Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 13/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine lasergestützte Tonsillotomie. Am 11.09.2000 beantragte die Klägerin für ihren am ...1996 geborenen Sohn die Kostenübernahme für die Durchführung einer lasergestützten Tonsillotomie. Sie führte aus, dass er unter Atem- und Sprechbeschwerden leide. Nach ihren Erkundigungen sei die Laseroperation aktuell das schonendste Verfahren, wobei nicht die gesamten Mandeln entfernt werden, sondern lediglich verkleinert werden und so weiterhin die immunologisch relevanten Funktionen ausüben können. Ihr Sohn leide nicht unter Angina, sondern nur unter stark vergrößerten Mandeln. Daher habe sie sich für diese Operationstechnik entschieden. Ansonsten sei sie mit ihren Kindern in naturheilkundlicher und homöopathischer Behandlung und sie sei froh, dass sie für dieses Problem eine Methode gefunden habe, die in sein Ökosystem nicht so gravierend eingreife, wie eine herkömmliche Mandeloperation. Sie bat die Kosten für die Behandlung, die ihres Wissens nach nicht im Leistungskatalog vorgesehen ist, zu übernehmen, da dies die langfristig beste Lösung für die Gesundheit ihres Sohnes zu sein scheint. Darüber hinaus würden die Kosten noch unter der einer herkömmlichen Operation liegen. Dazu legte sie ein medizinisches Attest von Dr. H ... vom 07.09.2000 vor. Hieraus geht hervor, dass der Sohn der Klägerin unter einer erheblichen Tonsillenhyperplasie leide, wobei Speise- und Atemwege weitgehend verlegt werden und es zu entsprechenden Ernährungs- und Atemstörungen komme. Durch die Atemstörungen komme es im Schlaf zu häufigen Atemstillständen und dadurch zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn mit der Gefahr einer dauernden Schädigung. Es würden zwei Möglichkeiten der Behandlung bestehen, nämlich die Tonsillektomie und die Tonsillotomie. Die Tonsillotomie sei ein besonders komfortables Verfahren, das wegen der sehr hohen Materialkosten nicht auf Versichertenkarte angeboten werden könne und auch keine Vertragsleistung darstelle. Er gäbe jedoch zu bedenken, dass die Kosten für den ambulanten Eingriff im Rahmen einer Tonsillotomie deutlich unter der Fallpauschale für die Durchführung der Tonsillektomie liegen würden. Mit Bescheid vom 14.09.2000 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Im wesentlichen führte sie aus, dass die Tonsillotomie nicht zu den Vertragsleistungen gehöre. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie verwies insbesondere darauf, dass die Mandeln für die Entwicklung des Immunsystems bis ca. zum 9. Lebensjahr eine wichtige Rolle spielen würden. Dadurch wäre durch die Verkleinerung der Tonsillen der Gesundheit ihres Sohnes nachhaltig viel mehr gedient, als durch die gänzliche Entfernung. Das Immunsystem könnte sich so nicht richtig entwickeln. Die Beklagte wandte sich darauf hin an den medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern, der unter dem 23.10.2000 ein Gutachten nach Aktenlage erstellt. Er führte aus, dass Tonsillektomie mit einem krankenhausstationären Aufenthalt von ca. 1 Woche verbunden sei. Die Tonsillotomie gehöre nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen, Langzeitergebnisse über die Durchführung der Tonsillotomie würden derzeit noch nicht vorliegen. Wenn gegenwärtig daher ein operatives Vorgehen indiziert sei, sei primär die Tonsillektomie empfehlenswert. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Tonsillotomie gehöre nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen, so dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei. Darüber hinaus würden im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung Therapiemöglichkeiten wie die Tonsillektomie zur Verfügung stehen. Mit ihrer am 23.01.2001 vor dem Sozialgericht Potsdam begehrt die Klägerin die Kostenerstattung für die bei ihrem Sohn durchgeführte Tonsillotomie. Aufgrund obstruktivem Schlafapnoesyndrom bei Dreimandelhyperplasie sei bei dem Sohn der Klägerin der operative Eingriff medizinisch indiziert gewesen. Am 06.10.2000 sei daher die lasergestützte Tonsillotomie durchgeführt worden. Dazu legte die Klägerin die Rechnung vom 20.10.2000 (Anästhesierechnung) von Dr. U ... in Höhe von 797,81 DM und von Dr. H ... vom 23.01.2001 in Höhe von 661,14 DM vor. Diese Rechnungen habe sie vorerst selbst bezahlt. Dass die Tonsillotomie nicht Gegenstand der Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und der kassenärztlichen Bundesvereinigung sei, stelle einen Mangel des gesetzlichen Leistungssystems dar. Die medizinische Wirksamkeit der Tonsillotomie sei relevant nachgewiesen und finde nicht nur in der medizinisch-wissenschaftlichen Fachdiskussion breitere Resonanz, sondern auch nachhaltige Anwendung in der angewandten Medizin. Eine erhebliche Zahl praktizierender Ärzte wende die Tonsillotomie bereits an und biete sie den Patienten mit der Maßgabe der Selbsttragung der Kosten an.
Nach ihrem Vorbringen beantragt die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2000 zu verurteilen, die ihr durch die am 06.10.2000 durchgeführte Tonsillotomie bei ihrem Sohn entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 1.458,98 DM zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt ihrer Bescheide. Die Tonsillotomie sei keine vertragsärztliche Leistung und könne daher von der Beklagten nicht die Kosten übernommen werden. Das Gericht hat bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hinsichtlich der möglichen Abrechnung der Tonsillotomie angefragt. Mit Schreiben vom 21.06.2002 hat die KBV mitgeteilt, dass es sich bei der Tonsillotomie nicht um eine Leistung handele, die nach einer Position des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) zu Lasten der GKV abgerechnet werden könne. Im EBM finde sich die Leistungsposition Nr. 1476 für die Tonsillektomie. Dies bedeutet, dass die Mandeln vollständig chirurgisch entfernt werden. Soweit der KBV bekannt sei, werde nach Aussagen der HNO-Ärzten die Lasertonsillotomie in Kreisen der HNO-Ärzte kontrovers beurteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Kostenerstattung für die bei ihrem Sohn am 06.10.2000 durchgeführte Tonsillotomie. Da die Klägerin die Behandlung ihres Sohnes mit der Tonsillotomie bereits am 06.10.2000 hat durchführen lassen und die Kosten selbst getragen hat, hatte die Kammer im vorliegenden Fall über eine Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V zu entscheiden. Grundsätzlich gilt im Rahmen der Versorgung durch die Krankenkassen das Sach- oder Dienstleistungsprinzip. Ausnahmen davon, dass anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung erfolgen kann, dürfen nur gemacht werden, wenn es im SGB V ausdrücklich geregelt ist. Gemäß § 13 Abs. 3 SGB V sind danach nur Kosten zu erstatten, wenn die Krankenkassen eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht hat oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten für die selbstgeschaffte Leistung dadurch Kosten entstanden sind. Gleichwohl von dem behandelnden Arzt Dr. H ... die medizinische Notwendigkeit des operativen Eingriffs bescheinigt worden ist, ist wohl im vorliegenden Fall nicht von einer Notfallbehandlung im Sinne drohender Lebensgefahr auszugehen. Es war daher zu prüfen, ob die Beklagte die Kostenübernahme mit dem Bescheid vom 14.09.2000 zu Recht abgelehnt hat. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin - gleichwohl sie den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 14.09.2000 bereits vorliegen hatte - und somit über die ablehnende Entscheidung der Beklagten informiert war, die Operation am 06.10.2000 hat durchführen lassen. Aus dem eigenen Schreiben der Klägerin bei der Beantragung der Kostenübernahme ist auch zu entnehmen, dass ihr bekannt war, dass es sich bei der Tonsillotomie um eine außervertragliche Behandlungsmethode handele und sie somit keine Kostenübernahme beanspruchen kann. Dies geht auch aus dem bereits bei der Antragstellung vorgelegten ärztlichen Attest vom 07.09.2000 von Dr. H ... hervor. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V lässt sich nur durchsetzen, wenn das Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenkasse einen Mangel aufgewiesen hat. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Vorliegend war zunächst zu beurteilen, ob es sich um eine neue Behandlungsmethode handelt. Als noch nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehörig und damit neu im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V sieht der Bundesausschuss gemäß Ziffer 5 der NUB-Richtlinien solche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden an, die noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten sind (vgl. BSG vom 16.09.1997, Az.: 1 KA 32/95). Die Tonsillotomie ist im EBM und somit im vertragsärztlichen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nicht enthalten. Vielmehr ist unter Nr. 1476 hier nur die Tonsillektomie als vertragsärztliche Leistung aufgeführt. Nach dem oben genannten Urteil des Bundessozialgerichtsgesetzes wäre die Tonsillotomie daher als "neu" zu bewerten. Ein Antrag auf Aufnahme der Tonsillotomie liegt gegenwärtig nicht vor. Wie der KBV mit Schreiben vom 21.06.2002 mitgeteilt hat, werde diese Methode gegenwärtig auch noch sehr kontrovers diskutiert und ein therapeutischer Nutzen im Rahmen von Langzeitstudien liege noch nicht vor. Eine Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V stellt die Ausnahme dar und ist nur für die Fälle vorgesehen, die sich auch aus dem Sachleistungsprinzip des § 2 Abs. 2 SGB V ergäben. Nach § 2 Abs. 2 SGB V ist der leistungsrechtliche Rahmen jedoch nach den Richtlinien über die Einführung neuer Behandlungsmethoden und durch den EBM grundsätzlich abgesteckt. Darüber hinausgehende Leistungen können auch nicht im nachhinein über einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V gegenüber der Beklagten Krankenkasse durchgesetzt werden, da insoweit der Raum für die Umgehung des Sach- und Dienstleistungsprinzips eröffnet wäre. Das die Tonsillotomie nicht im EBM aufgeführt ist, heißt nicht, dass hier von einem Systemmangel des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenkassen auszugehen ist. Vielmehr bestehen sehr wohl alternative Behandlungsmethoden, wie z. B. die Tonsillektomie. Dies hatte die Beklagte der Klägerin bereits in dem ablehnenden Bescheid vom 14.09.2000 auch mitgeteilt. Gleichwohl hat die Klägerin dann die andere Operationsmethode, die Tonsillotomie, in Anspruch genommen. § 13 Abs. 3 SGBV ist nicht dazu da, um das Leistungssystem der gesetzlichen Krankenkassen zu erweitern und im Rahmen der Kostenerstattung andere Leistungen zu erhalten, als sie im Sach- und Dienstleistungsbereich vorgesehen sind. Vielmehr werden hiervon nur gesetzlich geregelte Ausnahmefälle erfasst. Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin besteht danach jedoch nicht und die Klage war abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine lasergestützte Tonsillotomie. Am 11.09.2000 beantragte die Klägerin für ihren am ...1996 geborenen Sohn die Kostenübernahme für die Durchführung einer lasergestützten Tonsillotomie. Sie führte aus, dass er unter Atem- und Sprechbeschwerden leide. Nach ihren Erkundigungen sei die Laseroperation aktuell das schonendste Verfahren, wobei nicht die gesamten Mandeln entfernt werden, sondern lediglich verkleinert werden und so weiterhin die immunologisch relevanten Funktionen ausüben können. Ihr Sohn leide nicht unter Angina, sondern nur unter stark vergrößerten Mandeln. Daher habe sie sich für diese Operationstechnik entschieden. Ansonsten sei sie mit ihren Kindern in naturheilkundlicher und homöopathischer Behandlung und sie sei froh, dass sie für dieses Problem eine Methode gefunden habe, die in sein Ökosystem nicht so gravierend eingreife, wie eine herkömmliche Mandeloperation. Sie bat die Kosten für die Behandlung, die ihres Wissens nach nicht im Leistungskatalog vorgesehen ist, zu übernehmen, da dies die langfristig beste Lösung für die Gesundheit ihres Sohnes zu sein scheint. Darüber hinaus würden die Kosten noch unter der einer herkömmlichen Operation liegen. Dazu legte sie ein medizinisches Attest von Dr. H ... vom 07.09.2000 vor. Hieraus geht hervor, dass der Sohn der Klägerin unter einer erheblichen Tonsillenhyperplasie leide, wobei Speise- und Atemwege weitgehend verlegt werden und es zu entsprechenden Ernährungs- und Atemstörungen komme. Durch die Atemstörungen komme es im Schlaf zu häufigen Atemstillständen und dadurch zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn mit der Gefahr einer dauernden Schädigung. Es würden zwei Möglichkeiten der Behandlung bestehen, nämlich die Tonsillektomie und die Tonsillotomie. Die Tonsillotomie sei ein besonders komfortables Verfahren, das wegen der sehr hohen Materialkosten nicht auf Versichertenkarte angeboten werden könne und auch keine Vertragsleistung darstelle. Er gäbe jedoch zu bedenken, dass die Kosten für den ambulanten Eingriff im Rahmen einer Tonsillotomie deutlich unter der Fallpauschale für die Durchführung der Tonsillektomie liegen würden. Mit Bescheid vom 14.09.2000 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Im wesentlichen führte sie aus, dass die Tonsillotomie nicht zu den Vertragsleistungen gehöre. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie verwies insbesondere darauf, dass die Mandeln für die Entwicklung des Immunsystems bis ca. zum 9. Lebensjahr eine wichtige Rolle spielen würden. Dadurch wäre durch die Verkleinerung der Tonsillen der Gesundheit ihres Sohnes nachhaltig viel mehr gedient, als durch die gänzliche Entfernung. Das Immunsystem könnte sich so nicht richtig entwickeln. Die Beklagte wandte sich darauf hin an den medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern, der unter dem 23.10.2000 ein Gutachten nach Aktenlage erstellt. Er führte aus, dass Tonsillektomie mit einem krankenhausstationären Aufenthalt von ca. 1 Woche verbunden sei. Die Tonsillotomie gehöre nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen, Langzeitergebnisse über die Durchführung der Tonsillotomie würden derzeit noch nicht vorliegen. Wenn gegenwärtig daher ein operatives Vorgehen indiziert sei, sei primär die Tonsillektomie empfehlenswert. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Tonsillotomie gehöre nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen, so dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei. Darüber hinaus würden im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung Therapiemöglichkeiten wie die Tonsillektomie zur Verfügung stehen. Mit ihrer am 23.01.2001 vor dem Sozialgericht Potsdam begehrt die Klägerin die Kostenerstattung für die bei ihrem Sohn durchgeführte Tonsillotomie. Aufgrund obstruktivem Schlafapnoesyndrom bei Dreimandelhyperplasie sei bei dem Sohn der Klägerin der operative Eingriff medizinisch indiziert gewesen. Am 06.10.2000 sei daher die lasergestützte Tonsillotomie durchgeführt worden. Dazu legte die Klägerin die Rechnung vom 20.10.2000 (Anästhesierechnung) von Dr. U ... in Höhe von 797,81 DM und von Dr. H ... vom 23.01.2001 in Höhe von 661,14 DM vor. Diese Rechnungen habe sie vorerst selbst bezahlt. Dass die Tonsillotomie nicht Gegenstand der Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und der kassenärztlichen Bundesvereinigung sei, stelle einen Mangel des gesetzlichen Leistungssystems dar. Die medizinische Wirksamkeit der Tonsillotomie sei relevant nachgewiesen und finde nicht nur in der medizinisch-wissenschaftlichen Fachdiskussion breitere Resonanz, sondern auch nachhaltige Anwendung in der angewandten Medizin. Eine erhebliche Zahl praktizierender Ärzte wende die Tonsillotomie bereits an und biete sie den Patienten mit der Maßgabe der Selbsttragung der Kosten an.
Nach ihrem Vorbringen beantragt die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2000 zu verurteilen, die ihr durch die am 06.10.2000 durchgeführte Tonsillotomie bei ihrem Sohn entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 1.458,98 DM zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt ihrer Bescheide. Die Tonsillotomie sei keine vertragsärztliche Leistung und könne daher von der Beklagten nicht die Kosten übernommen werden. Das Gericht hat bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hinsichtlich der möglichen Abrechnung der Tonsillotomie angefragt. Mit Schreiben vom 21.06.2002 hat die KBV mitgeteilt, dass es sich bei der Tonsillotomie nicht um eine Leistung handele, die nach einer Position des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) zu Lasten der GKV abgerechnet werden könne. Im EBM finde sich die Leistungsposition Nr. 1476 für die Tonsillektomie. Dies bedeutet, dass die Mandeln vollständig chirurgisch entfernt werden. Soweit der KBV bekannt sei, werde nach Aussagen der HNO-Ärzten die Lasertonsillotomie in Kreisen der HNO-Ärzte kontrovers beurteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Kostenerstattung für die bei ihrem Sohn am 06.10.2000 durchgeführte Tonsillotomie. Da die Klägerin die Behandlung ihres Sohnes mit der Tonsillotomie bereits am 06.10.2000 hat durchführen lassen und die Kosten selbst getragen hat, hatte die Kammer im vorliegenden Fall über eine Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V zu entscheiden. Grundsätzlich gilt im Rahmen der Versorgung durch die Krankenkassen das Sach- oder Dienstleistungsprinzip. Ausnahmen davon, dass anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung erfolgen kann, dürfen nur gemacht werden, wenn es im SGB V ausdrücklich geregelt ist. Gemäß § 13 Abs. 3 SGB V sind danach nur Kosten zu erstatten, wenn die Krankenkassen eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht hat oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten für die selbstgeschaffte Leistung dadurch Kosten entstanden sind. Gleichwohl von dem behandelnden Arzt Dr. H ... die medizinische Notwendigkeit des operativen Eingriffs bescheinigt worden ist, ist wohl im vorliegenden Fall nicht von einer Notfallbehandlung im Sinne drohender Lebensgefahr auszugehen. Es war daher zu prüfen, ob die Beklagte die Kostenübernahme mit dem Bescheid vom 14.09.2000 zu Recht abgelehnt hat. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin - gleichwohl sie den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 14.09.2000 bereits vorliegen hatte - und somit über die ablehnende Entscheidung der Beklagten informiert war, die Operation am 06.10.2000 hat durchführen lassen. Aus dem eigenen Schreiben der Klägerin bei der Beantragung der Kostenübernahme ist auch zu entnehmen, dass ihr bekannt war, dass es sich bei der Tonsillotomie um eine außervertragliche Behandlungsmethode handele und sie somit keine Kostenübernahme beanspruchen kann. Dies geht auch aus dem bereits bei der Antragstellung vorgelegten ärztlichen Attest vom 07.09.2000 von Dr. H ... hervor. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V lässt sich nur durchsetzen, wenn das Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenkasse einen Mangel aufgewiesen hat. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Vorliegend war zunächst zu beurteilen, ob es sich um eine neue Behandlungsmethode handelt. Als noch nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehörig und damit neu im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V sieht der Bundesausschuss gemäß Ziffer 5 der NUB-Richtlinien solche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden an, die noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten sind (vgl. BSG vom 16.09.1997, Az.: 1 KA 32/95). Die Tonsillotomie ist im EBM und somit im vertragsärztlichen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nicht enthalten. Vielmehr ist unter Nr. 1476 hier nur die Tonsillektomie als vertragsärztliche Leistung aufgeführt. Nach dem oben genannten Urteil des Bundessozialgerichtsgesetzes wäre die Tonsillotomie daher als "neu" zu bewerten. Ein Antrag auf Aufnahme der Tonsillotomie liegt gegenwärtig nicht vor. Wie der KBV mit Schreiben vom 21.06.2002 mitgeteilt hat, werde diese Methode gegenwärtig auch noch sehr kontrovers diskutiert und ein therapeutischer Nutzen im Rahmen von Langzeitstudien liege noch nicht vor. Eine Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V stellt die Ausnahme dar und ist nur für die Fälle vorgesehen, die sich auch aus dem Sachleistungsprinzip des § 2 Abs. 2 SGB V ergäben. Nach § 2 Abs. 2 SGB V ist der leistungsrechtliche Rahmen jedoch nach den Richtlinien über die Einführung neuer Behandlungsmethoden und durch den EBM grundsätzlich abgesteckt. Darüber hinausgehende Leistungen können auch nicht im nachhinein über einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V gegenüber der Beklagten Krankenkasse durchgesetzt werden, da insoweit der Raum für die Umgehung des Sach- und Dienstleistungsprinzips eröffnet wäre. Das die Tonsillotomie nicht im EBM aufgeführt ist, heißt nicht, dass hier von einem Systemmangel des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenkassen auszugehen ist. Vielmehr bestehen sehr wohl alternative Behandlungsmethoden, wie z. B. die Tonsillektomie. Dies hatte die Beklagte der Klägerin bereits in dem ablehnenden Bescheid vom 14.09.2000 auch mitgeteilt. Gleichwohl hat die Klägerin dann die andere Operationsmethode, die Tonsillotomie, in Anspruch genommen. § 13 Abs. 3 SGBV ist nicht dazu da, um das Leistungssystem der gesetzlichen Krankenkassen zu erweitern und im Rahmen der Kostenerstattung andere Leistungen zu erhalten, als sie im Sach- und Dienstleistungsbereich vorgesehen sind. Vielmehr werden hiervon nur gesetzlich geregelte Ausnahmefälle erfasst. Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin besteht danach jedoch nicht und die Klage war abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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