S 15 AS 772/11 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
15
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AS 772/11 ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Angelegenheiten nach dem SGB II
1. Die Kosten der Regelversorgung für medizinisch notwendigen Zahnersatz werden bei Beziehern von Arbeitslosengeld II, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, von der gesetzlichen Krankenkasse in vollem Umfang übernommen. Mehrkosten für eine über die Regelversorgung hinausgehende Zahnersatzversorgung gehören ohne Vorliegen medizinisch zwingender Gründe nicht zu dem mit Leistungen des SGB II zu sichernden Existenzminimum. (Rn. 24 f.)
2. Sofern der existenznotwendige Bedarf durch die medizinisch notwendige (Regel-) Ver-sorgung mit Zahnersatz im System des SGB V befriedigt werden kann, scheidet auch ein ergänzender Anspruch aus § 73 SGB XII aus, da es insoweit an einer besonderen, atypi-schen Bedarfslage fehlt. (Rn. 32 f.)
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.



Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten über die vorläufige Übernahme von Kosten für eine Zahnersatzbehandlung.
Der am 2.1.1966 geborene Antragsteller bezieht seit 21.6.2010 vom Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweitem Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er ist in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert und verfügt über eine Zahnzusatzversicherung.
Mit Schreiben vom 20.9.2011 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Übernahme von ihm entstehenden Kosten für eine geplante Zahnersatzbehandlung in Höhe von 4181,36 EUR. Diese Summe ergebe sich aus den geschätzten Gesamtbehandlungskosten laut Heil- und Kostenplan vom 1.8.2011 in Höhe von 7446,04 EUR abzüglich des von der zuständigen Krankenkasse mit Schreiben vom 13.9.2011 gewährten doppelten Festzuschusses in Höhe von 3264,68 EUR.
Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 29.9.2011 die Übernahme dieser Kosten ab. Die Kosten für eine von der Krankenkasse nicht vollständig übernommene Behandlung seien im Rahmen der Gesundheitspflege bereits im Regelbedarf enthalten.
Mit Schreiben vom 30.9.2011 teilte die Zahnzusatzversicherung dem Antragsteller mit, dass er von ihrer Seite aus mit einem Erstattungsbetrag in Höhe von 800 EUR rechnen könne.
Mit Schreiben vom 2.10.2011 erhob der Antragsgegner gegen den Bescheid des Antragsgegners Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2011 zurückgewiesen wurde. Eine Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Kosten für die geplante Zahnersatzbehandlung sei im SGB II nicht enthalten.
Am 31.10.2011 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Der Zahnersatz sei medizinisch notwendig. Er könne die Kosten aus dem Regelbedarf nicht bezahlen.
Der Antragsteller beantragt,
1. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die anfallenden Kosten für eine geplante Zahnersatzbehandlung in Höhe von 4181,36 EUR zu zahlen,
2. ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Kosten der Versorgung für medizinisch notwendigen Zahnersatz würden von der zuständigen Krankenkasse getragen werden.
Auf Nachfrage des Gerichts teilte die zuständige Krankenkasse mit Schreiben vom 10.11.2011 mit, dass die vom Antragsteller begehrte Zahnersatzversorgung über die Regelversorgung hinausgehe. Statt der in der Regelversorgung vorgesehenen kunststoffverblendeten Oberkiefer-Cover-Denture-Prothese mit Teleskopkronen begehre er eine metallkeramischverblendete Cover-Denture-Prothese. Für den Unterkiefer begehre er statt der in der Regelversorgung vorgesehenen Modellgussprothese mit Halteelementen sowie Überkronung gewisser Zähne eine Teleskopprothese.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verfahrensakte des Antragsgegners im vorliegenden Verfahren verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg, da er unbegründet ist.
1. Statthaft ist vorliegend ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Form einer sog. Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da der Antragsteller nicht die Sicherung einer bestehenden Rechtsposition, sondern eine Erweiterung seiner Rechtsposition begehrt.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Die einstweilige Anordnung soll den Zeitraum bis zu einer abschließenden Hauptsacheentscheidung durch eine Zwischenregelung überbrücken und auf diese Weise den Rechtsstreit in der Hauptsache entscheidungsfähig erhalten. Eine solche Anordnung setzt sowohl einen Anordnungsanspruch (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird) als auch einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit im Sinne der Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, weil ein Abwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zuzumuten ist) voraus. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund müssen glaubhaft sein (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). Dabei sind die Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - BvR 569/05 = NVwZ 2005, 927 m.w.N.). Droht dem Betroffenen ohne die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes eine schwere Rechtsverletzung im Sinne der zur Existenzsicherung nach dem SGB II bzw. im Sinne der zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der Krankenversicherung entwickelten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), ist entweder eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen oder eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Droht dem Betroffenen ohne die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes eine im Verhältnis zu den vorgenannten Beeinträchtigungen weniger schwere, aber doch erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, darf die Eilentscheidung auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache wie auch auf eine Folgenabwägung gestützt werden. Insofern ist die herkömmliche Vorgehensweise der Prüfung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund auch aus verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich (vgl. BayLSG, Beschluss vom 4.10.2010 - L 7 AS 672/10 B ER - Rn. 17, sowie BayLSG, Beschluss vom 30.5.2007 - L 7 B 204/07 AS ER - Rn. 22, jeweils mit Verweisen auf die Rechtsprechung des BVerfG).
2. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist im vorliegenden Verfahren kein Anordnungsanspruch glaubhaft. Für die geltend gemachten Kosten in Höhe von 4181,36 EUR besteht in Höhe von 800 EUR bereits schon deswegen kein Anordnungsanspruch, weil in dieser Höhe die Zahnzusatzversicherung entsprechende Kosten erstattet, die vom Antragsteller vorrangig in Anspruch zu nehmen ist, §§ 2 Abs. 1 S. 1, 9 Abs. 1 SGB II. Aber auch für die Übernahme der verbleibenden Kosten, die durch die geplante Zahnersatzbehandlung anfallen, findet sich im SGB II keine Anspruchsgrundlage. Die Gewährung eines Mehr- oder Sonderbedarfs im SGB II ist nur in den ausdrücklich gesetzlich normierten Fällen möglich (BSG, Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - Rn. 14), zu denen die streitgegenständliche Kostenübernahme für die geplante zahnärztliche Behandlung nicht gehört.
a) Es liegt keiner der in § 21 Abs. 2 bis 5 SGB II geregelten Mehrbedarfe vor. Aber auch aus § 21 Abs. 6 SGB II ergibt sich kein Anspruch auf Übernahme der anfallenden Kosten. Hiernach erhalten Leistungsberechtigte einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Bei den Kosten für die geplante zahnärztliche Behandlung handelt es sich jedoch nicht um einen laufenden, sondern vielmehr um einen einmaligen Sonderbedarf.
b) Auch die Gewährung eines Sonderbedarfs in Gestalt eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II kommt vorliegend nicht in Betracht. Zwar erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis grundsätzlich den Bedarf als Sach- oder als Geldleistung und gewährt dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen, soweit im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden kann.
Allerdings ist es nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage nicht überwiegend wahrscheinlich und damit nicht glaubhaft, dass es sich bei den Kosten für die geplante zahnärztliche Behandlung um einen vom Regelbedarf umfassten oder unabweisbaren Bedarf handelt.
(1) Zwar werden Kosten der Gesundheitspflege als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben grundsätzlich vom Regelbedarf im Sinne des § 20 Abs. 1 SGB II umfasst (vgl. §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz, sowie LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.4.2008 - L 7 AS 1477/08 ER-B - Rn. 4). Dies kann allerdings aus systematischen Gründen nur für solche Kosten gelten, die auf Konstellationen beruhen, für die die krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften keine "Vollversorgung" der in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Personen vorsehen (Behrend in juris-Praxiskommentar, SGB II [2. Aufl. 2007], § 23 Rn. 49; Bender in Gagel, SGB II / SGB III [42. EL 2011], § 24 Rn. 11; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.2.2007 - L 10 B 102/07 AS PKH - Rn. 3; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.9.2007 - L 28 B 1552/07 AS ER - Rn. 2).
Der Antragsteller ist als Bezieher von Arbeitslosengeld II nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Für Zahnersatz sieht das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenkassen für Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in § 55 SGB V eine "Vollversorgung" vor. Hiernach haben Versicherte einen Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (§ 55 Abs. 1 S. 1 SGB V). Nach § 55 Abs. 1 S. 2 SGB V umfassen die Festzuschüsse 50 vom Hundert der nach § 57 Abs. 1 S. 6 und Abs. 2 S. 6 und 7 SGB V festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung nach § 56 SGB V. Dieser Zuschuss erhöht sich - vorbehaltlich einer Begrenzung in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten - um weitere 50 vom Hundert und damit auf insgesamt 100 vom Hundert, wenn der Versicherte ansonsten unzumutbar belastet würde, was beim Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II der Fall ist (§ 55 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 2 SGB V). Nur wenn der Versicherte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz wählt, hat er nach § 55 Abs. 4 SGB V die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 S. 10 SGB V aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen. Demnach werden die Kosten der (Regel-)Versorgung für medizinisch notwendigen Zahnersatz bei Beziehern von Arbeitslosengeld II, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, von der gesetzlichen Krankenkasse in vollem Umfang übernommen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.6.2011 - L 12 AS 1077/11 - Rn. 32; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.2.2007 - L 10 B 102/07 AS PKH - Rn. 3). Insoweit wird das soziokulturelle Existenzminimum durch die kostenfreie Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gesichert (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.9.2007 - L 28 B 1552/07 AS ER - Rn. 2). Dies hat im Umkehrschluss zur Folge, dass die vom Versicherten nach § 55 Abs. 4 SGB V selbst zu tragenden Mehrkosten keine Kosten der Gesundheitspflege sind, die vom Regelbedarf nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst sind, da sie auf einer Versorgung mit einem höherwertigen Zahnersatz beruhen, die nicht zu dem mit Leistungen des SGB II zu sichernden Existenzminimum gehört.
Vorliegend hat sich die Krankenkasse des Antragstellers auf Vorlage des Heil- und Kostenplans vom 1.8.2011 mit Schreiben vom 13.9.2011 unter Berücksichtigung des doppelten Festzuschusses bereit erklärt, die Kosten für die Regelversorgung in Höhe von 3264,68 EUR zu übernehmen. Die vorliegend geltend gemachte Differenz in Höhe von 4181,36 EUR beruht auf einer Zahnersatzversorgung, die über die Regelversorgung hinausgeht. Dies bestätigte die Krankenkasse des Antragstellers mit Schreiben vom 10.11.2011. Medizinisch zwingende Gründe, aus denen im vorliegenden Fall eine andere Versorgung des Antragstellers als die krankenversicherungsrechtlich vorgesehene Regelversorgung notwendig ist, wurden weder glaubhaft vorgetragen noch sind diese für das erkennende Gericht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der Begutachtung des einvernehmlich bestellten Gutachters Dr. S. vom 8.9.2011. Selbst wenn solche medizinisch zwingenden Gründe vorliegen sollten, ist der Antragsteller aufgrund des in §§ 2 Abs. 1 S. 1, 9 Abs. 1 SGB II verankerten Nachrangigkeitsgrundsatzes gehalten, zunächst seine Ansprüche gegen die Krankenkasse durchzusetzen und alle hierfür bestehenden rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen (BSG, Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - Rn. 26; Behrend in juris-Praxiskommentar, SGB II [3. Aufl. 2011], § 21 Rn. 111 m.w.N.; Bender in Gagel, SGB II / SGB III [42. EL 2011], § 24 Rn. 11). Dies ist bislang nicht geschehen. Die Mehrkosten sind daher vom Antragsteller nach § 55 Abs. 4 SGB V selbst zu tragen und nicht als Kosten der Gesundheitspflege vom Regelbedarf nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst. Bereits aus diesem Grund scheidet damit auch die Gewährung eines Sonderbedarfs in Gestalt eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II aus.
(2) Darüber hinaus handelt es sich bei der begehrten Erstattung auch nicht um einen unabweisbaren Bedarf. Für die Auslegung der Unabweisbarkeit des Bedarfs im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB II ist einerseits § 21 Abs. 6 S. 2 SGB II heranzuziehen (Behrend in juris-Praxiskommentar, SGB II [3. Aufl. 2011], § 24 Rn. 36). Hiernach ist ein Mehrbedarf unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 17/1465, S. 9) fallen unter die Zuwendungen Dritter insbesondere die von anderen Leistungsträgern, wie z.B. von Krankenkassen, erbrachten Sozialleistungen. Weiterhin ist ein Bedarf unabweisbar im Sinne von § 24 Abs. 1 S. 1 SGB II, wenn er zur Sicherung des Existenzminimums unverzichtbar ist oder eine erhebliche Beeinträchtigung desselben vorliegt (Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII [60. EL], § 21 Rn. 58 sowie § 23 Rn. 16a; ähnlich Bender in Gagel, SGB II / SGB III [42. EL 2011], § 24 Rn. 12 m.w.N.).
Da nach dem vorangehend Ausgeführten das soziokulturelle Existenzminimum durch die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gesichert wird und die begehrten Zahnersatzkosten auf einer Versorgung mit einem höherwertigen Zahnersatz beruhen, die nicht zu dem mit Leistungen des SGB II zu sichernden Existenzminimum gehört, liegt kein unabweisbaren Bedarf im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB II vor (BayLSG, Beschluss vom 16.12.2008 - L 16 B 990/08 AS ER - Rn. 18; BayLSG, Beschluss vom 8.1.2009 - L 11 AS B 826/08 AS PKH - Rn. 15).
c) Schließlich ergibt sich auch aus den über § 5 Abs. 1 und 2 SGB II ergänzend heranzuziehenden Vorschriften des SGB XII kein Anspruch des Antragstellers auf Erstattung der begehrten Mehrkosten gegen den Sozialhilfeträger.
(1) Ein Anspruch aus § 27a Abs. 4 S. 1 SGB XII scheidet bereits wegen der Ausschlussregelungen der § 5 Abs. 2 S. 1 SGB II und § 21 Abs. 1 SGB II aus.
(2) Ein Anspruch aus § 48 SGB XII scheidet nach dem vorangehend Ausgeführten ebenfalls aus, da die hierfür vorgesehenen Leistungen zum einen nach § 48 S. 1 SGB XII auf die Leistungen zur Krankenbehandlung entsprechend dem Dritten Kapitel Fünften Abschnitt Ersten Titel des SGB V beschränkt sind und zum anderen nach § 52 Abs. 1 S. 1 SGB XII nicht über die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen.
(3) Dem Antragsteller steht auch kein Anspruch aus § 73 SGB XII zu. Hiernach können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen.
Zwar ist die Regelung des § 73 SGB XII im Hinblick auf die Neuregelung des § 21 Abs. 6 SGB II vorliegend grundsätzlich nicht ausgeschlossen, da der Antragsteller keinen laufenden, sondern einen einmaligen Sonderbedarf begehrt (vgl. hierzu Böttiger in juris-Praxiskommentar, SGB XII [1. Aufl. 2010], § 73 Rn. 70 m.w.N.). Allerdings ist Voraussetzung für das Vorliegen einer "sonstigen Lebenslage" im Sinne des § 73 S. 1 SGB XII, dass diese einen besonderen, atypischen Bedarf begründet (BSG, Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 19/07 R - Rn. 28). Dieser besondere, atypische Bedarf darf darüber hinaus nicht bereits der Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 ff. SGB XII) zuzuordnen sein und muss eine gewisse Nähe zu den in den §§ 47 - 74 SGB XII geregelten Bedarfen aufweisen, um zu verhindern, dass über die Anwendung des § 73 S. 1 SGB XII das existenzsichernde Leistungssystem des SGB II zugunsten einer allgemeinen, beliebige Bedürfnisse befriedigenden Leistungserbringung durchbrochen wird (BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - Rn. 20; Böttiger in juris-Praxiskommentar, SGB XII [1. Aufl. 2010], § 73 Rn. 20).
Der vom Antragsteller vorliegend geltend gemachte Bedarf dürfte zwar eine sachliche Nähe zu den sog. Hilfen zur Gesundheit gemäß §§ 47 ff. SGB XII aufweisen. Allerdings liegt keine besondere, atypische Bedarfslage vor, da der existenznotwendige Bedarf des Antragstellers - wie bereits vorangehend ausgeführt - im System des SGB V befriedigt werden kann (BSG, Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - Rn. 17), soweit es sich dabei um die notwendige medizinische (Regel-)Versorgung handelt. Die dortigen Vorschriften, insbesondere § 55 Abs. 4 SGB V, regeln die Ansprüche des Antragstellers gegenüber seiner Krankenkasse auf zahnärztliche Behandlung in medizinisch notwendigen Umfang abschließend. Dies darf nicht durch Leistungen nach § 73 S. 1 SGB XII durchbrochen werden (vgl. Böttiger in juris-Praxiskommentar, SGB XII [1. Aufl. 2010], § 73 Rn. 25 f.). Soweit der Antragsteller eine Zahnersatzversorgung begehrt, die über die Regelversorgung hinausgeht, trifft daher weder den Grundsicherungsträger noch den Sozialhilfeträger eine Einstandspflicht (vgl. BSG, Urteil vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - Rn. 26). Die daraus resultierenden Mehrkosten hat der Antragsteller vielmehr selbst zu tragen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.11.2010 - L 18 AS 1432/08 - Rn. 23).
Nach alledem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung. Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache, in der die Antragstellerin vollumfänglich unterlag.
4. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist mangels Erfolgsaussicht des Eilrechtsschutzverfahrens ebenfalls abzulehnen. Prozesskostenhilfe erhält nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) nur, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die vorliegend begehrte Rechtsverfolgung bietet jedoch, wie vorangehend ausgeführt, keine Aussicht auf Erfolg.
Rechtskraft
Aus
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