten weitere endokrine Therapien zur Verfügung gestanden, um eine leitliniengerechte sequenzielle endokrine Therapie durchzuführen. Diesen übereinstimmenden Einschätzungen der beiden ärztlichen Sachverständigen, die die Beurteilung des KCO bestätigen, nicht zu folgen, besteht für den Senat keine Veranlassung. Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass im Übrigen selbst Dr. Q lediglich ausgeführt hat, dass nach seiner Ansicht eine Leitlinientherapie für die Versicherte "nicht optional" (gewesen) sei. Das lag indes nicht an nachweislich fehlenden Möglichkeiten der von der GKV zur Verfügung gestellten sogenannten "Schulmedizin", sondern eher an der von Bedenken gegen die Schulmedizin bestimmten Einstellung der Versicherten, die offenbar eher bereit war, u.a. der Heilpraktikerin, einem brasilianischem Heiler und tibetanischen Ärzten zu vertrauen als Onkologen.

Da somit zumutbare Therapiemöglichkeiten auch noch bei Beginn und während der streitigen Behandlung der Versicherten bei Dr. Q zur Verfügung standen, wäre ein Anspruch auf die von diesem Arzt durchgeführte Alternativbehandlung nur dann in Betracht gekommen, wenn die auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinaus reichenden Erfolg bestanden hätte. Das ist indes zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere den Gutachten beider gerichtlichen Sachverständigen in Übereinstimmung mit den gutachtlichen Stellungnahmen des KCO nicht der Fall.

Während der Kläger auch noch zuletzt geltend macht, die Therapie des Dr. Q habe eine kurative Ausrichtung gehabt, besteht für den Senat eher der Eindruck, dass Dr. Q selbst eine solche Wirkung seiner Therapie nicht explizit behaupten wollte, was auch angesichts des innerhalb der medizinischen Wissenschaft unstreitig erscheinenden Ansicht, dass das multipel metastasierte Mammakarzinom ärztlich nicht heilbar ist, auch vermessen erscheinen könnte. Dr. Q hat in diesem Zusammenhang, für den Senat ausweichend, auf die Möglichkeit von Spontanheilungen abgestellt, die allerdings typischerweise gerade nicht auf eine bestimmte Therapie zurückgeführt werden können. Dr. Q hat ferner unter dem 10.03.2015 deutlich gemacht, aus seiner Sicht habe sich die Versicherte "ganz bewusst für die biologische Krebstherapie, das Leben bei hoher Lebensqualität", entschieden. Das entspricht aber nicht dem Ziel einer kurativen Behandlung, welche auf Heilung gerichtet ist. Der Senat hält es deshalb für überzeugend, dass bereits Dr. X1 die Therapie des Dr. Q ausdrücklich nicht als kurativ angesehen hat. Welches Therapieziel Dr. Q für seine alternative Therapie gegenüber der Versicherten behauptet hat, kann letztlich dahin stehen, denn es hat sich durch die Beweisaufnahme erwiesen, dass aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht durch den Einsatz der sogenannten biologischen Therapie zu keinem Zeitpunkt eine auch nur entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden hat.

Das hat der Sachverständige Prof. Dr. S für die einzelnen Komponenten der Therapie des Dr. Q näher dargelegt. Dieser Sachverständige, der aufgrund seiner beruflichen Qualifikation und Tätigkeit und deren Anforderungen besonders zur medizinisch-wissenschaftlichen Beurteilung der Fragen der Behandlung von Krebserkrankungen berufen ist, ist dem Senat aus anderen Verfahren als auf dem Gebiet der Onkologie besonders erfahrener und gewissenhafter ärztlicher Sachverständiger bekannt. Prof. Dr. S hat sein Gutachten unter Berücksichtigung aller wesentlichen Befunde und Stellungnahmen, aber auch des Vorbringens der Beteiligten erstattet. Er hat seine Einschätzung im Einzelnen eingehend und überzeugend begründet. Diese stimmt zudem im Wesentlichen überein mit den Beurteilungen durch den Sachverständigen Dr. X1 sowie das KCO, so dass der Senat keine Bedenken hat, das Gutachten des Prof. Dr. S auch bei der Entscheidung der Frage, ob die Therapie des Dr. Q die auch nur entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf geboten hat, zur wesentlichen Grundlage seiner Entscheidung zu machen.

Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, dass nur ein Arzt, der die sogenannte biologische Therapie selbst anwende, deren Wirksamkeit beurteilen könne, greift dies offenkundig zu kurz. Denn die gerichtlichen Sachverständigen können als wissenschaftlich qualifizierte Fachärzte selbstverständlich die angeblichen Belege der Wirksamkeit der streitigen Therapie bewerten. Sie haben dies auch überzeugend getan und dabei dargelegt, dass die von Dr. Q gebotene Begründung seiner alternativen Krebstherapie einer wissenschaftlich begründeten Unterstützung der gewählten Krebstherapie in keiner Weise genügt.

Prof. Dr. S hat darüber hinaus den Sachverständigen Dr. X1 bestätigend eindeutig nachweisen können, dass auch im konkreten Fall der Versicherten die von ihr und Dr. Q als vermeintlichen Nachweis des positiven Einflusses dessen Krebstherapie in den Vordergrund gestellten zwischenzeitlichen Veränderungen ("schrumpfende Tumore", "Besserung der Tumormarker") keine Objektivierungen der angeblichen Wirkung der Therapie darstellen. Vielmehr hat namentlich der Sachverständige Prof. Dr. S noch einmal zweifelsfrei belegt, dass sich im Verlauf der Behandlung durch Dr. Q ein kontinuierlicher Progress der metastasierten Tumorerkrankung gezeigt hat. Während sich Hinweise für eine objektive positive Wirkung der Behandlung des Dr. Q nicht ergeben haben, können die zu findenden, objektiven passageren Veränderungen im Sinne einer positiven Wirkung der Behandlung dagegen auf die Therapie mit Biphosphonaten mit Fulvestrant zurückgeführt werden.

Soweit dem gegenüber das Sozialgericht von einer positiven Wirkung der bei der Versicherten eingesetzten Hyperthermieverfahren ausgeht und dies auf den "guten Zustand" der Versicherten und ihre Fähigkeit zur Fortsetzung der Berufstätigkeit bezieht, taugt dies nicht als tragfähige Begründung. Das Sozialgericht meint, seine Beurteilung auf den persönlichen Eindruck der Kammervorsitzenden und die Schilderung der Versicherten stützen zu können. Es ist aber von vornherein nicht erkennbar, wie sich aus solchen Erkenntnisquellen Aufschluss darüber gewinnen lassen könnte, dass der (nur vermeintlich, s.o.) positive Verlauf der Erkrankung entgegen dem ärztlichen Sachverständigengutachten des Dr. X1 im Zusammenhang mit der alternativen Krebstherapie, namentlich der Hyperthermie, steht. Dass der persönliche Eindruck insoweit kein wesentliches Beweismittel sein kann, liegt bereits auf der Hand. Hier wird dies zudem noch dadurch verdeutlicht, dass der Erörterungstermin, in dem die Kammervorsitzende ihren positiven Eindruck vom Gesundheitszustand der Versicherten gewonnen hat, am 10.03.2017 stattgefunden hat, aber wenige Tage später in der PET-Untersuchung am 30.03.2017 ein im Vergleich zur Voruntersuchung weiterer Progress mit nun neu aufgetretenen Veränderungen im Sinne eines dringend vermuteten linksseitigen Zweitkarzinoms der Mammae, linksaxilliären Lymphknotenmetastasen, tendenziell progredienten Lebermetastasen, einem progredienten Pleuraerguss rechts, einem größenprogredienten rechtsthorakalen Primärbefund und neu aufgetretenen ossären Metastasen bei bekannter diffuser skelettaler Metastasierung dokumentiert wurde. Im Dunkeln bleibt auch, auf welche medizinische Sachkunde das Sozialgericht seine Einschätzung stützt, bei einer leitliniengerechten Krebstherapie wäre ein so guter Zustand der Versicherten, wie ihn die Kammervorsitzende im Erörterungstermin gewonnen habe, nicht möglich gewesen. Nicht zufällig führt das Sozialgericht in diesem Zusammenhang lediglich aus, es sei "davon ausgegangen", denn eine qualifizierte Herleitung bietet es nicht. Ohne sich mit dem von ihm selbst eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. X1 auseinanderzusetzen und ohne dieses in diesem Zusammenhang auch nur zu erwähnen, verkennt es das Ergebnis der eigenen medizinischen Beweisaufnahme. Dr. X1 hatte in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.06.2017 darauf hingewiesen, dass er Mammakarzinompatientinnen behandele, die bereits seit über 10 Jahren floride erkrankt und immer noch berufstätig seien, so dass der Krankheitsverlauf bei der Klägerin nicht ungewöhnlich sei. Sich hierüber hinwegsetzend hat das Sozialgericht gleichwohl der Fortsetzung der Berufstätigkeit entscheidendes Gewicht beigemessen, ohne auf bessere Sachkunde hinweisen zu können.

Wenn sich die 8. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf schließlich im Zusammenhang mit den Verfahren der Hyperthermie auf seine eigene Rechtsprechung stützten möchte und darauf hinweist, dass Dr. Q eine Pilotstudie der Universität Göttingen über Rückbildungen beim Melanom genannt habe, ist dies offenkundig schon deshalb nicht aussagekräftig, weil hier eine andere Krebsart vorliegt und darüber hinaus das genaue Hyperthermieverfahren nicht genannt wird.

Soweit der Kläger den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. S, dass die Hyperthermie in klinischen Studien oder zumindest unter streng kontrollierten wissenschaftlichen Bedingungen erfolgen sollte, entnehmen möchte, dass diese Methode entgegen der dezidierten Festlegung des Sachverständigen sehr wohl die nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf biete, verkennt er die Aussage des Sachverständigen. Dieser hat damit nichts anderes zum Ausdruck gebracht, als dass die Hyperthermie noch rein experimentellen Charakter besitzt, wie auch das KCO ausdrücklich festgestellt hat. Rein experimentelle Verfahren, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt werden, reichen für die Annahme einer auf Indizien gestützten Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausgehenden Erfolg nicht (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.03.2013 - 1 BvR 2045/12 -; Beschluss vom 23.03.2007 - 1 BvR 623/07 -; zuletzt BSG, Urteil vom 08.10.2019 - B 3 KR 3/19 R -, Rn. 22 , juris). Schon in der Beschlussbegründung zur Änderung der Anlage B "Nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" der BUB-Richtlinie vom 18.01.2005 wird im Übrigen ausgeführt, dass Erprobungen (der Hyperthermie) in Anlehnung an die Deklaration von Helsinki - insbesondere auch zum Schutze der Patienten - auf die Durchführung kontrollierter Studien begrenzt bleiben sollen, die geeignet sind, einen Wirksamkeitsnachweis zu führen (vgl. Senat, Urteil vom 19.02.2015 - L 16 KR 637/13).

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Anlass zur Revisionszulassung besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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