Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 11 R 268/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 310/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 236/18 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt bei der Berechnung ihrer Altersrente die zusätzliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für den Zeitraum vom 23.3.1965 bis 30.11.1966 für ihren am 23.3.1965 geborenen Sohn C ... Bei Geburt ihres Sohnes lebte die Klägerin bereits seit 2/1964 in Australien und war ausweislich der vorliegenden Meldebescheinigung ihres Sohnes vom 9.10.2014 (Bl. 14 Verwaltungsakte) ab 9.12.1966 wieder mit Hauptwohnsitz in Deutschland (D-Stadt) gemeldet.
Mit Bescheid vom 9.9.2014 stellte die Beklagte die bisherige Altersrente der Klägerin ab 1.7.2014 neu fest. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass ein Zuschlag für Kindererziehung zusätzlich zu berücksichtigen sei (sog. Mütterrente). Im Rahmen der Rentenberechnung wurde ein zusätzlicher Entgeltpunkt für die am 23.9.1968 geborene Tochter der Klägerin berücksichtigt.
Für den am 23.3.1965 geborenen Sohn C. fand keine Berücksichtigung statt. Hiergegen richtete sich der zunächst am 6.10.2014 erhobene Widerspruch der Klägerin, mit dem diese sich dagegen wandte, dass ihr am 23.3.1965 geborener Sohn C. bei der Berechnung der Mütter-Rente nicht berücksichtigt worden sei. Nach Hinweis der Beklagten auf die Vorschrift des § 307d Abs. 1 SGB VI und auf die fehlende Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt wegen des damaligen Auslandsaufenthalts nahm die Klägerin zunächst am 20.11.2014 ihren Widerspruch zurück.
Mit Schreiben vom 21.11.2014 teilte die Klägerin mit, dass die Rücknahme ein Fehler gewesen sei und bat sinngemäß um erneute Überprüfung, ob in ihrem Fall ggfs. 4 Monate Kindererziehung anrechenbar seien. Die Beklagte legte das Schreiben als Antrag nach § 44 SGB X aus und wies diesen mit Bescheid vom 13.1.2015 zurück. Eine Berücksichtigung weiterer Kindererziehungszeiten scheide aus, da für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt eine Ablehnung von Kindererziehungszeiten vorliege. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin vom 5.2.2015 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2015 zurückgewiesen.
Mit ihrer am 7.7.2015 bei dem Sozialgericht Wiesbaden erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Anerkennung weiterer Kindererziehungszeiten weiter. Zur Begründung weist Sie insbesondere darauf hin, dass ihre Rückkehr nach Deutschland noch vor Vollendung des zweiten Lebensjahres Ihres Sohnes erfolgt sei und sie diesen überwiegend in der Bundesrepublik erzogen habe. Sie fühle sich gegenüber Müttern, die ihre Kinder nicht teilweise im Ausland erzogen hätten benachteiligt und sehe hierin ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG). Es sei ebenso eine Ungleichbehandlung, dass bei ihr als Bestandsrentnerin nur 12 Monate Kindererziehungszeit bewertet würden, während Mütter, die erst 2014 in Rente gingen mit 24 Monate bewertet würden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.1.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.6.2015 und unter Abänderung des Bescheides vom 9.9.2014 zu verurteilen, bei ihrer Altersrente zusätzlich Kindererziehungszeiten für ihren am 23.3.1965 geborenen Sohn für die Zeit vom 23.3.1965 – 30.11.1966 zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide.
Die Beteiligten wurden mit Verfügung vom 3.4.2017 zur beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und die Verwaltungsakte der Klägerin bei der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Das Gericht kann vorliegend gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da aus Sicht des Gerichts der Sachverhalt geklärt ist und keine rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist. Die Beteiligten haben sich letztlich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid vom 13.1.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.6.2015 nicht in ihren Rechten verletzt, denn sie hat nach der Vorschrift des § 307d SGB VI keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Entgeltpunkte im Rahmen ihrer Rentenberechnung.
Nach § 307d SGB VI wird in Fällen, in denen am 30. Juni 2014 Anspruch auf eine Rente bestand, ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn (Nr. 1) in der Rente eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde und (Nr. 2) kein Anspruch nach den §§ 294 und 294a besteht. Die Klägerin bezog zwar bei Inkrafttreten dieser Vorschrift eine Altersrente, sie hat auch keinen Anspruch nach §§ 294 und 294a SGB VI und ihr Sohn C. ist vor dem 1. Januar 1992 geboren worden. Die weitere vom Gesetzgeber ausdrücklich geforderte weitere Voraussetzung der Anrechnung einer Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf der Geburt erfüllt die Klägerin hingegen nicht.
Die Klägerin befand sich unstreitig mit Ihrem am 23.3.1965 geborenen Sohn bis einschließlich November 1966 und damit auch im zwölften Kalendermonat nach Ablauf der Geburt in Australien.
Hierfür wurde nach Mitteilung der Beklagten mit nicht mehr reproduzierbarem Bescheid vom 13.6.1988 eine Kindererziehungszeit abgelehnt.
Dies entspricht auch der Rechtslage, da die Anrechnung einer Kindererziehungszeit nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI nur dann in Betracht kommt, wenn die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht. Nach § 56 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB VI ist eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht es gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten hat und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten (in der deutschen Rentenversicherung) hat. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Voraussetzungen bei dem Australienaufenthalt der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt gewesen wären und wird im Übrigen auch von der Klägerin nicht vorgebracht.
Die vielmehr von der Klägerin vertretene Auffassung, dass die fehlende Berücksichtigung eines weiteren Entgeltpunktes für Ihren Sohn ein Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorschriften darstellt, teilt das Gericht nicht.
Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung von Gesetzesvorschriften, die ausschließlich Vergünstigungen ohne unmittelbare Beitragsleistungen zum Gegenstand haben, einen weiten, für die Gerichte regelmäßig nicht überprüfbaren, Gestaltungsspielraum (vgl. z.B. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 09.11.2011, Az. 1 BvR 1853/11 - nach juris). Dieser Spielraum erweitert sich zusätzlich noch deshalb, weil der Gesetzgeber bei der Gestaltung der erweiterten Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten ausnahmsweise diese Vergünstigung nicht nur mit Wirkung für zukünftige Rentenbezieher eingeführt hat, sondern auch die sog. Bestandsrenten an dieser Vergünstigung teilhaben lässt. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an die Stelle einer umfassenden Einzelfallprüfung zur Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit eine vergröbernde und pauschalierende Regelung gesetzt wird. Dies gilt jedenfalls solange die Regelung sinnvoll und nachvollziehbar erscheint. Das Anknüpfen des Entgeltpunktezuschlags an das Vorliegen einer anerkannten Kindererziehungszeit für den 12. Lebensmonat des Kindes stellt ein einfach handhabbares und sinnvolles Kriterium dar, das in der überwiegenden Anzahl der Fälle zum vollständig zutreffenden Ergebnis führt. Dass eine solche Pauschalregelung in einigen besonders gelagerten Fällen zu einer Härte im Einzelfall führt, ist dabei regelmäßig hinzunehmen (wie vor Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. April 2017 – L 19 R 436/15 –, Rn. 34, juris unter Bezugnahme auf die Motive des Gesetzgebers, BR-Drs. 25/14 (S.11 und 21) und BT-Drs. 18/909, S. 24).
Auch wenn – wie im Fall der Klägerin – im Laufe des zweiten Lebensjahres des Kindes die Voraussetzungen für die Feststellung von Kindererziehungszeiten eintreten, ist diese durch das pauschale Abstellen auf den zwölften Kalendermonat nach dem Monat der Geburt eintretende Benachteiligung sachlich gerechtfertigt und daher hinzunehmen, ohne dass hierin ein Verstoß Verfassungsrecht und insbesondere gegen den Gleichheitsgrundsatz zu sehen ist.
Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen des Bayrischen Landessozialgerichts im Beschluss vom 31.5.2016 (L 6 R 685/15) – juris, und macht sich diese zu eigen.
Dort heißt es:
"Im Übrigen begegnet die Vorschrift des § 307d SGB VI auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar benachteiligt diese Regelung durch das pauschale Abstellen auf die Anrechnung einer Kindererziehungszeit im zwölften Kalendermonat nach dem Monat der Geburt als Anspruchsvoraussetzung für die Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltpunkte für das gesamte zweite Lebensjahr von Kindern Bestandsrentner gegenüber sonstigen Versicherten, soweit im Laufe des zweiten Lebensjahrs die Voraussetzungen für eine Feststellung von Kindererziehungszeiten gem. §§ 56, 249,149 Abs. 5 SGB VI wieder eingetreten sind. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Gesetzgeber den Bedürfnissen der Massenverwaltung durch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen Rechnung tragen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.05.2005, Az.: 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2144/98, 1 BvR 2300/98 m.w.N.; Diel in: Hauck/Noftz, SGB, 04/15, § 307d SGB VI, Rn. 9). Dies gilt umso mehr, als Kindererziehungszeiten einen sozialen Ausgleich ohne entsprechende Gegenleistung des Versicherten in Form von Versicherungsbeiträgen darstellen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11.01.2016, 1 BvR 1687/14 m.w.N.). Zu berücksichtigen ist weiter, dass § 307d SGB VI bereits selbst eine begünstigende Ausnahmeregelung von der gesetzlichen Grundregel des § 306 SGB VI darstellt, wonach grundsätzlich Gesetzesänderungen nicht zur Neuberechnung bereits laufender Renten führen. Es erscheint insofern auch im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG sachlich gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber - welcher bei Schaffung der Regelung des § 307d SGB VI von rund 9,5 Millionen Bestandsrenten ausging - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und zur Vermeidung umfangreicher Neuberechnungen eine pauschalierte Regelung getroffen hat. Die hierbei leitenden Überlegungen, mit einer Anknüpfung an bereits im Versicherungsverlauf enthaltene Daten die reibungslose Umsetzung der Einbeziehung auch des Rentenbestandes in die verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten für Geburten vor 1992 innerhalb der Rentensystematik ohne weitere Sonderregelungen zu gewährleisten und Schwierigkeiten bei der Ermittlung der tatsächlichen Erziehungsverhältnisse im regelmäßig weit zurückliegenden zweiten Lebensjahr des Kindes zu vermeiden (vgl. Gesetzesbegründung, BT-DRS 18/909, S. 15, 24) stehen zur Überzeugung des Senats im Einklang mit dem vom Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) eingeräumten Gestaltungsspielraum."
Auch das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt mit Nichtannahmebeschluss vom 6.3.2017 (1 BvR 2740/16) erneut bestätigt, dass kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf rentenrechtliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in einem nicht zur Europäischen Union gehörenden Drittstaat besteht. Dies schlägt auch auf die rentenrechtliche Berücksichtigung dieser Erziehungsleistungen im Ausland bei Anwendung der sog. "Mütterrente" nach § 307d SGB VI durch.
Nach alledem war der Klage der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt bei der Berechnung ihrer Altersrente die zusätzliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten für den Zeitraum vom 23.3.1965 bis 30.11.1966 für ihren am 23.3.1965 geborenen Sohn C ... Bei Geburt ihres Sohnes lebte die Klägerin bereits seit 2/1964 in Australien und war ausweislich der vorliegenden Meldebescheinigung ihres Sohnes vom 9.10.2014 (Bl. 14 Verwaltungsakte) ab 9.12.1966 wieder mit Hauptwohnsitz in Deutschland (D-Stadt) gemeldet.
Mit Bescheid vom 9.9.2014 stellte die Beklagte die bisherige Altersrente der Klägerin ab 1.7.2014 neu fest. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass ein Zuschlag für Kindererziehung zusätzlich zu berücksichtigen sei (sog. Mütterrente). Im Rahmen der Rentenberechnung wurde ein zusätzlicher Entgeltpunkt für die am 23.9.1968 geborene Tochter der Klägerin berücksichtigt.
Für den am 23.3.1965 geborenen Sohn C. fand keine Berücksichtigung statt. Hiergegen richtete sich der zunächst am 6.10.2014 erhobene Widerspruch der Klägerin, mit dem diese sich dagegen wandte, dass ihr am 23.3.1965 geborener Sohn C. bei der Berechnung der Mütter-Rente nicht berücksichtigt worden sei. Nach Hinweis der Beklagten auf die Vorschrift des § 307d Abs. 1 SGB VI und auf die fehlende Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt wegen des damaligen Auslandsaufenthalts nahm die Klägerin zunächst am 20.11.2014 ihren Widerspruch zurück.
Mit Schreiben vom 21.11.2014 teilte die Klägerin mit, dass die Rücknahme ein Fehler gewesen sei und bat sinngemäß um erneute Überprüfung, ob in ihrem Fall ggfs. 4 Monate Kindererziehung anrechenbar seien. Die Beklagte legte das Schreiben als Antrag nach § 44 SGB X aus und wies diesen mit Bescheid vom 13.1.2015 zurück. Eine Berücksichtigung weiterer Kindererziehungszeiten scheide aus, da für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt eine Ablehnung von Kindererziehungszeiten vorliege. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin vom 5.2.2015 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2015 zurückgewiesen.
Mit ihrer am 7.7.2015 bei dem Sozialgericht Wiesbaden erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Anerkennung weiterer Kindererziehungszeiten weiter. Zur Begründung weist Sie insbesondere darauf hin, dass ihre Rückkehr nach Deutschland noch vor Vollendung des zweiten Lebensjahres Ihres Sohnes erfolgt sei und sie diesen überwiegend in der Bundesrepublik erzogen habe. Sie fühle sich gegenüber Müttern, die ihre Kinder nicht teilweise im Ausland erzogen hätten benachteiligt und sehe hierin ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG). Es sei ebenso eine Ungleichbehandlung, dass bei ihr als Bestandsrentnerin nur 12 Monate Kindererziehungszeit bewertet würden, während Mütter, die erst 2014 in Rente gingen mit 24 Monate bewertet würden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.1.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8.6.2015 und unter Abänderung des Bescheides vom 9.9.2014 zu verurteilen, bei ihrer Altersrente zusätzlich Kindererziehungszeiten für ihren am 23.3.1965 geborenen Sohn für die Zeit vom 23.3.1965 – 30.11.1966 zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide.
Die Beteiligten wurden mit Verfügung vom 3.4.2017 zur beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und die Verwaltungsakte der Klägerin bei der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Das Gericht kann vorliegend gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da aus Sicht des Gerichts der Sachverhalt geklärt ist und keine rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist. Die Beteiligten haben sich letztlich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid vom 13.1.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.6.2015 nicht in ihren Rechten verletzt, denn sie hat nach der Vorschrift des § 307d SGB VI keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Entgeltpunkte im Rahmen ihrer Rentenberechnung.
Nach § 307d SGB VI wird in Fällen, in denen am 30. Juni 2014 Anspruch auf eine Rente bestand, ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn (Nr. 1) in der Rente eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde und (Nr. 2) kein Anspruch nach den §§ 294 und 294a besteht. Die Klägerin bezog zwar bei Inkrafttreten dieser Vorschrift eine Altersrente, sie hat auch keinen Anspruch nach §§ 294 und 294a SGB VI und ihr Sohn C. ist vor dem 1. Januar 1992 geboren worden. Die weitere vom Gesetzgeber ausdrücklich geforderte weitere Voraussetzung der Anrechnung einer Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf der Geburt erfüllt die Klägerin hingegen nicht.
Die Klägerin befand sich unstreitig mit Ihrem am 23.3.1965 geborenen Sohn bis einschließlich November 1966 und damit auch im zwölften Kalendermonat nach Ablauf der Geburt in Australien.
Hierfür wurde nach Mitteilung der Beklagten mit nicht mehr reproduzierbarem Bescheid vom 13.6.1988 eine Kindererziehungszeit abgelehnt.
Dies entspricht auch der Rechtslage, da die Anrechnung einer Kindererziehungszeit nach § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI nur dann in Betracht kommt, wenn die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht. Nach § 56 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB VI ist eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik erfolgt, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat. Einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht es gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten hat und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten (in der deutschen Rentenversicherung) hat. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Voraussetzungen bei dem Australienaufenthalt der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt gewesen wären und wird im Übrigen auch von der Klägerin nicht vorgebracht.
Die vielmehr von der Klägerin vertretene Auffassung, dass die fehlende Berücksichtigung eines weiteren Entgeltpunktes für Ihren Sohn ein Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorschriften darstellt, teilt das Gericht nicht.
Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung von Gesetzesvorschriften, die ausschließlich Vergünstigungen ohne unmittelbare Beitragsleistungen zum Gegenstand haben, einen weiten, für die Gerichte regelmäßig nicht überprüfbaren, Gestaltungsspielraum (vgl. z.B. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 09.11.2011, Az. 1 BvR 1853/11 - nach juris). Dieser Spielraum erweitert sich zusätzlich noch deshalb, weil der Gesetzgeber bei der Gestaltung der erweiterten Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten ausnahmsweise diese Vergünstigung nicht nur mit Wirkung für zukünftige Rentenbezieher eingeführt hat, sondern auch die sog. Bestandsrenten an dieser Vergünstigung teilhaben lässt. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an die Stelle einer umfassenden Einzelfallprüfung zur Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit eine vergröbernde und pauschalierende Regelung gesetzt wird. Dies gilt jedenfalls solange die Regelung sinnvoll und nachvollziehbar erscheint. Das Anknüpfen des Entgeltpunktezuschlags an das Vorliegen einer anerkannten Kindererziehungszeit für den 12. Lebensmonat des Kindes stellt ein einfach handhabbares und sinnvolles Kriterium dar, das in der überwiegenden Anzahl der Fälle zum vollständig zutreffenden Ergebnis führt. Dass eine solche Pauschalregelung in einigen besonders gelagerten Fällen zu einer Härte im Einzelfall führt, ist dabei regelmäßig hinzunehmen (wie vor Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. April 2017 – L 19 R 436/15 –, Rn. 34, juris unter Bezugnahme auf die Motive des Gesetzgebers, BR-Drs. 25/14 (S.11 und 21) und BT-Drs. 18/909, S. 24).
Auch wenn – wie im Fall der Klägerin – im Laufe des zweiten Lebensjahres des Kindes die Voraussetzungen für die Feststellung von Kindererziehungszeiten eintreten, ist diese durch das pauschale Abstellen auf den zwölften Kalendermonat nach dem Monat der Geburt eintretende Benachteiligung sachlich gerechtfertigt und daher hinzunehmen, ohne dass hierin ein Verstoß Verfassungsrecht und insbesondere gegen den Gleichheitsgrundsatz zu sehen ist.
Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen des Bayrischen Landessozialgerichts im Beschluss vom 31.5.2016 (L 6 R 685/15) – juris, und macht sich diese zu eigen.
Dort heißt es:
"Im Übrigen begegnet die Vorschrift des § 307d SGB VI auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar benachteiligt diese Regelung durch das pauschale Abstellen auf die Anrechnung einer Kindererziehungszeit im zwölften Kalendermonat nach dem Monat der Geburt als Anspruchsvoraussetzung für die Berücksichtigung zusätzlicher Entgeltpunkte für das gesamte zweite Lebensjahr von Kindern Bestandsrentner gegenüber sonstigen Versicherten, soweit im Laufe des zweiten Lebensjahrs die Voraussetzungen für eine Feststellung von Kindererziehungszeiten gem. §§ 56, 249,149 Abs. 5 SGB VI wieder eingetreten sind. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Gesetzgeber den Bedürfnissen der Massenverwaltung durch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen Rechnung tragen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.05.2005, Az.: 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2144/98, 1 BvR 2300/98 m.w.N.; Diel in: Hauck/Noftz, SGB, 04/15, § 307d SGB VI, Rn. 9). Dies gilt umso mehr, als Kindererziehungszeiten einen sozialen Ausgleich ohne entsprechende Gegenleistung des Versicherten in Form von Versicherungsbeiträgen darstellen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11.01.2016, 1 BvR 1687/14 m.w.N.). Zu berücksichtigen ist weiter, dass § 307d SGB VI bereits selbst eine begünstigende Ausnahmeregelung von der gesetzlichen Grundregel des § 306 SGB VI darstellt, wonach grundsätzlich Gesetzesänderungen nicht zur Neuberechnung bereits laufender Renten führen. Es erscheint insofern auch im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG sachlich gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber - welcher bei Schaffung der Regelung des § 307d SGB VI von rund 9,5 Millionen Bestandsrenten ausging - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und zur Vermeidung umfangreicher Neuberechnungen eine pauschalierte Regelung getroffen hat. Die hierbei leitenden Überlegungen, mit einer Anknüpfung an bereits im Versicherungsverlauf enthaltene Daten die reibungslose Umsetzung der Einbeziehung auch des Rentenbestandes in die verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten für Geburten vor 1992 innerhalb der Rentensystematik ohne weitere Sonderregelungen zu gewährleisten und Schwierigkeiten bei der Ermittlung der tatsächlichen Erziehungsverhältnisse im regelmäßig weit zurückliegenden zweiten Lebensjahr des Kindes zu vermeiden (vgl. Gesetzesbegründung, BT-DRS 18/909, S. 15, 24) stehen zur Überzeugung des Senats im Einklang mit dem vom Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) eingeräumten Gestaltungsspielraum."
Auch das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt mit Nichtannahmebeschluss vom 6.3.2017 (1 BvR 2740/16) erneut bestätigt, dass kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf rentenrechtliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in einem nicht zur Europäischen Union gehörenden Drittstaat besteht. Dies schlägt auch auf die rentenrechtliche Berücksichtigung dieser Erziehungsleistungen im Ausland bei Anwendung der sog. "Mütterrente" nach § 307d SGB VI durch.
Nach alledem war der Klage der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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