S 2 AS 564/07 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 564/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Offensichtliche Unwirtschaftlichkeit im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 Ziffer 6 SGB II liegt nur dann vor, wenn die Verwertung des Vermögens zu dessen "Verschleuderung" führen würde. Auch erhebliche Verluste bei der Vermögensverwertung sind hinzunehmen. 2. Eine besondere Härte im Sinne von § 12 Abs. 3 S. 1 Ziffer 6 SGB II setzt eine atypische Sachlage voraus, die beim Verkauf von Lebensversicherungen auch dann nicht anzunehmen wäre, wenn der Rückkaufswert um mehr als die Hälfte hinter den erbrachten Beiträgen zurückbliebe.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II.

Der ... geborene Antragsteller und seine ... geborene Ehefrau verfügten im Jahr 2005 unter anderem über ein Depot bei der ... mit Geldanlagen in Höhe von insgesamt 62.884,95 EUR. Der Antragsteller ließ sich zwischen dem 4. Juli 2005 und dem 2. August 2005 aus diesem Depot einen Gesamtbetrag in Höhe von 60.000,00 EUR auszahlen.

Mit diesem Geld sowie weiterem vorhandenen Vermögen schlossen der Antragsteller und seine Ehefrau bei der ..., am 25. August 2005 zwei Lebensversicherungen für einen Zeitraum bis zum 7. Oktober 2011 ab und legten hierfür jeweils 33.010,00 EUR an. Die Lebensversicherungsverträge enthielten die Klausel, dass der Vertrag, aus welchem Grunde auch immer, erst ein Jahr nach Beginn der Laufzeit aufgelöst werden könne.

Den auf dem Depot verbliebenen Restbetrag in Höhe von 2.884,05 EUR hoben der Antragsteller und seine Ehefrau am 30. November 2005 ab.

Aus dem im Depot gelagerten Vermögen erzielten der Antragsteller und seine Ehefrau im Jahr 2005 einen Kapital- bzw. Zinsertrag in Höhe von 965,90 EUR, der zum 31. Dezember 2005 gutgeschrieben wurde.

Ein Rückkauf der Lebensversicherungen war nach Angaben des Antragstellers am 30. November 2006 hinsichtlich seines eigenen Vertrages mit einem Kurswert von 0,888 v. H., also einem Abschlag von 3.697,12 EUR (11,2 Prozent), bzw. hinsichtlich des Vertrages seiner Frau mit einem Kurswert von 0,921 v. H., also einem Abschlag von 2.607,79 EUR (7,9 Prozent) möglich.

Der Antragsteller beantragte erstmals am 1. Dezember 2005 für sich, seine Ehefrau sowie die ... und ... geborenen Kinder Leistungen nach dem SGB II. Die Lebensversicherungen bei der ... Bank gab er dabei im Rahmen der Angaben hinsichtlich des zu berücksichtigenden Vermögens nicht an.

Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller und den weiteren Mitgliedern seiner Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 13. Januar 2006 Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Mai 2006. Mit Bescheid vom 13. März 2006 änderte die Antragsgegnerin ihre Bewilligung für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Mai 2006, mit Bescheid vom 21. März 2006 für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Mai 2006 und mit Bescheid vom 27. April 2006 für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Mai 2006.

Am 8. Mai 2006 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Fortzahlung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Angaben über die beiden Lebensversicherungsverträge bei der ... Bank machte er dabei erneut nicht.

Die Antragsgegnerin bewilligte ihm mit Bescheid vom 10. Mai 2006 Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 30. November 2006 in Höhe von 359,19 EUR.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2006 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung für die Zeit vom 01. Juni 2006 bis zum 30. November 2006 in Höhe von monatlich 359,19 EUR auf. Zugleich lehnte sie mit weiterem Bescheid vom 19. Juni 2006 den Antrag des Antragstellers vom 8. Mai 2006 ab.

Am 9. August 2006 stellte der Antragsteller einen Neuantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für sich, seine Ehefrau sowie die beiden Kinder. Auf dem Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens gab der Antragsteller eine Lebensversicherung bei einer Sparkasse mit einem Auszahlungsbetrag bei Rückkauf in Höhe von 7.458,00 EUR an. Beigefügt war ein entsprechendes Schreiben der ... Lebensversicherung ... Die beiden Lebensversicherungsverträge bei der ... Bank erwähnte der Antragsteller abermals nicht.

Mit Bescheid vom 29. September 2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller und – als weiteren Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft – dessen Ehefrau sowie dem im Jahr ... geborenen Sohn ... Leistungen für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 30. September 2006 in Höhe von 837,47 EUR. Der Sohn ... wurde nicht mehr berücksichtigt, da er sich seit dem 1. August 2006 in einer Ausbildung befindet.

Am 16. Oktober 2006 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II und gab dabei unter anderem an, dass in seinen Vermögensverhältnissen bzw. denen der Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft keine Änderungen eingetreten seien.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller und den weiteren Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit vom 1. November 2006 bis zum 31. März 2007 in Höhe von monatlich 1.161,22 EUR. Einen gleichlautenden Bescheid enthält die Akte der Antragsgegnerin, der auf den 20. November 2006 datiert ist.

Mit Schreiben vom 29. November 2006 leitete die Antragsgegnerin die Anhörung des Antragstellers ein. Sie teilte ihm mit, dass ihr beim Sozialdatenabgleich bekannt geworden sei, dass er bei der ... im Jahr 2005 einen Kapitalertrag in Höhe von 965,00 EUR erwirtschaftet habe, die er bei seinem Antrag nicht angegeben habe. Sie bat um Nachweise über den Vermögensstand bis spätestens am 20. Dezember 2006. Bis zur Nachholung der Mitwirkungspflichten wurde die Leistungsauszahlung gestoppt.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, seiner Ehefrau und dem Sohn ... Leistungen für die Zeit vom 1. November 2006 bis zum 31. Dezember 2006 in Höhe von monatlich 1.161,22 EUR und für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 31. März 2007 in Höhe von 1.172,47 EUR. Dabei wurden gegenüber der ursprünglichen Bewilligung vom 18. Oktober 2006 die erhöhte Heizkostenvorauszahlung ab dem 1. Januar 2007 berücksichtigt.

Der Antragsteller äußerte sich am 21. Dezember 2006 zum Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 29. November 2006. Er trug unter anderem vor, dass ein vorzeitiger Rückkauf der Lebensversicherungen bei der ... Bank offensichtlich unwirtschaftlich und damit auch unbillig wäre.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2007 leitete die Antragsgegnerin eine weitere Anhörung des Antragstellers ein. Sie teilte ihm mit, dass er nach ihren Erkenntnissen in der Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Januar 2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von 8.793,82 EUR zu Unrecht bezogen habe und verweist insofern auf die beiden Lebensversicherungen bei der ... Bank.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2007 äußerte sich der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin in gleichgerichteter Weise wie auch schon im ersten Anhörungsverfahren.

Mit Bescheid vom 14. Februar 2007 hob die Antragsgegnerin ihre Entscheidung vom 13. Januar 2006 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. Dezember 2005 auf. Sie machte eine Erstattungsforderung in Höhe von 8.793,82 EUR für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Januar 2007 geltend.

Am 12. Februar 2007 beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Er ist der Ansicht, dass ein Rückkauf der beiden Lebensversicherungen bei der ... Bank offensichtlich unwirtschaftlich und damit auch unbillig wäre, so dass diese beiden Versicherungen nicht als Vermögen berücksichtigt werden dürften.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, die mit Bescheid vom 21. Dezember 2006 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Monate Januar bis März 2007 in Höhe von monatlich 1.172,47 EUR unverzüglich auszubezahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass kein Anordnungsgrund besteht. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Er sei angesichts der beiden Lebensversicherungsverträge bei der ... Bank nicht hilfebedürftig. Eine Verwertung der beiden Verträge sei nicht offensichtlich unwirtschaftlich.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Gerichts sowie auf die Akte der Antragsgegnerin, die beigezogen wurde, Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann, wenn – wie hier – ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt – das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsachebehelfes (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Die diesbezüglichen Anforderungen sind zwar umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.03.2006, Az.: L 8 AS 518/06 ER-B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.2007, Az.: L 7 SO 5672/06 ER-B). Andererseits begrenzt die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestehende Obliegenheit des Antragstellers zur Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund die Anforderungen an die im sozialgerichtlichen Verfahren bestehende Amtsermittlungspflicht des Gerichtes (vgl. VerfGH Berlin, Beschluss vom 29.08.2003, Az.: 133/03, 133 A/03; Sächsisches LSG, Beschluss vom 01.08.2005, Az.: L 3 B 94/05 AS-ER; Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.08.2004, Az.: 15 CE 04.1780; VG Regensburg, Beschluss vom 02.05.2005, Az.: RN 3 E 05.00476).

Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.01.2007, Az.: L 7 SO 5672/06 ER-B). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Hessen, Beschluss vom 29.06.2005, Az.: L 7 AS 1/05 ER u.a.). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Hessen, Beschluss vom 29.06.2005, Az.: L 7 AS 1/05 ER u.a.).

b) Es kann dahinstehen, ob ein Anordnungsgrund gegeben ist, da jedenfalls ein Anordnungsanspruch nicht vorliegt. Der Antragsteller hat jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum (1. Januar bis 31. März 2007) keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

aa) Leistungsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 4 SGB II nur Personen, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gem. § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

bb) Der Antragsteller und die weiteren Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft sind nicht hilfebedürftig. Nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers verfügt er – legt man den aktuellen Rückkaufwert zu Grunde – allein aufgrund des Lebensversicherungsvertrages bei der ... Bank über ein Vermögen von derzeit 29.312,88 EUR (33.010,00 EUR abzüglich 3.697,12 EUR Kursverlust). Seine Frau verfügt nach dem Vortrag des Antragstellers allein aufgrund des auf ihren Namen lautenden Lebensversicherungsvertrages bei der ... Bank über ein Vermögen von 30.402,21 EUR (33.010,00 EUR abzüglich 2.607,79 EUR Kursverlust). Auch unter Berücksichtigung der aus § 12 Abs. 2 Ziffer 1 und 4 SGB II resultierenden Freibeträge für den Antragsteller in Höhe von 6.900,00 EUR, für die Ehefrau des Antragstellers in Höhe von 6.450,00 EUR und für den Sohn ... in Höhe von 750,00 EUR ist damit so viel Vermögen vorhanden, dass Hilfebedürftigkeit nicht gegeben ist.

cc) Entgegen der Ansicht des Antragstellers steht der Berücksichtigung der beiden Lebensversicherungsverträge bei der ... Bank auch nicht § 12 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 6 SGB II entgegen. Die Verwertung der beiden Lebensversicherungsverträge ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich und bedeutet für die Betroffenen auch keine besondere Härte.

(1) Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit ist § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II heranzuziehen, nach dem erwerbsfähige Hilfsbedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen haben, und die insbesondere gem. § 2 Abs. 2 Abs. 1 SGB II in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten nutzen müssen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Daraus folgt, dass bei einer Vermögensverwertung nicht die objektivierte Sichtweise eines normalen und ökonomisch handelnden Menschen zum Maßstab genommen werden kann, sondern vielmehr die Sichtweise eines Hilfebedürftigen, der zunächst alles Erforderliche veranlassen muss, um seine Abhängigkeit von - durch die Allgemeinheit durch Steuerzahlungen finanzierten - Sozialleistungen zu vermeiden (SG Berlin, Urteil vom 02.08.2005, Az.: S 63 AS 2117/05).

Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit im Sinne der genannten Vorschrift liegt entsprechend nur dann vor, wenn der durch eine Verwertung des Vermögens erlangte bzw. zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw. des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde (Bayerisches LSG, Urteil vom 18.08.2006, Az.: L 7 AS 81/06; so zu § 1 Abs. 3 Ziffer 6 AlhiV 2002 auch BSG, Urteil vom 14.09.2005, Az.: B 11a/11 AL 71/04 R). Insoweit ist lediglich die Verschleuderung von Vermögenswerten unzumutbar (Bayerisches LSG, a. a. O.). Der Hilfesuchende hat auch erhebliche Verluste bei der Vermögensverwertung hinzunehmen (SG Berlin, a. a. O.).

Es kann hier dahinstehen, ob dies dazu führt, dass auch Verluste bis zum 30 Prozent noch als nicht offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne der Vorschrift anzusehen sind (so SG Berlin a. a. O.). Jedenfalls die Verwertung von Lebensversicherungen, deren Rückkaufswerte die jeweilige Summe der eingezahlten Beiträge um 11,2 Prozent bzw. 7,9 Prozent unterschreitet, ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 6 SGB II (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.09.2006, Az. L 3 AS 1/06, wo eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit für den Fall eines Verlustes von 13 Prozent bzw. 19 Prozent nicht angenommen wurde).

(2) Auch das Tatbestandsmerkmal der besonderen Härte kommt hier nicht in Betracht, weil die vom Gesetzgeber vorausgesetzte atypische Sachlage nicht ersichtlich ist. Es stellt keine besondere Härte dar, dass die Rückkaufswerte von Lebensversicherungen hinter den auf sie erbrachten Eigenleistungen des Versicherungsnehmers, seinen Versicherungsbeiträgen, beträchtlich zurückbleiben (so zur Parallelvorschrift des § 88 Abs. 3 BSHG BVerwG, Urteil vom 19.12.1997, Az.: 5 C 7/96). Es gehört nämlich zu den allgemeinen Lebensrisiken, für andere Zwecke zurückgelegtes Kapital vorzeitig und unter Inkaufnahme eines Verlustes zur Deckung unerwarteten Bedarfs einsetzen zu müssen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.11.1993, Az.: 8 A 278/92). Das mit der Sparform der Lebensversicherung verbundene Risiko, bei vorzeitiger Lösung des Vertrages größere Einbußen hinnehmen zu müssen, trägt der Betroffene (BSG, Urteil vom 14.09.2005, Az.: B 11a/11 AL 71/04 R). Entsprechend wäre eine Härte im Sinne dieser Vorschrift bei der Verwertung einer Lebensversicherung noch nicht anzunehmen, wenn der Rückkaufswert um mehr als die Hälfte hinter den erbrachten Beiträgen zurückbleibt (vgl. BVerwG, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; siehe auch SG Berlin, a.a.O.).

dd) Ob die Klausel der ... Lebensversicherungsverträge, nach der eine Beendigung des Vertrages erst ein Jahr nach Beginn der Laufzeit möglich sei, einer Verwertbarkeit des dort angelegten Vermögens entgegenstand – was im übrigen nicht von der Pflicht entbinden würde, dieses Vermögen anzugeben – mit der Folge, dass eventuell Hilfebedürftigkeit bestanden und die Antragsgegnerin möglicherweise lediglich einen Schadensersatzanspruch gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB II gehabt hätte, braucht im vorliegenden Verfahren schon deswegen nicht geklärt werden, weil die Jahresfrist zum 25. August 2006 abgelaufen ist.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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