Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 3 VE 9/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 VE 26/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 46/18 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Höhe des GdS (Grades der Schädigungsfolgen) nach dem OEG (Opferentschädigungsgesetz) in Verbindung mit dem BVG (Bundesversorgungsgesetz).
Am 13.05.2008 beantragte der Kläger Leistungen nach dem OEG. Diesem Antrag lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 03.07.2007 wurde der Kläger von dem Schädiger mit der Faust auf das linke Ohr geschlagen und in der Folge noch einmal, wohl auf die rechte Seite des Gesichtes, wobei der Kläger zu Boden ging und von dem Schädiger noch einmal kräftig getreten wurde. Ausweislich des Arztbriefes des Krankenhauses Nordwest vom 07.11.2007, die den Kläger vom 03.11.2007 bis 07.11.2007 behandelten, wurden als Diagnosen gestellt eine Orbitabodenfraktur rechts, unverschobene Maxiallafraktur rechts, Augenbrauenplatzwunde rechts.
Das beklagte Land zog die Akte der Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht Frankfurt (Geschäftszeichen: 995 Ds 11 Js 60328/07-1918) bei. Des Weiteren holte es einen Befundbericht von Dr. C. vom 05.05.2008 (Untersuchungstag), einen Befundbericht von Dr. D. vom Februar 2009, einen Befundbericht von Dr. E. vom 19.10.2009 sowie einen Befundbericht von Dipl.-Psych. F. vom 16.08.2010 bei. Eine durch das beklagte Land veranlasste Begutachtung durch Dres. G. und H. kam nicht zustande, da der Kläger zur Einbestellung am 10.10.2011 nicht erschien. Mit Bescheid vom 14.03.2012 anerkannte das beklagte Land das Vorliegen einer Gewalttat aufgrund der Geschehnisse am 03.11.2007. Entsprechend wurde ein Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten bewilligt. Weitere Leistungen könnten nicht gewährt werden. Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 12.04.2012. Als Gesundheitsschäden infolge des tätlichen Angriffs wies der Kläger auf eine Orbitaltrümmerfraktur rechts, auf seither bestehenden Gesichtsschmerz, nachfolgende Depressionen und sekundären Alkoholabusus hin. Das beklagte Land ließ den Kläger sodann begutachten durch Dr. J. Die Ärztin erstellte ihr Gutachten unter dem 17.10.2012. Sie fand als Schädigungsfolgen auf nervenärztlichem Gebiet eine Schädigung des Nervus infraorbitalis rechts mit einem Einzel-GdS von 20, eine störende Narbe im Bereich der rechten Wangenregion, GdS von 20 und einen Gesamt-GdS von 30. Schädigungsunabhängig liege eine mittelgradige depressive Episode und der schädliche Gebrauch von Alkohol vor. Am 11.04.2013 erließ das beklagte Land einen Abhilfe-Bescheid, in dem es ab 03.11.2007 als Schädigungsfolge der Gewalttat vom 03.11.2007 anerkannte:
1. Schädigung des Nervus infraorbitalis (Unteraugennerv) rechts mit Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich, den oralen Bereich einschließend,
2. leicht störende Narbe im Bereich der rechten Wangenregion.
Den GdS stellte es mit 30 fest. Im Weiteren wurde ausgeführt, dass die geltend gemachten seelischen Störungen die Folge der schwierigen sozialen Situation nach dem Tatgeschehen und damit schädigungsunabhängig seien. Es sei auch nochmals festgestellt worden, dass kein Zahnschaden und auch keine Beschädigung einer Zahnbrücke aufgrund des Tatgeschehens am 03.11.2007 habe nachgewiesen werden können. Eine Behandlung zeitnah nach der Gewalttat sei nicht nachweisbar und ein kausaler Zusammenhang somit nicht belegt. Die Voraussetzungen nach § 30 Abs. 2 BVG und § 30 Abs. 3 BVG seien nicht gegeben. Der Kläger hielt seinen Widerspruch aufrecht wegen der Folgeschäden aus der Gesichtsnervenverletzung, die Schäden im Zahnbereich sowie der seelischen Schädigungen. Durch die Tat sei eine Brücke beschädigt worden, wie sich aus der Begründung des Heil- und Kostenplans von Dr. E. vom 19.10.2009 ergäbe. Er habe Schmerzen im Kiefergelenk rechts, die Brücke wackelte seit der Tätlichkeit. Die seelischen Störungen seien schädigungsbedingt. Am 06.03.2014 erging zurückweisender Widerspruchsbescheid, soweit der Widerspruch über die Entscheidung im Bescheid vom 11.04.2013 hinausging. Zur Begründung wurde dargelegt, dass nach dem Ergebnis der versorgungsärztlichen Begutachtung vom 11.10.2012 bei dem Kläger als Folge der am 03.11.2007 aufgrund eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs erlittenen Verletzungen eine Nervenstörung mit Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich sowie eine entstellende Narbe im Bereich der rechten Wange vorliege. Beide Schädigungsfolgen seien mit dem GdS von jeweils 20 angemessen und nicht zu niedrig bewertet. Aus der integrativen Bewertung dieser beiden Gesundheitsstörungen resultiere der anerkannte Gesamt-GdS von 30. Nach den vorliegenden Unterlagen sei allenfalls eine Beschädigung einer bereits vor der Schädigung vorhandene Brücke im Oberkiefer rechts erfolgt. Ein Zahnschaden sei bisher nicht nachgewiesen. Es habe eine unverschobene Oberkiefer- Maxiallafraktur rechts vorgelegen. Der zahnärztliche Befund vom 03.11.2007 beschreibe grob orientierend einen unauffälligen Zahnstatus. Eine leichte Okklusionsstörung im rechten hinteren molaren Bereich sei bereits am 08.11.2007 als rückläufig bezeichnet worden. Eine Erneuerung der Brücke sei im Herbst 2009 in die Wege geleitet worden, nachdem Dr. C. am 05.05.2008 vermerkt habe, dass eine durch den Unfall verursachte Verschiebung der OK-Zähne rechts mit Hilfe einer Brücke wieder hergestellt werden müsse. Ein unmittelbar kausaler Zusammenhang mit der Schädigung zwei Jahre zuvor könne hierin nicht gesehen werden. Die Schädigungsfolgen im Kiefergelenk oder Unterkiefer seien nicht aktenkundig, Frakturen seien in diesem Bereich nicht belegt. Die mittelbare Schädigung weiterer Zähne durch eine eventuell schädigungsbedingte Kieferfehlstellung sei daher nicht erkennbar. Die beklagten Schmerzen im Kiefergelenksbereich würden sich ohne weiteres durch die anerkannte Nervenschädigung im Gesicht erklären lassen. Nach dem nervenärztlichen Gutachten vom 17.10.2012 seien die Kriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung nicht erfüllt. Auf die Schädigung zurückführende Angst- und Panikreaktionen seien nach ca. einem halben Jahr abgeklungen. Die ärztlicherseits festgestellten depressiven Störungen seien vorrangig in Verbindung mit einer jahrelangen schwierigen sozialen Situation zu sehen, die teilweise bereits vor der Schädigung ihren Anfang genommen habe. Die Schädigung könne für die bestehenden seelischen Störungen nicht als alleinig kausal angesehen werden; auch sei ihr hierfür keine zumindest gleichwertige Mitursache beizumessen. Eine Anerkennung von seelischen Störungen als Folge der Schädigung könne daher nicht erfolgen. Im psychologischen Befund von Frau F. vom 16.08.2010 sei eine Differenzierung der Sozialbiografie unter Berücksichtigung vor und nach der Schädigung bestehender Beeinträchtigung nicht erfolgt.
Am 10.03.2014 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben, mit der er die Zuerkennung eines höheren GdS unter Wiederholung seiner Darlegungen im Verwaltungsverfahren und zusätzlicher Geltendmachung von Schwindel und Schwerhörigkeit begehrt.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Bescheides vom 14.03.2012 in der Fassung des Abhilfe-Bescheides vom 11.04.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 das beklagte Land zu verurteilen, ihm antragsgemäß eine Versorgungsrente im gesetzlichen Umfang zu bewilligen.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es sieht aufgrund der im Klageverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen keine Veranlassung, von der bisherigen Beurteilung abzuweichen.
Im Klageverfahren wurden Befundberichte von Dr. K. vom 24.06.2014, Dr. L. vom 24.06.2014, Dr. C. vom 22.10.2015 eingeholt. Der Kläger hat einen Kurentlassungsbericht vom 09.12.2015 vorgelegt.
Sodann hat die erkennende Kammer Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens, das der Neurologe und Psychiater Dr. M. unter dem 27.04.2016 erstellte. Dieser gelangte zu einem Gesamt-GdS von 40 mit jeweils drei Einzel-GdS für eine Störung der Narbe, eine Schädigung des Nervus infraorbitalis rechts und einer depressiven Reaktion. Dr. M. ergänzte sein Gutachten unter dem 13.08.2016. Wegen Unstimmigkeiten/Unschlüssigkeiten in diesem Gutachten hat die erkennende Kammer ein weiteres Gutachten auf nervenärztlichem Fachgebiet eingeholt, das Dr. N. unter dem 28.04.2017 erstellte. Dr. N. fand keine anzuerkennenden Schädigungsfolgen auf seinem Fachgebiet.
Die Verwaltungsakte wurde dem Verfahren beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachverhaltsaufklärung und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte vorliegend durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil der Rechtsstreit keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und das Gericht den Sachverhalt als geklärt ansieht.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das Gericht folgt der von dem Beklagten im Widerspruchsbescheid gegebenen Begründung und sieht deshalb von einer ausführlichen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Ergänzend ergehen folgende Hinweise:
Der schon von dem Beklagten aufgrund der ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen festgestellte GdS hat sich durch die während des Klageverfahrens durchgeführte weitere Beweiserhebung erhärtet. In Übereinstimmung mit der Sachverständigen des Beklagten Frau Dr. J. hat auch der Gerichtsgutachter Dr. N. auf nervenärztlichem Fachgebiet keinen GdS (höher als 30) feststellen können. Zweifel an der Richtigkeit der vorliegenden Gutachten ergeben sich für die Kammer nicht. Die Ausführungen von Dr. N. sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und überzeugend. Seine Beurteilung wird in dem von ihm vorgelegten Gutachten nach nacheingehender Befunderhebung mit nachvollziehbarer und für die Kammer einleuchtender Begründung abgeleitet.
Das Gutachten von Dr. M. vermag dem gegenüber nicht zu überzeugen, soweit dieser für die depressive Symptomatik mit einem GdS von 20 von einer Schädigungsfolge ausgeht. Dr. M. hat in seinem Gutachten die im Jahre 2008 auftretende Obdachlosigkeit als Mitursache der depressiven Störung schädigungsunabhängig im Sinne eines Nachschadens als Symptom der Aufrechterhaltung der depressiven Symptomatik bewertet, wenn auch als schädigungsunabhängiger Faktor. Demgegenüber überzeugen die Ausführungen des Dr. N. in seinem Gutachten die erkennende Kammer mehr, dass die Obdachlosigkeit vor dem Hintergrund der biografischen Entwicklung des Klägers ein mindestens genauso großes Trauma gewesen war wie das Ereignis am 03.11.2007 oder sogar einen größeren Einschnitt für den Kläger bedeutete vor dem Hintergrund sozialer Isoliertheit und auch ansonsten unstetiger Lebensverhältnisse. Damit geht die erkennende Kammer mit Dr. N. davon aus, dass die Obdachlosigkeit als schädigungsunabhängige Ursache einen Nachschaden von wesentlicher Bedeutung darstellt und bereits der Kläger sich in den Jahren 2007 bis 2009 in einer schwierigen Lebenslage und schwierigen Lebensumständen befand, wie in dem Gutachten noch einmal dargestellt. Entsprechend hat das schädigende Ereignis vom 03.11.2007 nur eine nachrangige Bedeutung im Hinblick auf die dann in den weiteren Jahren sich entwickelte depressive Störung, so Dr. N. Dem schließt sich die erkennende Kammer an.
Hinsichtlich der weiteren anerkannten Schädigungsfolgen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.
Bei GdS-Werten von zweimal 20 ist unter Berücksichtigung der Vorgaben zur Bildung des Gesamt-GdS zutreffend ein GdS von 30 festgestellt worden.
Der Klage musste daher der Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Höhe des GdS (Grades der Schädigungsfolgen) nach dem OEG (Opferentschädigungsgesetz) in Verbindung mit dem BVG (Bundesversorgungsgesetz).
Am 13.05.2008 beantragte der Kläger Leistungen nach dem OEG. Diesem Antrag lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 03.07.2007 wurde der Kläger von dem Schädiger mit der Faust auf das linke Ohr geschlagen und in der Folge noch einmal, wohl auf die rechte Seite des Gesichtes, wobei der Kläger zu Boden ging und von dem Schädiger noch einmal kräftig getreten wurde. Ausweislich des Arztbriefes des Krankenhauses Nordwest vom 07.11.2007, die den Kläger vom 03.11.2007 bis 07.11.2007 behandelten, wurden als Diagnosen gestellt eine Orbitabodenfraktur rechts, unverschobene Maxiallafraktur rechts, Augenbrauenplatzwunde rechts.
Das beklagte Land zog die Akte der Staatsanwaltschaft vor dem Landgericht Frankfurt (Geschäftszeichen: 995 Ds 11 Js 60328/07-1918) bei. Des Weiteren holte es einen Befundbericht von Dr. C. vom 05.05.2008 (Untersuchungstag), einen Befundbericht von Dr. D. vom Februar 2009, einen Befundbericht von Dr. E. vom 19.10.2009 sowie einen Befundbericht von Dipl.-Psych. F. vom 16.08.2010 bei. Eine durch das beklagte Land veranlasste Begutachtung durch Dres. G. und H. kam nicht zustande, da der Kläger zur Einbestellung am 10.10.2011 nicht erschien. Mit Bescheid vom 14.03.2012 anerkannte das beklagte Land das Vorliegen einer Gewalttat aufgrund der Geschehnisse am 03.11.2007. Entsprechend wurde ein Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten bewilligt. Weitere Leistungen könnten nicht gewährt werden. Gegen diesen Bescheid wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 12.04.2012. Als Gesundheitsschäden infolge des tätlichen Angriffs wies der Kläger auf eine Orbitaltrümmerfraktur rechts, auf seither bestehenden Gesichtsschmerz, nachfolgende Depressionen und sekundären Alkoholabusus hin. Das beklagte Land ließ den Kläger sodann begutachten durch Dr. J. Die Ärztin erstellte ihr Gutachten unter dem 17.10.2012. Sie fand als Schädigungsfolgen auf nervenärztlichem Gebiet eine Schädigung des Nervus infraorbitalis rechts mit einem Einzel-GdS von 20, eine störende Narbe im Bereich der rechten Wangenregion, GdS von 20 und einen Gesamt-GdS von 30. Schädigungsunabhängig liege eine mittelgradige depressive Episode und der schädliche Gebrauch von Alkohol vor. Am 11.04.2013 erließ das beklagte Land einen Abhilfe-Bescheid, in dem es ab 03.11.2007 als Schädigungsfolge der Gewalttat vom 03.11.2007 anerkannte:
1. Schädigung des Nervus infraorbitalis (Unteraugennerv) rechts mit Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich, den oralen Bereich einschließend,
2. leicht störende Narbe im Bereich der rechten Wangenregion.
Den GdS stellte es mit 30 fest. Im Weiteren wurde ausgeführt, dass die geltend gemachten seelischen Störungen die Folge der schwierigen sozialen Situation nach dem Tatgeschehen und damit schädigungsunabhängig seien. Es sei auch nochmals festgestellt worden, dass kein Zahnschaden und auch keine Beschädigung einer Zahnbrücke aufgrund des Tatgeschehens am 03.11.2007 habe nachgewiesen werden können. Eine Behandlung zeitnah nach der Gewalttat sei nicht nachweisbar und ein kausaler Zusammenhang somit nicht belegt. Die Voraussetzungen nach § 30 Abs. 2 BVG und § 30 Abs. 3 BVG seien nicht gegeben. Der Kläger hielt seinen Widerspruch aufrecht wegen der Folgeschäden aus der Gesichtsnervenverletzung, die Schäden im Zahnbereich sowie der seelischen Schädigungen. Durch die Tat sei eine Brücke beschädigt worden, wie sich aus der Begründung des Heil- und Kostenplans von Dr. E. vom 19.10.2009 ergäbe. Er habe Schmerzen im Kiefergelenk rechts, die Brücke wackelte seit der Tätlichkeit. Die seelischen Störungen seien schädigungsbedingt. Am 06.03.2014 erging zurückweisender Widerspruchsbescheid, soweit der Widerspruch über die Entscheidung im Bescheid vom 11.04.2013 hinausging. Zur Begründung wurde dargelegt, dass nach dem Ergebnis der versorgungsärztlichen Begutachtung vom 11.10.2012 bei dem Kläger als Folge der am 03.11.2007 aufgrund eines rechtswidrigen tätlichen Angriffs erlittenen Verletzungen eine Nervenstörung mit Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich sowie eine entstellende Narbe im Bereich der rechten Wange vorliege. Beide Schädigungsfolgen seien mit dem GdS von jeweils 20 angemessen und nicht zu niedrig bewertet. Aus der integrativen Bewertung dieser beiden Gesundheitsstörungen resultiere der anerkannte Gesamt-GdS von 30. Nach den vorliegenden Unterlagen sei allenfalls eine Beschädigung einer bereits vor der Schädigung vorhandene Brücke im Oberkiefer rechts erfolgt. Ein Zahnschaden sei bisher nicht nachgewiesen. Es habe eine unverschobene Oberkiefer- Maxiallafraktur rechts vorgelegen. Der zahnärztliche Befund vom 03.11.2007 beschreibe grob orientierend einen unauffälligen Zahnstatus. Eine leichte Okklusionsstörung im rechten hinteren molaren Bereich sei bereits am 08.11.2007 als rückläufig bezeichnet worden. Eine Erneuerung der Brücke sei im Herbst 2009 in die Wege geleitet worden, nachdem Dr. C. am 05.05.2008 vermerkt habe, dass eine durch den Unfall verursachte Verschiebung der OK-Zähne rechts mit Hilfe einer Brücke wieder hergestellt werden müsse. Ein unmittelbar kausaler Zusammenhang mit der Schädigung zwei Jahre zuvor könne hierin nicht gesehen werden. Die Schädigungsfolgen im Kiefergelenk oder Unterkiefer seien nicht aktenkundig, Frakturen seien in diesem Bereich nicht belegt. Die mittelbare Schädigung weiterer Zähne durch eine eventuell schädigungsbedingte Kieferfehlstellung sei daher nicht erkennbar. Die beklagten Schmerzen im Kiefergelenksbereich würden sich ohne weiteres durch die anerkannte Nervenschädigung im Gesicht erklären lassen. Nach dem nervenärztlichen Gutachten vom 17.10.2012 seien die Kriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung nicht erfüllt. Auf die Schädigung zurückführende Angst- und Panikreaktionen seien nach ca. einem halben Jahr abgeklungen. Die ärztlicherseits festgestellten depressiven Störungen seien vorrangig in Verbindung mit einer jahrelangen schwierigen sozialen Situation zu sehen, die teilweise bereits vor der Schädigung ihren Anfang genommen habe. Die Schädigung könne für die bestehenden seelischen Störungen nicht als alleinig kausal angesehen werden; auch sei ihr hierfür keine zumindest gleichwertige Mitursache beizumessen. Eine Anerkennung von seelischen Störungen als Folge der Schädigung könne daher nicht erfolgen. Im psychologischen Befund von Frau F. vom 16.08.2010 sei eine Differenzierung der Sozialbiografie unter Berücksichtigung vor und nach der Schädigung bestehender Beeinträchtigung nicht erfolgt.
Am 10.03.2014 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben, mit der er die Zuerkennung eines höheren GdS unter Wiederholung seiner Darlegungen im Verwaltungsverfahren und zusätzlicher Geltendmachung von Schwindel und Schwerhörigkeit begehrt.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Bescheides vom 14.03.2012 in der Fassung des Abhilfe-Bescheides vom 11.04.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 das beklagte Land zu verurteilen, ihm antragsgemäß eine Versorgungsrente im gesetzlichen Umfang zu bewilligen.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es sieht aufgrund der im Klageverfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen keine Veranlassung, von der bisherigen Beurteilung abzuweichen.
Im Klageverfahren wurden Befundberichte von Dr. K. vom 24.06.2014, Dr. L. vom 24.06.2014, Dr. C. vom 22.10.2015 eingeholt. Der Kläger hat einen Kurentlassungsbericht vom 09.12.2015 vorgelegt.
Sodann hat die erkennende Kammer Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens, das der Neurologe und Psychiater Dr. M. unter dem 27.04.2016 erstellte. Dieser gelangte zu einem Gesamt-GdS von 40 mit jeweils drei Einzel-GdS für eine Störung der Narbe, eine Schädigung des Nervus infraorbitalis rechts und einer depressiven Reaktion. Dr. M. ergänzte sein Gutachten unter dem 13.08.2016. Wegen Unstimmigkeiten/Unschlüssigkeiten in diesem Gutachten hat die erkennende Kammer ein weiteres Gutachten auf nervenärztlichem Fachgebiet eingeholt, das Dr. N. unter dem 28.04.2017 erstellte. Dr. N. fand keine anzuerkennenden Schädigungsfolgen auf seinem Fachgebiet.
Die Verwaltungsakte wurde dem Verfahren beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachverhaltsaufklärung und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte vorliegend durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil der Rechtsstreit keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und das Gericht den Sachverhalt als geklärt ansieht.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das Gericht folgt der von dem Beklagten im Widerspruchsbescheid gegebenen Begründung und sieht deshalb von einer ausführlichen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Ergänzend ergehen folgende Hinweise:
Der schon von dem Beklagten aufgrund der ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen festgestellte GdS hat sich durch die während des Klageverfahrens durchgeführte weitere Beweiserhebung erhärtet. In Übereinstimmung mit der Sachverständigen des Beklagten Frau Dr. J. hat auch der Gerichtsgutachter Dr. N. auf nervenärztlichem Fachgebiet keinen GdS (höher als 30) feststellen können. Zweifel an der Richtigkeit der vorliegenden Gutachten ergeben sich für die Kammer nicht. Die Ausführungen von Dr. N. sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und überzeugend. Seine Beurteilung wird in dem von ihm vorgelegten Gutachten nach nacheingehender Befunderhebung mit nachvollziehbarer und für die Kammer einleuchtender Begründung abgeleitet.
Das Gutachten von Dr. M. vermag dem gegenüber nicht zu überzeugen, soweit dieser für die depressive Symptomatik mit einem GdS von 20 von einer Schädigungsfolge ausgeht. Dr. M. hat in seinem Gutachten die im Jahre 2008 auftretende Obdachlosigkeit als Mitursache der depressiven Störung schädigungsunabhängig im Sinne eines Nachschadens als Symptom der Aufrechterhaltung der depressiven Symptomatik bewertet, wenn auch als schädigungsunabhängiger Faktor. Demgegenüber überzeugen die Ausführungen des Dr. N. in seinem Gutachten die erkennende Kammer mehr, dass die Obdachlosigkeit vor dem Hintergrund der biografischen Entwicklung des Klägers ein mindestens genauso großes Trauma gewesen war wie das Ereignis am 03.11.2007 oder sogar einen größeren Einschnitt für den Kläger bedeutete vor dem Hintergrund sozialer Isoliertheit und auch ansonsten unstetiger Lebensverhältnisse. Damit geht die erkennende Kammer mit Dr. N. davon aus, dass die Obdachlosigkeit als schädigungsunabhängige Ursache einen Nachschaden von wesentlicher Bedeutung darstellt und bereits der Kläger sich in den Jahren 2007 bis 2009 in einer schwierigen Lebenslage und schwierigen Lebensumständen befand, wie in dem Gutachten noch einmal dargestellt. Entsprechend hat das schädigende Ereignis vom 03.11.2007 nur eine nachrangige Bedeutung im Hinblick auf die dann in den weiteren Jahren sich entwickelte depressive Störung, so Dr. N. Dem schließt sich die erkennende Kammer an.
Hinsichtlich der weiteren anerkannten Schädigungsfolgen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.
Bei GdS-Werten von zweimal 20 ist unter Berücksichtigung der Vorgaben zur Bildung des Gesamt-GdS zutreffend ein GdS von 30 festgestellt worden.
Der Klage musste daher der Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
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