L 3 AL 157/98

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 6 AL 448/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 157/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14.10.1998 insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen wurde. Des Weiteren werden die Bescheide der Beklagten vom 26.01.1995 und vom 12.09.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1996 - soweit eine Aufhebung nicht bereits durch das Urteil des Sozialgerichts erfolgte - aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers sowohl für das Klage- als auch das Berufungsverfahren.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer von der Beklagten geltend gemachten Erstattung von Förderleistungen im Rahmen einer Maßnahme der Arbeitsbeschaffung (ABM) für den Zeitraum vom 01.01.1993 bis 31.12.1993 in Höhe von 33.149,48 DM.

Bei dem Kläger, dem Sportclub L ... e. V., handelte es sich um einen Sportverein, der im Jahre 1992 die Sektionen Handball, Judo, Ringen, Fechten, Turnen, rhythmische Sportgymnastik und Akrobatik sowie Volleyball vereinte. In den einzelnen Sektionen waren Abteilungsleiter, Koordinatoren und Trainer beschäftigt. Die Arbeitnehmerin Ursula M ... (U. M.) war im Bereich Handball, Ute K ... (U. K.) im Bereich Turnen und der Arbeitnehmer Volkmar H ... (V. H.) im Bereich Volleyball - jeweils als Koordinatoren - beschäftigt.

Auf Beschluss des Vorstandes lösten sich in den Jahren 1993 und 1994 sechs der sieben Sektionen aus dem Verein heraus (Sektion Handball am 30.06.1993; Sektionen Judo und Ringen am 31.12.1993; Sektion Fechten am 28.02.1994 und Sektionen Turnen sowie rhythmische Sportgymnastik und Akrobatik am 31.03.1994) und gründeten eigene Sportvereine. Mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 20.08.1999 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers mangels Masse abgewiesen.

Am 15.10.1992 beantragte der Kläger die Verlängerung der Förderungsdauer der ABM Nr. 252/90 für die Zeit vom 01.01.1993 bis 31.12.1993. Im Rahmen der ABM hatte die Beklagte dem Kläger zuvor bereits zwei Jahre lang für die Arbeitnehmer U. M., U. K. und V. H. Zuschüsse zu den Lohnkosten gewährt. Im Antrag hatte der Kläger zugesichert, die auf dieser Maßnahme eingesetzten drei Arbeitnehmer würden nach Ablauf der Maßnahme eine Daueranstellung beim Kläger erhalten.

Mit Bescheid vom 26.11.1992 in der Gestalt des Bescheides vom 11.01.1994 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die weitere Beschäftigung der drei Arbeitnehmer Zuschüsse zu den Lohnkosten für die Zeit vom 01.01.1993 bis 31.12.1993 in Höhe von 90.425,48 DM. Dem Bescheid war eine Anlage beigefügt, nach welcher die Bewilligung unter der "Bedingung" erfolgte, dass im Anschluss an die Maßnahme drei Dauerarbeitsplätze geschaffen würden.

Die drei Arbeitnehmer arbeiteten vom 01.01.1993 bis 31.12.1993 beim Kläger im Rahmen der ABM. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger mit Schreiben vom 10.03.1994 mit, der Verein habe auf Grund nicht aufzubringener Personalkosten bis zum 31.03.1994 alle noch Beschäftigten gekündigt. Die Sektionen Handball, Judo, Ringen, Fechten, Turnen, rhythmische Sportgymnastik und Akrobatik seien aus dem Sportclub L ... ausgetreten. Lediglich die Abteilung Volleyball sei noch beim Kläger verblieben. Eine Übernahme der drei Arbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen sei daher nicht möglich.

Mit Bescheid vom 26.01.1995 stellte die Beklagte fest, dass die im Bewilligungsbescheid genannte Bedingung, die Festeinstellung der drei Arbeitnehmer nach Ablauf des Förderjahres, nicht erfüllt worden sei. Daher machte sie eine Erstattungsforderung bezüglich der gezahlten Zuschüsse zu den Lohnkosten in Höhe von insgesamt 90.425,48 DM geltend.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 16.02.1995. Er befinde sich seit 1993 in einer Umbruchsituation. Der größte Teil der ursprünglich zum Verein gehörenden Sektionen sei ausgetreten. Dies sei zum Zeitpunkt der Antragstellung im Jahre 1992 noch nicht absehbar gewesen. Die Erstattungsforderung sei jedoch schon deswegen nicht gerechtfertigt, weil zwei der drei Arbeitnehmer im Anschluss an die Beendigung der ABM Dauerarbeitsverhältnisse erhalten hätten. So sei die Arbeitnehmerin U. M. zum 01.01.1994 beim VFB L ... als Technische Leiterin der Handballabteilung unbefristet eingestellt worden. Der Arbeitnehmer V. H. sei zum 01.01.1994 zum Kreissportbund L ... gewechselt. Die Arbeitnehmerin U. K. sei zwar zunächst im Anschluss an die ABM arbeitslos geworden, jedoch ab 01.10.1994 beim Stadtsportbund L ... e. V. angestellt worden.

Mit Bescheid vom 12.09.1995 widerrief die Beklagte den Bescheid vom 26.11.1992 für die Zeit vom 01.01.1993 bis 31.12.1993, weil die im Bescheid genannte Bedingung, Schaffung von Dauerarbeitsplätzen im Anschluss an die Maßnahme, nicht erfüllt worden sei. Dem Interesse eines effektiven arbeitsmarktpolitischen Einsatzes der öffentlichen Mittel zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen sei gegenüber dem Interesse am Fortbestand des Anerkennungsbescheides der Vorrang zu geben. Daher seien die von der Beklagten erbrachten Leistungen in Höhe von 90.425,48 DM zu erstatten. Der Bescheid vom 11.01.1994 werde gemäß § 45 Abs. 2 SGB X i. V. m. § 152 Abs. 2 AFG zurückgenommen, weil die Voraussetzungen für die Zahlung der Fördermittel nicht vorgelegen hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.1996 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die im Bewilligungsbescheid genannte Bedingung sei nicht eingetreten. Daher verliere der Bewilligungsbescheid rückwirkend seine Wirksamkeit. Einer Aufhebung, wie im Bescheid vom 12.09.1995 erfolgt, bedürfe es daher nicht. Der Kläger habe die zu viel gezahlten Leistungen in Höhe von 90.425,48 DM gem. § 50 Abs. 2 SGB X zu erstatten. Ein Ermessensspielraum bestehe nicht.

Mit Schriftsatz vom 29.07.1996, eingegangen beim Sozialgericht (SG) Leipzig am 01.08.1996, hat der Kläger gegen den am 10.07.1996 abgesandten Widerspruchsbescheid Klage erhoben. Die Arbeitnehmerin U. M. sei beim VFB L ... e. V., der Arbeitnehmer V. H. beim Kreissportbund L ... sowie die Arbeitnehmerin U. K. beim Stadtsportbund L ... e. V. beschäftigt.

In der mündlichen Verhandlung vom 14.10.1998 hat der als Zeuge vernommene ehemalige Geschäftsführer des Klägers ausgesagt, der Vorstand sei noch im Oktober 1992 davon ausgegangen, dass eine Dauerbeschäftigung der drei Arbeitnehmer nach Ablauf der Förderung möglich sein würde. Erst im Jahre 1993 habe sich deren Unmöglichkeit herausgestellt.

Mit Urteil vom 14.10.1998 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 26.01.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.1996 teilweise in Höhe der Erstattungsforderung bezüglich des im Zeitraum vom 01.01.1993 bis 31.12.1993 gewährten Zuschusses zu den Lohnkosten für die Arbeitnehmerin U. M. aufgehoben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die im Bescheid vom 26.11.1992 enthaltene Bedingung, die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen durch die Klägerin im Anschluss an die Maßnahme, sei bezüglich der Arbeitnehmer V. H. und U. K. nicht eingehalten worden. Der Arbeitnehmer V. H. sei ursprünglich als Koordinator im Bereich Volleyball des Klägers tätig gewesen. Ab 01.01.1994 sei er vom Rumpfverein des Klägers nicht weiter beschäftigt worden. Die ab 01.01.1994 erfolgte Beschäftigung beim Kreissportbund L ... stelle keine Weiterbeschäftigung im Sinne des Bewilligungsbescheides dar. Eine solche sei nur bei Weiterbeschäftigung bei dem Arbeitgeber gegeben, der die ABM durchgeführt habe. Die Arbeitnehmerin U. K. habe ursprünglich in der Sektion Turnen des Klägers als Koordinatorin gearbeitet. Diese sei zum 31.03.1994 aus dem Dachverband des Sportclubs L ... ausgetreten. Für die Arbeitnehmerin sei jedoch weder beim Kläger noch bei der Folgeeinrichtung des Bereichs Turnen ein Dauerarbeitsplatz geschaffen worden. Anders liege der Fall bei der Arbeitnehmerin U. M. Diese sei während der ABM als Koordinatorin im Bereich Handball des Klägers beschäftigt gewesen. Da sich der Kläger im Jahre 1993 bis auf einen Rumpfverein aufgelöst habe und die Sektion Handball komplett vom VFB L ... übernommen wurde, sei der VFB ... insofern als Rechtsnachfolger des Klägers zu betrachten. Bei diesem habe die Arbeitnehmerin ab 01.01.1994 einen Dauerarbeitsplatz erhalten.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich Empfangsbekenntnisses am 05.11.1995 zugestellte Urteil hat dieser mit Schriftsatz vom 04.12.1998, eingegangen beim Sächsischen Landessozialgericht am selben Tag, Berufung eingelegt. Dem Rumpfverein sei die weitere Beschäftigung der Arbeitnehmer V. H. und U. K. infolge der im Jahre 1993 und 1994 erfolgten Austritte vieler Sektionen unmöglich geworden.

Mit Schriftsatz vom 05.01.2000 hat die Beklagte anerkannt, dass der Zuschuss für den Arbeitnehmer V. H. nicht durch den Kläger zu erstatten sei. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 03.02.2000 angenommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des SG Leipzig vom 14.10.1998 insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen wurde, sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.01.1995 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 12.09.1995 und in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1996 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Da die Arbeitnehmerin U. K. im Anschluss an die ABM in der Zeit vom 01.01.1994 bis 30.09.1994 arbeitslos gewesen sei und erst ab 01.10.1994 beim Sportbund L ... e. V. beschäftigt wurde, sei die Bedingung des Bewilligungsbescheides, im Anschluss an die ABM einen Dauerarbeitsplatz zu schaffen, nicht eingetreten.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts hat der Senat auf die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Leistungsakte der Beklagten, die er zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 SGG) ist zulässig und in der Sache begründet. Das mit der Berufung angegriffene Urteil des SG Leipzig war insoweit aufzuheben, als darin die Klage abgewiesen worden war.

I.

Streitgegenstand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren ist lediglich noch die Rückforderung des Zuschusses zu den Lohnkosten bezüglich der Arbeitnehmerin U. K. Hinsichtlich der Erstattung der Lohnkosten der Arbeitnehmerin U. M. ist das erstinstanzliche Urteil in Rechtskraft erwachsen, weil es seitens der Beklagten nicht durch die Berufung angefochten wurde. Bezüglich der Fördermittel für den Arbeitnehmer V. H. ist das Verfahren durch das angenommene Teilanerkenntnis erledigt worden.

II.

Der zunächst vorhandene Anhörungsmangel wurde im Widerspruchsverfahren durch Erlass der Bescheide vom 26.01.1995 und 12.09.1995 geheilt.

III.

Als Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Erstattungsforderung kommt § 50 Abs. 2 SGB X in Betracht. Hiernach sind Leistungen - soweit sie ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind - zu erstatten. §§ 45 und 48 SGB X gelten entsprechend.

Die Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Erstattungsforderung gem. § 50 Abs. 2 SGB X sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Die Subventionsleistungen in Form von Zuschüssen zu den Lohnkosten sind nicht ohne Verwaltungsakt erbracht worden. Vielmehr basierten sie auf dem Bewilligungsbescheid vom 26.11.1992.

Dieser ist nicht durch den Eintritt der in der Nebenbestimmung des Verwaltungsaktes genannten Voraussetzungen weggefallen. Zwar ist zunächst mit der Beklagten und dem Sozialgericht davon auszugehen, dass der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum die Förderleistungen erhalten hat, obwohl die hierfür geforderten gesetzlichen Voraussetzungen letztlich nicht erfüllt waren. Mit dem Bescheid vom 26.11.1992 sind dem Kläger auf seinen Antrag vom 15.10.1992 Förderleistungen in Fortführung einer bereits geförderten ABM für ein drittes Jahr bewilligt worden. Rechtsgrundlage hierfür waren §§ 91 ff. AFG i. V. m. §§ 3, 9, 10, 19 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Förderung von allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung aus Mitteln der Bundesanstalt vom 13.12.1984 (ABM-AO, hier in der Fassung der 3. Änderungsanordnung vom 28.02.1998, ANBA S. 480). Danach konnte bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen die Zuweisung von Arbeitnehmern in solche ABM über die grundsätzliche Regeldauer von zwei Jahren hinaus für ein drittes Jahr erfolgen, wenn die anschließende Übernahme in ein Dauerarbeitsverhältnis gesichert war (§§ 3 Abs. 4 Satz 2, 4 und 5 ABM-AO). Dementsprechend konnte die regelmäßige Förderungsdauer (§ 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 ABM-AO) in Ausnahmefällen für ein drittes Jahr verlängert werden, wenn hierdurch zusätzliche Dauerarbeitsplätze geschaffen wurden. Hiervon ausgehend hat die Beklagte vor Erlass des Bewilligungsbescheides vom 26.11.1992 eine ausdrückliche Zusicherung vom Kläger gefordert, dass die von der Förderung betroffenen Arbeitnehmer nach Ablauf der Maßnahme in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommen würden. Auf der gesetzlichen Regelung basierend war der Bewilligungsbescheid vom 26.11.1992 unter der Nebenbestimmung erlassen worden, dass im Anschluss an die Maßnahme drei Dauerarbeitsplätze geschaffen würden.

Bezüglich der Arbeitnehmerin U. K. ist dies nicht erfolgt. Diese ist vielmehr im Anschluss an die Maßnahme vom 01.01.1994 bis 30.09.1994 arbeitslos gewesen, bevor sie ab 01.10.1994 beim Stadtsportbund L ... e. V. beschäftigt war. Der Stadtsportbund L ... e. V. ist weder mit dem Kläger identisch noch ein Rechtsnachfolger einer ausgetretenen Abteilung desselben.

Trotz Nichterfüllung der in der Nebenbestimmung des Bewilligungsbescheides genannten Voraussetzungen ist der Bewilligungsbescheid vom 26.11.1992 nicht weggefallen, da eine Aufhebungsentscheidung weder in Form eines Widerrufs noch in Form einer Rücknahme der Bewilligungsentscheidung erfolgt war.

Eine Aufhebungsentscheidung der Beklagten war nicht deshalb entbehrlich, weil die Wirkung des Bewilligungsbescheides mit Eintritt der in der Nebenbestimmung genannten Voraussetzungen automatisch entfallen wäre.

Zwar durfte die Beklagte der Bewilligungsentscheidung gem. § 32 Abs. 2 SGB X eine Nebenbestimmung beifügen. Gem. § 32 Abs. 2 SGB X darf ein Verwaltungsakt, auf welchen kein Rechtsanspruch besteht, nach pflichtgemäßem Ermessen mit einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung - Nr. 2) erlassen werden oder einer Bestimmung, durch die den Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage - Nr. 4), verbunden werden. Bei der hier streitigen Leistung handelt es sich ihrer Rechtsnatur nach um eine Subventionsleistung, auf die grundsätzlich kein Rechtsanspruch besteht (Düe, in: Niesel, AFG, 2. Aufl., Rdnr. 3 zu § 91; Henke, in: Hennig/Kühl/Henke/Heuer, AFG, Rdnr. 4 zu § 91). Bei der Bewilligung von Subventionen mit dem Ziel der Schaffung von Dauerarbeitsplätzen ist die Hinzusetzung von Nebenbestimmungen rechtlich geboten, um dem in § 9 Abs. 2 ABM- AO genannten Zweck der ABM-Förderung zu gewährleisten (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 23.03.1995, Breithaupt 1995 S. 779, 781, 782).

Zudem wurde auch der Subventionszweck hinsichtlich der Arbeitnehmerin U. K. nicht erreicht, gleichwohl ist der Leistungsträger bei einem solchen Sachverhalt jedoch nicht bereits in jedem Fall befugt, die gewährte Leistung ohne weiteres, insbesondere ohne Beseitigung der vorausgegangenen Bewilligungsentscheidung, allein auf Grund einer der Bewilligung beigefügten Nebenbestimmung zurückzufordern. Dies ergibt sich aus § 151 Abs. 1 AFG in der bis zum 21.05.1996 geltenden Fassung sowie aus § 47 Abs. 2 SGB X. Auf die erstgenannte Vorschrift ist, da sie zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung am 11.06.1996 nicht mehr galt, hier nicht näher einzugehen. Gem. § 47 Abs. 2 SGB X kann ein rechtmäßig begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird (Nr. 1) oder mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat (Nr. 2). Der Verwaltungsakt darf mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben.

Ein derartiger Widerruf ist im vorliegenden Fall zwar zunächst im Bescheid vom 12.09.1995 erfolgt. Im Widerspruchsbescheid vom 11.06.1996 hat die Beklagte jedoch ausdrücklich ausgeführt, dass es einer Aufhebung, wie im Bescheid vom 12.09.1995 erfolgt, nicht bedarf. Sie hat nunmehr ihre Erstattungsforderung lediglich noch auf § 50 Abs. 2 SGB X gestützt. Die Begründung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 12.09.1995 ist folglich durch den Widerspruchsbescheid vom 11.06.1996 dergestalt ersetzt worden, dass nunmehr lediglich noch eine Erstattungsforderung gemäß § 50 Abs. 2 SGB X geltend gemacht wurde. Der Verwaltungsakt vom 12.09.1995 ist mit dem Inhalt und der Begründung Gegenstand der sozialgerichtlichen Nachprüfung, den er durch den Widerspruchsbescheid vom 11.06.1996 erhalten hat. Das gilt auch dann, wenn der Wiederspruchsbescheid inhaltliche Rechtsfehler aufweist, die im Ausgangsbescheid noch nicht vorhanden waren (VGH Mannheim, Urteil vom 15.11.1983, NVWZ 1990, S. 1085; Darwin, NVWZ 1987, S. 872, 873).

Eines Widerrufs des vorausgegangenen Bewilligungsbescheides bedarf es allerdings, wie die Beklagte zu Recht geltend macht, nicht, wenn ihr Bewilligungsbescheid mit einer auflösenden Bedingung i. S. v. § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X verbunden war. Die Auslegung des Inhalts und die Beurteilung der Rechtsnatur einer Nebenbestimmung sowie die Abgrenzung zwischen einer Bedingung i. S. v. § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X und einer Auflage i. S. v. § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X hat im Einzelfall unabhängig von der vom Leistungsträger gewählten Bezeichnung nach deren konkreten Inhalt und der Ausgestaltung des mit dem Verwaltungsakt geregelten Leistungsanspruchs zu erfolgen.

Eine Bedingung liegt nach der Legaldefinition des § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X vor, wenn der Eintritt oder der Wegfall einer Rechtsfolge von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt. Wenn die Rechtsfolge beim Eintritt eines Ereignisses wegfällt, liegt eine auflösende Bedingung vor. Auch wenn der Eintritt des Ereignisses vom Willen eines Beteiligten abhängt (unechte Bedingung), handelt es sich um eine Bedingung i. S. d. § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X (Schroeder-Printzen, in: Schroeder-Printzen/Engelmann/Schmalz/Wiesner/von Wulffen, SGB X, 3. Aufl., Rdnr. 14 zu § 32; Kopp, VwVfG, 5. Aufl., Rdnr. 21 zu § 36).

Die Auflage i. S. d. § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X ist eine zusätzlich mit einem Verwaltungsakt verbundene, selbstständig erzwingbare hoheitliche Anordnung in Form eines Ge- oder Verbots. Sie ist nicht integrierter Bestandteil des Verwaltungsaktes, sondern tritt selbstständig zum Hauptinhalt eines Verwaltungsaktes hinzu und ist für dessen Bestand und Wirksamkeit ohne unmittelbare Bedeutung. Auflagen sind in der Regel auf ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen gerichtet (Kopp, a. a. O., Rdnr. 29 zu § 36; Schroeder-Printzen, a. a. O., Rdnr. 23 ff. zu § 32).

Ist bei einer im Zusammenhang mit einem Verwaltungsakt getroffenen Regelung unklar, ob eine Bedingung oder nur eine - für den Betroffenen in der Regel weniger belastende - Auflage vorliegt, so kommt es auf den für den Betroffenen erkennbaren Zweck der Regelung, insbesondere darauf an, ob das infrage stehende Ereignis im Hinblick auf die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung so bedeutsam ist, dass nicht angenommen werden kann, dass die im Übrigen mit dem Verwaltungsakt intendierten Rechtswirkungen auch unabhängig davon fortbestehen sollen. Bei der Bedingung wird mithin die Wirksamkeit des Hauptverwaltungsaktes von den in der Nebenbestimmung genannten Voraussetzungen abhängig gemacht, ohne dass an den Adressat ein Gebot oder Verbot ergeht. Bei der Auflage hängt die Wirksamkeit des Hauptverwaltungsaktes im Gegensatz dazu nicht unmittelbar von der Erfüllung der Nebenbestimmung ab. Die Bedingung suspendiert, zwingt aber nicht; die Auflage zwingt, suspendiert aber nicht (Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. III, 1840, S. 231). Unklarheiten bei der Auslegung gehen zu Lasten der Behörde. Lässt eine Bestimmung mehrere Auslegungen zu, ist die Behörde an diejenige gebunden, von der der Adressat vernünftigerweise ausgehen dürfte. Im Zweifelsfall ist die für den Betroffenen weniger belastende Auslegungsweise, mithin die Auslegung als Auflage, maßgebend (Schroeder-Printzen, a. a. O., Rdnr. 4, 16 zu § 32).

Bei der Auslegung der Nebenbestimmung sind auch die Auswirkungen der jeweiligen Bestimmung zu berücksichtigen. Handelt es sich um eine Bedingung, kann die Beklagte die Förderleistungen ohne Aufhebung des Bewilligungsbescheides gemäß § 50 Abs. 2 SGB X zurückfordern. Liegt eine Auflage vor, kann die Beklagte lediglich nach Widerruf des Bewilligungsbescheides Erstattung der Förderleistungen verlangen. Im Rahmen der Prüfung des Widerrufs sind Vertrauensschutzgesichtspunkte zu berücksichtigen.

Die Auslegung hat entsprechend des objektiven Empfängerhorizontes zu erfolgen. Der Empfänger im vorliegenden Fall ist - wie sich aus seinem Widerspruchsschreiben vom 16.02.1995 und dem Berufungsschreiben vom 04.12.1998 ergibt - davon ausgegangen, dass keine automatische Rückforderung bei Nichteinhaltung der Nebenbestimmung erfolgt, sondern im Rahmen der Vertrauensschutzprüfung die individuellen Umstände - hier Austritt vieler Sektionen aus dem Verein - zu berücksichtigen ist.

Auch der objektive Empfänger musste die Nebenstimmung nicht anders verstehen. Im vorliegenden Fall war die Nebenbestimmung auf ein Tun des Klägers, nämlich die Schaffung eines Dauerarbeitsplatzes für die Arbeitnehmerin U. K., gerichtet. Für den objektiven Betrachter schien die Nebenbestimmung mit dem Hauptverwaltungsakt nicht dergestalt verbunden zu sein, dass der Hauptverwaltungsakt nur wirksam sein sollte, wenn die Nebenbestimmung eintritt. Das schon deshalb nicht, weil sich die Erfüllung der Nebenbestimmung erst nach Ablauf des Förderzeitraums, mithin nach Ablauf der sich aus der Verfügung des Hauptverwaltungsaktes ergebenden Leistung, herausstellen würde.

Auch die systematische Auslegung der Nebenbestimmung spricht eher für eine Auflage. So ist im Bewilligungsbescheid formuliert "Die Forderung erfolgt nur unter der Bedingung, dass im Anschluss an die Maßnahme drei Dauerarbeitsplätze geschaffen werden". Die sprachliche Formulierung erscheint nur dann als in sich stimmig, wenn das Wort "Bedingung" durch das Wort "Auflage" ersetzt wird. Die Beklagte wollte den Kläger gerade zu einem bestimmten Tun veranlassen. Hätte man die Nebenbestimmung als Bedingung formulieren wollen, so hätte sie lauten müssen: "Der Kläger ist zur Rückzahlung des Lohnkostenzuschusses verpflichtet, sofern er nicht im Anschluss an die Maßnahme drei Dauerarbeitsplätze schafft".

Überdies ist charakteristisch, dass im Falle einer auflösenden Bedingung das Rechtsverhältnis vom Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung ex nunc - nicht jedoch ex tunc - aufgelöst wird (vgl. hierzu § 159 BGB).

Da im vorliegenden Fall die im Bewilligungsbescheid enthaltene Nebenbestimmung als Auflage und nicht als Bedingung (vgl. zur Qualifizierung der Nebenbestimmung in vergleichbaren Verfahren ebenfalls als Auflage Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 22.12.1999, Az. L 3 AL 15/99; LSG Niedersachsen, Urteil vom 23.03.1995, Breithaupt 1995, S. 779) auszulegen ist, entfiel die Rechtswirkung des Bewilligungsbescheides nicht automatisch. Die Beklagte konnte den geltend gemachten Erstattungsanspruch gegenüber dem Kläger nicht ohne einen vorausgegangenen bzw. gleichzeitigen Widerruf der Leistungsbewilligung nach § 47 Abs. 2 SGB X verfolgen. Ein Widerruf war im Bescheid vom 26.01.1995 nicht enthalten. Der im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 12.09.1995 ausgesprochene Widerruf war - wie oben ausgeführt - im Widerspruchsbescheid vom 11.06.1996 dagegen als rechtlich nicht notwendig erachtet und damit nicht aufrechterhalten worden.

Auch wurde das im Falle eines Widerrufes gemäß § 47 Abs. 2 SGB X erforderliche Ermessen im Widerspruchsbescheid nicht ausgeübt. Vielmehr hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass zwingend zu erstatten sei. Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt im streitgegenständlichen Fall nach Auffassung des Senats jedoch nicht vor.

Auch für den Fall, dass man - entgegen der Ansicht des Senats - das Vorliegen einer Auflage i. S. v. § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X mit der Begründung ablehnen sollte, dass Gegenstand einer Auflage nur eine Pflicht sein kann, die sich nicht bereits aus dem Gesetz ergibt, würde dies zu keiner anderen Lösung führen.

Dagegen spräche zunächst, dass eine Auflage sehr wohl dann anzunehmen wäre, wenn sie fallbezogen die gesetzliche Regelung konkretisieren würde (BSG SozR 3-7815 Abs. 1 § 2 AÜG). Für eine Konkretisierung spräche im vorliegenden Falle, dass das Gesetz keine Regelung über die Zahl der zu schaffenden Dauerarbeitsplätze vorsieht, vorliegend jedoch die Schaffung von drei Arbeitsplätzen gefordert wurde.

Falls eine einzelfallbezogene Konkretisierung jedoch nicht anzunehmen wäre, müsste man die Bestimmung als Hinweis auf die gesetzliche Regelung (BSG SozR 3-2940 § 7 AVG; BVerwGE 71, 48, 50) oder als eine Inhaltsbestimmung i. S. einer "modifizierenden Auflage" (BVerwGE 41, 178, 181; Kopp, VwVfG, 5. Aufl., Rdnr. 6 zu § 36 m.w.N.) auslegen. Auch in einem solchen Fall hätte es jedoch zur Geltendmachung einer Erstattungsforderung einer Aufhebungsentscheidung bezüglich der Bewilligung bedurft. Eine solche ist jedoch in der die Ausgangsbescheide abändernden Widerspruchsentscheidung nicht enthalten.

Aus diesen Gründen waren die Bescheide der Beklagten sowie das erstinstanzliche Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden war, aufzuheben.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.

Da nach Auffassung des Senats eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, war die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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