L 3 AL 158/97

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 10 Al 132/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 158/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 06. November 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind dem Kläger auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) für den Zeitraum vom 22.07. bis zum 13.10.1995 streitig. Die Beklagte hat für diese Zeit den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit festgestellt.

Der am ...1965 geborene Kläger erwarb durch Beschäftigungen als Sicherungsposten (01.09.1994 bis 22.03.1995; 04.04.1995 bis 22.04.1995) ab 29.04.1995 einen (neuen) Anspruch auf Alg für die Dauer von 208 Tagen anfänglich wöchentlich 190,20 DM.

In der Zeit vom 22.05.1995 bis 21.07.1995 war der Kläger als Produktionsarbeiter bei der Firma T ...-Unternehmen für Arbeitnehmerüberlassung GmbH, R ..., beschäftigt, die ihn an die Firma K ..., B ..., auslieh. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages betrug die regelmäßige Mindestarbeitszeit wöchentlich 35 Stunden. Der Mitarbeiter verpflichtete sich, seine Arbeitskraft entsprechend der Arbeitszeit in den Kundenbetrieben anzubieten und notwendige Mehrarbeit zu leisten (Buchstabe a). Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit durfte 8 Stunden nicht überschreiten, sie konnte aber bis zu 10 Stunden werktäglich (60 Stunden pro Woche) verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden (Buchstabe b). Arbeitsstunden, die darüberhinaus ohne Weisung der Firma T ... geleistet würden, stellten einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz dar und würden von der Firma T ... nicht vergütet (Buchstabe d). Gemäß § 1 Buchstabe d war eine Probezeit von 6 Monaten vereinbart, innerhalb derer die Kündigungszeit 2 Wochen betrug.

Nachdem der Kläger in seinem Stundennachweis für die Woche vom 29.05. - 04.06.1995 am Donnerstag (01.06.1995) eine Arbeitszeit vom 11 Stunden eingetragen hatte, wurde er mit Schreiben vom 06.06.1995 "wegen Nichteinhaltung der Arbeitszeitordnung (AZO) am 01.06.1995 abgemahnt", weil er am 01.06.1995 mehr als 10 Stunden gearbeitet und damit gegen § 3 AZO verstoßen habe, wonach die werktägliche Arbeitszeit 10 Stunden nicht überschreiten dürfe.

Nach dem 05.06.1995 rechnete der Kläger ausweislich der Stundennachweise nur noch werktägliche Arbeitszeiten bis 10 Stunden ab, darunter auch am Samstag, 15.07.1995, eine Tätigkeit von 6.00 - 11.30 Uhr (4,5 Stunden) sowie am Freitag, 21.07.1995, von 6.00 - 14.00 Uhr (8 Stunden). Gearbeitet hatte er an diesen beiden Tagen jedoch nicht.

Am 25.07.1995 meldete er sich erneut arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg.

In der Arbeitsbescheinigung gab die Arbeitgeberin an, das Arbeitsverhältnis sei auf Grund arbeitgeberischer Kündigung vom 21.07.1995 mit Wirkung zum 21.07.1995 wegen Abgabe unkorrekter Stundennachweise beendet worden.

Der Kläger trug hierzu vor, der wahre Grund für die Kündigung sei die schlechte Auftragslage gewesen.

Auf Anfrage der Beklagten erklärte die Arbeitgeberin, dass eine schlechte Auftragslage nicht vorgelegen habe, der Kläger habe vielmehr Stundenmanipulationen vorgenommen, indem er am 15.07. und 21.07.1995 nicht gearbeitet, jedoch gegenüber der Arbeitgeberin sowie der Firma K ..., 6 Stunden Arbeit angegeben habe.

Weder gegen die fristlose Kündigung noch gegen die vorgenommene Reduzierung der Vergütung gegenüber den von ihm angegebenen Arbeitszeiten hat der Kläger ein arbeitsgerichtliches Verfahren angestrengt.

Mit Bescheid vom 19.10.1995 stelllte die Beklagte den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 22.07.1995 bis 13.10.1995 fest. Durch unkorrekte Stundenabrechnungen habe er seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und Anlass zur Kündigung durch den Arbeitgeber gegeben. Er habe voraussehen müssen, dass ihm infolge seines Verhaltens gekündigt und er arbeitslos werden würde. Des Weiteren mindere sich der Anspruch auf Alg um 72 Tage. Mit Bescheid vom 24.10.1995 bewilligte die Beklagte Alg ab 14.10.1995 in Höhe von 190,20 DM wöchentlich.

Hiergegen legte der Kläger am 24.10.1995 Widerspruch ein. Es habe durch die T ...-GmbH eine mündliche Anweisung, dass nicht mehr als 10 Arbeitsstunden pro Tag nach Arbeitszeitordnung angeschrieben werden, gegeben. Wenn aber mehr Stunden geleistet worden seien, hätten diese Stunden auf einen anderen Tag "überschrieben werden" dürfen. Dies habe er am 15.07.1995, an dem er nicht gearbeitet habe, getan. Überdies habe er oft unter Einsatz seines Lebens und unter Mißachtung der Arbeitsschutzbedingungen arbeiten müssen.

Die Firma K ..., B ... teilte der Beklagten am 01.12.1995 mit, dass bereits am ersten Arbeitstag aus den vom Kläger vorgelegten Stundenaufzeichnungen Unstimmigkeiten in der Stundenabrechnung aufgetreten seien. Es gebe eine allgemeine Festlegung, dass Überstunden nur mit Absprache des jeweiligen Meisters mit einer täglichen Gesamtstundenzahl von 10 Stunden gemacht werden dürften. Hierzu wurden die sich aus den Stundennachweisen ergebenden Unstimmigkeiten einzeln aufgelistet. Absprachen mit der Firma T ... bezüglich des Überschreibens der Stunden auf einen nächsten Tag habe es nicht gegeben. Nach Absprache mit den Meistern, hätten lediglich bei einer früheren An- bzw. Abreise die entstandenen Fehlzeiten an den verbleibenden vier Wochentagen nachgeholt werden können.

Der im Rahmen des Widerspruchsverfahrens als Zeuge angegebene Andreas R ... teilte mit Schreiben vom 05.12.1995 mit, ebenfalls bei der Firma T ... gearbeitet zu haben. Es sei schon einmal vorgekommen, dass vom Arbeitsaufwand her mehr als 10 Arbeitsstunden hätten gearbeitet werden müssen. Da der Arbeitgeber die Weisung erteilt habe, dass nicht mehr als 10 Stunden auf der Stundenabrechnung eingetragen werden dürften, sollten die tatsächlichen Mehrstunden auf die übrigen Tage verteilt werden.

Die ehemalige Arbeitgeberin teilte mit Schreiben vom 21.12.1995 mit, zu keiner Zeit die Anweisung gegeben zu haben, geleistete Arbeitsstunden an anderen Tagen aufzuschreiben. Am 21.07.1995 habe der Mitarbeiter R ... sie und die Firma K ... darüber informiert, dass der Kläger seine Arbeitszeiten sowohl auf der Stempelkarte, als auch den internen Stundennachweisen unkorrekt angegeben habe. Daraus habe sich ergeben, dass er am 15.07.1995 Stunden abgerechnet habe, jedoch nicht gearbeitet habe. Er sei ebenfalls am 21.07.1995 nicht zur Arbeit erschienen, jedoch habe er angegeben, auch an diesem Tag gearbeitet zu haben. Die Mitarbeiter hätten die Anweisung, nicht mehr als 10 Stunden pro Tag zu arbeiten. Sie hätten jedoch die Erlaubnis, nach Vereinbarung mit den Entleihbetrieben Arbeitsstunden, welche normalerweise an einem Freitag anfallen, vorher einzuarbeiten, jedoch maximal 10 Stunden pro Arbeitstag (z.B. anstatt Montag bis Freitag je 8 Stunden, Montag bis Donnerstag je 10 Stunden), um so in den Genuss eines verlängerten Wochenendes zu kommen. Da der Kläger in der 28 Kalenderwoche nie mehr als 10 Stunden gearbeitet habe, seien auch keine Stundenverschiebungen möglich gewesen. Im Übrigen habe der Kläger sie niemals über Gefahren am Arbeitsplatz informiert.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.1996 als unbegründet zurück. Der Kläger sei vom 22.05.1995 bis 21.07.1995 als Leiharbeiter bei der Firma T ...-Unternehmen für Arbeiternehmerüberlassung GmbH in Rosenheim beschäftigt gewesen. Das Beschäftigungsverhältnis sei zuletzt auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages bei der Firma K ... GmbH in Eckstedt ausgeübt worden. Am 21.07.1995 habe die Firma K ... der Arbeitgeberin mitgeteilt, dass der Kläger am 15.07.1995 nachweislich nicht gearbeitet, jedoch der Stundennachweis für diesen Tag 6 Stunden ausgewiesen habe. Der Kläger sei bereits zuvor am 06.06.1995 wegen Verstoßes gegen die AZO abgemahnt worden. Unter Bezugnahme auf § 9 des Arbeitsvertrages sei dem Kläger am 21.07.1995 zum 21.07.1995 gekündigt worden. Der Kläger selber habe erklärt, entgegen der Eintragung im Arbeitszeitnachweis am 15.07.1995 tatsächlich nicht gearbeitet zu haben. Eine Manipulation von Zeiterfassungsnachweisen stelle prinzipiell einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Vereinbarungen dar. Deshalb habe das Verhalten des Klägers Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung berechtige eine Manipulation von Arbeitszeitnachweisen den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Abmahnungen seien in diesem Fall nicht erforderlich. Gründe, die den Kläger zu seinem Verhalten veranlasst haben, seien bei der Feststellung eines arbeitsvertragswidrigen Verhaltens ohne Bedeutung. Der Kläger habe insoweit zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt, weil er mit einer fristlosen Entlassung habe rechnen müssen. Er habe auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten gehabt. Die vom Kläger benannte Anweisung, dass Stunden, welche geleistet worden seien, auf einen anderen Tag zu schreiben seien, würde gegen gesetzliche Bestimmungen (AZO) verstoßen. Diese Anweisung sei auch schriftlich nicht belegbar. Vielmehr hätten sowohl die Arbeitgeberin als auch die Firma K ... GmbH derartige Verfahrensweisen bzw. Anweisungen nicht gegeben.

Gegen den am 18.01.1996 durch Niederlegung zugestellten Widerspruchsbescheid hat sich der Kläger am 08.02.1996 an das Sozialgericht (SG) Dresden gewandt. Er hat hierbei sein Vorbringen wiederholt. Stunden, welche über 10 Stunden am Tag hinaus gearbeitet wurden, seien auf andere Tage zu verteilen gewesen.

Der vom Kläger benannte und am 17.07.1996 im Rahmen eines Erörterungstermins vom Sozialgericht vernommene Zeuge R ... hat angegeben, ihm sei nur gesagt worden, er dürfe nicht mehr als 10 Stunden täglich und 50 Stunden wöchentlich arbeiten. Eine Anweisung, Mehrarbeit auf die nächsten Tage zu verteilen, habe er nicht erhalten. Auch könne er bestätigen, dass die Aussagen der Firmen K ... und T ... bezüglich der Stundenmanipulationen durch den Kläger korrekt sind. Hierzu hat der Kläger dahingehend Stellung genommen, er gehe nicht davon aus, dass der Zeuge R ... lüge; dieser wisse allerdings nicht, dass er - der Kläger - nach Verlassen der Firma später wieder zurück gegangen sei und weiter gearbeitet habe. Die Überstunden seien aus eigenem Antrieb erfolgt; es wäre durchaus auch möglich gewesen, diese Arbeit am nächsten Tag zu verrichten.

In der mündlichen Verhandlung am 06.11.1997 hat der Kläger erklärt, es sei mit dem Personalbüro der Firma T ... nach Erhalt der Abmahnung am 06.06.1995 abgesprochen worden, Arbeitszeiten über 10 Stunden auf andere Tage zu verteilen. Die Überschreitung der Arbeitszeit von 10 Stunden bei der Firma K ... sei an einzelnen Tagen entstanden, da ihn der Meister gefragt habe, ob er die betreffenden Arbeiten noch am selben Tage erledigen könne. Er selbst habe den Meister jedoch nicht auf die dadurch drohende Überschreitung der täglichen Arbeitsstunden von 10 Stunden hingewiesen.

Mit Urteil vom 06.11.1997 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses durch die Firma T ... am 21.07.1995 gegeben. Zwar sei die Firma T ... nicht allein auf Grund des wiederholten Verstoßes des Klägers gegen die in § 2 Buchst. b und d getroffenen Regelungen des Arbeitsvertrages, wonach die werktägliche Arbeitszeit 10 Stunden nicht überschreiten dürfe, zur Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (§ 626 Abs. 1 BGB) berechtigt gewesen. Insofern habe es an einer vorherigen Abmahnung gemangelt. Das Schreiben vom 06.06.1995 stelle keine ordnungsgemäße Abmahnung dar, jedoch hätten die Stundenaufzeichnungen des Klägers gegenüber der Firma K ..., am 15.07.1995 von 6.00 bis 11.30 Uhr Arbeitsleistungen erbracht zu haben, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall gewesen sei, die ehemalige Arbeitgeberin zur Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt. Spätestens mit Erhalt des Schreibens seines Arbeitgebers vom 06.06.1995 sei dem Kläger bekannt gewesen, dass Überschreitungen einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 10 Stunden auf Grund der Bestimmungen der AZO nicht geduldet würden. Daraus sei ersichtlich, dass die Anfertigung des falschen Stundennachweises der Umgehung der betreffenden Anweisung des Arbeitgebers gedient habe. Soweit sich der Kläger diesbezüglich auf eine entsprechende Anweisung seines Arbeitgebers berufe, habe er das Bestehen einer solchen Anweisung nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Auch der Zeuge habe diese Anweisung nicht bestätigen können. Der Kläger habe zumindest grob fahrlässig die ab 22.07.1995 bestehende Arbeitslosigkeit herbeigeführt, da er keine konkreten Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz gehabt habe. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 119 Abs. 2 AFG lägen nicht vor. Die behauptete Anweisung des Arbeitgebers, die sein Verhalten rechtfertigen würde, habe er nicht nachgewiesen. Außerdem habe er in zumutbarer Weise Überschreitungen der täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden vermeiden können, so dass schon aus diesem Grunde kein Anlass für Manipulationen der Stundennachweise bestanden habe. Der Kläger hätte lediglich, was jedoch von seiner Seite unterlassen worden sei, den Meister der Firma K ... darauf hinweisen müssen, dass bei Erledigung der angewiesenen Arbeiten am selben Tage eine tägliche Arbeitszeit von 10 Stunden überschritten würde. Er habe hierzu selber vorgetragen, es sei möglich gewesen, die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden zu beschränken und die noch nicht erledigten Arbeiten jeweils am Folgetag durchzuführen.

Gegen das mit Einschreiben vom 01.12.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.11.1997 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt.

Er habe mehr als 10 Arbeitsstunden am Tag leisten müssen und in zweifacher Hinsicht unter Druck gestanden, so habe er seine Leistungen bei der Zeitarbeitsfirma und bei der Firma, an die er verliehen worden sei, erbringen müssen.

Der Zeuge R ... hat am 12.05.1999 schriftlich erklärt, von früh bis 18.00 Uhr gearbeitet zu haben, während der Kläger nach seinen normalen Stunden nach Hause gegangen sei. Er habe an der Stechuhr bemerkt, dass der Kläger für Zeiten abgestochen habe, an denen er jedoch nicht gearbeitet habe. Die Kündigung sei berechtigt gewesen, weil der Kläger den Arbeitgeber betrogen habe.

Auf Ersuchen des Senats ist der Zeuge Sch ..., der der Meister des Klägers bei der Firma K ... gewesen war, vom Sozialgericht München am 17.09.1999 vernommen worden. Welche besonderen Vorschriften über die zulässige (tägliche/wöchentliche) Arbeitszeitdauer für die Leiharbeitnehmer galten, wisse er nicht, dies sei Sache der Betriebsleitung gewesen. Er könne nicht sagen, ob die Vorschriften in der Praxis eingehalten worden seien, weil die Leiharbeitnehmer nicht ständig bei ihm beschäftigt gewesen seien. Es habe Schichtarbeit gegeben, von 6.00 bis 14.00 Uhr und von 14.00 bis 22.00 Uhr. Er selber sei im Betrieb von 7.00 bis 16.15 Uhr gewesen; danach sei für die Arbeiter ein Nachtschichtmeister zuständig gewesen. Er kenne die Abmahnung vom 06.06.1995 nicht. Mit den Abrechnungen über die Arbeitszeit habe er selber nichts zu tun gehabt; dies habe die Geschäftsleitung erledigt.

Der Kläger hat in der Folge dem Gericht mitgeteilt, der Zeuge St ... - als Personaldisponent - habe die Anweisung gegeben - ggf. Mehrarbeit über 10 Stunden auf andere Tage zu übertragen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 06.11.1997 sowie den Bescheid vom 19.10.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.1996 aufzuheben und den Bewilligungsbescheid vom 24.10.1995 entsprechend abzuändern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2001 hat der Senat den Zeugen St ... vernommen. Zum Inhalt von dessen Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift (LSG-Akte, Bl. 290 - 293) verwiesen. Im Übrigen wird zum Vorbringen der Beteiligten zum Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakten beider Rechtszügen und die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und fristgemäße (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, denn die Beklagte hat zu Recht durch Bescheid vom 19.10.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.1996 den Eintritt einer Sperrzeit für den Zeitraum vom 22.07. bis zum 13.10.1995 festgestellt. Das SG hat daher auch zutreffend die Klage abgewiesen.

Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Alg ist § 100 AFG. Der Kläger hat zwar ab 25.07.1995 die Anspruchsvoraussetzungen auf Wiederbewilligung von Alg erfüllt, da er arbeitslos war, sich arbeitslos gemeldet und dem Arbeitsamt auch zur Verfügung stand. Er hat jedoch keinen Anspruch auf Gewährung von Alg, weil der Anspruch wegen des Eintritts einer Sperrzeit in dem von der Beklagten festgestellten Zeitraum vom 25.07. bis 13.10.1995 nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 119 a Satz 1 Nr. 1 AFG ruhe.

Eine Sperrzeit nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG tritt dann ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit der Firma T ...wurde auf Grund einer fristlosen arbeitgeberseitigen Kündigung vom 21.07.1995 zum 21.07.1995 gelöst.

Den Grund für diese Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Kläger auf Grund seines arbeitsvertragswidrigen Verhaltens geschaffen. Ausweislich der in Ablichtung vorliegenden Stechkarten der Firma K ... und der eigenen Angaben des Klägers hat er am 15.07.1995 und am 21.07.1995 tatsächlich nicht gearbeitet, jedoch auf dem Zeitnachweis für seinen Arbeitgeber (die Firma T ...) 4,5 (6.00 - 11.30 Uhr) und 8 Arbeitsstunden (6.00 - 14.00 Uhr) angegeben. Bereits am 05.06.1995 hatte der Kläger - entgegen den Vorgaben in § 2 seines Arbeitsvertrages - auf dem Stundennachweis mehr als 10 Arbeitsstunden angegeben. Durch Schreiben vom 06.06.1995 hatte der Arbeitgeber ihm mitgeteilt, dass dies einen Verstoß gegen § 3 des Arbeitszeitgesetzes darstelle, wonach die werktägliche Arbeitszeit 10 Stunden nicht überschreiten dürfe. Der Kläger begründete nunmehr seine Arbeitszeitangaben für den 15. und 21.07.1995 mit einer Anweisung des Arbeitgebers, die über 10 Stunden hinausgehende Arbeitszeit auf Tage, an denen er tatsächlich nicht gearbeitet hat, zu übertragen.

Eine solche, vom Kläger behauptete Anweisung zur Übertragung der Arbeitszeitstunden konnte jedoch zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen werden. Der vom Kläger hierzu benannte Zeuge St ... hat glaubhaft bekundet, die Firma T ... habe - im Gegensatz zu anderen Firmen - die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes sehr genau genommen. Daher habe er einen solchen Vorschlag bzw. Anweisung auch nicht gemacht. Es sei ihm vielmehr bekannt gewesen, dass dies bei der Firma T ... ein sensibles Thema war und seriös behandelt wurde. Diese Aussage deckt sich mit den schriftlichen Erklärungen der Firma T ..., die dies von Anfang an gegenüber der Beklagten so abgegeben hatte. Auf eine Anfrage des Arbeitsamtes hatte die Firma durch Schreiben vom 21.12.1995 mitgeteilt, es habe von ihrer Seite zu keiner Zeit die Anweisung gegeben, geleistete Arbeitsstunden an anderen Tagen aufzuschreiben. Lediglich der Zeuge R ... hatte zunächst in einem Schreiben vom 05.12.1995 die Version des Klägers unterstützt, dass der Arbeitgeber die Weisung erteilt habe, tatsächliche Mehrstunden auf die übrigen Tage zu verteilen. Bereits im Erörterungstermin vor dem SG am 17.07.1996 hat er diese Erklärung jedoch abgeändert und ausgesagt, ihm persönlich sei keine solche Anweisung gegeben worden. Lediglich der Kläger habe ihm gegenüber geäußert, die Anweisung erhalten zu haben, Stunden die über der AZO liegen, auf die nächsten Tage zu verteilen. Es handelte sich damit lediglich um eine Aussage vom Hören-Sagen durch den Kläger selber. Zugleich bestätigte der Zeuge im Zusammenhang mit dieser Aussage den vom Arbeitgeber gegen den Kläger erhobenen Vorwurf der Stundenmanipulation als zutreffend. Ohne das Vorliegen einer arbeitgeberseitigen Genehmigung hat somit der Kläger eine arbeitsvertragswidrige Manipulation der Arbeitszeitnachweise vorgenommen. Die angegebenen Stunden waren unabhängig davon, ob der Kläger sie - entgegen den Behauptungen des Zeugen R ... - tatsächlich Überhaupt erbracht hat, von der Arbeitgeberin gemäß § 2d des Arbeitsvertrages vom 15.05.1995 nicht zu vergüten, denn sie stellten einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz dar. Mit der Eintragung für einen tatsächlich freien Tag versuchte der Kläger die Arbeitgeberin unter Umgehung des Arbeitszeitgesetzes zur Erlangung eines Vergütungsanspruches zumindest über die Lage seiner Arbeitsstunden zu täuschen.

Durch dieses Verhalten hat der Kläger zumindest grob fahrlässig im Sinne von § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFGs eine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Legaldefinition gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Maßgeblich ist dabei nicht, ob das Beschäftigungsverhältnis - als solches - schuldhaft beendet wurde, sondern ob die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Daran fehlt es, wenn ein Arbeitnehmer nach dem Lauf der Dinge nicht notwendig damit rechnen musste, die Arbeitsstelle ohne weiteres zu verlieren und der Arbeitslosigkeit anheim zu fallen, wenn die ausgesprochene Kündigung als fristlose Kündigung nicht berechtigt gewesen ist. Das vertragswidrige Verhalten muss so schwerwiegend gewesen sein, dass es gegebenenfalls im Zusammenhang mit anderen Gründen geeignet war, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt zu rechtfertigen, an dem die Arbeitslosigkeit eingetreten ist. Demgemäß war die fristlose Kündigung, gemessen an den Maßstäben des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), zu prüfen (vgl. BSG, INFO-also 1990 S. 145 m.w.N.; LSG Niedersachsen, Urteil v. 26.10.1999 - NZS 2000, 314, 315).

Die Firma T ... war hier berechtigt, das Arbeitsverhältnis gemäß § 626 Abs. 1 BGB ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, denn es lagen Tatsachen vor, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden konnte. Dies ergab sich - wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat - allerdings nicht allein bereits aus der "Abmahnung" vom 06.06.1995. Eine Abmahnung im technischen Sinne des Arbeitsrechts liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlichen Art und Weise seine Beanstandungen vorbringt und damit deutlich den Hinweis verbindet, im Wiederholungsfall sei der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet (stg. Rechtspr. des BAG, NZA 1993, 120; NZA 1994, 656; NZA 1995, 65). Diese Voraussetzungen erfüllt das Schreiben der Arbeitgeberin vom 06.06.1995 nicht, weil darin kein Hinweis enthalten ist, dass im Wiederholungsfalle der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei.

Es stellt jedoch einen erheblichen Vertrauensmissbrauch dar, wenn ein Arbeitnehmer auf der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Zeiterfassungskarte, wissentlich und vorsätzlich unzutreffende Eintragungen vornimmt, mit denen er einen persönlichen Vorteil erstrebt. Ein solches Verhalten rechtfertigt nicht nur eine ordentliche, sondern sogar eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (BAG, Urteil vom 13.08.1987, Az: 2 AZr 629/86). Gerade für die Arbeitgeberin des Klägers - als Unternehmen für Arbeitnehmerüberlassung - war es besonders wichtig, dass ihre Arbeitnehmer die Stundennachweise korrekt ausfüllten, denn sie selbst konnte unmittelbar die Einhaltung der angegebenen Arbeitszeiten nicht kontrollieren. Wesentlich für die Arbeitgeberin sind richtige Arbeitszeitangaben auch für eine ordnungsgemäße Abrechnung mit der Entleihfirma, als Vertragspartner. Schließlich ist bei der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitsschutzrechts, zu denen auch die Arbeitszeitordnung gehört, für das Fortbestehen bzw. für eine Verlängerung der gemäß § 1 Abs. 1 , 2, 3 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) erforderlichen Erlaubnis von großer Bedeutung, denn die nach § 1 AÜG hierfür geforderte Zuverlässigkeit orientiert sich u.a. an der Einhaltung dieser Vorschriften (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG).

Zudem hatte die Arbeitgeberin dem Kläger durch das Schreiben vom 06.06.1995 auf die Notwendigkeit der Einhaltung der Arbeitszeitordnung hingewiesen. Auch wenn es sich hierbei nicht um eine "Abmahnung" (in technischem Sinne) handelte, musste dem Kläger dennoch nach diesem Schreiben bewusst sein, dass für die Arbeitgeberin dieser Umstand sehr wesentlich ist. Nach den gesamten Umständen lag daher in der Manipulation der Stundenzettel ein erheblicher Vertrauensmissbrauch, der die Arbeitgeberin zur fristlosen Kündigung berechtigte und mit dessen Duldung der Kläger nicht rechnen konnte.

Ein wichtiger Grund im Sinne von § 119 Abs. 1 AFG ist nicht ersichtlich. Eine Sperrzeit soll nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (ständige Rechtspr. u.a. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 28). Dem Kläger wäre ein anderes Verhalten zumutbar gewesen. Soweit es tatsächlich soviel Arbeit gegeben hätte, wäre diese auf die nächsten Tage zu verschieben gewesen und er hätte die Arbeitgeberin sowie - ggf. - die Firma K ... von der Situation unterrichten müssen.

Auch eine besondere Härte i.S.v. § 119 Abs. 2 war nicht anzunehmen. Eine besondere Härte i.S.v. dieser Norm liegt u.a. dann vor, wenn nach den Umständen des Einzelfalles der Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist. Maßgebliche Tatsachen in diesem Sinne sind solche, die mit dem Eintritt der Sperrzeit in einem ursächlichen Zusammenhang stehen. Hierbei sind daher auch nochmals die Umstände der Kündigung zu würdigen. In diesem Zusammenhang könnte eine besondere Härte lediglich insofern erwogen werden, als der Kläger auf Grund von Arbeitsanweisungen gezwungenermaßen Arbeitsstunden über 10 Stunden absolvieren musste. Dies konnte jedoch nicht festgestellt werden. Die Angaben des Klägers selber sind hierzu widersprüchlich. Im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 17.07.1996 führte der Kläger noch aus, die geleisteten Überstunden seien aus eigenem Antrieb erfolgt, um die Arbeit zur persönlichen Befriedigung am gleichen Tag fertiggzustellen. Es wäre jedoch auch durchaus möglich gewesen, diese Arbeit erst am nächsten Tag zu verrichten. Demgegenüber erklärte er dann in der mündlichen Verhandlung vom 06.11.1997, die Überschreitung der Arbeitszeit habe sich dadurch ergeben, dass ihn der Meister gefragt habe, ob er die entsprechenden Arbeiten noch am selben Tag erledigen könne. Er habe diesen jedoch nicht auf die dadurch drohende Überschreitung der täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden hingewiesen. In der Verhandlung vor dem SG am 19.01.1999 erklärte der Kläger dann schließlich hierzu, wenn in der Nachmittagsschicht noch eine Palette zu verarbeiten gewesen sei, habe dies zu Ende gebracht werden müssen. Eine Verschiebung auf den nächsten Tag sei nicht möglich gewesen. Der im Wege der Rechtshilfe vernommene Zeuge Sch ..., der für den Kläger zuständige Meister, hat dies nicht bestätigt. Zu der Einhaltung der Arbeitszeiten konnte er keine Angaben machen, weil die Leiharbeitnehmer nicht ständig bei ihm beschäftigt gewesen seien und er selber den Betrieb um 16.15 Uhr verlassen habe. Im Übrigen stellte der Zeuge die Zeiten der Schichtarbeit dar. Auf der Stempelkarte des Klägers bei der Firma K ... war jedoch beispielsweise für den 11.07.1995 handschriftlich ein Arbeitsbeginn um 7.00 Uhr eingetragen, für das Arbeitsende war - mittels Stempeluhr - 21.37 Uhr verzeichnet. Diese Eintragungen haben keinerlei Bezug mehr zu den angegebenen Schichtzeiten: von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Wenn daher die Erklärungen des Klägers zutreffend wären, dann hätte er gezwungen sein müssen, fast zwei volle Schichten durchzuarbeiten. Dies ist jedoch weder nachvollziehbar noch in irgendeiner Weise belegt.

Die Beklagte hat gemäß § 119 Abs. 1 i.V.m. § 119a Nr. 1 AFG die zeitliche Lage der eingetretenen Sperrzeit zutreffend bestimmt. Der Beginn fiel auf den 22.07.1995, § 119 Abs. 1 Satz 2 AFG. Der letzte Tag der Sperrzeit fiel - nach Ablauf von 12 Wochen - auf den 13.10.1995. Die Minderung der Anspruchsdauer beruht auf § 110 Satz 1 Nr. 2 AFG.

Die Kostenentsscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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