S 14 KR 106/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 14 KR 106/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 130/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 28. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2011 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit im Bereich IT-Consulting/IT-Beratung vom 25. Mai 2009 bis 31. März 2010 bei der Beigeladenen selbstständig ausübte und für den Kläger keine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob der Kläger bei der Beigeladenen im Zeitraum vom 25. Mai 2009 bis 31. August 2009 in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.

Die Beigeladene, die 1998 als AG gegründet wurde, ist ein international ausgerichtetes Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen und zählt nach eigenen Angaben zu den zehn führenden mittelständischen Informations- und Kommunikationsdienstleistern in Deutschland. Sie bietet IT-Services und Lösungen an. Zurzeit beschäftigt sie ca. 500 festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der 1975 geborene Kläger ist Diplom-Informatiker und als ITBerater tätig. Er betreibt eine eigene Website, über die er seine Dienste anbietet. Am 24. April 2009 nahm der Kläger von der Beigeladenen einen Auftrag über eine selbstständige Anwendungsentwicklung mit Java, J2EE, Rolle: Dev L3 Microflow3 entgegen. Hierfür wird auf Blatt 4ff. der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Auszugsweise lauteten die Verträge wie folgt: Vertragsbedingungen: 1. Gegenstand des Vertrages (der Beauftragung)/Leistungsumfang a) Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer, die unter dem Kapitel "Leistungsbeschreibung" des näher beschriebenen Beratungs- und Dienstleistungen zu erbringen. Der angegebene Leistungszeitraum und umfang sind nicht zwingend. Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf die maximale Vergütung. Der Auftraggeber ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, den geplanten Leistungsumfang voll auszuschöpfen. b) Sofern oben nichts anderes vereinbart, gilt der vereinbarte Stundensatz unabhängig davon, an welchen Tagen, zu welcher Tageszeit, in welchem Umfang und an welchem Ort die Arbeiten durchgeführt werden. c) Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter tätig. Ein Anstellungsverhältnis wird nicht begründet. d) Für die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange sowie für eine gegebenenfalls notwendige Gewerbeanmeldung wird der Auftragnehmer selbst Sorge tragen. Dies ist bei der Kalkulation der Vergütung berücksichtigt. e) Der Auftragnehmer ist frei darin, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Der Auftragnehmer erfüllt seine Aufgaben eigenverantwortlich. f) Sollte der Auftragnehmer an der Auftragserfüllung gehindert sein, verpflichtet er sich, den Auftraggeber rechtzeitig darüber zu informieren. Der Auftragnehmer kann sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben auch anderer Personen bedienen, die die erforderliche fachliche Qualifikation besitzen, er bleibt jedoch für die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Leistungen gegenüber dem Auftraggeber verantwortlich. g) Im Leistungsnachweis sind der Einsatzort sowie der Umfang der Tätigkeit für jeden Einsatztag entsprechend auszuweisen. 5. Laufzeit des Vertrags/Kündigung a) Dieser Vertrag kann aus wichtigem Grund, insbesondere wichtigen wirtschaftlichen Gründen wie der Stornierung des Gesamtauftrages durch den Kunden des Auftraggebers oder, wenn die entsprechend der Leistungsbeschreibung geforderte Qualität und Quantität nicht erfüllt werden, ohne Frist durch den Auftraggeber schriftlich gekündigt werden. Kündigt der Auftraggeber, so werden dem Auftragnehmer bereits entstandene Kosten und Auslagen für bereits geleistete Arbeiten vertragsgemäß entsprechend dem erzielten Leistungsstand ersetzt. b) Unabhängig vom Recht der Kündigung aus wichtigem Grund kann der Vertrag vom Auftraggeber mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. 6. Abrechnung/Rechnungsstelle a) Der Auftragnehmer wird monatlich Rechnungen stellen. Die Mehrwertsteuer ist auf der Rechnung gesondert auszuweisen ... b) Die monatliche Abrechnung erfolgt nach Aufwand auf Basis der von dem Auftraggeber oder dessen Kunden gegengezeichneten Leistungsnachweisen, die den Rechnungen beizufügen sind ... d) Der C. AG obliegt nicht die Abführung der bei dem Auftragnehmer mit Vertragsdurchführung etwa anfallenden Steuern oder sonstigen Abgaben. 9. Betriebshaftpflichtversicherung/Versicherung a) Der Auftragnehmer verpflichtet sich zum Abschluss einer separaten Betriebshaftpflichtversicherung. Die Deckungssumme der Betriebshaftpflichtversicherung muss sich bei Personenschäden auf mindestens 1.000.000,00 Euro sowie bei Sachschäden auf mindestens 250.000,00 Euro belaufen ... 10. Sonstiges/Schlussbestimmungen ...d) Im Übrigen gelten die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Subunternehmer".

Der Kläger beschäftigte während des Projektes eine Bürokraft. Es gab neben dem Kläger einen Projektleiter der Beigeladenen, der das Projekt, für das der Kläger tätig war, bei einer deutschen Großbank koordinierte. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, dass sein Auftrag bis zum 31. März 2010 verlängert worden sei.

Am 10. August 2009 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung gab der Kläger an, im Bereich IT Consulting/IT Beratung für die Beigeladene tätig zu sein. Der Kläger führt aus, dass er seine Leistungen teilweise am Firmensitz des Kunden und teilweise in seinen eigenen Räumlichkeiten erbringe. Er sei auch nicht an Weisungen des Projektleiters der Beigeladenen gebunden.

Mit Schreiben vom 31. August 2009 legte die Beigeladene eine Tätigkeitsbeschreibung vor. Der Kläger sei nicht weisungsgebunden und dürfe auch keine Weisungen geben. Der Kläger sei nicht verpflichtet, in den Räumen des Kunden zu arbeiten. Er könne zudem zeitlich unabhängig arbeiten und nutze seine eigenen Arbeitsmittel. Der Kläger habe auch nicht mit weiteren Mitarbeitern der Beigeladenen zusammen gearbeitet. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens führte die Beigeladene weiter aus, der Kläger werde nach Leistung und nicht nach Anwesenheit honoriert. Lediglich aus Abrechnungsgründen würden die Arbeitszeiten festgehalten. Der Kläger könne sich für die Ausarbeitung auch eines Dritten bedienen. Im Außenverhältnis habe die Beigeladene den Kunden informiert, dass der Kläger als freier Mitarbeiter tätig sei. Der Kläger sei ferner in keine betrieblichen Abläufe der Beigeladenen integriert gewesen (vgl. insoweit Blatt 54 der Verwaltungsakte der Beklagten). Die Tätigkeit sei befristet und projektbezogen ausgeübt worden.

Nach Anhörung des Klägers und der Beigeladenen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2010 fest, dass der Kläger seine Tätigkeit bei der Beigeladenen im Zeitraum vom 25. Mai 2009 bis 31. August 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausüben würde. Zur Begründung verwies die Beklagte auf § 7 Abs. 1 SGB IV. Es würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Die Tätigkeit sei in einer fremd bestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt worden. Ein unternehmerisches Risiko habe nicht bestanden, da mit Ausübung der Tätigkeit ein Vergütungsanspruch bestanden habe. Der wirtschaftliche Erfolg habe nicht durch erhöhten Arbeitseinsatz bzw. Optimierung der Arbeitsleistung selbst beeinflusst werden können. Daher habe kein unternehmerisches Risiko bestanden. Der Kläger habe die Arbeits- und Betriebsmittel des Kunden der Beigeladenen genutzt. Über die Tätigkeit seien Tätigkeitsnachweise zu führen gewesen. Er sei im Außenverhältnis als Mitarbeiter der Beigeladenen wahrgenommen worden. Als Merkmal für selbstständige Tätigkeit wurde genannt, dass der Einsatz von Vertretern oder Hilfskräften nicht von der Zustimmung des Auftraggebers abhängig sei, der Kläger ein eigenes Unternehmen gegründet habe, auch für andere Auftraggeber tätig werden konnte und eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Nach Gesamtwürdigung überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 9. März 2010 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er sei aufgrund der Art seiner Tätigkeit auch am Betriebssitz des Kunden tätig gewesen, dies sei schon aufgrund geltender Datenschutzbestimmungen notwendig. Die Integration des von ihm entwickelten Softwaresystems sei zwingend am Betriebssitz des Kunden erfolgt. Er sei aber vertraglich nicht an einem Arbeitsort gebunden gewesen. Er verfüge über eigene Geschäftsräume und eine Mitarbeiterin und halte eine umfangreiche IT-Struktur vor. Hingegen habe er am Betriebsort des Endkunden keinen Arbeitsplatz gehabt. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Kunden habe es nicht gegeben und auch keine Weisungsbefugnis der Beigeladenen als Auftraggeber. Es habe keine Beschäftigungspflicht des Auftraggebers bestanden und er sei nicht verpflichtet gewesen, Folgeaufträge anzunehmen. Eine Vergütung sei nur für tatsächlich erbrachte Leistung erfolgt.

Mit Bescheid vom 28. Juni 2010 änderte die Beklagte den Bescheid vom 18. Februar 2010 ab und stellte fest, dass für den Kläger Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2011 zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger unterliege hinsichtlich seiner Tätigkeit Einschränkungen und Vorgaben des Endkunden und der Beigeladenen. Es sei ein Leistungsnachweis zu führen und die Arbeitszeit sei durch die terminlichen Vorgaben des Kunden begrenzt. Für den Kläger bestehe auch kein Haftungsrisiko und er sei auf die Nutzung der am Betriebssitz des Kunden vorhandenen Arbeitsmittel angewiesen. Der Kläger setze auch kein eigenes Kapital in erheblichem Umfang mit dem Risiko des Verlustes ein.

Hiergegen hat der Kläger am 21. Februar 2011 Klage erhoben. Zur Begründung verweist der Kläger auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Der Kläger erhalte über das in der Einzelvereinbarung geregelte Stundenhonorar keinerlei Sozialleistungen wie Entgeltfortzahlung oder bezahlten Urlaub. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Sozialversicherungspflicht liege bei der Beklagten. Der Kläger verweist auch auf ein Urteil des BSG vom 28.05.2008 (B 12 KR 13/07 R). Danach sei maßgebend auf den Willen der Vertragsparteien abzustellen, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, wenn das tatsächliche Verhältnis diesem Willen nicht offensichtlich widerspreche.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2010 in Form des Bescheides vom 28. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger bezüglich seiner Tätigkeit für die Beigeladene im Zeitraum vom 25. Mai 2009 bis 31. August 2009 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide.

Die Beigeladene beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2010 in Form des Bescheides vom 28. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger bezüglich seiner Tätigkeit im Bereich IT Consulting/IT Beratung für die Beigeladene im Zeitraum vom 25. Mai 2009 bis 31. März 2010 keine Sozialversicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Die Beigeladene verweist u.a. darauf, dass der Kläger eine Mitarbeiterin fest angestellt habe, die den Kläger auch fachlich unterstütze. Der Kläger setze daher auch Hilfskräfte ein. Der Kläger habe Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort. Das diese durch Kundenvorgaben eingeschränkt seien, sei nur lebensnah. Der Kläger müsse selbstverständlich die Wünsche und Belange des eigenen Kundens berücksichtigen. Der Kläger könne selbst entscheiden wie er das Projekt umsetze und könne auch Dritte hierfür einschalten. Der Kläger habe auch der Beigeladenen gegenüber ein Haftungsrisiko und ihn treffe auch ein Aquiserisiko. Der Kläger sei nicht in den Betrieb der Beigeladenen eingegliedert, er habe hier nicht einmal ein Zugangsrecht. Die Beigeladene bezieht sich ferner auf ähnlich gelagerte Verfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf die Gerichts- und Beklagtenakte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Zu Unrecht ist die Beklagte von der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung ausgegangen.

Dabei ist auch der Bescheid vom 28. Juni 2010 nach § 86 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden. Denn in diesem Bescheid ändert die Beklagte den vorausgegangen Bescheid vom 18. Februar 2010 ab, der das Element "abhängige Beschäftigung" isoliert festgestellt hatte, und konkretisiert die von ihr im Statusfeststellungsverfahren getroffene Feststellung weiter. Mit dem Bescheid vom 28. Juni 2010 hat die Beklagte der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 R 11/07 RSozR 4-2400 § 7a Nr. 2 = BSGE 103, 17-27; Urteile vom 4. Juni 2009 - B 12 KR 31/07 RSozR 4- 2400 § 7a Nr. 3 und B 12 KR 8/08 R - USK 2009-72 - juris) Rechnung getragen, nach der eine isolierte Feststellung einer abhängigen Beschäftigung - wie noch im Ausgangsbescheid vom 18. Februar 2010 vorgenommen - nicht zulässig ist. Die in ihm getroffene Feststellung geht nicht dahin, dass der Ausgangsbescheid in seinen Grundaussagen zur sozialversicherungsrechtlichen Bewertung der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene in dem streitgegenständlichen Zeitraum vollständig revidiert wird. Der Bescheid stellt letztlich nur klar, dass Rechtsfolge der getroffenen Feststellung, es habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestanden, hier in concreto die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung ist. Er ergänzt den Ausgangsbescheid in dessen Regelungsbereich, indem er feststellt, dass aufgrund der abhängigen Beschäftigung Versicherungspflicht vorlag, und ändert ihn in seinem Verfügungssatz ab. Auch bei einem Verwaltungsakt, der in dieser Weise gemäß § 86 SGG Gegenstand des Verfahrens wird, bedarf es keines weiteren Vorverfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 1962 - 2 RU 270/59 - BSGE 18, 93).

Die Entscheidung der Beklagten stützt sich auf § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), wonach bei der Beklagten eine Entscheidung darüber beantragt werden kann, ob eine Beschäftigung vorliegt, die Voraussetzung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung ist.

Hinsichtlich der materiell-rechtlichen Vorgaben gilt dabei Folgendes:

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung der Beitrags- bzw. Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V – , § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI – , § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – SGB VI – sowie § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III –). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Diese Anhaltspunkte sind indes nicht abschließend. Bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Beschäftigung ist auf eine Reihe von im Gesetz nicht ausdrücklich genannten, von der Rechtsprechung herausgearbeiteten typusbildenden Merkmalen zurückzugreifen und eine Gesamtbetrachtung und Gewichtung aller Umstände vorzunehmen (statt vieler: BSG, Urteil vom 23.06.1994, Az.: 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974 ff.; Schreiber/Moritz-Ritter, Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, 2010, I.2.; zusammenfassend: Seewald, in Kasseler Kommentar, § 7 SGB IV Rn. 46-49 m.w.N.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, wobei angesichts veränderter gesellschaftlicher und technischer Rahmenbedingungen, innerhalb derer eine Erwerbstätigkeit heute ausgeübt wird, das Kriterium der "Weisungsabhängigkeit" deutlich an Konturen verliert. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen (vgl. Bundesarbeitsgericht – BAG –, Urteil vom 20.01.2010, Az.: 5 AZR 99/09, Rz. 13 zu insoweit identischen Abgrenzungskriterien eines Arbeitsverhältnisses). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. Urteile des BSG vom 1.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199 = SozR 2200 § 1227 Nr. 8, vom 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13, vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3- 2400 § 7 Nr. 20, vom 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5, vom 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 42400 § 7 Nr. 7 vom 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45 und vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung 12 Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Maßgeblich ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.2007, a. a. O.).

Neben dem Vertragsverhältnis ist insbesondere wesentlich, ob sich die zu beurteilende Tätigkeit im Rahmen einer Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation vollzieht, innerhalb derer die Tätigkeit in einem "übergeordneten Organismus" erbracht wird. Unter Eingliederung kann dabei die "( ...) abstrahierte und verstetigte, also institutionalisierte Weisungsunterworfenheit" verstanden werden (Segebrecht in Juris PKSGB IV, § 7 Rz. 103 ff. unter Auswertung der Beiträge von Bieback, Sozialer Fortschritt 1999, 166 und Neumann, NZS 2001, 14). Für eine selbständige Tätigkeit spricht demgegenüber insbesondere, wenn die betreffende Person für ihre Tätigkeit eigenes Kapital, Arbeit, Geld oder sonstige Vermögenswerte mit dem Risiko ihres Verlustes (unentgeltliche Arbeit) einsetzt, ob sie mithin selbst das Unternehmerrisiko zumindest in erheblichem Umfange mit trägt. Ein wesentliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung ist die Höchstpersönlichkeit der Arbeitsleistung. Bei abhängiger Beschäftigung ist die Arbeitsleistung in aller Regel durch den Verpflichteten selbst zu erbringen und die Einschaltung Dritter, also von Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen, nicht vorgesehen (§ 613 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –). Im Falle der Arbeitsverhinderung ist es Sache des Geschäftsherrn und nicht des Beschäftigten, für eine Vertretung zu sorgen. Demgegenüber stellt die Möglichkeit, Arbeiten laufend durch eigenes Personal – also nicht höchstpersönlich – erledigen lassen zu können und besonders die mit der Beschäftigung eigener Arbeitnehmer einhergehende Übernahme von Arbeitgeberpflichten einen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit dar. Mit der Einstellung von Personal sind unabhängig von der Auftragslage laufende Ausgaben und wirtschaftliche Verpflichtungen verbunden, die das Risiko in sich bergen, Kapital mit dem Risiko eines Verlustes einzusetzen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Kammer im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu der Auffassung gelangt, dass vorliegend die für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers sprechenden Umstände überwiegen. Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung ist zunächst der zwischen der Beigeladenen und dem Kläger am 24. April 2009 geschlossene Auftrag.

Der Auftrag enthält überwiegend Regelungen, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen: Nach Nr. 1 d) ist der Kläger in der Bestimmung seiner Arbeitszeiten frei und kann über seinen Arbeitsort frei bestimmen. Nach Nr. 1 e) ist der Kläger grundsätzlich frei, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein. Nach Nr. 1 f) kann der Kläger zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Arbeitnehmer einsetzen. Auch in diesem Fall steht der Kläger für den Leistungserfolg ein. Nach Nr. 9 a) ist der Kläger zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung verpflichtet.

Aus der Ausgestaltung der Tätigkeit des Klägers als IT-Berater ergibt sich folgerichtig, dass die die von ihm übernommenen Tätigkeiten in einem zeitlichen Rahmen, der durch die nötige Rücksichtnahme auf die Interessen des Kunden der Beigeladenen bestimmt ist, und dass die Tätigkeit teilweise vor Ort bei dem Kunden der Beigeladenen zu erbringen war. Diese Rahmenbedingungen lassen jedoch nach Überzeugung des Gerichts nicht per se auf eine abhängige Beschäftigung schließen. Sie sind der Natur der Tätigkeit geschuldet und nicht Ausfluss eines einseitigen Direktionsrechts der Beigeladenen. Der Kläger konnte die Arbeiten nach seinem Ermessen von seinem Home-Office oder am Betriebssitz des Kunden in A Stadt wahrnehmen. Der Kläger unterlag auch keinem Weisungsrecht der Beigeladenen, sondern war als IT-Spezialist selbstständig tätig. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen war nicht gegeben.

An der Ernsthaftigkeit der Regelung in Nr. 1 f) des Auftrages, "Erfüllungsgehilfen" einzusetzen, kann ebenso wenig Zweifel bestehen, auch wenn diese Regelung nicht zum Tragen kam, weil Kläger außer einer Bürokraft keine eigenen Arbeitnehmer oder Subunternehmer einsetzte. Auch wenn aus dem Recht, einen Vertreter zu stellen, nicht (allein) die Selbständigkeit abgeleitet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2003, B 2 U 38/02 R – Juris, Rz. 33), ist doch für die abhängige Beschäftigung die persönliche Dienstleistung die Regel. Dementsprechend ist die Befugnis, übernommene Tätigkeiten durch Dritte ausführen zu lassen, als gewichtiges Argument für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit zu werten (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.08.2007 – L 11 (8) R 196/05; Segebrecht, a.a.O., § 7 Rz. 117, Stichwort Beschäftigung und Bezahlung eigenen Personals; andere Auffassung: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.03.2012, L 1 KR 118/09 – Juris, Rz. 31 f.).

Ebenfalls kein ausschlaggebendes Indiz ist, dass in der vertraglichen Vereinbarung keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der (hier fehlenden) Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG 24.10.1978, 12 RK 58/76, SozR 2200 § 1227 Nr. 19).

Einem im Vertrag dokumentierten Willen der Vertragsparteien, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingehen zu wollen, kommt jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R). Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses auf selbstständiger Basis hier nur formal vereinbart wurde, sind für die Kammer nicht ersichtlich. Das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers gibt im Ergebnis das typische Bild einer selbständigen Beschäftigung eines IT-Experten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2, 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000,00 EUR, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.
Rechtskraft
Aus
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