Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
33
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 33 AS 215/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 207/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 246/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Vergütung bzw. Wertersatz für seine Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit in der Zeit vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 sowie die Aufhebung eines Erstattungsbescheides wegen überzahlter Mehraufwandsentschädigung für diese Tätigkeit.
Der 1967 geborene Kläger ist gelernter Metzger und seit dem Jahr 2007 arbeitslos. Er war in der Zeit von 1992 bis 2005 als selbständiger Ausbeiner in Akkordarbeit am Fließband tätig.
Am 10.08.2010 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung (Bl. 1 LA), wonach der Kläger für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 an einer Arbeitsgelegenheit bei der B-Stadter Jugendwerkstatt teilnehmen solle. In der Eingliederungsvereinbarung wurde eine verkürzte wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vereinbart. Für jede geleistete Arbeitsstunde wurde die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 1,25 EUR vereinbart.
Mit Bescheid vom 03.09.2010 (Bl. 6 LA) gewährte der Beklagte für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 eine Mehraufwandsentschädigung i.H.v. 130,00 EUR monatlich als Vorschuss gem. § 42 SGB I. Bei der Berechnung wurde eine monatliche Mehraufwandsentschädigung in Höhe von 162,50 EUR zugrunde gelegt und 80 % als Vorschuss geleistet. In dem Zeitraum vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 erhielt der Kläger eine Mehraufwandsentschädigung in Höhe von 1.430,00 EUR.
Der Kläger trat zum 01.09.2010 die Arbeitsgelegenheit bei der B-Stadter Jugendwerkstatt (C.), Domäne C-Stadt, an und war dort in der Metzgerei als Ausbeiner tätig. Während seiner Tätigkeit kam es zu 37 Krankheitstagen.
Mit Bescheid vom 05.01.2012 teilte der Beklagte mit, dass es aufgrund von Fehlzeiten zu einer Überzahlung i.H.v. 112,50 EUR gekommen sei. Diese solle ab dem 01.02.2012 in monatlichen Raten in Höhe von 33,70 EUR von den laufenden Leistungen einbehalten werden.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, dass eine Erstattungsforderung nicht oder nicht in dieser Höhe bestehe. So sei auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit eine Aufwandsentschädigung zu zahlen. Außerdem bestehe ein Vergütungsanspruch. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.01.2012 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2013 zurückgewiesen.
Am 28.11.2012 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben. Der Beklagte könne die Erstattung von 112,50 EUR aufgrund krankheitsbedingter Fehlzeiten nicht verlangen, da die Mehraufwandsentschädigung auch im Krankheitsfalle fortzuzahlen sei (§ 16 Abs. 3 SGB II i.V.m. § 616 BGB). Vielmehr habe der Kläger Anspruch auf Zahlung einer darüber hinausgehenden Vergütung. Die Eingliederungsvereinbarung verstoße gegen ein gesetzliches Verbot und sei daher nichtig, so dass ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch bzw. ein Anspruch auf Wertesatz gem. §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 in Höhe des tatsächlich erbrachten Wertes der Arbeitsleistung bestehe. Weiterhin sei auch die Einbehaltung der Überzahlung in Höhe von 33,70 EUR ab dem 01.02.2012 schon deshalb rechtswidrig, weil der Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 05.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 zu verurteilen, dem Kläger für seine Tätigkeit im Rahmen der Arbeitsgelegenheit für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 eine Vergütung oder Mehraufwandsentschädigung in der gesetzlich zustehenden Höhe zu zahlen,
2. den Bescheid der Beklagten vom 05.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 insoweit aufzuheben als darin eine Erstattungsforderung in Höhe von 112,50 Euro festgestellt und eine Aufrechnung dieses Betrages mit den laufenden Leistungsansprüchen des Klägers ab 01.02.2012 in monatlichen Raten zu 33,70 Euro verfügt wurde.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung rechtmäßig sei. Die Arbeitsgelegenheit in der Domäne C-Stadt diene dazu, Langzeitarbeitslose in einem geschützten Bereich und unter Anleitung wieder in das Berufsleben einzugliedern. Hinsichtlich der Verrechnung des Vorschusses verweist er auf die Regelung des § 42 SGB I.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung der Kammer waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klage wurde am 12.03.2013 innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides am 12.02.2013 erhoben. Das Klagebegehren, einen Wertersatz im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zu erhalten, macht der Kläger zulässig im Wege der reinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 11/08, Rn. 9). Über einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch braucht der in Anspruch genommene Leistungsträger nicht zunächst durch Verwaltungsakt zu entscheiden (Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 98/10 R, Rn. 13 und Urteil vom 27. August 2011 – B 4 AS 1/10 R; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.03.2013 – L 11 AS 585/11, Rn. 19). Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid vom 05.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 wendet, handelt es sich um eine Anfechtungsklage.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung bzw. auf Ersatz des tatsächlichen Wertes seiner Arbeitsleitung für die Tätigkeit bei der Domäne C-Stadt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht vor.
Der Kläger hat im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit im Sinne von § 16d SGB II in der Fassung vom 21.12.2008 bzw. in der Fassung vom 13.05.2011 im Zeitraum von September 2010 bis Juli 2011 eine Tätigkeit als Ausbeiner für die Jugendwerkstatt B Stadt, Domäne C-Stadt, ausgeführt. Gem. § 16d Satz 2 SGB II (a.F.) ist den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten während einer Arbeitsgelegenheit zuzüglich zum Arbeitslosengeld II von der Agentur für Arbeit eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen. § 16d Satz 2 HS 1 SGB II a.F. stellt – ebenso wie § 16d Abs. 7 Satz 2 SGB II n.F. – klar, dass die Arbeiten kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und auch kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Vierten Buches begründen; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt sind entsprechend anzuwenden.
Der Kläger hatte danach grundsätzlich Anspruch auf Zahlung einer Mehraufwandsentschädigung. Eine Mehraufwandsentschädigung wurde mit Bescheid vom 03.09.2010 auch gewährt. Ein Anspruch auf eine darüber hinausgehende Vergütung ergibt sich aber weder aus dem Gesetz noch aus vertraglichen Abreden. Der Kläger kann sich für den Anspruch nicht auf allgemeine, das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern regelnde Normen stützen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 16d SGB II, wonach Arbeiten im Rahmen einer geförderten Arbeitsgelegenheit kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts begründen und die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz folgerichtig auch nur entsprechend anzuwenden sind. Da Arbeitsgelegenheiten hiernach kein Arbeitsverhältnis begründen, entstehen keine Lohnansprüche nach § 612 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
In Betracht kommt nach alledem alleine ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, dessen Voraussetzungen hier aber nicht vorliegen.
Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts. Er verschafft dem Anspruchsinhaber ein Recht auf Herausgabe des Erlangten, wenn eine Leistung ohne Rechtsgrund oder eine sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebung erfolgt ist. Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2008 – B 8 SO 23/07 R; Bundessozialgericht, Urteil vom 16.07.1974 – 1 RA 183/73). Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht wurden oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen stattgefunden haben (§§ 812 ff. BGB analog, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 27. August 2011 – B 4 AS 1/10 R). Ein solcher Anspruch kommt im Anwendungsbereich des SGB II in Betracht, wenn vom Hilfebedürftigen nach Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung Arbeiten geleistet worden sind, die sich als rechtsgrundlos erweisen (Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 101/10 R).
Zwar stellt die Arbeitsleistung des Klägers als Ausbeiner im Rahmen der Beschäftigungsgelegenheit eine wertschöpfende Tätigkeit dar.
Allerdings fehlt es an einem für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch erforderlichen Vermögensvorteil, da es sich nach Überzeugung der Kammer vorliegend um eine im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Tätigkeit handelt. Die Eingliederungsvereinbarung vom 10.08.2010 ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht nichtig im Sinne von § 58 SGB X und stellt damit einen Rechtsgrund für die Arbeitsgelegenheit dar (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 75/12 R, Rn. 16 ff.).
Zusätzlich sind Arbeiten in Anlehnung an § 261 Abs. 2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dann, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 27.08.2011, Az. B 4 AS 1/10 R und Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 60/07). Fehlt es an der Zusätzlichkeit in diesem Sinne, ist die Arbeit mithin in Erfüllung einer Aufgabe erbracht, die in jedem Fall hätte durchgeführt werden müssen, ist beim Begünstigten durch die ersparten, aber notwendig gewesenen Aufwendungen zur Erfüllung dieser Aufgabe ein Vermögensvorteil entstanden (Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 98/10 R). Von einem "öffentlichen Interesse" ist dann auszugehen, wenn das Arbeitsergebnis – zumindest mittelbar – der Allgemeinheit dient. Arbeiten, deren Ergebnis überwiegend erwerbswirtschaftlichen Interessen oder den Interessen eines begrenzten Personenkreises dienen, liegen nicht im öffentlichen Interesse (Löns/Herold-Tews, SGB II, § 16d Rn. 4 m.w.N.; Sozialgericht Wiesbaden, Beschluss vom 19.04.2012 – S 24 AS 246/12 ER).
Bei Überprüfung dieser beiden Kriterien ist zunächst festzustellen, dass es sich bei dem Maßnahmeträger, der B-Stadter Jugendwerkstatt GmbH, um eine Beschäftigungsgesellschaft in Form einer gemeinnützigen GmbH handelt. Der Geschäftszweck der Gesellschaft lautet ausweislich § 2 des Gesellschaftsvertrages wie folgt: "Gegenstand und Zweck des Unternehmens ist die berufliche Integration und Reintegration arbeitsloser oder von Arbeitslosigkeit bedrohter Menschen unter Berücksichtigung ihrer sozialen Situation, sowie die soziale Betreuung schwer zu vermittelnder Arbeitsloser. Die Zielgruppe sind Menschen, die aufgrund einer sozialen Problemlage, durch persönliche oder schulische Schwierigkeiten keine berufliche Integration bzw. Reintegrationschance haben. Das Unternehmen stellt hierfür geeignete Angebote im Bereich der Berufsvorbereitung, Ausbildung/Umschulung und Beschäftigung bereit und leistet ergänzende Unterstützung der Absolventen beim Übergang in den Beruf durch Formen der Betreuung und Existenzgründung. Das Unternehmen wird tätig auf der Grundlage der einschlägigen Gesetze."
Bereits hieraus ist aus Sicht der Kammer ersichtlich, dass es sich bei der B-Stadter Jugendwerkstatt nicht um ein "normales" Wirtschaftsunternehmen handelt, sondern dass ein im öffentlichen Interesse liegender Zweck verfolgt wird, nämlich die Integration arbeitsloser Menschen.
Die Kammer berücksichtigt dabei das Vorbringen des Klägers, wonach er die von den Meistern gezeigten Schnittechniken und Hygienestandards als gelernter Ausbeiner bereits kannte. Dies steht auch nicht im Widerspruch zum Sinn und Zweck der Maßnahme. Hiernach sollte der Kläger in einem geschützten Bereich wieder in Kontakt mit seiner gelernten Tätigkeit kommen und Kenntnisse auffrischen bzw. auf einen aktuellen Stand bringen. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Kläger – mit kurzen Unterbrechungen – bereits seit dem Jahr 2007 arbeitslos war und andere Eingliederungsmaßnahmen nicht langfristig erfolgreich waren. Soweit der Kläger vorbringt, bei der Tätigkeit als Ausbeiner handle es sich um Akkordarbeit, hat der Kläger dies im Termin zur mündlichen Verhandlung dahingehend konkretisiert, dass er in der Zeit von 1992 bis 2005 als selbständiger Ausbeiner tätig war und dort im Akkord am Fließband gearbeitet und "kiloweise" verdient habe. Auf die Tätigkeit bei der Domäne C Stadt trifft dies aber gerade nicht zu.
Dem steht nicht entgegen, dass die B-Stadter Jugendwerkstatt, Domäne C-Stadt, auf dem Markt auftritt, indem sie die hergestellten Produkte verkauft. Dies ist sogar nötig, um den Fortgang des Betriebes zu gewährleisten und eine lebensnahe Tätigkeit zu vermitteln.
Auch am Merkmal der Zusätzlichkeit hat die Kammer vorliegend keine Zweifel, denn es ist nicht ersichtlich, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt das gleiche Integrationsangebot für schwer vermittelbare Arbeitslose vorliegt, so dass insoweit davon ausgegangen werden kann, dass die von der B-Stadter Jugendwerkstatt angebotenen Tätigkeiten sonst gar nicht, in geringerem Umfang oder jedenfalls zu einem erheblich späteren Zeitpunkt durchgeführt werden könnten. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es dabei nicht darauf an, ob seine Tätigkeit bei der B-Stadter Jugendwerkstatt auch in Festanstellung hätte erfolgen können. Mit dem Gesellschaftszweck der Integration und Reintegration arbeitsloser oder von Arbeitslosigkeit bedrohter Menschen ist denknotwendig ein Turnus von Betroffenen verbunden, damit in Zukunft auch Andere einen Platz bei der Maßnahme erhalten können.
2. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 05.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Mehraufwandsentschädigung auch für Zeiten, in denen er wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nicht an der Arbeitsgelegenheit teilnahm.
Die Mehraufwandsentschädigung ist grundsätzlich so zu bemessen, dass jedenfalls die tatsächlichen Aufwendungen abgedeckt werden können. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht. Während der Zeit, in der der Betroffene z.B. wegen Urlaub oder Krankheit keine Arbeit verrichtet, besteht auch kein Anspruch auf eine Mehraufwandsentschädigung. Hinsichtlich des Urlaubs folgt dies aus der in § 16d Satz 2 SGB II (§ 16d Abs. 7 SGB II n.F.) angeordneten Nichtanwendbarkeit der Regelungen über das Urlaubsentgelt. Hinsichtlich der krankheitsbedingten Fehltage aus dem Umstand, dass es sich nicht bei der Entschädigung nicht um Arbeitsentgelt, sondern um Ersatz für die tatsächlichen Aufwendungen handelt (Stölting, in: Eicher, 3. Aufl. 2013, § 16d, Rn. 61).
Insbesondere § 616 Satz 1 BGB findet keine Anwendung. Danach wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da die Teilnahme des Klägers an der Arbeitsgelegenheit nicht auf der Grundlage eines Vertrages i.S.d. § 616 Satz 1 BGB erfolgte. Die Arbeitsgelegenheit basiert auf einer Eingliederungsvereinbarung. Diese begründet ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Aus demselben Grund scheidet auch ein Anspruch aufgrund des § 615 BGB aus. Auch § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz findet auf die Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II keine Anwendung (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. Mai 2012 – L 2 AS 397/10 –, Rn. 29, juris.)
3. Soweit sich der Kläger gegen die Verrechnung der Vorschussleistung mit den Leistungen nach SGB II wendet, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg.
Gem. § 42 Abs. 2 SGB I sind Vorschüsse, die die zustehende Leistung übersteigen, vom Leistungsempfänger zu erstatten.
Der Anwendungsbereich des § 42 SGB I ist vorliegend eröffnet. § 42 SGB I stellt eine einheitliche Regelung der Vorschusszahlung für alle Sozialleistungsbereiche dar (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 31. August 1983 – 2 RU 80/82; Urteil vom 29.04.1997 4 RA 46/96) und gilt damit auch für den Bereich des SGB II (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04. März 2008 – L 9 AS 429/07 ER).
Ziel der Vorschussregelung ist es, Härten bei längeren Bearbeitungszeiten durch rasche Überbrückungsleistungen zu vermeiden (Wagner, in: jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 42 SGB I, Rn. 5). Aus dieser Zielsetzung folgt, dass der unbestimmte Rechtsbegriff, wonach "zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich" ist, unter Berücksichtigung der Funktion der jeweiligen Geldleistung sowie ihrer materiellen Bedeutung für den Leistungsberechtigten individuell auszulegen und anzuwenden ist. Es kommt auf die Dringlichkeit der Vorschussleistung im Einzelfall an (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04. März 2008 – L 9 AS 429/07 ER). Nach diesen Kriterien ist § 42 Abs. 1 SGB I für Fälle der Mehraufwandsentschädigung zur Wahrnehmung von Arbeitsgelegenheiten anwendbar, denn andernfalls wäre es dem Betroffenen aufgrund der damit verbundenen Mehrkosten unter Umständen gar nicht möglich, diese wahrzunehmen. Aus diesem Grunde sieht § 16d Abs. 7 Satz 1 SGB II eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen vor, die der Beklagte vorliegend mit Bescheid vom 03.09.2010 auch gewährt hat. Der Bescheid vom 03.09.2010 enthielt auch den Hinweis, dass es sich um einen Vorschuss zur Mehraufwandsentschädigung handle, welcher im Falle einer Überzahlung angerechnet würde.
Nachdem – wie mit Bescheid vom 05.01.2012 festgestellt – eine Überzahlung in Höhe von 112,50 EUR aufgrund von 37 Fehltagen eingetreten ist, durfte der Beklagte den Vorschuss auf die zustehende Leistung anrechnen (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 31. August 1983 – 2 RU 80/82).
Angemerkt sei, dass die Anwendung des § 42 Abs. 2 SGB I auch nicht daran scheitert, dass es hier an einer "zustehenden Leistung" fehlt. Die zustehende Leistung ist nämlich im vorliegenden Fall der Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Im Verhältnis zur Leistung nach dem SGB II ist die Mehraufwandentschädigung nach § 16d Abs. 7 Satz 1SGB II keine andersartige Leistung, sondern das Arbeitslosengeld II wird um eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen ergänzt (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04. März 2008 – L 9 AS 429/07 ER –, Rn. 9, juris).
Dass die Anrechnung nicht einmalig sondern in Form von monatlichen Raten in Höhe vom 33,70 EUR stattfand vermeidet unbillige Härten durch Belassung des verfassungsrechtlichen Existenzminimums.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Vergütung bzw. Wertersatz für seine Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit in der Zeit vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 sowie die Aufhebung eines Erstattungsbescheides wegen überzahlter Mehraufwandsentschädigung für diese Tätigkeit.
Der 1967 geborene Kläger ist gelernter Metzger und seit dem Jahr 2007 arbeitslos. Er war in der Zeit von 1992 bis 2005 als selbständiger Ausbeiner in Akkordarbeit am Fließband tätig.
Am 10.08.2010 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung (Bl. 1 LA), wonach der Kläger für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 an einer Arbeitsgelegenheit bei der B-Stadter Jugendwerkstatt teilnehmen solle. In der Eingliederungsvereinbarung wurde eine verkürzte wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vereinbart. Für jede geleistete Arbeitsstunde wurde die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 1,25 EUR vereinbart.
Mit Bescheid vom 03.09.2010 (Bl. 6 LA) gewährte der Beklagte für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 eine Mehraufwandsentschädigung i.H.v. 130,00 EUR monatlich als Vorschuss gem. § 42 SGB I. Bei der Berechnung wurde eine monatliche Mehraufwandsentschädigung in Höhe von 162,50 EUR zugrunde gelegt und 80 % als Vorschuss geleistet. In dem Zeitraum vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 erhielt der Kläger eine Mehraufwandsentschädigung in Höhe von 1.430,00 EUR.
Der Kläger trat zum 01.09.2010 die Arbeitsgelegenheit bei der B-Stadter Jugendwerkstatt (C.), Domäne C-Stadt, an und war dort in der Metzgerei als Ausbeiner tätig. Während seiner Tätigkeit kam es zu 37 Krankheitstagen.
Mit Bescheid vom 05.01.2012 teilte der Beklagte mit, dass es aufgrund von Fehlzeiten zu einer Überzahlung i.H.v. 112,50 EUR gekommen sei. Diese solle ab dem 01.02.2012 in monatlichen Raten in Höhe von 33,70 EUR von den laufenden Leistungen einbehalten werden.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, dass eine Erstattungsforderung nicht oder nicht in dieser Höhe bestehe. So sei auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit eine Aufwandsentschädigung zu zahlen. Außerdem bestehe ein Vergütungsanspruch. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.01.2012 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2013 zurückgewiesen.
Am 28.11.2012 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben. Der Beklagte könne die Erstattung von 112,50 EUR aufgrund krankheitsbedingter Fehlzeiten nicht verlangen, da die Mehraufwandsentschädigung auch im Krankheitsfalle fortzuzahlen sei (§ 16 Abs. 3 SGB II i.V.m. § 616 BGB). Vielmehr habe der Kläger Anspruch auf Zahlung einer darüber hinausgehenden Vergütung. Die Eingliederungsvereinbarung verstoße gegen ein gesetzliches Verbot und sei daher nichtig, so dass ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch bzw. ein Anspruch auf Wertesatz gem. §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 in Höhe des tatsächlich erbrachten Wertes der Arbeitsleistung bestehe. Weiterhin sei auch die Einbehaltung der Überzahlung in Höhe von 33,70 EUR ab dem 01.02.2012 schon deshalb rechtswidrig, weil der Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 05.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 zu verurteilen, dem Kläger für seine Tätigkeit im Rahmen der Arbeitsgelegenheit für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 31.07.2011 eine Vergütung oder Mehraufwandsentschädigung in der gesetzlich zustehenden Höhe zu zahlen,
2. den Bescheid der Beklagten vom 05.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 insoweit aufzuheben als darin eine Erstattungsforderung in Höhe von 112,50 Euro festgestellt und eine Aufrechnung dieses Betrages mit den laufenden Leistungsansprüchen des Klägers ab 01.02.2012 in monatlichen Raten zu 33,70 Euro verfügt wurde.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung rechtmäßig sei. Die Arbeitsgelegenheit in der Domäne C-Stadt diene dazu, Langzeitarbeitslose in einem geschützten Bereich und unter Anleitung wieder in das Berufsleben einzugliedern. Hinsichtlich der Verrechnung des Vorschusses verweist er auf die Regelung des § 42 SGB I.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung der Kammer waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klage wurde am 12.03.2013 innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides am 12.02.2013 erhoben. Das Klagebegehren, einen Wertersatz im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zu erhalten, macht der Kläger zulässig im Wege der reinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 11/08, Rn. 9). Über einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch braucht der in Anspruch genommene Leistungsträger nicht zunächst durch Verwaltungsakt zu entscheiden (Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 98/10 R, Rn. 13 und Urteil vom 27. August 2011 – B 4 AS 1/10 R; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.03.2013 – L 11 AS 585/11, Rn. 19). Soweit sich der Kläger gegen den Bescheid vom 05.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 wendet, handelt es sich um eine Anfechtungsklage.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung bzw. auf Ersatz des tatsächlichen Wertes seiner Arbeitsleitung für die Tätigkeit bei der Domäne C-Stadt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht vor.
Der Kläger hat im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit im Sinne von § 16d SGB II in der Fassung vom 21.12.2008 bzw. in der Fassung vom 13.05.2011 im Zeitraum von September 2010 bis Juli 2011 eine Tätigkeit als Ausbeiner für die Jugendwerkstatt B Stadt, Domäne C-Stadt, ausgeführt. Gem. § 16d Satz 2 SGB II (a.F.) ist den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten während einer Arbeitsgelegenheit zuzüglich zum Arbeitslosengeld II von der Agentur für Arbeit eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen. § 16d Satz 2 HS 1 SGB II a.F. stellt – ebenso wie § 16d Abs. 7 Satz 2 SGB II n.F. – klar, dass die Arbeiten kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und auch kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Vierten Buches begründen; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt sind entsprechend anzuwenden.
Der Kläger hatte danach grundsätzlich Anspruch auf Zahlung einer Mehraufwandsentschädigung. Eine Mehraufwandsentschädigung wurde mit Bescheid vom 03.09.2010 auch gewährt. Ein Anspruch auf eine darüber hinausgehende Vergütung ergibt sich aber weder aus dem Gesetz noch aus vertraglichen Abreden. Der Kläger kann sich für den Anspruch nicht auf allgemeine, das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern regelnde Normen stützen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 16d SGB II, wonach Arbeiten im Rahmen einer geförderten Arbeitsgelegenheit kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts begründen und die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz folgerichtig auch nur entsprechend anzuwenden sind. Da Arbeitsgelegenheiten hiernach kein Arbeitsverhältnis begründen, entstehen keine Lohnansprüche nach § 612 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches.
In Betracht kommt nach alledem alleine ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, dessen Voraussetzungen hier aber nicht vorliegen.
Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts. Er verschafft dem Anspruchsinhaber ein Recht auf Herausgabe des Erlangten, wenn eine Leistung ohne Rechtsgrund oder eine sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebung erfolgt ist. Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (Bundessozialgericht, Urteil vom 28.10.2008 – B 8 SO 23/07 R; Bundessozialgericht, Urteil vom 16.07.1974 – 1 RA 183/73). Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht wurden oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen stattgefunden haben (§§ 812 ff. BGB analog, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 27. August 2011 – B 4 AS 1/10 R). Ein solcher Anspruch kommt im Anwendungsbereich des SGB II in Betracht, wenn vom Hilfebedürftigen nach Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung Arbeiten geleistet worden sind, die sich als rechtsgrundlos erweisen (Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 101/10 R).
Zwar stellt die Arbeitsleistung des Klägers als Ausbeiner im Rahmen der Beschäftigungsgelegenheit eine wertschöpfende Tätigkeit dar.
Allerdings fehlt es an einem für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch erforderlichen Vermögensvorteil, da es sich nach Überzeugung der Kammer vorliegend um eine im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Tätigkeit handelt. Die Eingliederungsvereinbarung vom 10.08.2010 ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht nichtig im Sinne von § 58 SGB X und stellt damit einen Rechtsgrund für die Arbeitsgelegenheit dar (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 75/12 R, Rn. 16 ff.).
Zusätzlich sind Arbeiten in Anlehnung an § 261 Abs. 2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dann, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 27.08.2011, Az. B 4 AS 1/10 R und Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 60/07). Fehlt es an der Zusätzlichkeit in diesem Sinne, ist die Arbeit mithin in Erfüllung einer Aufgabe erbracht, die in jedem Fall hätte durchgeführt werden müssen, ist beim Begünstigten durch die ersparten, aber notwendig gewesenen Aufwendungen zur Erfüllung dieser Aufgabe ein Vermögensvorteil entstanden (Bundessozialgericht, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 98/10 R). Von einem "öffentlichen Interesse" ist dann auszugehen, wenn das Arbeitsergebnis – zumindest mittelbar – der Allgemeinheit dient. Arbeiten, deren Ergebnis überwiegend erwerbswirtschaftlichen Interessen oder den Interessen eines begrenzten Personenkreises dienen, liegen nicht im öffentlichen Interesse (Löns/Herold-Tews, SGB II, § 16d Rn. 4 m.w.N.; Sozialgericht Wiesbaden, Beschluss vom 19.04.2012 – S 24 AS 246/12 ER).
Bei Überprüfung dieser beiden Kriterien ist zunächst festzustellen, dass es sich bei dem Maßnahmeträger, der B-Stadter Jugendwerkstatt GmbH, um eine Beschäftigungsgesellschaft in Form einer gemeinnützigen GmbH handelt. Der Geschäftszweck der Gesellschaft lautet ausweislich § 2 des Gesellschaftsvertrages wie folgt: "Gegenstand und Zweck des Unternehmens ist die berufliche Integration und Reintegration arbeitsloser oder von Arbeitslosigkeit bedrohter Menschen unter Berücksichtigung ihrer sozialen Situation, sowie die soziale Betreuung schwer zu vermittelnder Arbeitsloser. Die Zielgruppe sind Menschen, die aufgrund einer sozialen Problemlage, durch persönliche oder schulische Schwierigkeiten keine berufliche Integration bzw. Reintegrationschance haben. Das Unternehmen stellt hierfür geeignete Angebote im Bereich der Berufsvorbereitung, Ausbildung/Umschulung und Beschäftigung bereit und leistet ergänzende Unterstützung der Absolventen beim Übergang in den Beruf durch Formen der Betreuung und Existenzgründung. Das Unternehmen wird tätig auf der Grundlage der einschlägigen Gesetze."
Bereits hieraus ist aus Sicht der Kammer ersichtlich, dass es sich bei der B-Stadter Jugendwerkstatt nicht um ein "normales" Wirtschaftsunternehmen handelt, sondern dass ein im öffentlichen Interesse liegender Zweck verfolgt wird, nämlich die Integration arbeitsloser Menschen.
Die Kammer berücksichtigt dabei das Vorbringen des Klägers, wonach er die von den Meistern gezeigten Schnittechniken und Hygienestandards als gelernter Ausbeiner bereits kannte. Dies steht auch nicht im Widerspruch zum Sinn und Zweck der Maßnahme. Hiernach sollte der Kläger in einem geschützten Bereich wieder in Kontakt mit seiner gelernten Tätigkeit kommen und Kenntnisse auffrischen bzw. auf einen aktuellen Stand bringen. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Kläger – mit kurzen Unterbrechungen – bereits seit dem Jahr 2007 arbeitslos war und andere Eingliederungsmaßnahmen nicht langfristig erfolgreich waren. Soweit der Kläger vorbringt, bei der Tätigkeit als Ausbeiner handle es sich um Akkordarbeit, hat der Kläger dies im Termin zur mündlichen Verhandlung dahingehend konkretisiert, dass er in der Zeit von 1992 bis 2005 als selbständiger Ausbeiner tätig war und dort im Akkord am Fließband gearbeitet und "kiloweise" verdient habe. Auf die Tätigkeit bei der Domäne C Stadt trifft dies aber gerade nicht zu.
Dem steht nicht entgegen, dass die B-Stadter Jugendwerkstatt, Domäne C-Stadt, auf dem Markt auftritt, indem sie die hergestellten Produkte verkauft. Dies ist sogar nötig, um den Fortgang des Betriebes zu gewährleisten und eine lebensnahe Tätigkeit zu vermitteln.
Auch am Merkmal der Zusätzlichkeit hat die Kammer vorliegend keine Zweifel, denn es ist nicht ersichtlich, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt das gleiche Integrationsangebot für schwer vermittelbare Arbeitslose vorliegt, so dass insoweit davon ausgegangen werden kann, dass die von der B-Stadter Jugendwerkstatt angebotenen Tätigkeiten sonst gar nicht, in geringerem Umfang oder jedenfalls zu einem erheblich späteren Zeitpunkt durchgeführt werden könnten. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es dabei nicht darauf an, ob seine Tätigkeit bei der B-Stadter Jugendwerkstatt auch in Festanstellung hätte erfolgen können. Mit dem Gesellschaftszweck der Integration und Reintegration arbeitsloser oder von Arbeitslosigkeit bedrohter Menschen ist denknotwendig ein Turnus von Betroffenen verbunden, damit in Zukunft auch Andere einen Platz bei der Maßnahme erhalten können.
2. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 05.01.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Mehraufwandsentschädigung auch für Zeiten, in denen er wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit nicht an der Arbeitsgelegenheit teilnahm.
Die Mehraufwandsentschädigung ist grundsätzlich so zu bemessen, dass jedenfalls die tatsächlichen Aufwendungen abgedeckt werden können. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht. Während der Zeit, in der der Betroffene z.B. wegen Urlaub oder Krankheit keine Arbeit verrichtet, besteht auch kein Anspruch auf eine Mehraufwandsentschädigung. Hinsichtlich des Urlaubs folgt dies aus der in § 16d Satz 2 SGB II (§ 16d Abs. 7 SGB II n.F.) angeordneten Nichtanwendbarkeit der Regelungen über das Urlaubsentgelt. Hinsichtlich der krankheitsbedingten Fehltage aus dem Umstand, dass es sich nicht bei der Entschädigung nicht um Arbeitsentgelt, sondern um Ersatz für die tatsächlichen Aufwendungen handelt (Stölting, in: Eicher, 3. Aufl. 2013, § 16d, Rn. 61).
Insbesondere § 616 Satz 1 BGB findet keine Anwendung. Danach wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da die Teilnahme des Klägers an der Arbeitsgelegenheit nicht auf der Grundlage eines Vertrages i.S.d. § 616 Satz 1 BGB erfolgte. Die Arbeitsgelegenheit basiert auf einer Eingliederungsvereinbarung. Diese begründet ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Aus demselben Grund scheidet auch ein Anspruch aufgrund des § 615 BGB aus. Auch § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz findet auf die Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II keine Anwendung (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. Mai 2012 – L 2 AS 397/10 –, Rn. 29, juris.)
3. Soweit sich der Kläger gegen die Verrechnung der Vorschussleistung mit den Leistungen nach SGB II wendet, hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg.
Gem. § 42 Abs. 2 SGB I sind Vorschüsse, die die zustehende Leistung übersteigen, vom Leistungsempfänger zu erstatten.
Der Anwendungsbereich des § 42 SGB I ist vorliegend eröffnet. § 42 SGB I stellt eine einheitliche Regelung der Vorschusszahlung für alle Sozialleistungsbereiche dar (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 31. August 1983 – 2 RU 80/82; Urteil vom 29.04.1997 4 RA 46/96) und gilt damit auch für den Bereich des SGB II (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04. März 2008 – L 9 AS 429/07 ER).
Ziel der Vorschussregelung ist es, Härten bei längeren Bearbeitungszeiten durch rasche Überbrückungsleistungen zu vermeiden (Wagner, in: jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 42 SGB I, Rn. 5). Aus dieser Zielsetzung folgt, dass der unbestimmte Rechtsbegriff, wonach "zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich" ist, unter Berücksichtigung der Funktion der jeweiligen Geldleistung sowie ihrer materiellen Bedeutung für den Leistungsberechtigten individuell auszulegen und anzuwenden ist. Es kommt auf die Dringlichkeit der Vorschussleistung im Einzelfall an (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04. März 2008 – L 9 AS 429/07 ER). Nach diesen Kriterien ist § 42 Abs. 1 SGB I für Fälle der Mehraufwandsentschädigung zur Wahrnehmung von Arbeitsgelegenheiten anwendbar, denn andernfalls wäre es dem Betroffenen aufgrund der damit verbundenen Mehrkosten unter Umständen gar nicht möglich, diese wahrzunehmen. Aus diesem Grunde sieht § 16d Abs. 7 Satz 1 SGB II eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen vor, die der Beklagte vorliegend mit Bescheid vom 03.09.2010 auch gewährt hat. Der Bescheid vom 03.09.2010 enthielt auch den Hinweis, dass es sich um einen Vorschuss zur Mehraufwandsentschädigung handle, welcher im Falle einer Überzahlung angerechnet würde.
Nachdem – wie mit Bescheid vom 05.01.2012 festgestellt – eine Überzahlung in Höhe von 112,50 EUR aufgrund von 37 Fehltagen eingetreten ist, durfte der Beklagte den Vorschuss auf die zustehende Leistung anrechnen (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 31. August 1983 – 2 RU 80/82).
Angemerkt sei, dass die Anwendung des § 42 Abs. 2 SGB I auch nicht daran scheitert, dass es hier an einer "zustehenden Leistung" fehlt. Die zustehende Leistung ist nämlich im vorliegenden Fall der Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Im Verhältnis zur Leistung nach dem SGB II ist die Mehraufwandentschädigung nach § 16d Abs. 7 Satz 1SGB II keine andersartige Leistung, sondern das Arbeitslosengeld II wird um eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen ergänzt (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04. März 2008 – L 9 AS 429/07 ER –, Rn. 9, juris).
Dass die Anrechnung nicht einmalig sondern in Form von monatlichen Raten in Höhe vom 33,70 EUR stattfand vermeidet unbillige Härten durch Belassung des verfassungsrechtlichen Existenzminimums.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
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