S 12 KR 1696/04

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 1696/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 175/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 1/07 R
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist ein Verzugsschaden (Anwaltskosten).

Die Klägerin betreibt ein zur gesetzlichen Krankenversorgung zugelassenes Krankenhaus, in dem der bei der beklagten Krankenkasse versicherte D. D. in der Zeit 17.08.2002 – 23.09.2002 eine stationäre Krankenhausbehandlung erhielt. Die Klägerin stellte der Beklagten für ihre Leistung am 04.10.2002 12.426,29 EUR in Rechnung, deren Begleichung die Beklagte am 18.11.2002 in Höhe von 10.596,29 EUR ablehnte, sich dazu auf ihre entsprechend befristete Kostenübernahmeerklärung bezog und am 20.11.2002 einen Kostenübernahme-Verlängerungsantrag gegenüber der Klägerin anregte. Die Klägerin forderte die vollständige Rechnungsbegleichung am 22.11.2002 mit Fristsetzung zum 16.12.2002, weil der Vergütungsanspruch von jedweder Kostenübernahmeerklärung unabhängig sei, und stellte Zahlungsklage in Aussicht. Die Klägerin meldete sich dann am 06.02.2003 erstmalig mit rechtsanwaltlicher Vertretung. Die Beklagte beglich die Rechnung am 08.04.2003 vollständig. - Die Klägerin forderte ab dem 19.04.2003 zusätzlich Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 511,33 EUR als Verzugsschaden entsprechend §§ 280, 286 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Die Klägerin hat am 16.10.2004 Zahlungsklage wegen 511,33 EUR Verzugsschaden nebst Zinsen erhoben. Zur Begründung wird anwaltlich geltend gemacht: Die Beklagte habe sich nach § 10 Abs. 4 des hessischen Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 31.05.2002 nach Ablauf von 30 Tagen ab Eingang der Krankenhausvergütungs-Rechnung vom 04.10.2002 in Höhe von 10.596,29 EUR in Verzug befunden. Aus der Verzugszins-Regelung in § 10 Abs. 5 des Vertrages sei die entsprechende Anwendung der gesamten Verzugsschadenregelungen der §§ 280, 286 BGB abzuleiten, wozu auch die Kosten für die Anspruchnahme eines Rechtsanwalts zählten.

Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 511,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt dazu die Auffassung, aufgrund der eindeutigen Vertragsregelung kämen im Verzugsfall lediglich Verzugszinsen und keine sonstigen Schadensersatzleistungen in Betracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den hörigen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung ergeht als Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Beklagte ist nicht zur Erstattung der geforderten Anwaltskosten in Höhe von 511,33 EUR verpflichtet. Insbesondere eine Anspruchsgrundlage aus dem öffentlich-rechtlichen Vertragsrecht, welche die Grundlage der Rechtsbeziehungen der Beteiligten bildet, ist insoweit nicht gegeben. Soweit die Klägerin sich auf § 10 Abs. 5 des hessischen Vertrags über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 31.05.2002 bezieht, ergibt sich eben daraus das Fehlen einer Anspruchsgrundlage: Die ausdrückliche Beschränkung der Regelung auf "Verzugszinsen entsprechend § 288 Abs. 1 BGB" bedeutet im Umkehrschluss, dass die Vertragsparteien die übrigen BGB-Regelungen zum Verzugsschaden (§§ 286, 280, 291 BGB) eben gerade nicht entsprechend angewandt wissen wollten.

Entgegen der Klägerin sind BGB-Regelungen nicht voraussetzungslos auf öffentlich-rechtliche Vertragsverhältnisse übertragbar; vielmehr stellt § 69 SGB V klar, dass die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern zunächst einmal dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Die ergänzende Heranziehung der Vorschriften des BGB setzt gemäß § 69 Satz 3 SGB V voraus, dass solches mit den Vorgaben des SGB V vereinbar ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass § 112 SGB V die Entgeltabrechnung im Bereich der Krankenhausbehandlung ausdrücklich der Regelungsmacht der Vertragsparteien (Krankenhausgesellschaft und Krankenkassenverband) zuweist. Ein Unterlaufen der speziellen SGB V-Bestimmungen durch eine großzügige Anwendung von BGB-Regelungen wird abgelehnt (etwa LSG Nordrhein-Westfalen vom 04.11.2004, L 5 KR 161/03). Bereits ein höherer als der vertragliche Zinsanspruch wird deshalb ebenso verneint (vergleiche etwa BSG SozR 1300 § 61 Nr. 1; LSG Hessen vom 26.05.2003, L 1 KR 1527/99) wie ein Anspruch auf Prozesszinsen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, Randziffer 5 zu § 94).

Die Kostenentscheidung gemäß § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17.08.2001 erfolgt nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sowie des Gerichtskostengesetzes (GKG), da beide Beteiligten nicht zu dem Personenkreis zählen, für die das Sozialgerichtsverfahren gemäß § 183 SGG kostenfrei ist. Im Einzelnen ergibt sich hier die Kostentragungspflicht aus § 154 Abs. 1 VwGO, weil die Klägerin unterlegen ist. Die erstattungsfähigen Kosten umfassen gemäß § 162 Abs. 1 VwGO Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. – Der Wertfestsetzung gemäß § 13 GKG ist die Hauptforderung in Höhe von 511,33 Euro ohne Zinsen zu Grunde zu legen.
Rechtskraft
Aus
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